Die neue französische Regierung unter Gabriel Attal macht ernst mit der Energie-Souveränität

Edgar L. Gärtner

Wie erwartet, hat die unbeliebte französische Premierministerin Elisabeth Borne am Abend des 8. Januar 2024 Staatspräsident Emmanuel Macron ihren Rücktritt angeboten und Macron hat diesen sofort angenommen. Nachfolger von Madame Borne wurde der erst 34 Jahre alte bisherige Erziehungsminister und Regierungssprecher Gabriel Attal. Dieser gilt als Klon Macrons, weil er wie dieser die Weihen als „Young Global Leader“ des World Economic Forums (WEF) in Davos empfangen hat. Er saß dort im Jahre 2020 zusammen mit der heutigen deutschen Außenministerien Annalena Baerbock, der zeitweiligen finnischen Ministerpräsidentin Sanna Marin und mit Alicia Garza, einer Mitbegründerin der rassistischen Black-Lives-Matter-Bewegung (BLM) in den USA in einer Lehrgangs-Klasse zusammen. Das heißt: Attal ist der direkte Repräsentant jener „Erleuchteten“, die uns ab 2030 den Fleischkonsum, Urlaubsreisen und den Privatbesitz von Pkws verbieten wollen.

Dennoch enthält die am 12. Januar von Attal vorgestellte neue Regierung einige Überraschungen, die von der grün-linken Politi-Szene als „Rechtsruck“ interpretiert werden. Für die Energie- und Klimapolitik ist nun nicht mehr das Umwelt- bzw. Energiewende-Ministerium zuständig, sondern das mächtige Wirtschafts- und Finanzministerium unter dem erfahrenen Super-Minister Bruno La Maire. Dieser gilt schon länger als überzeugter Anhänger der Kernenergie, musste aber aus wahltaktischen Gründen bislang hinter Grünen und Sozialisten zurückstehen. Bislang residierte die deutsche „Erneuerbaren“-Lobby in Gestalt des Office Franco-Allemand de la Transition Ecologique (OFATE) direkt in dem zuletzt von Agnès Pannier-Runacher geleiteten Energiewende-Ministerium. Der neuen deutlich verkleinerten Regierung gehört Pannier-Runancher nicht mehr an.

Staatspräsident Emmanuel Macron, der 2017 nicht zuletzt mithilfe massiver Unterstützung durch die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel und deren Berliner Gefolgsleute an die Macht gekommen war, hatte in de letzten Jahren versucht, den Konflikt zwischen den „Erneuerbaren“ und der Kernenergie zu entschärfen, indem er dafür sorgte, dass beide Alternativen vom Staat gleichermaßen finanziell gefördert wurden, obwohl das sinnlos ist. Denn Windräder und Photovoltaikanlagen erweisen sich selbst nach dem herrschenden grünen Weltbild durchaus nicht als „klimafreundlicher“ als Kernkraftwerke.

Im Unterschied zur Berliner „Ampel“ sind den Angehörigen der Herrschaftskaste in Frankreich selbstmörderische Aufopferungs-Fantasien für das „Weltklima“ eher fremd. Viele von ihnen träumen noch immer von einer Rückkehr zu Frankreichs einstiger weltpolitischer Bedeutung. Sie sehen deshalb in der Schwächung der deutschen Wirtschaft durch die zügellose Verarmungs- und Gängelungspolitik der Berliner „Ampel“ die Chance, diesem Ziel näher zu kommen. Schon im Februar 2022 hat Emmanuel Macron in einer viel beachteten Rede in der ostfranzösischen Industriestadt Belfort den neuerlichen Ausbau der Kernenergie angekündigt. Damals kündigte er den Bau von sechs neuen Groß-Kernkraftwerken des Tys EPR sowie eine Option von acht weiteren an. Auch modular aufgebaute kleinen Kernkraftwerken (SMR) sollten eine Chance bekommen. Lange ließ Macron dieser Ankündigung keine Taten folgen. Noch immer galt das unter Macrons Amtsvorgänger François Hollande mit den Grünen und Linken vereinbarte Ziel, den Anteil der Kernenergie am nationalen französischen Strommix von über 70 schrittweise auf 50 Prozent zurückzufahren. Das ist nun vorbei. In dem bald zur parlamentarischen Beratung anstehenden Gesetzentwurf über die Energiesouveränität ist fürs erste von „erneuerbaren“ Energien keine Rede mehr, sondern nur noch von Technologieneutralität im Hinblick auf die Ansteuerung der Ziele des Pariser Klimaabkommens von 2015, zu dem sich die französische Regierung weiterhin uneingeschränkt bekennt.

