Status und Trends bei der Wiederaufbereitung von abgebrannten Kernbrennstoffen

Von Dr. Humpich

Die Wiederaufbereitung abgebrannter Kernbrennstoffe (Ökosprech: „Atommüll“) ist das zentrale Bindeglied für eine nachhaltige Nutzung der Kernenergie. Durch das Recycling werden aus dem Abfall unterschiedlich verwendbare Materialien gewonnen. Man kann sie zur Energieerzeugung weiter verwenden und man kann dadurch die Problematik der „Endlagersuche“ beträchtlich entschärfen. In diesem Sinne ist das Verbuddeln von abgenutzten Brennelementen ökologisch, ökonomisch und sicherheitstechnisch die unbefriedigendste Lösung. Vornehmste Aufgabe der Wiederaufbereitung ist die Trennung der Spaltprodukte – der nuklearen „Asche“ der Kernspaltung – von den Aktinoiden (Uran, Plutonium usw.). Aus den Aktinoiden kann durch schnelle Neutronen weitere Energie gewonnen werden. Wenn Brennelemente für konventionelle Leicht- und Schwerwasserreaktoren nicht mehr geeignet sind – man nennt das „abgebrannt“ – enthalten sie immer noch mindestens 95% Material aus dem Energie gewonnen werden kann. Spätestens hier wird klar, welche Verschwendung ein Wegwerfen als „Atommüll“ nach deutschem Gusto wäre.

Die Einordnung der Wiederaufbereitung

Alle Verfahren zur Trennung von abgebranntem Kernbrennstoff sind chemische Prozesse. Entgegen der Behauptung von „Atomkraftgegnern“ werden dabei keine neuen radioaktiven Elemente erzeugt. Es werden höchstens radioaktive Stoffe verschleppt und dadurch Bauteile kontaminiert. Die können aber wieder gereinigt werden. Auf jeden Fall strahlen solche Verunreinigungen weniger als der ursprüngliche Kernbrennstoff und können deshalb lediglich auf Sondermülldeponien gelagert werden. Man unterscheidet Nassverfahren und pyrochemische Prozesse.

Nassverfahren

Der typische Vertreter eines Nassverfahrens ist der PUREX (plutonium uranium reduction extraction) Prozess, wie er z. B. in der französischen Anlage in La Hague industriell angewendet wird. Seit 2010 werden dort durchschnittlich 1050 to pro Jahr aufgearbeitet und dabei 10,5 to Plutonium und 1000 to/a sog. RepU (reprocessed uranium) zurückgewonnen. Das Plutonium wird unverzüglich zur Melox Anlage in Marcoule zur Verarbeitung zu MOX-Brennstäben (mixed oxide) transportiert. Aus diesen 120 to/a wird Brennstoff für 24 Druckwasserreaktoren der EdF mit je 900 MWel gewonnen. Beim PUREX-Verfahren wird der abgebrannte Brennstoff in Salpetersäure aufgelöst. Es entstehen diverse Salze in wässriger Lösung. Diese Lösung wird kräftig mit einem organischen Lösungsmittel (30% Tributylphosphat gelöst in Kerosin) durchmischt. Dabei gehen Uran und Plutonium in die organische Phase über und die Spaltprodukte und minoren Aktinoide verbleiben in der wässrigen Lösung. 99,9% des Uran und Plutonium werden zurück gewonnen und etwa 3% des ursprünglichen Brennstoffs bleiben als hoch aktiver Abfall zurück und werden anschließend verglast. Die Trennung beider Phasen erfolgt rein physikalisch – Öl schwimmt auf Wasser. Uran und Plutonium werden durch einen weiteren Schritt (Umwandlung der +2 Ionen in den +3 Oxidationszustand durch z. B. Eisen) voneinander getrennt, indem das Plutonium dadurch in diese wässrige Phase übergeht.

Das primäre Ziel bei diesem Verfahren ist die Gewinnung möglichst reinen Plutoniums. Das ist zwar günstig für die Herstellung von MOX-Brennstoff, kann aber andererseits auch zur „Plutonium-Bombe“ führen. Die Befürchtungen sind so ernsthaft, daß ein Austausch der Technologie nur sehr beschränkt ist. So hat man den Vereinigten Emiraten den Bau eines Kernkraftwerks nur gestattet, weil sie ausdrücklich auf eine eigene Anreicherung und Wiederaufbereitung verzichtet haben. Andererseits verfügt Japan in Rokkasho über eine Anlage mit einer Kapazität von 800 to/a, die 4 to/a Plutonium für 80 to/a MOX-Brennstoff gewinnen kann. Das Konzept gegen die Weiterverbreitung von Kernwaffen (Proliferation) steht auf etwas wackeligen Füßen. Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg: Israel, Nord Korea, Iran usw. Deshalb die Bestrebungen (siehe später) Verfahren zu entwickeln, mit denen man gar kein waffengrädiges Plutonium herstellen kann.

Für das weitere Verständnis ist wichtig, daß die minoren Aktinoide mit den Spaltprodukten zusammenbleiben. Sie werden gemeinsam in Glas aufgelöst und in Kannen zur Endlagerung abgefüllt. Hier ergibt sich das erdachte „Endlagerproblem“: Die Kannen werden in Bunkern gelagert, bis so viele kurzlebige Spaltprodukte zerfallen sind, daß die resultierende Wärmeproduktion auf ein erträgliches Maß abgesunken ist. Die zulässigen Oberflächentemperaturen (etwa 60°C) werden durch die Tonschichten im geologischen Tiefenlager in Bure bestimmt. Die Spaltprodukte zerfallen in etwa 300 Jahren bis auf Werte von Uranerz. Sie wären damit ungefährlich, da Menschen seit Jahrtausenden mit solchen natürlichen Strahlenbelastungen umgehen. Es bleibt allerdings das Problem mit den minoren Aktinoiden: Sie sind sehr langlebig, aber als 𝜶-Strahler relativ harmlos – so lange man sie nicht isst oder trinkt. Daraus leitet sich die Endlagerung möglichst tief unter der Erde ab.

Das PUREX-Verfahren ist seit Jahrzehnten erprobt und das einzige Verfahren mit dem Anlagen im industriellen Maßstab betrieben werden. Es hat aber noch einen weiteren (politisch) gravierenden Nachteil: Es verwendet organische Lösungsmittel. Organische Lösungsmittel werden durch ionisierende Strahlung zersetzt. Einziger Weg ist die Zwischenlagerung abgebrannter Brennelemente um die Strahlenbelastung zu senken. Zwischenlager sind deshalb nicht der Ausdruck „eines nicht weiter Wissens“, sondern eine technische Lösung für ein bestimmtes Verfahren zur Wiederaufbereitung. Der Kostenvorteil einer „großen Chemieanlage“ ist gleichzeitig ein prinzipieller Nachteil für kleine Länder. So hat man sich in Schweden und Finnland für eine aufwendige Langzeit-Lagerung entschieden. Man legt Tunnelsysteme im Granit an und verpackt die Brennstäbe aufwendig in Kupferbehältern. So hat man notfalls „ewig“ Zeit für die Auswahl eines Verfahrens. Auch hier erweist sich die hohe Energiedichte der Kernspaltung als Vorteil. Die durchaus hohen Investitionen finanzieren sich durch die Umlage auf die erzeugte Kilowattstunde im Zehntel Cent Bereich.

