Frits Bolkestein: Intellektuelle und Klima-Alarmismus

Dem Club of Rome Report zufolge befand sich die Welt in einem Durcheinander infolge Umweltbelastungen, exzessiver Bürokratisierung, grenzenloser Urbanisierung, weit verbreiteter Arbeitslosigkeit, Entfremdung von der Jugend, Inflation und Zerfall von Wertesystemen. Ausgeprägte Korrekturen mussten vorgenommen werden bevor es zu spät war.

Der Report befasste sich mit den Wechselwirkungen zwischen fünf kritischen Faktoren: Bevölkerungswachstum, exzessive Bürokratisierung, Ausbeutung natürlicher Ressourcen, Industrialisierung und Verschmutzung. Die Schlussfolgerung lautete, dass die Menschheit auf eine Periode großer Leiden zusteuere infolge Mangel an Nahrungsmitteln, Mangel an Rohstoffen und zu starker Verschmutzung.

Die Mansholt-Kommission wünschte eine Neubewertung der Konzepte von Wohlstand und Wachstum. Die Niederlande sollten ein Beispiel setzen und lernen, innerhalb der Grenzen zu leben, die angesichts der endlichen Natur unseres Planeten inhärent waren. Natürlich würde dies eine Abnahme unseres Lebensstandards bedeuten. Aber man glaubte, dass dies unvermeidlich sei.

Was ist seitdem geschehen? Der „Report des Club of Rome“ prophezeite die unmittelbar bevorstehende Erschöpfung nicht erneuerbarer Ressourcen. Kupfer würde in 36 Jahren ausgehen, Gold in 11 Jahren, Blei in 26 Jahren, Quecksilber in 13 Jahren, Zinn und Zink jeweils in 17 bzw. 23 Jahren. Allerdings ist dies nicht eingetreten. Auch Öl, welches dem Bericht zufolge in nur 31 Jahren alle sein sollte, wird immer noch erzeugt. Fazit: Der Report hat offensichtlich das Potential der Technologie erheblich unterschätzt. Aber die Medien waren ihm verfallen. Die niederländische Qualitätszeitung NRC Handelsblad beispielsweise berichtete über den Report unter der Schlagzeile „Katastrophen bedrohen die Welt“ (31. August 1971).

Der Bericht der Mansholt-Kommission hatte gleichermaßen wenig Auswirkungen, weil am Eröffnungstag der Sitzung des niederländischen Parlaments im Jahre 1974 der Finanzminister Wim Duisenberg (PvdA) die Bevölkerung aufgerufen hatte, mehr zu kaufen, um die Wirtschaft zu erhalten. Und die „neue internationale Wirtschaftsordnung“, das „Baby“ seines Parteigenossen Jan Pronk, Minister für Entwicklungshilfe, ging unrühmlich den Bach hinunter und musste der „neuen nationalen wirtschaftlichen Unordnung“ Platz machen.

Ein Jahrzehnt später wurden wir in Alarm versetzt, weil der Boden unter den sterbenden Wäldern in Deutschland schwer versauert sei. Man glaubte, dass dies auch in anderen Gebieten von Europa geschehen würde. Diese Furcht wurde befeuert durch die emotionale Bindung der Deutschen mit ihren Wäldern. „Das große Waldsterben“ führte zu Panik, welche auch die Niederlande erreichte. Die RIVM (National Agency for Public Health and Environment) und das Umweltministerium behaupteten, dass große Waldgebiete schon nicht mehr zu retten waren. Aber zu einem „ökologischen Hiroshima“ war es nie gekommen. Wir wissen heute, dass die Wälder im Erzgebirge extrem hohen SO2-Konzentrationen ausgesetzt waren. Die Bäume schienen jedoch kaum durch die Versauerung gelitten zu haben. Wie auch immer, derzeit sind sie in einem besseren Zustand denn je.

Viele Untergangsszenarien waren im Umlauf und wurden nachdrücklich von den Medien propagiert. Ein paar davon möchte ich erwähnen. (1) Eine globale Hungersnot war unvermeidlich. (2) Eine Krebs-Epidemie infolge von Pestiziden würde unser Leben verkürzen. (3) Wüsten würden sich mit 2 Meilen pro Jahr ausdehnen. (4) Computer-Netzwerke würden zusammenbrechen wegen des Jahrtausendwechsel-Effektes. (5) Der Rinderwahnsinn würde hunderttausende Menschen töten. (6) Die Nanotechnologie würde außer Kontrolle geraten. (7) Die Gletscher würden verschwinden (obwohl über die Hälfte ihres Rückzugs bereits vor dem Jahr 1950 stattgefunden hatte). All dies ist nicht eingetreten.