Macron und seine neue Regierung haben den „Rechtsschwenk“, den ihr die Linksgrünen vorwerfen, sicher nicht ganz freiwillig vollzogen. Vielmehr mussten Macron und seine Berater davon Kenntnis nehmen, dass er mit seiner grünen und extrem EU-freundlichen Politik nicht nur in der Nationalversammlung, sondern erst recht bei der breiten Wählerschaft über keine Mehrheit verfügte. Die bisherige Premierministerin Elisabeth Borne hatte nach der für Macron und seine Partei „Renaissance“ ungünstig ausgegangenen Parlamentswahl vom Mai 2022 die undankbare Aufgabe übernommen, wichtige Reformvorhaben wie vor allem die Absenkung des Rentenalter6s mithilfe des von General de Gaulle in die Verfassung der V. Republik eingeführten Artikels 49.3 durchzupeitschen. Dieser erlaubt es der Regierung, im Falle eines parlamentarischen Patts, Gesetze ohne Zustimmung der Parlamentsmehrheit durch Notverordnungen zu erlassen. Elisabeth Borne benutzte den Art. 49.3 der Französischen Konstitution in ihrer kurzen Amtszeit von einem Jahr,  sieben Monaten und einigen Tagen ganze 23 mal! Das führte dazu, dass sie am Ende kaum noch ernstgenommen wurde.

Macron entschloss sich deshalb, das ebenso umstrittene neue Einwanderungsgesetz mit deutlich strengeren Vorgaben nicht mehr mithilfe einer Notverordnung zu erlassen, sondern einen Kompromiss mit der rechten Parlamentsmehrheit zu suchen. Dabei gingen ihm bereits einige seiner linken Minister und Anhänger von der Fahne. So musste sich Macron, um sich an der Macht halten zu können, nun zu einem „Rechtsruck“ entschließen. Neben der Entmachtung des Energiewendeministeriums und der Rückkehr zur Kernenergie zeigt vor allen die Ernennung von Rachida Dati, der ehemaligen Justizmisterin des rechten Präsidenten Nicolas Sarkozy, zur neuen Kulturministerin, wohin der Hase läuft. Die Einwanderer-Tochter Dati, deren Eltern aus Marokko und Algerien stammen und die auf einer katholischen Privatschule erzogen wurde, ist dafür bekannt, dass sie kein Blatt vor den Mund nimmt. Sie wird folglich von der linken Kulturszene als Provokation empfunden. Das gilt wohl auch für Catherine Vautrin, die neue konservative Ministerin für Arbeit und Gesundheit, die den durch den Corona-Schwindel kompromittierten Regierungssprecher und ehemaligen Gesundheitsminister Olivier Veran ablöst.

Warum hat sich Macron für die Ernennung für die Ernennung eines vor allem international noch weitgehend unerfahrenen blutjungen jungen Mannes zum Premierminister entschieden? Der tiefere Grund dafür dürfte im kommenden Wahlkampf zu finden sein. Nicht wenige Beobachter der politischen Entwicklung in Frankreich gehen davon aus, dass Präsident Macron im Spätsommer nach den Wahlen zum Europa-Parlament und dem Ende der prestigeträchtigen Olympischen Spiele von Paris, die den französischen Staat Milliarden kosten werden, die Nationalversammlung auflösen und Neuwahlen ausrufen wird. Dann wird der Jungspund Attal dem mit 28 Jahren noch jüngeren politischen Naturtalent Jordan Bardella gegenüber stehen. Der Migrantensohn mit algerischen und italienischen Wurzeln wurde als Vorsitzender der Le-Pen-Partei Rassemblement National (RN) im vergangenen Jahr zum beliebtesten Politiker Frankreichs gekürt.

Im Unterschied zu Attal, der aus dem schicken Pariser Westen stammt, kommt Bardella aus der vorwiegend von Mietskasernen des Sozialwohnungsbaus dominierten Stadt Drancy im verrufenen Département Seine-Saint-Denis im Nordosten der französischen Hauptstadt. Der durchtrainierte Aikido-Kämpfer hat mit seinem seriösen Auftreten wesentlich dazu beigetragen, die Le-Pen-Partei vom Schwefelgeruch zu befreien und ist zum Hoffnungsträger für die Benachteiligten in den Banlieues geworden. Kein Zweifel: Attal wird es sehr schwer haben in diesem Wahlkampf. Deshalb bedauern es manche, dass der durchaus talentierte junge Mann schon in so jungen Jahren verheizt wird.