Die Umstellung auf schnelle Reaktoren

In Reaktoren mit schnellem (energiereichem oder harten) Neutronenspektrum kann man auch U238 und die minoren Aktinoide (Neptunium, Americium usw.) spalten. In den Anfängen der Kerntechnik glaubte man noch, daß zumindest die wirtschaftlich gewinnbaren Uranmengen sehr begrenzt seien. Ein fataler – wenngleich glücklicher – Irrtum. In den 1950er Jahren träume man von einer voll elektrifizierten Welt (Ähnlichkeiten mit heutigen Schlangenölverkäufern der Wind und Sonnenbranche sind mehr als zufällig). Man wollte einen möglichst schnellen Bau von Kernkraftwerken bei vermeintlicher Knappheit von Uran. Die Antwort sollte der „Schnelle Brüter“ sein. Man wollte mit ihm mehr Plutonium produzieren als man verbrauchte. „Verdoppelungszeit“ war das Schlagwort der Stunde. Gemeint ist damit die Betriebsdauer eines schnellen Brüters, bis er soviel Überschuss an Plutonium produziert hat, daß damit ein Zwilling in Betrieb genommen werden kann.

Heute ist die Situation eine andere. Einerseits ist der Preis für Natururan immer noch so gering, daß man weiterhin Leichtwasser- und Schwerwasserreaktoren bauen kann. Andererseits verfügen wir über hunderte Tonnen Plutonium in abgebrannten Brennstäben, bzw. sogar fertig aufbereitet. Wir könnten somit mehrere schnelle Reaktoren sofort bauen. Im Gegenteil würden diese unsere Lagerkosten beträchtlich verringern. Wir haben auch bereits mehre Prototypen erfolgreich im Betrieb. Die Sache hat nur einen Haken: Schnelle Reaktoren erfordern wesentlich höhere Investitionen. Bis sich die Schere schließt, höhere Betriebskosten durch steigende Brennstoffkosten, gesunkene Investitionskosten für schnelle Reaktoren durch Skaleneffekte, werden noch einige Jahrzehnte vergehen.

Pyrochemische Verfahren

Für einen schnellen Reaktor wäre also eine Mischung aus Uran, Plutonium und den minoren Aktinoiden geeignet. Daraus ergeben sich zwei gravierende Vorteile: Das Aufbereitungsverfahren ist für die Herstellung von Kernwaffen ungeeignet und man erhält einen sehr kurzlebigen Atommüll. Er kann in einem geologischen Tiefenlager verschwinden, muß aber nicht. Ferner ist das Verfahren eher für kleine Anlagen geeignet. Es gibt daher in Russland die Bestrebung eine Wiederaufbereitung in das Kernkraftwerk zu integrieren. In das Kraftwerk würde nur abgereichertes Uran als Ersatz für die Energieproduktion nach geliefert und die wenigen Spaltprodukte könnten am Kraftwerk bis zu dessen Stilllegung gelagert werden. Transporte von „Atommüll“ würden sich beträchtlich verringern.

Die Elektroraffination von geschmolzenem Salz ist ein pyrochemisches Verfahren, das sich ideal für die Wiederaufbereitung von Metallen eignet. Die Vorteile des geschmolzenen Salz-Elektro-Raffinierungsprozesses gegenüber dem wässrigen Prozess für metallische Brennstoffe sind:

  • Eine reduzierte Anzahl von Schritten, da sich der Brennstoff während des gesamten Prozesses im metallischen Zustand befindet.
  • Besonders geeignet für nur kurzzeitig gekühlte Brennstoffe mit hohem Abbrand. Die anorganischen Lösungsmittel widerstehen den höheren Strahlungsleistungen viel besser als organische Reagenzien. Die Verkürzung der Umlaufzeit kann zu einer kürzeren Verdoppelungszeit führen.
  • Man kann höhere Mengen an abgebranntem Brennstoff in kleineren Anlagen handhaben als bei wässrigen Prozessen (notwendige Verdünnung).
  • Reduzierte Kritikalität aufgrund des Fehlens von Moderatoren (organische und wässrige Lösungsmittel).
  • Fast keine hoch radioaktiven flüssigen Abfälle.
  • Inhärente Sicherheit gegen militärische Nutzung durch die gemeinsame Abscheidung von Uran, Plutonium und minoren Aktinoiden.

Die Herausforderungen sind:

  • Hohe Betriebstemperaturen und die Verwendung von korrosiven Salzen, die eine technologische Herausforderung bei der Materialauswahl bedeuten.
  • Da die Salze hygroskopisch und die Metalle pyrophorisch sind, erfordert der Prozess eine inerte Atmosphäre mit sehr niedrigem Feuchtigkeits- und Sauerstoffgehalt um eine Selbstentzündung zu verhindern.
  • Trennfaktoren für Spaltprodukte sind etwa 1000-mal niedriger als bei wässrigen Prozessen.
  • Bisher noch begrenzte Erfahrungen, meist im Labormaßstab.

Elektroraffination mit Salz

Am bekanntesten ist der Prozess der Raffination von metallischem Brennstoff in einer Salzschmelze, wie er im US-Programm für schnelle Brüter (EBR-II 1964–1994 und Integral Fast Reactor IFR 1986–1994) angewendet wurde. In einem Tiegel wird Lithium- und Kaliumchlorid Salz bei 500 °C aufgeschmolzen. Die in Stücke zerschnittenen Brennstäbe kommen in einen Drahtkorb, der in die Salzschmelze getaucht wird. Die Elemente des abgenutzten Brennstabs lösen sich in der Salzschmelze auf. Der Drahtkorb bildet die Anode. Die Kathode besteht aus geschmolzenem Kadmium. Wird ein Strom angelegt, wandern Uran, Plutonium und die minoren Aktinoide gemeinsam zu der Kathode. Die Spaltprodukte verbleiben im Salz gelöst. Stark vereinfacht, hängt der „Weg“ den die Elemente nehmen, von der Stabilität der gebildeten Chloride ab: Die Elemente, deren Chloride hochstabil sind, sind leicht zu oxidieren und werden als Chloride in die Elektrolytphase übertragen. Sie sind nur schwer zu reduzieren und bleiben daher in der Elektrolytphase. Edelmetalle, deren Chloride am wenigsten stabil sind, werden nicht oxidiert und bleiben so bei der Anode. Die „Brennstoffe“ Uran und Plutonium und und auch die minoren Aktinoide, deren Chloride von mittlerer Stabilität sind, werden durch den Elektrolyten transportiert und dann auf der Kathode abgelagert.

Die in der Anode verbleibenden Brennstabhüllen und Edelmetalle können zur Endlagerung eingeschmolzen werden. Das Salz kann gereinigt werden, indem es durch Zeolithe geleitet wird. In einem weiteren verfahrenstechnischen Schritt muß die Kathode eingeschmolzen werden und daraus neue Rohlinge für Brennstäbe gegossen werden.

Vorstufe für konventionelle Brennstoffe

Eine Elektroraffination ist nur bei metallischen Brennstoffen direkt möglich. Heutige Leichtwasserreaktoren verwenden keramisches UO2 als Brennstoff. Keramik ist aber nicht elektrisch leitend. Ein gebräuchliches Verfahren der Umwandlung ist das Voloxidation-Verfahren (für volumetric oxidation). Dabei wird der zu recycelnde Brennstoff in einem Vakuum mit Sauerstoff auf etwa 500°C erhitzt. Dadurch wandelt sich UO2 in U3O8 um. Während dieses Verfahrensschrittes werden alle in diesem Zustand gasförmige Spaltprodukte ausgetrieben. Insbesondere Tritium kann auf diese Weise einfach und konzentriert abgeschieden werden.

Internationale Situation

Im Moment führend bei der Entwicklung sind die USA, Russland, Indien, Korea, Japan und Frankreich. Allerdings befindet sich das Verfahren in allen Ländern noch in der Entwicklung. Man kann mit Fug und Recht feststellen, daß die Elektroraffination eine Schwester der Reaktoren mit schnellem Neutronenspektrum ist – die sicherlich die Zukunft sind. Hinzu kommen im Einzelfall noch politische Randbedingungen. So kann Korea beispielsweise nicht das PUREX Verfahren nutzen, um sich nicht dem Verdacht einer atomaren Aufrüstung auszusetzen.