Warum haben so viele Intellektuelle Freude an der Prophezeiung von Katastrophen? Hinsichtlich der Wissenschaftler ist der Grund eindeutig: Wer von ihnen eine Katastrophe prophezeit, wird Forschungsgelder erhalten für Forschungen, wie man eine solche Katastrophe vermeiden kann. Der International Energy Agency IEA zufolge werden wir während der nächsten 25 Jahre 2,3 Billionen Euro ausgeben, um die globale Temperatur um weniger als 0,02°C sinken zu lassen.

Außerdem gibt es bedeutende industrielle Interessen, wollen die Industrien doch Investitionen in Dinge tätigen, die vermeintlich die globale Erwärmung bekämpfen sollen. 2000 Jahre Christentum haben in der Psyche der Menschen des Westens einen Sinn für Schuld und Sühne hinterlassen. Wir sind schuldig, also verdienen wir die Katastrophen, denen wir ausgesetzt sind. Solange wir nicht bereuen und den Instruktionen der Untergangspropheten folgen.

Während der siebziger und achtziger Jahre machten sich sehr viele Menschen, vor allem im Westen, Sorgen über alle Arten negativer Entwicklungen. Jetzt, 35 Jahre später, ist dies nicht mehr in diesem Ausmaß der Fall. Armut, Mangelernährung, Analphabetentum, Kinderarbeit und Kindersterblichkeit nehmen schneller ab als jemals zuvor. Außerhalb des Nahen Ostens gibt es kaum Kriege. Guerilla-Bewegungen suchen Frieden. Das drängendste Problem heutzutage sind Wanderbewegungen [die sicher nicht Klimawandel zur Ursache haben! Anm. d. Übers.]

Und was ist mit der globalen Erwärmung? Während der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ist die Temperatur um ein halbes Grad Celsius gestiegen. Seit 1950 erwärmt sich die Atmosphäre mit einer Rate von 0,13 Grad pro Jahrzehnt. Aber zwischen 1998 und 2013 stieg die Temperatur nur noch mit einer Rate von 0,04 Grad. Und im vergangenen Jahrzehnt ist die Temperatur praktisch gar nicht mehr gestiegen. Das IPCC nennt dies eine Erwärmungspause oder einen Stillstand – ein Stillstand, der von keinem einzigen Klimamodell prophezeit oder projiziert worden war. In jedem Falle befinden wir uns nicht am Abgrund zu Katastrophen, wie oftmals behauptet wird.

Gibt es also keine Probleme? Riesige Mengen anthropogener Treibhausgase werden jährlich in die Atmosphäre freigesetzt. CO2 ist eines dieser Treibhausgase, allerdings nicht so stark wirkend wie Wasserdampf. Zufälligerweise ist das „Treibhaus“ von Gott gesandt. Würde es nicht existieren, läge die Temperatur auf der Erde bei 18 Grad unter Null. Außerdem ist CO2 der Urstoff allen Lebens schlechthin. Ohne CO2 gibt es keine Pflanzen, keine Tiere, keine Menschen.

Die Analyse von Satellitendaten hat gezeigt, dass die Erde während der letzten 30 Jahre grüner geworden ist – die Vegetation auf der Erde hat um 14% zugenommen. Die Hälfte davon geht auf die Zunahme der CO2-Konzentration in der Atmosphäre zurück.

Falls jemand CO2-Emissionen reduzieren möchte, sollte der Verbrauch fossiler Treibstoffe beendet und ersetzt werden durch Erneuerbare. Windturbinen können erneuerbare Energie erzeugen. Aber da gibt es einen Haken: Das Europäische Zertifikate-Handelssystem ETS gestattet einer Seite Einsparungen bei CO2-Emissionen, welche von anderen Seiten genutzt werden können. Die Gesamt-CO2-Emissionen bleiben dabei gleich. Das nennt man den „Wasserbett-Effekt“.

Und was ist mit den Kosten? Das National Energy Agreement der Niederlande wurde im September zwischen vielen interessierten Gruppen beschlossen – außer mit Ingenieuren mit Know-How der zur Verfügung stehenden technischen Optionen sowie Repräsentanten der Energieverbraucher und Steuerzahler, die die Rechnung zu schultern hatten. Die Kosten werden abgeschätzt auf 72 Milliarden Euro, wovon 31 Milliarden Euro auf die Windenergie entfallen.

Andere Experten sind zu noch viel höheren Schätzungen gekommen. Soweit es Windenergie betrifft, sollte man auch die Kosten für neue Infrastruktur und Back-Up ins Kalkül ziehen. Falls der Wind nicht weht oder auch bei zu starkem Wind erfordert die Versorgungssicherheit Back-Up-Kapazitäten auf der Grundlage fossiler Treibstoffe. Dem „Green Court of Auditors” der Niederlande zufolge liefern die Turbinen auf See außerdem während 60% der Zeit keinen Strom. Auf dem Land sind es 75%. Wie auch immer, es ist das Große Geld. Wird es effektiv verwendet?