 




Die EU vor einer nuklearen Wende. Unter französischer Führung?

von Edgar L. Gärtner

Vor wenigen Tagen, am 21. November 2023, hat sich das Europa-Parlament nach jahrelangem Hin und Her endlich klar dafür ausgesprochen, die Kernenergie als „grün“, das heißt CO2-frei zu klassifizieren. Nach Ansicht der französischen Tageszeitung „Le Figaro“ ist diese Entscheidung „définitif“. Wir werden sehen…

Jedenfalls bereiten sich Franzosen, die heute noch zu den politischen und wirtschaftlichen Zielen General Charles de Gaulles stehen, schon einmal darauf vor, in Europa wieder eine Führungsrolle zu übernehmen. Schon am 14. November gab der französische Wirtschafts- und Finanzminister Bruno Le Maire den Preis für Atomstrom bekannt, mit dem der Staatskonzern EDF rechnen kann, wenn die mit der EU abgestimmte Tarifregelung ARENH (Accès réglementé à l‘électricité nucléaire historique) Ende 2025 ausläuft. Nach dieser Regelung, die verhindern soll, dass Frankreich wegen seines Strom-Monopols von der EU bestraft wird, muss EDF ein Viertel bis ein Drittel seines Nuklearstroms zum Spottpreis von 42 €/MWh an Großhändler ohne eigene Produktionskapazitäten abgeben. Deren Leistung erschöpft sich darin, ihren Kunden Rechnungen zu schreiben. Sie existieren nur, weil die EU-Politik den Anschein erwecken will, hier werde Marktwirtschaft praktiziert. In Wirklichkeit handelt es sich um staatlich anerkannte Parasiten. Damit soll nun Schluss gemacht werden. Ab 2026 soll der Staat EDF nun einen mittleren Preis von mindestens 70 €/MWh garantieren. Das soll ausreichen, um privaten Stromkunden Preisstabilität und industriellen Kunden Wettbewerbsfähigkeit zu sichern sowie den Bau neuer Reaktoren zu finanzieren. Um das auch reicht, um die Entschuldung des hoch verschuldeten Staatskonzerns voranzubringen, seht dahin.

Mit der Bekanntgabe eines garantierten mittleren Preisniveaus für Nuklearstrom hat sich die Regierung Macron/Borne offenbar dafür entschieden, sich von den bislang von der EU-Kommission favorisierten ohnehin nur scheinbar marktwirtschaftlichen Strompreisfindungs-Formeln zu verabschieden und stattdessen auf staatlich regulierte Preise zu setzen. Das haben verschiedene Experten angeregt, die die Anerkennung natürlicher Monopole in der Energie- und Wasserversorgung fordern, um die Transaktionskosten zu minimieren. Darauf weist inzwischen sogar das liberale Wirtschaftsmagazin „Contrepoints“ hin. Um wirklich von Marktwirtschaft reden zu können, müssten die Stromkunden tatsächlich die freie Wahl zwischen konkurrierenden Anbietern mit jeweils eigenen Produktions- und Distributions-Kapazitäten haben. Das bedeutete mindestens eine Verdoppelung, wenn nicht Verdreifachung der notwendigen Infrastrukturen und eine entsprechende Kostensteigerung für die Verbraucher. Es gibt deshalb in der Elektrizitäts- und Wasserwirtschaft keinen wirklichen Wettbewerb, sondern allenfalls Wettbewerbs-Simulation. Auch der Liberalismus kann also zu einer realitätsfernen Ideologie werden, die nur Kosten verursacht und niemandem außer einer winzigen Minderheit von Staatsprofiteuren zu einem besseren Leben verhilft. Viele Europäer sind heute vor allem deshalb nicht gut auf den Liberalismus zu sprechen, weil die Liberalisierung der Elektrizitätswirtschaft in der EU ihnen nur kräftige Preissteigerungen, aber keine Vorteile gebracht hat.

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Für die Franzosen kommt hinzu, dass sie EDF und die Nuklearwirtschaft wegen deren Wurzeln in der Résistance gegen den Nazismus mit einigem Recht als Volkseigentum betrachten können. Der Aufbau der französischen Nuklearwirtschaft in der Nachkriegszeit wurde mithilfe des internationalen Kapitalmarktes vollständig von den französischen Stromkunden finanziert. Der durch Indochina-, Suez- und Algerienkrieg geschwächte französische Staat wäre dazu gar nicht in der Lage gewesen. Die Franzosen konnten sich glücklich schätzen, mit General de Gaulle einen weitsichtigen Staatsmann ans Ruder gebracht zu haben, der früh die Bedeutung der Verfügbarkeit preiswerter Energie im Überfluss für den wirtschaftlichen Wohlstand erkannte. Allerdings brauchte der Aufbau der Kernenergie längere Zeit. Viel schneller ging die Erschließung der Wasserkraft in den Alpen und den Pyrenäen vonstatten. Stauseen und Kanäle ermöglichten gleichzeitig die Entwicklung einer hochproduktiven Landwirtschaft im Süden Frankreichs, der zuvor eher steppen-, wenn nicht wüstenähnlich aussah. Dass die Provence heute überwiegend grün ist, verdanken wir EDF und dem Canal de Provence.