An der Spitze der Entwicklung befindet sich Russland. In Seversk befindet sich ein Pilotprojekt bereits in Bau. Es besteht aus einem mit flüssigem Blei gekühlten Reaktor mit einer Leistung von 300 MWel . Dieser Reaktor ist nicht als Brüter, sondern mit einer Konversionsrate von um die 1 konzipiert. Er soll also lediglich soviel Plutonium produzieren, daß er nur noch mit abgereichertem oder Natururan ergänzt werden muß. Er soll mit MNUP Brennstoff (Mixed Nitride Uran Plutonium) betrieben werden. Dieser Reaktor soll mit einer integrierten Wiederaufbereitung und Brennstoffherstellung versehen werden. Es ist der vorläufige Höhepunkt einer Jahrzehnte andauernden Entwicklung. Typisch russisch ist dabei das Vorgehen in Schritten, wobei im jeweils nächsten Schritt die Betriebserfahrungen des vorhergehenden Reaktortyps einfließen.

REMIX

REMIX-Brennstoff (für regenerierte Mischung) ist ein innovatives russisches Produkt für thermische Leichtwasserreaktoren, die das Herzstück der heutigen Kernkraftindustrie bilden. Dieser Brennstoff wird aus einer Mischung von wiederaufbereitetem Uran und Plutonium hergestellt, die unter Zugabe kleiner Mengen angereicherten Urans erzeugt wird. Im Unterschied zu Uran-Plutonium-Brennstoffen für schnelle Reaktoren (wie MNUP- und MOX-Brennstoff) hat der REMIX-Brennstoff einen geringen Plutoniumgehalt (bis zu 1,5%). Sein Neutronenspektrum unterscheidet sich nicht von gewöhnlichem LWR-Brennstoff aus angereichertem Uran, daher sind das Verhalten von Brennelementen im Reaktorkern und die Menge an Plutonium, die durch Bestrahlung aus Uran herausgelöst wird, im Prinzip ähnlich.

Für Betreiber von Druckwasserreaktoren (VVER-1000 und VVER-1200) bedeutet dies langfristig, daß der REMIX-Brennstoff ohne Änderungen der Reaktorauslegung oder zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen benutzt werden kann. Die Einführung eines solchen Brennstoffs ermöglicht die Nutzung von Natururan für Kernkraftwerke durch die Schließung des Kernbrennstoffkreislaufs erheblich zu steigern und den abgebrannten Kernbrennstoff weiterzuverwenden, anstatt ihn zu lagern oder gar zu verbuddeln.

DUPIC

Ein weiterer Weg ist die Verknüpfung von Leichtwasser- und Schwerwasserreaktoren. In den abgebrannten Brennelementen der Leichtwasserreaktoren ist noch etwa 1,5 gew% Spaltstoff enthalten (U235 Pu239). Der Gehalt hängt vom Abbrand ab – bei niedrigem Abbrand ist noch viel enthalten, bei hohem Abbrand entsprechend weniger. Es sind noch ein paar Prozent bei den üblichen Abbränden zwischen 35 MWd/kgU und 50 MWd/kgU vorhanden. Dieser Gehalt an Spaltmaterial entspricht mehr als dem Doppelten von Natururan mit 0,71%. Für einen mittleren Abbrand von 42,5 MWd/kgU bei Leichtwasserreaktoren könnten zusätzlich 15,5 MWd/kgU gewonnen werden, was immerhin 37% mehr Energie entspricht. Nach der Nutzung des DUPIC Brennstoffs in Schwerwasserreaktoren sinkt der Spaltstoffgehalt auf etwa 0,63% bis 0,78%.

Durch die Verknüpfung von Leicht- und Schwerwasserreaktoren über das DUPIC Verfahren ergeben sich folgende Vorteile:

  • Es wird abgebrannter Brennstoff der Leichtwasserreaktoren verbraucht. Das Volumen für Zwischen und Endlagerung verringert sich entsprechend.
  • Es wird weniger Natururan verbraucht. Alle mit der Förderung, Konversion und Anreicherung verbundenen Belastungen werden gespart.
  • Die Menge an abgebranntem Brennstoff der Schwerwasserreaktoren wird durch den höheren Spaltstoffgehalt (ungefähr zweifach gegenüber Natururan) kleiner.

Es sollte dabei nicht vergessen werden, daß es sich hier um den Umgang mit hochaktiven Brennstoffen handelt. Entsprechende Abschirmungen und eine vollständige Handhabung aus der Ferne sind erforderlich. Bisher sind nur kleine Mengen versuchsweise in heißen Zellen hergestellt worden. Bis zu einer industriellen Nutzung ist noch viel Entwicklungsarbeit zu leisten.

Schlusswort

Wie immer in der Technik, wird zuerst der einfachste Weg beschritten. Im Falle der Kerntechnik: Leichtwasserreaktoren, Lagerung der abgebrannten Brennelemente und Aufbereitung in den Ländern, die ohnehin schon über ein erprobtes Verfahren (PUREX) verfügten – dies waren die bekannten „Atommächte“. Nicht viel anders, als beim Papier: Zuerst wurde Papier hergestellt (Reaktoren zur Stromproduktion), dies wurde nach Gebrauch als Müll weggeworfen (abgebrannte Brennelemente). Erst nachdem die Altpapiermengen so groß geworden waren, daß sich ein Recycling wirtschaftlich lohnte, wurden die ersten Altpapiermühlen gebaut – heraus kam das „graue Altpapier“. Nach der Abstimmung des gesamten Kreislaufs aufeinander, entstand das heutige weiße Recyclingpapier. Heute ist Papier ein nachhaltiges Produkt geworden, das zu über 75% im Kreislauf läuft.

In Analogie wird sich das System Kerntechnik ebenfalls schrittweise vom Reaktor, über das Brennstoffrecycling bis zur Abfallnutzung weiter entwickeln. Abfall ist bezüglich der Kernenergie ohnehin mit Vorsicht zu beurteilen. Man muß sich immer wieder vor Augen führen, daß der „Atommüll“ das gesamte Periodensystem abdeckt. Schon heute werden Isotope aus dem Atommüll für z. B. Krebstherapien gewonnen. Es ist alles eine Frage der Wirtschaftlichkeit, Planwirtschaft und Ideologie führen nicht weiter.

 




Pflugscharen zu Schwertern schmieden?

von Hans Hofmann-Reinecke

Könnte ein Land versuchen aus dem nuklearen Brennstoff seiner Kernkraftwerke Bomben zu bauen? Aber wer sollte heute auf eine solch mörderische Idee kommen! Nun, vielleicht ein Land, das glaubt, dieser Schritt sei die einzige Chance, um sich gegen einen übermächtigen Angreifer zu verteidigen.

Bislang hatten bei uns drei vermeintlich existenzielle Risiken den Schrecken der Kernkraft ausgemacht: Unfall, Endlagerung und Bomben. Jetzt aber treten diese Ängste in den Hintergrund, denn ihr Nutzen wird überdeutlich: Kernkraft bietet zuverlässige, preiswerte und saubere Energie, und das zu jeder Jahreszeit.

78% der Deutschen wünschen derzeit den Weiterbetrieb der verbliebenen Kraftwerke bis Sommer 2023, 67% bis 2026. Den Bau neuer Kraftwerken befürworten immerhin 41%. Zu kaum einem anderen politischen Thema gibt es in der Bevölkerung heute eine solch klare Haltung. Es wird für die Grünen Politiker immer schwieriger werden, sich dieser Mehrheit der Vernünftigen zu widersetzen und gleichzeitig noch einen Anschein von Demokratie und Logik zu wahren.