Die Milliarden, die zur Realisierung der Regierungspläne hinsichtlich Windenergie erforderlich sind, tauchen im nationalen Haushalt nicht auf. Energieverbraucher müssen dafür aufkommen via ihrer Stromrechnungen. Heute zahlen Verbraucher im Schnitt 40 Euro pro Monat. Dieser Beitrag wird sich fortwährend erhöhen bis auf 63 Euro pro Monat im Jahre 2020. Außerdem wurde den Bürgern durch das Energie-Abkommen ein Beitrag von 36 Euro pro Monat auferlegt. Zusammen macht das 100 Euro pro Monat. Dies bedeutet, dass die Brauchbarkeit und Notwendigkeit dieser Maßnahmen nicht Gegenstand von Beratungen im Parlament waren.

Der Klimagipfel von Paris im Dezember 2015 sollte „den Planeten retten“. Aber er wird die selbst gesteckten Ziele längst nicht erreichen. Falls alle teilnehmenden Länder das tun würden, was sie versprochen haben, würde die Temperatur im Jahre 2100 um lediglich 0,17 Grad reduziert sein. Werden teilnehmende Länder ihre Versprechungen halten? Die traurige Erfahrung mit dem Kyoto-Protokoll lehrt uns, dass dies keineswegs so sein muss.

Die Klimadiskussion ist sehr politisiert. Ein französisches Sprichwort sagt „ Du choc des opinions jaillit la vérité“ (Die Wahrheit ergibt sich aus dem Zusammenprall von Meinungen). Bisher waren die Befürworter der AGW-Hypothese nicht willens, in eine offene und freie Diskussion einzutreten. Zum Beispiel behauptete das IPCC im Jahre 2007, dass die Gletscher des Himalaya wegen der Erwärmung bis zum Jahr 2035 verschwunden sein könnten. Dies stellte sich als ein alarmistischer Druckfehler heraus. Einen solchen typographischen Fehler könnte man als ein Kavaliersdelikt ansehen. Allerdings hat der Vorsitzende des IPCC Rajandra Pachauri derartige Kritik an der Himalaya-Prophezeiung als „arrogant“ und „Voodoo-Wissenschaft“ diffamiert.

Die frühere norwegische Premierministerin und Sonderbotschafterin der UN bzgl. Klimawandel sagte im Jahre 2007: „Es ist unverantwortlich, rücksichtslos und zutiefst unmoralisch, den Ernst der Lage in Frage zu stellen. Die Zeit der Diagnose ist vorbei. Jetzt muss gehandelt werden“. Im Grunde sagt sie damit: „Ich habe nachgedacht, und jetzt stören Sie mich nicht mit den Tatsachen!“

Aber die Änderung ist imminent. Die Netherlands Physical Society (NVV) hat im Oktober 2015 im Wetteramt der Niederlande KNMI in De Bilt eine Tagung abgehalten mit der Absicht, eine allgemeine Erklärung zu verabschieden. Was ist bei diesem Treffen herausgekommen? Der Vorsitzende Jan van Ruitenbeek entschied, keine einzige öffentliche Verlautbarung auszugeben wegen der großen Meinungsunterschiede bei der Formulierung einer allgemeinen Position. Das Ergebnis wäre ein nichtssagender Kompromiss gewesen. Tatsächlich ist die Etablierung wissenschaftlicher Fakten durch Handzeichen absurd. Sogar das IPCC höchstselbst räumt ein, dass es eine Vielfalt möglicher Folgen gibt.

Die Errichtung und Installation von Windturbinen kostet ein Vermögen. Es ist offensichtlich, dass Lobbyisten versuchen, das Ergebnis des politischen Entscheidungsprozesses zu beeinflussen. Der Fernsehsender ARD in Deutschland hat den beispiellosen politischen Einfluss der Windenergie-Lobby kritisiert, den diese auf die Politik der Regierung ausübt. Der ARD zufolge geraten Menschen, die der Installation von Windturbinen Widerstand leisten, unter starken Druck, ihre Opposition aufzugeben.

Alles in Allem gleicht diese ganze Diskussion einem religiösen Disput zwischen Klima-Alarmisten als Gläubige und Skeptikern als Häretiker. Warum haben so viele Intellektuelle Freude daran, Katastrophen zu prophezeien? Ist es, weil sie sich in der Aufmerksamkeit der Medien sonnen? Oder hat es irgendetwas zu tun mit christlichen Schuldgefühlen?

Frits Bolkestein.
[Frits Bolkestein is former leader of the Netherlands (classical) Liberal Party, former Minister of Defence and former Eurocommissioner.]
Source:
http://www.elsevier.nl/kennis/blog/2017/01/waarom-intellectuelen-zo-graag-wereldrampen-voorspellen-436737/
Übersetzt von Chris Frey EIKE