Leider setzte de Gaulle bei der Entwicklung der Kernenergie zunächst (wohl aus militärischen Gründen) einseitig auf den Bau (mittel-)großer Natururan-Reaktoren, obwohl der erste von den Pazifisten Frédéric und Irène Joliot-Curie entwickelte funktionsfähige französische Kernreaktor „Zoé“ sehr klein war und durchaus zu zusammenschaltbaren Modulen (im Sinne der heutigen SMR-Konzepte) hätte weiterentwickelt werden können. Das soll jetzt nachgeholt werden. Vor kurzem stellte die französische Start-up Naarea im Wissenschaftsmagazin „Sciences et Avenir“ die Konzeptstudie eines inhärent sicheren Molten-Salt-Kleinreaktors vor, der mithilfe schneller Neutronen aus nuklearen Abfällen Energie gewinnen soll. Das Konzept dieses Reaktors mit einer Leistung von 40 Megawatt ist nicht vollkommen neu. Es erinnert in manchem an den Dual-Fluid-Reaktor des privaten Berliner Instituts für Festkörper-Kernphysik.

Allerdings rechnet das französische Entwickler-Team unter Jean-Luc Alexandre mit einer niedrigeren Betriebstemperatur von nur 700 Grad Celsius und die verwendete Kochsalzlösung soll nicht in Rohren aus rostfreiem Metall, sondern in Keramikrohren aus Siliziumkarbid zirkulieren. Auch Graphen soll im Reaktorkern eingesetzt werden. Die französischen Forscher haben allerdings den Vorteil, nicht wie Dual Fluid Energy Inc. nach Kanada ausweichen zu müssen, um ihr Konzept bis zu einem funktionierenden Prototypen umsetzen zu können. Der Prototyp des Naarea-Reaktors soll zwischen 2027 und 2028 fertig sein. Ab 2030 soll dann die Serienproduktion von Hunderten von Kleinreaktoren mithilfe von 3D-Druckern beginnen. Die im Jahre 2020 gegründete Firma Naarea beschäftigt zurzeit 170 Personen und soll noch vor dem Ende dieses Jahres eine Beschäftigtenzahl von 200 Personen erreichen. Schon im nächsten Jahr soll die Belegschaft auf 350 Personen aufgestockt werden. Finanziert wurde die Start-up bislang überwiegend über Spenden-Aufrufe. In diesem Frühsommer gewann Naarea den von der französischen Regierung im Rahmen des Investitionsplans 2030 ausgeschriebenen Wettbewerb „Réacteurs Nucléaires innovants“ und erhielt dadurch vom Staat eine Starthilfe von 10 Millionen Euro. Zurzeit versucht Naarea mithilfe einer Werbekampagne 150 Millionen Euro einzutreiben. Deren Chancen gelten aber wegen des Rückschlags beim konkurrierenden Projektes Nu Scale Power zurzeit als nicht besonders gut.

Wie dem auch sei: Auch Frankreich beteiligt sich nun aktiv an der Suche nach dem tragfähigsten Mikroreaktor-Konzept und hat dabei wegen seiner Willkommenskultur in Sachen Kernenergie sicher bessere Karten als Deutschland. Der jetzt von der französischen Regierung versprochene Garantiepreis von 70 €/MWh dürfte allerdings nicht ausreichen, um die Suche nach neuen Reaktor-Konzepten attraktiv zu machen. Als attraktiv für zukünftige Nutzer erscheint jedoch die Möglichkeit, die Kleinreaktoren – unabhängig von weiträumigen Verteiler-Netzen – in unmittelbarer Nähe zu den Orten des Verbrauchs aufzustellen. Der Kern des 40 MW-Reaktors von Naarea soll nicht größer sein als ein Kühlschrank, die Gesamtanlage soll die Größe eines Autobusses nicht überschreiten. So erscheint die Annahme durchaus realistisch, dass der massenhafte Einsatz von Kleinreaktoren eines Tages zur Versöhnung zwischen Kernenergie und Marktwirtschaft führen könnte. (29. November 2023)

 