Die apokalyptischen Reiter verlieren ihren Schrecken.

Das drohende Gespenst eines Unfalls wurde durch Fukushima letztendlich entschärft, nachdem nicht mehr verheimlicht werden konnte, dass durch das Reaktorunglück niemand zu Tode gekommen war, während Tausende in durchaus konventionellen Strukturen ihr Leben verloren: in Eisenbahnen, in ihren Häuser und auf den Straßen.

Auch die langfristige Lagerung verbrauchter Brennelemente scheint gelöst, nachdem in Europa demnächst das erste Endlager in Betrieb genommen wird.

Bleibt noch das dritte Risiko, dass aus dem nuklearen Brennstoff eines Kernkraftwerks Bomben gebaut werden könnten. Aber wer sollte so etwas wollen? Nun, eine Nation, die glaubt, sich nur so gegen einen übermächtigen Angreifer verteidigen zu können. Auf jeden Fall bräuchte so eine Nation dann aber eigene Kernkraftwerke.

In der Ukraine steht Europas größtes Kernkraftwerk mit sechs Druckwasser-Reaktoren und einer elektrischen Gesamtleistung von 5.700 Megawatt.

Lassen wir dahingestellt, ob dieses Land auch nur im Geringsten die Absicht haben könnte Bomben zu bauen, und ob die russischen Besatzer Zugang zu den Anlagen überhaupt erlauben würden. Aber lassen Sie uns dennoch, unabhängig von der aktuellen militärischen Realität, in Gedanken durchspielen, ob aus dem nuklearen Brennstoff von Reaktoren Bomben gebaut werden könnten. Könnte man, um das Bibelwort umzudrehen, aus nuklearen Pflugscharen nukleare Schwerter schmieden?

Die kritische Masse

Es gibt zwei Typen von Spalt-Atombomben: solche aus Uran und solche aus Plutonium (für eine Fusions-Wasserstoffbombe braucht man eine vorgeschaltete Fissions-/Spalt-Bombe). In einem ausreichend großen Klumpen vom jeweiligen Stoff läuft spontan eine nukleare Kettenreaktion ab, bei der Neutronen die Atomkerne spalten, wobei weitere freie Neutronen entstehen, die den Vorgang fortsetzen. Das geschieht mit sehr hoher Geschwindigkeit und es werden im Vergleich zu konventionellen Explosionen die millionenfachen Energien freigesetzt.

Die ausreichend große Menge dafür, genannt kritische Masse, liegt bei ca. 25 kg Uran. Dabei kann man aber nicht den Stoff nutzen, so wie er in der Natur vorkommt. Wie so viele andere Elemente kommt auch Uran in verschiedenen Sorten, verschiedenen „Isotopen“ vor, die im Aussehen und den chemischen Eigenschaften völlig identisch sind, deren Atomkerne aber eine leicht unterschiedliche Masse haben. Für „unsere“ Zwecke taugt nur das Uran mit Masse 235 Gramm pro Mol, welches gerade mal 0,7% des natürlichen Stoffs ausmacht, der Rest ist U-238.

Für die meisten Reaktortypen muss der Anteil von 0,7% auf ca. 4% „angereichert“ werden, für Bomben auf über 90%. Das ist schwierig. Während man Gold und Silber durch Säure trennen kann – Silber löst sich auf, Gold nicht – gibt es zur Trennung der Isotope kein chemisches Verfahren, denn für die Chemie sind die verschiedenen Isotope identisch. Stattdessen verwandelt man das Uran in eine gasförmige chemische Verbindung und schickt dieses Gas durch Zentrifugen, in denen die etwas schwereren U238 Moleküle nach außen driften. In unendlich komplizierten Anlagen mit Hunderten von Zentrifugen, wird so sehr mühsam eine Anreicherung erzielt.

Die Hersteller von Brennstoff für unsere Kernkraftwerke betreiben solche Anlagen. Wir könnten dann die von ihnen gelieferten, fabrikneuen Brennstäbe zerlegen und das auf 4% angereicherte Uran für eine Bombe beiseiteschaffen.

Das müsste jetzt noch weiter auf 90% angereichert werden, um „waffenfähiges“ Uran zu bekommen. Das aber geht nicht ohne die erwähnten Zentrifugen, und solch eine Anlage kann man nicht kurzfristig in einer Garage aufbauen, es wäre ein gigantisches Projekt. Der Iran arbeitet seit vielen Jahren genau daran und macht in dem Zusammenhang immer wieder Schlagzeilen.

Mit anderen Worten: der rasche Bau einer Uran-Atombombe auf der Basis unbenutzter Brennstäbe ist ausgeschlossen.

Und was ist mit Plutonium?

Wie steht es um eine Bombe aus Plutonium? Dieser Stoff kommt nicht in der Natur vor, er entsteht allerdings während des Betriebs eines Reaktors in den Brennstäben. Man bräuchte etwa vier Kilogramm davon für eine Bombe. Die könnte man aus ausgedienten Brennstäbe gewinnen, indem man das Plutonium chemisch von den anderen Bestandteilen, etwa vom Uran, trennt. Da es sich um unterschiedliche Elemente handelt kann man sie so ähnlich trennen wie Silber und Gold.

Aber solch ein Vorgehen ist dennoch unmöglich, denn die Brennstäbe sind nach dem Einsatz im Reaktor dermaßen radioaktiv, dass ihre Handhabung nach wenigen Minuten eine tödliche Strahlungsdosis mit sich brächte. Die Abtrennung vom Plutonium aus benutzen Brennstäben – der PUREX -Prozess – wird in industriellem Maßstab in Wiederaufbereitungsanlagen durchgeführt, allerdings erst nach einer Wartezeit von fünf bis zehn Jahren, in der die Brennstäbe Teile ihrer Radioaktivität verloren haben. Aber auch dann noch werden alle Arbeiten hinter dicken, strahlungssicheren Glasscheiben mit Robotern durchgeführt.

Mit anderen Worten: auch die Plutonium-Bombe kann nicht ad hoc aus Reaktor-Material hergestellt werden. Zudem wäre der Bau der Bombe selbst, auch wenn das Material vorhanden wäre, eine große Herausforderung. Man vermutet, dass Nordkorea zwar über ausreichend Plutonium verfügte, dass die ersten Tests aber gezeigt hätten, dass das Knowhow für die Konstruktion einer „effizienten“ Bombe fehlte.

Die IAEA

Auch wenn friedliche und kriegerische Anwendung von Kerntechnik auf den ersten Blick nahe bei einander zu liegen scheinen, so ist der praktische Weg vom Reaktor zur Bombe in Form eines kurz- oder mittelfristigen Projekts unmöglich. Der Betrieb von Kernkraftwerken ist für ein Land weder eine notwendige, noch eine hinreichende Bedingung um Bomben zu bauen. Weder Israel noch Nordkorea haben Kernkraftwerke, aber Bomben haben sie.

Dazu kommt, dass es eine Organisation gibt, die eigens zur Verhinderung derartiger Aktivitäten geschaffen wurde: Die Internationale Atom-Behörde IAEA mit ihrer Safeguards-Division. Sie hat die Aufgabe, über jedes Gramm Plutonium oder Uran-235 Buch zu führen und den Betreibern der Kraftwerke über die Schulter zu schauen, um Mißbrauch für kriegerische Zwecke zu verhindern.

Dieser dritte Vorbehalt gegen Atomkraft, nämlich die Gefahr eines Bombenbaus, ist also offensichtlich haltlos. Deutschlands Weg zurück zur Kernenergie sollte also nichts mehr im Wege stehen, denn der Frieden lässt sich nicht dadurch sichern, dass Technologien verboten werden. Es wäre dagegen zielführend, dass Intelligenz und logische Disziplin, so wie sie bei deren Entwicklung zum Einsatz kommen, auch bei politischen Entscheidungen Anwendung fänden.

Dieser Artikel erschien zuerst im Blog des Autors Think-Again. Sein Bestseller „Grün und Dumm“ ist bei Amazon erhältlich.




Der Katastrophenreaktor in Tschernobyl

Die Thermodynamik war eines meiner Lehrfächer; ich habe mich bemüht, Studenten der Verfahrenstechnik mit diesem aufschlussreichen und schwierigen Fachgebiet vertraut zu machen. Zu Beginn der neunziger Jahre eskalierte in Deutschland die Auseinandersetzung mit dem Thema Kernenergie. Die neue Partei der GRÜNEN versprach sich viel davon, gegen Kernkraftwerke zu opponieren: „Atomkraft, nein danke“ war die tausendfach plakatierte Parole, die auf andere Parteien übergriff; schließlich wollten sie alle gerne davon profitieren. Das Wort Atom war wegen der allseits gefürchteten Atombombe extrem negativ konnotiert.

In dieser Zeit wollte ich meine Studenten fachgerecht informieren und lud sie immer wieder zu gemeinsamen Besichtigungen des Kernkraftwerks Philippsburg ein, an denen viele teilnahmen. Die Kraftwerksleitung genehmigte den Studentengruppen jeweils über eine Schleuse und mit entsprechender Schutzkleidung den Zugang zum Innenraum des Reaktorgehäuses oder Containments. Wir standen auf dem aktiven Reaktor und spürten die Wärme unter den Fußsohlen. Ich nehme an, dass niemand von uns dabei Angst empfunden hat.

Vor der Besichtigung nahmen wir an informativen Referaten teil. Dabei wurde selbstverständlich die Reaktorkatastrophe Tschernobyl behandelt. Die Sowjetunion (SU) hatte der Fachwelt nach anfänglicher Zögerung ausführliche und wie uns schien korrekte Informationen und Pläne zur Verfügung gestellt; es war ja schließlich die „Glasnost“-Periode. Im August 1986, also 4 Monate nach dem Unfall, hat die SU bei der IAEA[1]in Wien über den Unfall berichtet; darüber hat die GSF[2] einen deutschsprachigen Bericht herausgegeben, der heute noch als am meisten verlässlich gilt. Später wurden ja alle Berichterstattungen zu Tschernobyl durch die politische Agenda verfälscht.

Die wesentlichen Aussagen, die ich mir gemerkt habe, aber über die ich keine schriftlichen Unterlagen besitze, und die ich durch weitere Informationen ergänzt habe, will ich kurz zusammenfassen:

  • In Tschernobyl gab es mehrere Kernreaktoren. Einer davon (Reaktorblock 1) diente der Stromerzeugung; er war von 1978 bis 2000 in Betrieb. Ein anderer Reaktorblock (der Reaktorblock 4) war dafür vorgesehen, waffenfähiges Plutonium zu erzeugen.
  • Die bei dieser Reaktion entstehende Wärme wurde zur Stromerzeugung verwendet und ins Netz eingespeist. Die Hauptaufgabe war aber die militärische Nutzung der Kernenergie und nicht die friedliche.
  • Dieser Reaktorblock bestand aus sehr vielen Kleinstreaktoren, die sich alle in einem großen Graphitblock befanden, der beim Reaktorunfall am 26.4.1986 in Brand geriet.
  • Die Aufteilung in Kleinstreaktoren war hierbei zweckmäßig, um das erbrütete Plutonium einzeln entnehmen zu können.
  • Zur Erleichterung dieser Entnahme von Brennstäben gab es für diesen Reaktorblock keine Betonkuppel oder kein Containment, wie es bei allen friedlich genutzten Reaktoren weltweit üblich ist. Die Überdachung bestand aus Eternitplatten.
  • Wegen des fehlenden Gehäuses gelangten bei dem Unfall der Abbrand und das entstehende CO2 in die Atmosphäre und verbreiteten sich bekanntlich weltweit.
  • Die vielen Kleinstreaktoren wurden mit je speziellen Kühlsystemen ausgestattet, deren Durchflüsse (kg/h) wie in der Verfahrentechnik üblich mit Lochscheiben (Messblenden) ermittelt wurden. Diese bewährte Messmethode hat den Nachteil, dass sie im unteren Messbereich sehr ungenau wird. Zu Versuchszwecken wurde bei der Katastrophe verbotenerweise dieser Bereich bewusst ausgewählt.
  • Es kam zur Reaktorkatastrophe, weil man durch einen Versuch feststellen wollte, ob der auslaufende Generator ab 30% Leistung noch genug Strom liefern könnte, um andere Anlagenbereiche eine Weile damit zu versorgen. Aber man verpasste beim Abfahren des Reaktors auf Grund von Bedienungsfehlern diesen Punkt und war plötzlich bei 1% der Leistung angelangt. Dann wurde versucht, den Reaktor wieder hochzufahren, um den Versuch dennoch durchführen zu können. Das ist aber prinzipiell unmöglich, weil eine so genannte Xenon-Vergiftung eintritt; es wäre erforderlich gewesen, den Reaktor ganz abzuschalten, 2 bis 3 Tage zu warten, bis die Xe-Vergiftung abgeklungen ist und dann erneut anzufahren. Diese Xe-Vergiftung ist den Fachleuten bekannt; sie hat zur Konsequenz, daß man Kernkraftwerke nicht unter 50% Leistung herabfahren darf. Wenn man diese Grenze unterschreitet, darf man erst nach einigen Tagen die Leistung wieder erhöhen.

Der Reaktor wurde zerstört, Bauteile flogen weit weg. Und die senkrechten Druckröhren der Kleinstreaktorenn wirkten wie ein Kamin, Graphit geriet in Brand, der durch restliche Nuklearwärme weiter angeheizt wurde.

Zu der Tatsache, daß man trotz der Xe-Vergiftung das Wieder-Anfahren versuchte (was man nicht darf und nicht kann und was jeder Fachmann weiß), wird in Fachkreisen kolportiert, dass sich die Reaktorfahrer geweigert hätten, den Versuch durchzuführen, und dass Militärpersonen an deren Stelle gesetzt wurden.

  • Am Standort Tschernobyl gab es vier Reaktoren, alle vom gleichen Typ: mit Graphit moderiert und Wasser gekühlt. Auch an anderen Orten gab es Reaktoren dieser Art; in der Sowjetunion 1986 beispielsweise mehr als 15, heute allerdings nur noch 10. Diese Reaktoren wurden alle zur Gewinnung von Waffen-Plutonium gebaut, weil man bei ihnen während des Betriebes einzelne Druckröhren absperren und die Brennstäbe herausholen kann. Derartige Reaktoren gab es auch in den USA, aber nicht lange, weil man die Gefahren erkannte. In der Sowjetunion wurden die Reaktoren später auch zur Stromgewinnung eingesetzt, weil sie ja vorhanden waren. Und man konnte sie auch sicher betreiben, man durfte nur keine dummen Experimente damit machen. In Jahre 1986 hatte man in der Sowjetunion sicherlich bereits so viel Kernwaffen, daß man man mit diesen Reaktoren nur noch Strom erzeugte

Für diese neun Punkte – ich betone es noch einmal – besitze ich keine schriftlichen Unterlagen; ich kann mich also lediglich auf mein Gedächtnis berufen. Mit großer Sicherheit kann ich aber davon ausgehen, dass im Kernkraftwerk Philippsburg diese mir fehlenden Unterlagen damals vorhanden waren.