Kernenergie in Frankreich: Präsident Macron laviert noch immer

Edgar L. Gärtner

Der französische Staatspräsident Emmanuel Macron hat in letzter Zeit wiederholt versucht, in der Energie- und Klimapolitik gegenüber dem aktivistischen Overkill der gegenwärtigen EU-Kommission „Zeichen“ zu setzen (wie man so schön sagt), indem er eine „regulatorische Pause“ forderte und potentielle Groß-Investoren mit dem Ziel einer „Reindustrialisierung“ Frankreichs zu pompösen Treffen im Pariser Elysée-Palast und im Schloss von Versailles einlud. Während die Initiativen Macrons in den deutschen Mainstream-Medien kaum erwähnt wurden, sahen nicht nur anglo-amerikanische, sondern auch (staatlich subventionierte) französische Mainstream-Medien darin eine grundsätzliche Infragestellung der „Klimapolitik“ der EU (so Laszlo Trankovits am 17. Mai in „Tichys Einblick“).

Dieser Eindruck wird verstärkt durch die offenbar von Frankreich im Verein mit einer „Atom-Allianz“ mitteleuropäischer Staaten jüngst organisierte Blockade der Abstimmung über die Umsetzung des „Green Deal“ der EU in der Energiepolitik. Die Delegierten des Europaparlaments und der EU-Ministerrat hatten sich Ende März 2023 darauf geeinigt, dass bis zum Jahre 2030 42,5 Prozent und bis zum Jahre 2035 60 Prozent der in der EU eingesetzten Energie aus „erneuerbaren“ Quellen, d.h. Wind-, Solar- und Wasserkraft stammen müssen. Frankreich konnte nicht durchsetzen, dass die Kernkraft im Rahmen der EU-offiziellen Taxonomie generell als „grün“ eingestuft wurde. Nun geht es der französischen Regierung darum, wenigstens sicher zu stellen, dass der mithilfe der Kernenergie vergleichsweise günstig erzeugte Wasserstoff weiterhin in der Industrie verwendet werden kann. (Dabei steht außer Frage, dass Wasserstoff wegen der ungünstigen Energiebilanz seiner Herstellung kaum als universeller Energieträger geeignet ist.)

In der vorigen Woche haben sich Vertreter der 16 zur „Atom-Allianz“ gehörenden EU-Mitgliedsstaaten (plus als Gastland das Vereinigte Königreich) auf Einladung Emmanuel Macrons und der französischen Regierung in Paris getroffen und dort eine gemeinsame Erklärung verabschiedet. Darin erhoffen sie sich die Schaffung von 450.000 Arbeitsplätzen durch den Bau neuer Kernkraftwerke und einen Beitrag von 92 Milliarden Euro zum europäischen Bruttoinlandsprodukt. Allein in Frankreich steht der Bau von sechs Kernkraftwerken vom Typ EPR2 an. Die französische Nationalversammlung ebnete vor kurzem der Umsetzung des von Präsident Macron schon im vergangenen Jahr angekündigten Vorhabens den Weg, indem sie einer Beschleunigung der Genehmigungsverfahren für neue Kernkraftwerke zustimmte.

Dennoch zweifeln viele französische Befürworter der Kernkraft an Macrons Durchsetzungswillen. Michel Gay fragt im liberalen Online-Magazin „Contrepoints“ warum Macron der vorzeitigen Stilllegung des Kernkraftwerks Fessenheim zugestimmt hat. Dafür gebe es keine technischen, sondern höchstwahrscheinlich nur obskure politische Gründe. Hier zeigt sich Macrons Argumentations-Stil. (Ich spreche hier nicht von Kommunikation.) Immer wenn er etwas Richtiges verkündet, folgt fast im gleichen Atemzug das Gegenteil. Lange (zu lange?) ist Macron mit seinem verbalen Versuch, gleichzeitig („en même temps“) beide Seiten der politischen Auseinandersetzung zu bedienen, bei seinen Anhängern und Wählern einigermaßen durchgekommen. Deshalb weicht Macron auch bei den mehr oder weniger pompösen Treffen mit potenziellen ausländischen Investoren (allen voran Elon Musk) unter dem Motto „Choose France“ wie jüngst im Schloss Versailles nicht von dieser Zweigleisigkeit bzw. Doppelzüngigkeit ab. Über allem steht das politisch-korrekte Bekenntnis zur „Dekarbonisierung“ – vielleicht verbunden mit dem diskreten Hinweis, dass diese in Frankreich (dank der Kernenergie) preisgünstiger zu haben ist als anderswo. Aber er hütet sich vor einem klaren Bekenntnis zum Ausbau der Kernenergie. Vielleicht rührt das daher, dass die größten Vermögensverwalter der Welt wie BlackRock, Vanguard, State Street und andere noch immer nicht bereit sind, den angekündigten Bau neuer Kernkraftwerke zu finanzieren.

In den französischen Staatsmedien und den staatlich subventionierten Privatmedien dominiert aktuell Klima-Angst-Propaganda der übelsten Sorte. Jede Laune des Wetters wie die Trockenheit im Süden des Landes oder die Überschwemmungen in Norditalien oder auch die anschwellende Zahl illegaler Einwanderer wird mit dem Klimawandel in Verbindung gebracht. Ein Anstieg der Durchschnittstemperatur um 4 Grad Celsius bis zum Ende des Jahrhunderts gilt als feste Größe. Bei der Frage, wie diese Entwicklung zu bremsen sei, überwiegen Antworten, die uns bekannt vorkommen: Einbau von Wärmepumpen anstelle von Öl- und Gasheizungen, Bau von noch mehr Windrädern und Photovoltaik-Anlagen, Verzicht auf Fleischkonsum usw. Gerade hat der französische Rechnungshof gefordert, Frankreich müsse die Zahl seiner Weiderinder drastisch senken und stattdessen mehr Kunstfleisch auf der Basis von Zellkulturen produzieren, um die Freisetzung des „Treibhausgases“ Methan zu reduzieren. (Bis jetzt ist der „ökologische Fußabdruck“ von Kunstfleisch allerdings noch größer als der von extensiv gehaltenen Weiderindern.)

Der bekannte liberale Ökonom Jacques Garello, emeritierter Professor der Universität von Aix-en-Provence, ist hingegen überzeugt, dass das größte Hindernis für Investitionen in Frankreich die nach wie vor überbordende Bürokratie ist. Diese sei auch dafür verantwortlich, dass Jahr für Jahr die am besten Ausgebildeten Frankreich den Rücken kehren.

 




Emmanuel Macron versucht seriös zu werden

Über die nukleare Renaissance in Frankreich und Europa

Edgar L. Gärtner

Die französischen Präsidentschaftswahlen im nächsten Frühjahr werden wohl nicht so ablaufen, wie sie der zurzeit bekannteste französische Romanautor Michel Houellebecq vor sieben Jahren in seinem Bestseller „Soumission“ (Unterwerfung) skizziert hat. (Wobei ich der Fairness halber darauf hinweisen muss, dass Houellebecq sich nie als Prophet verstanden hat.) Um den absehbaren Wahlsieg der rechtsnationalen Präsidentschaftskandidatin Marine Le Pen zu verhindern, kommen in Houellebecqs Roman die Parteien der Linken und der gemäßigten Rechten überein, anstelle der Kandidatur des zentristischen Amtsinhabers die Kandidatur des hochintelligenten und charismatischen Muslimbruders Mohammed Ben Abbes zu unterstützen, der eine aufgeklärte und gemäßigte Version des Islam vertritt. Wie erwartet siegt Ben Abbes haushoch und setzt unverzüglich sein von der Scharia und der katholischen Soziallehre inspiriertes sozialpolitisches Programm um.

Dieses Szenario erscheint inzwischen als wenig realistisch, denn die Aussichten Marine Le Pens, an die Macht zu gelangen, haben sich inzwischen keineswegs verbessert. Im Gegenteil ist Marine Le Pen inzwischen in Gestalt des algerienstämmigen jüdischen Publizisten Eric Zemmour ein Konkurrent erwachsen, der ihr nicht nur an Intelligenz, sondern vermutlich auch an finanziellem Rückhalt haushoch überlegen ist. Zemmour, der bislang seine Kandidatur noch nicht offiziell angekündigt hat, füllt zurzeit in Frankreich die größten Säle mit Werbe-Auftritten für sein neuestes Buch mit dem Titel „La France n’a pas dit son dernier mot“ („Frankreich hat noch etwas zu sagen“). In den Meinungsumfragen hat er Marine Le Pen bereits überholt. Deshalb sieht es im Moment eher nach einem Duell Macron-Zemmour in der zweiten Runde der Präsidentschaftswahlen aus. Aber noch ist Zemmour, wie gesagt, noch gar nicht erklärter Kandidat und es ist auch noch nicht ausgemacht, wie sich die gemäßigten Rechten (Republikaner), die ihren Präsidentschaftskandidaten auch noch nicht bestimmt haben, gegenüber Zemmour positionieren würden.