Der havarierte Reaktor war nicht zur Verwendung für friedliche Zwecke konzipiert, sondern speziell zur Erzeugung von Waffen-Plutonium. Es ist unvernünftig und verschwenderisch, daraus die Entscheidung zu begründen, wie es geschehen ist, den in jeder Hinsicht völlig sicheren deutschen Kugelbett-Reaktor stillzulegen. Und noch immer wird der Hinweis auf Tschernobyl unzulässigerweise dazu benutzt, auf allgemeine Gefahren der Kernenergie hinzuweisen.

[1] Internationale Atomenergie-Organisation

[2] Forschungsstelle für Umwelt und Gesundheit

Über den  Autor

Er studierte Physik und wurde in diesem Fachgebiet auch promoviert. Seine berufliche Tätigkeit war geprägt durch die chemische Verfahrenstechnik und die Mess-, Steuerungs- und Regelungstechnik. In diesem Fachgebiet war er u.a. für größere Neubaumaßnahmen zuständig, beispielsweise für die BASF-Antwerpen N.V. Nach seiner Pensionierung lehrte er an der Fachhochschule Mannheim – Hochschule für Technik –  Thermodynamik und Regelungstechnik und außerdem – im Rahmen des Studium generale – in den Fächern Wirtschafts-, Unternehmens- und Führungsethik.




Zwischenbericht zur Endlagersuche

Eine mehrere tausend Seiten umfassende Dokumentation, die sicherlich jedem Bachelor-Studenten der Geologie zu einem Fleißkärtchen gereicht hätte. Auftrag erfüllt, Gorleben ist als Standort rausgeschmissen, dafür selbst die Hauptstadt in der engeren Wahl belassen. Jedenfalls meldete das Inforadio vom rbb am gleichen Morgen Berlin-Spandau und Berlin-Reinickendorf als geeignete Standorte. Wenn die Sache nicht so ernst wäre, könnte man das als Comedy abhaken – freilich nicht einmal auf dem Niveau einschlägiger Sendungen des ZDF. Wenn man es jedoch nach fachlichen Gesichtspunkten betrachtet, ist es ein Paradebeispiel für Lyssenkoismus.

Umgang mit hochaktiven Abfällen

Kaum je, war einer der Grundsätze sozialistischer Systeme besser getroffen: Erst einmal die Probleme schaffen, die man anschließend vorgibt zu lösen. Besser kann man den „Atomausstieg“ und die „Endlagerfrage“ nicht beschreiben. Nie hatte man in Deutschland vor, benutzte Brennelemente einfach zu verbuddeln. Selbst am Standort Gorleben war ein integriertes Entsorgungszentrum mit Wiederaufbereitung und anschließender Endlagerung der Abfälle im Salzstock geplant – keinesfalls aber das Verbuddeln kompletter Brennelemente. Warum? Weil abgebrannte Brennelemente zu mindestens 95% noch zur Energieerzeugung verwendbar sind und höchstens 5% in diesem Sinne Abfall darstellen. Damit ist schon mal die Frage des notwendigen Volumens beantwortet. Merke: Je größer die Menge „Atommüll“, je besser läßt sie sich propagandistisch ausschlachten. In der typischen moralischen Überhöhung schwätzt man nun von der Verantwortung diesen „Atommüll“ im eigenen Land opfervoll endlagern zu müssen. Nur folgen „unserem Vorangehen“ nicht einmal unsere unmittelbaren Nachbarländer. Insofern ist das unwiederbringliche verbuddeln riesiger Energiemengen eher eine Gehässigkeit und Umweltsünde. Das Uran und Plutonium das unsere Gutmenschen zu ihren politischen Zwecken verbuddeln wollen, muß in anderen Ländern mühselig gefördert bzw. erbrütet werden. Selbst bei einem „Atomausstieg“ bedeutet eine Wiederaufbereitung (in anderen Ländern) eine erhebliche Verringerung der Belastungen für das eigene Land.

Die Gefährlichkeit des „Atommülls“

Will man die Diskussion um die Hinterlassenschaften der „Atomindustrie“ zurück auf eine rationale Ebene führen, ist es unerläßlich die potentiellen Gefahren klar zu benennen. Von den „Atomkraftgegnern“ wurde der Popanz der sicheren Endlagerung für mindestens eine Million Jahre erfunden. Dieser Unsinn gilt noch heute manchen als das Totschlagargument gegen die friedliche Nutzung der Kernenergie. Für die biologische Wirkung auf die Menschen ist einzig die Art und Dosis der ionisierenden Strahlung verantwortlich. Dies gilt heute genauso, wie in einer Million Jahren. Deshalb hier noch mal in aller Kürze die wesentlichen Einflussfaktoren:

  • Strahlung. Man unterscheidet α-, β- und γ-Strahlung. In diesem Zusammenhang ist besonders wichtig, daß α-Strahlung nur biologisch wirken kann, wenn der Stoff in den Körper aufgenommen wurde oder etwas flapsig gesagt: Niemand ist gezwungen, abgebrannte Brennelemente zu essen.
  • (Halbwerts)Zeit. Der radioaktive Zerfall geht immer nur in eine Richtung, das heißt die ursprüngliche Menge der radioaktiven Stoffe wird beständig weniger. Das Maß ist die jeweilige Halbwertszeit. Je länger die Halbwertszeit des Abfalls ist, je länger sollte er von der Biosphäre fern gehalten werden, aber um so weniger „feuert“ er auch. Das ist der Grund, warum man z. B. Uran (immer noch der größte Anteil in abgebrannten Brennelementen) gefahrlos in die bloße Hand nehmen kann. Mit einem Stück Co60 wäre das nicht empfehlenswert. Ein übliches Maß für das „Verschwinden“ radioaktiver Stoffe ist die zehnfache Halbwertszeit. Mit anderen Worten: Zum Zeitpunkt der Einlagerung sind alle Stoffe mit einer Halbwertszeit die kleiner als ein Zehntel der Zeitspanne seit dem Verlassen des Reaktors ist, bereits verschwunden. Das ist der Grund, warum man dann bereits recht gefahrlos mit dem „Atommüll“ umgehen kann oder warum auch Länder, die eine Wiederaufbereitung durchführen bzw. anstreben eine „Langzeit-Zwischenlagerung“ betreiben. Die Behauptung, man hätte weltweit noch keine Lösung für den „Atommüll“ ist ebenfalls nichts als Propaganda.
  • Chemie der Abfälle. Damit die radioaktiven Stoffe überhaupt in die Umwelt gelangen können, müssen sie zuerst freigesetzt werden. Standard ist heute die Verglasung (es gibt auch noch andere Verfahren). Man erzeugt bei der Wiederaufbereitung eine „Suppe aus Spaltprodukten“ mit möglichst wenig Aktinoiden (lange Halbwertszeiten) und löst diese in einer Glasschmelze auf, die man in einen Behälter aus Edelstahl einbringt. Glas ist sehr beständig. Damit die radioaktiven Stoffe da raus können, muß erstmal das Glas aufgelöst werden. Hierbei stehen sich radioaktiver Zerfall und Auflösung eines solchen Glasblocks durchaus in gleicher zeitlicher Größenordnung gegenüber.
  • Wärmeentwicklung. Bei jedem radioaktiven Zerfall wird Energie in Form von Wärme freigesetzt. Technisch von Bedeutung ist lediglich die entstehende Temperatur im Gebinde (Glas und Edelstahl) und in unmittelbarer Umgebung des Lagers (Salz, Ton oder kristallines Gestein). Dies ist eine rein technische Aufgabe, die beliebig über die Zeit bis zur Einlagerung und die Konzentration und Form der Gebinde eingestellt werden kann.
  • Chemie der Umgebung. Ob, wenn ja wieviel, in welcher Zeit, von den eingelagerten Stoffen bis in die Biosphäre gelangt, hängt wesentlich von der Bodenbeschaffenheit und weniger von irgendwelchen Wässern ab. Boden ist immer – mehr oder weniger – ein Ionentauscher. So haben z. B. die Unglücke in Hanford (Durchrostung von mit Spaltproduktlösungen gefüllter Erdtanks) gezeigt, daß selbst oberflächennah der Transport Jahrzehnte für wenige Meter benötigt hat.
  • Biologische Halbwertszeit. Letztendlich ist für die „Schädlichkeit“ nur verantwortlich, wieviel radioaktive Stoffe und welche (biologische Halbwertszeit als Maß für die laufende Ausscheidung) vom Menschen aufgenommen werden. Über die Pfade gibt es sehr gute und verlässliche Kenntnisse. Teilweise sogar die Gesundheit fördernd – man denke nur an gewisse Mineralwässer.

Als Anregung zum Nachdenken: Radioaktive Stoffe zerfallen und verschwinden damit unweigerlich. Bei chemischen Stoffen ist das durchaus nicht immer der Fall (z. B. Quecksilber, Arsen, Asbest etc.). Warum diskutieren selbsternannte „Umweltschützer“ nur über Deponien für radioaktive Stoffe und warum sind Deponien für „Chemiemüll“ kein Aufreger? Was ist z. B. mit dem weltgrößten unterirdischen Lager für richtig gefährliche Stoffe in Herfa-Neurode? Dort sind bereits mehrere Millionen Tonnen „Gift“ eingelagert. Ging es den „Atomkraftgegnern“ vielleicht immer schon um ganz andere Dinge?

Das Standortauswahlgesetz (StandAG)

Die Vorstellung, man muß nur den einen Ort finden, der den „Atommüll“ für eine Million Jahre sorglos verschwinden läßt, mutet schon kindlich naiv an oder ist eine böswillige politische Farce – jeder Leser mag das für sich selbst entscheiden. Weder braucht man einen Einschluß für „mindestens eine Million Jahre“, noch kann ein ernsthafter Mensch glauben, daß man die Zukunft über Millionen Jahre verlässlich vorhersagen kann. Parallelen zu den Prognosen von der menschengemachten Klimakatastrophe drängen sich unmittelbar auf. In diesem Zwischenbericht gehen die Geologen von 10 Eiszeiten in dem betrachteten Zeitraum aus, bei denen zumindest die norddeutsche Tiefebene jeweils mit Eis überdeckt ist. Soviel dazu. Die Herren und Damen wären aber nicht lange im (politischen) Geschäft der Gutachten, wenn sie nicht pflichtgemäß politisch korrekt im unmittelbar folgenden Satz auf die vom Menschen verursachte Erderwärmung hinweisen würden, die selbstverständlich in diesem Gutachten noch nicht abschließend beurteilt werden kann.

Aber es wäre ungerecht, nur die Gutachter für dieses Machwerk verantwortlich zu machen. Vielmehr sind es unsere Parlamentarier, die das Gesetz – ohne es zu lesen oder auch nur ansatzweise zu verstehen – durchgewunken haben. So ist das nun mal, man bekommt nur das, was man ausdrücklich bestellt und bezahlt. Wenn man als gewählter Volksvertreter nicht den Mut hat, hin und wieder Stopp zu sagen, degradiert man sich selbst zur Marionette cleverer Lobbyisten. Nun kann man bei der beruflichen Zusammensetzung unseres Parlaments wahrlich keine geologische Kompetenz erwarten. Man hätte aber mal Menschen fragen können, die von der Materie etwas verstehen. Früher – vor den Besetzungsorgien unter Rot/Grün – gab es jede Menge qualifizierter Fachleute in den Ministerien. Zumindest aber, hätten in der Gesetzgebung erfahrenen Abgeordneten die Ohren bei einem zeitlich über mehrere Legislaturperioden ausgedehnten, dreistufigen K.o-Verfahren klingeln müssen. Man muß nur in Phase I die unliebsamen Standorte raus kegeln und der Drops scheint gelutscht. Das ganze geschah nun auf einer Datenbasis, die kaum verschieden (Geologie!) der gegenüber 1973–1979 ist. Wie absurd die Entscheidung ist, zeigt sich daran, daß die Hauptstadt (!) und zerklüftete Gebiete in Bayern als geeignet erklärt wurden. Weil man offensichtlich selbst kalte Füße hat, erklärt man flugs eine mögliche Kompensation durch technische Maßnahmen für möglich – für eine Sicherheit von mindestens einer Million Jahren. Deutschland scheint sich endgültig international zur Lachnummer machen zu wollen.

Der Salzstock Gorleben

Man hat den Salzstock Gorleben in den Jahren 1979–1983 von oberhalb und 1986–2000 untertägig erforscht. Hunderte von wissenschaftlichen Mannjahren, Regale voll Meßwerten und Auswertungen und 1,6 Milliarden Euro Kosten, die allein wir Stromverbraucher bezahlt haben. Allein von den Kosten her, glaubt irgendjemand, daß noch einmal ein solches Programm für zwei weitere Standorte durchgezogen wird? Vorsichtshalber wurde gleich ins Gesetz rein geschrieben, daß Gorleben nicht als Referenzobjekt herangezogen werden darf (§36 des StandAG). Gott bewahre, wenn sich nach zwei weiteren Forschungsbergwerken herausstellt, daß der Salzstock in Gorleben doch nicht der Schlechteste war. Dagegen ist der „Maut-Skandal“ wahrlich eine Petitesse.

In dem Standortauswahlgesetz in §22 werden explizit sechs Ausschlusskriterien benannt (Vertikalbewegungen, Störungszonen, frühere bergbaulicher Tätigkeit, seismische Aktivität, vulkanische Aktivität und Grundwasseralter). Ergebnis des Zwischenberichts: Es liegt kein Ausschlusskriterium vor. Lediglich ist ein Radius von 25 m um einige alte Ölbohrungen auszuschließen. In dem Standortauswahlgesetz in §23 werden explizit fünf Mindestanforderungen genannt (Gebirgsdurchlässigkeit, Mächtigkeit, minimale Teufe, Fläche und Barrierewirkung). Ergebnis des Zwischenberichts: Es sind alle Mindestanforderungen erfüllt. In der Anlage zu §24 sind die geowissenschaftlichen Abwägungskriterien aufgeführt. Die Tabelle 1 des Zwischenberichts führt akribisch 25 Bewertungen auf. Und jetzt aufgepasst: 22 Punkte werden mit „günstig“ bewertet, einer mit „weniger günstig“ und zwei mit „nicht günstig“. In Tabelle 2 und 3 sind auch alle Kriterien „günstig“. Plötzlich taucht in Tabelle 5 das vermeintliche Killerkriterium auf: „Gesamtbewertung des Kriteriums zur Bewertung des Schutzes des einschlusswirksamen Gebirgsbereichs durch das Deckgebirge“: „ungünstig“. Wir erinnern uns an die 10 erwarteten Eiszeiten, die immer mehr Deckgebirge abschleifen sollen. Nur, wer will denn den Atommüll in das Deckgebirge einlagern? Der Salzstock geht doch mehrere tausend Meter in die Tiefe…

Die Gefährdung der Demokratie

Was hier abläuft, ist ein Aufruf an alle möglichen Interessenverbände zum Widerstand. Wissenschaft zählt nicht, Steuergeld ohnehin nicht, ihr müßt nur möglichst militanten Widerstand leisten, dann zwingt ihr die Politik in die Knie. Hier ist allerdings der Widerstand von Gorleben ausdrücklich als Referenz erwünscht. Ein paar Alt-68er-Datschenbesitzer haben erfolgreich ihren Altersruhesitz verteidigt. Der Gipfel wäre noch, man baut das Endlager auf dem Gebiet der ehemaligen DDR. Dort hat Bündnis 90/Die Grünen ohnehin nur wenig Wähler und sollte sich dort auch nur leichter Protest regen, kann man schnell mit der Keule alles „Rechtsradikale“ zuschlagen. Uns im „Westen“ bleibt ja noch die Asse und Schacht Konrad als Aufreger. Um die Deponie Morsleben im „Osten“ war und ist es ja immer bemerkenswert still. Also auf in den Wahlkampf.