Bedenklich stimmt vor allem Zemmours einseitige Ausrichtung auf die Probleme der illegalen Masseneinwanderung und die Gefahr des Islamismus, während er andere Bedrohungen der Freiheit wie vor allem die vom Staat erpresserisch durchgesetzte Anti-Covid-Impfpflicht, die bis zur Unbezahlbarkeit gehende Verteuerung des Lebens einfacher Menschen durch die von der EU beschlossene Bepreisung des Lebenselixiers Kohlenstoffdioxid und die Enteignung der Sparer durch die Inflationspolitik der Europäischen Zentralbank offenbar als weniger problematisch ansieht. Gemeinsam ist aber allen potenziell aussichtsreichen Wettbewerbern Macrons die Betonung des nationalen Interesses an einer Reindustrialisierung Frankreichs, am Ausbau der Kernenergie und damit die Distanzierung vom deutschen Weg in die Sackgasse mit 100 Prozent „erneuerbarem“ Flatterstrom.

Das Ende der deutsch-französischen Harmonie

Auch Emmanuel Macron weiß, dass das Streben nach einem gemeinsamen deutsch-französischen Weg, was immer auch darunter zu verstehen sein mag, mit dem Ende der Ära Merkel hinfällig geworden ist. In Frankreich stehen die Zeichen aktuell auf wirtschaftlicher Expansion. Das nationale Statistikamt INSEE erwartet für dieses Jahr ein Wirtschaftswachstum von 6,6 Prozent. Schon bevor ein Ende der „Pandemie“ in Sicht ist, hat die französische Wirtschaft die durch den „Lockdown“ verursachte Wachstumsdelle wieder wettgemacht. Führende französische Wirtschaftswissenschaftler, darunter Nobelpreisträger Jean Tirole, erwarten ein Jahrzehnt kräftigen Wirtschaftswachstums – ähnlich dem, das den Unruhen vom Mai 1968 folgte. Die französischen Privathaushalte haben, wie es scheint, während der „Pandemie“ mangels Kaufgelegenheiten erheblich mehr Geld zur Seite gelegt, als der Staat neue Schulden aufgenommen hat, um die Krise abzumildern. Diese Gelder sollen nun für Investitionen im nationalen Interesse mobilisiert werden. (Wieweit das realistisch ist, bleibt dahingestellt.)

Diesem Ziel dient wohl auch die Ankündigung des Investitionsplans „Frankreich 2030“ von 30 Milliarden Euro am 12. Oktober 2021 durch Emmanuel Macron. Der Plan sieht unter anderem den Bau von zwei Giga-Fabriken für die Herstellung von Wasserstoff mithilfe von preiswertem Atomstrom vor. Dieser gilt in Frankreich als „grün“, in Deutschland hingegen (noch) als „rot“. Frankreich soll durch die Umsetzung dieses Plans zum europäischen Marktführer für „grünen“ Wasserstoff werden. Hatte Macron kurz nach seinem Amtsantritt den mit ihm verbündeten Grünen noch versprochen, bis 2025 insgesamt 17 Kernreaktoren abzuschalten und den Anteil der Kernenergie am Strom-Mix von etwa 75 auf 50 Prozent zu senken, so ist nun stattdessen der Bau von sechs neuen Druckwasser-Reaktoren der vierten Generation im Gespräch. Daneben stellt das Programm erstmals eine Milliarde Euro für die Entwicklung von modularen Kleinreaktoren (SMR) zur Verfügung. Macron hat inzwischen die Regierungen weiterer 13 EU-Staaten um sich geschart, um die EU-offizielle Anerkennung der Kernenergie als „grün“ durchzusetzen. Wie man hört, hat er inzwischen sein Ziel fast erreicht.

RTE: Ausbau der Kernenergie ist der kostengünstigste Weg zu Net Zero

Am 25. Oktober 2021 veröffentlichte der französische Stromnetzbetreiber RTE seine lange erwartete Studie mit dem Titel „Futurs énergétiques 2050“ (Energiezukunft 2050). Diese Studie dient heute den Befürwortern eines Ausbaus der Kernenergie als gewichtiges Argument. Die Studie krankt allerdings daran, dass sie in ihrem Basis-Szenario – vermutlich unter dem Druck der in französischen Regierungskreisen einflussreichen deutschen Energiespar-Lobby – von einem unrealistisch niedrigen Strombedarf von lediglich 645 Terawattstunden (TWh) im Jahre 2050 ausgeht. Dieser läge damit nur um 35 Prozent über dem des Jahres 2019, d.h. vor der „Pandemie“. Vergleichbare Länder gehen hingegen von einem Strombedarfs-Zuwachs von 70 bis 80 Prozent aus. Die französischen Wissenschafts- und Technik-Akademien waren dem entsprechend von einem Strombedarf von 800 bis 900 TWh ausgegangen. RTE rechnet stattdessen mit einer großen Zunahme der Energieeffizienz. Diese lag jedoch in den vergangenen 20 Jahren immer unter jährlich einem Prozent und nichts weist zurzeit darauf hin, dass sich das in den kommenden 30 Jahren ändern könnte.