Der Beitrag erschien zuerst auf dem Blog des Autors hier




Energieerzeugung der besseren Art – Die Kernkraft aufrichtig betrachtet

Weltweit sind derzeit 450 Kernreaktoren in Betrieb und es werden immer mehr. Insbesondere die sogenannte ›Generation IV‹ wird künftig vermehrt in Betrieb gehen, da dieser Kraftwerkstyp inhärent sicher ist, zudem den Brennstoffkreislauf schließt. Die Hauptargumente gegen Kernenergie – Unfallgefahr und Atommüll – sind bei diesem Konzept nicht mehr anwendbar.
Anders als Windräder und Photovoltaikanlagen besitzen Kernreaktoren eine hohe Effizienz, was automatisch mit optimaler Schonung der Umwelt einhergeht. Die Autoren führen sehr bildreiche Vergleiche an, die aufzeigen, welche fatale Rolle „Erneuerbare“ in der Energieerzeugung spielen und warum diese immense Schäden in der Natur verursachen. Sie weisen zudem darauf hin, dass die höchsten Umweltschäden nicht die hochentwickelten Nationen verursachen, sondern die Länder der Dritten Welt, die noch nicht in der Lage sind, Methoden höchster Energiedichte einzusetzen.
Sehr erhellend auch die Erläuterungen zur Energiedichte eines Stoffs. Hier wird schlagartig klar, dass Kernbrennstoff in einer ganz anderen Liga spielt, als etwa Steinkohle oder gar Lithium-Ionen-Akkus. Mit dem sogenannten Erntefaktor führen die Autoren plastisch vor Augen, dass weder Sonnenenergie noch Biomasse oder Windenergie die Wirtschaftlichkeitsschwelle übersteigen.
Im Buch sind auch Ungeheuerlichkeiten zu lesen, die sich die Politik hat einfallen lassen, um die „Energiewende“ in gutem Licht darstellen zu können. So kann etwa gegen eine geringe Gebühr der Kohlestrom ergrünen, indem er in Wasserstrom getauscht wird. Alles was dazu nötig ist, sind RECS-Zertifikate. Noch nicht einmal eine physische Verbindung zwischen den Stromleitungen muss existieren, da es sich lediglich um eine reine Umetikettierung handelt. So erklärt es sich, dass fast alle deutschen Stromversorger „100 Prozent Ökostrom“ anbieten können. Eine Mogelpackung, auf die sehr viele Bürger hereinfallen.
Im ungemein informativen Buch der beiden Autoren ist auch zu lesen, dass es vor 1,5 Milliarden Jahren im afrikanischen Gabun ein zufälliges Zusammentreffen von Uranvorkommen und Wasser gab. Das Ergebnis waren „Natur-Kernreaktoren“, die rund 500.000 Jahre lang mit geringer Leistung liefen. Verdampfte das Wasser, kam der Prozess zum Stillstand, da der Moderator nun fehlte.
Sehr wichtig auch die im Buch gemachte Feststellung, dass Radioaktivität „nicht ansteckend“ ist. Dies bedeutet, dass ein bestrahlter Gegenstand oder Organismus nicht selbst radioaktiv wird. Auch dies wird von interessierter Seite immer wieder behauptet, im Buch jedoch klargestellt, dass dem nicht so ist. Aufhorchen lässt zudem der Buchabschnitt, in dem erläutert wird, dass die natürliche radioaktive Strahlung in vielen Regionen der Erde weit stärker ist, als die der „radioaktiv verseuchten“ Gebiete in Tschernobyl und Fukushima.
Die Autoren heben zudem hervor, dass es hochradioaktiven Abfall über Millionen von Jahren nicht gibt, da radioaktive Elemente eine Halbwertzeit besitzen, sich daher von selbst auflösen. Mit der Aufgabe der Kernkraft gibt Deutschland eine Schlüsseltechnik aus der Hand, die weiterhin hohen Wohlstand generieren würde. Zwar nennen Kernkraftgegner gerne einen Zeitraum von 100 Jahren, wonach der Vorrat an Uran erschöpft wäre, doch sind dies bewusst irreführende Zahlen, da moderne Kernkraftwerke in der Lage sind, den Brennstoff besser zu nutzen. Die Autoren gehen hier von einem Zeitraum von wenigstens 20.000 Jahren aus. Wird das Uran gar aus dem Meerwasser extrahiert, so könnte Brennstoff für hunderte Millionen Jahre gewonnen werden.
Wie fatal sich der Ausstieg aus der Kernenergie darstellt, zeigt auch das Potenzial, Kraftstoffe synthetisch herzustellen. Beispielsweise sollte der Thorium-Hochtemperatur-Reaktor ›THTR-300‹ bei hohen Temperaturen von rund 1.000 Grad Celsius arbeiten und auf diese Weise günstig synthetische Kraftstoffe produzieren.
Mit dem Flüssigsalzreaktor sowie dem Dual-Fluid-Reaktor stellen die beiden Autoren höchst interessante Kernkraftwerkskonzepte vor. Sie erläutern, dass ein flüssiger Brennstoff den großen Vorteil hat, dass dieser während des Betriebs des Reaktors aufbereitet werden kann. Dadurch kann man den Reaktor besser steuern, zudem Spaltprodukte vom Reaktorkern fernhalten. Eine Kernschmelze wird bei diesem Konzept selbst bei hoher Leistungsdichte ausgeschlossen.
Höchst bemerkenswert ist, dass der Dual-Fluid-Reaktor Erntefaktoren von bis zu 5.000 erreichen kann – das 50-fache heutiger Kernreaktoren. Ganz zu schweigen von den Erntefaktoren von Windrädern und Photovoltaikanlagen, die lediglich auf einen Wert von 3,9 beziehungsweise 1,6 kommen. Sogar heutiger „Atommüll“ kann mit diesem Reaktortyp problemlos genutzt werden, sodass die Argumente der Kernkraftgegner hinsichtlich der langen Lagerdauer von Atommüll ins Leere laufen.
Die Autoren gewähren im Buch auch einen Einblick in die Forschungsanstrengungen großer Industrienationen in Sachen Kernkraft. Insbesondere China hat hier nach dem Ausstieg Deutschlands aus dem Kraftwerkmodell THTR-300 einen wichtigen Trumpf erhalten, künftig das eigene Volk mit dringend benötigter Energie zu versorgen. Nicht nur Fertigungsmaschinen, auch die kompletten Baupläne wanderten 1988 an die Tsinghua Universität.
Das Buch ›Kernenergie‹ von Götz Ruprecht und Horst-Joachim Lüdecke ist ein wirklich leicht lesbares, extrem informatives Werk, das in die Hände vor allem der jungen Generation gehört, denn die jungen Menschen sind es, die schlussendlich die negativen Konsequenzen einer völlig aus dem Ruder gelaufenen Energiewende ausbaden müssen.
Der Beitrag erchien zuerst in „Die Welt der Fertigung“ hier