Immerhin gelangt auch die Hypothese „Réindustrialisation profonde“ der RTE-Studie zu einem Strombedarf von über 750 TWh. Frankreich brauche im Jahre 2050 eine Kernkraft-Kapazität von 50 Gigawatt, um das Ziel der tiefen Reindustrialisierung erreichen zu können. Das Ziel der Kohlenstoff-Neutralität der Stromversorgung sei mithilfe des Ausbaus der Kernkraft-Kapazität überdies mit jährlich schätzungsweise 59 Milliarden Euro deutlich günstiger zu erreichen als mit einem Strom-Mix, der von Wind und Sonne dominiert wird. Dieser würde jährlich schätzungsweise 77 Milliarden Euro verschlingen und obendrein einen erheblichen Ausbau des Stromnetzes erfordern. Ganz abgesehen von dem im Vergleich zur Kernkraft riesigen Flächenbedarf von Wind- und Solaranlagen.

Wenn Frankreich sich für den Ausbau der Kernenergie entscheidet, muss es saisonal überschüssige Elektrizität bei Bedarf kostengünstig exportieren können. Als Frankreich im März 2002 unter der Kohabitations-Regierung Chirac/Jospin seinen Strommarkt nach langem Widerstand endlich öffnete, einigte man sich auf dem EU-Gipfel von Barcelona auf zwischenstaatliche Netz-Verbindungen, deren Kapazität 10 Prozent der jeweiligen einzelstaatlichen Gesamtkapazität nicht überschreiten sollte. Bislang ist dieses Niveau nach Aussage des hier schon öfters zitierten Samuel Furfari, einem ehemaligen Spitzenbeamten der EU-Direktion Energie, nie erreicht worden. Im Gegenteil hat nach Ansicht Furfaris die von Angela Merkel wenige Jahre später beim damaligen EU-Präsidenten Barroso durchgesetzte verbindliche Förderung und vorrangige Einspeisung von Strom aus „erneuerbaren“ Energiequellen die Entwicklung eines einheitlichen europäischen Strommarktes im Keim erstickt. Die weitere Entwicklung des europäischen Strommarktes hänge nun davon ab, ob die Kernenergie, die in der EU mit 28 Prozent zum Gesamtaufkommen der Elektrizitätserzeugung beiträgt (gegenüber nur 7 Prozent durch Wind und Sonne zusammengenommen), in der EU-Taxonomie der Finanzanlagen als „nachhaltig“ anerkannt wird.

Darüber tobt zurzeit, angeführt von den deutschen Grünen, ein heftiger Streit im EU-Parlament und in anderen Instanzen der EU. Die Grünen haben schnell kapiert, dass die Anerkennung der Kernenergie als „nachhaltig“ das jähe Ende ihrer Wunschträume bedeutet. Der Grüne Europa-Abgeordnete Sven Giegold bringt es auf den Punkt: „Das wäre der Super-GAU für Europas Energiewende“, sagte Giegold. Die Folgen wären auf dem Feld der Finanzen schnell spürbar: „Das Ergebnis wäre eine Entwertung aller neuen Finanzprodukte, die den Green Deal in Europa voranbringen sollten.“ Stattdessen werde dann mehr öffentliches und auch privates Kapital in Richtung neuer Kernkraftwerke gelenkt. Da es für sie nun also sozusagen um die Wurst geht, treten die Grünen umso aggressiver auf. Man darf gespannt sein, wie sich das in den in Berlin laufenden Koalitionsverhandlungen niederschlägt.

Über die nukleare Renaissance in Frankreich und Europa




Grüße aus Frankreich: Emmanuel Macrons Klimagesetz

Macron hat sich offenbar in den Kopf gesetzt, bei der Umsetzung des Pariser Klima-Abkommens von 2015 nachhaltigen Ruhm zu erwerben. Gilt doch das Pariser Vertragswerk als Meisterstück französischer Diplomatie. Deshalb kündigte er schon bei seiner Wahl im Jahre 2017 ein umfassendes Klimaschutzgesetz (loi sur le climat) an. Dieses soll sowohl die verschiedenen Formen der Energiegewinnung als auch des (sparsamen) Energieeinsatzes regeln. Um ein solches Gesetz auf den Weg zu bringen, war der Rat von Fachleuten offenbar zunächst wenig gefragt. Um dem Ruf der „Gelbwesten“ und anderer Bürgerbewegungen nach etwas mehr direkter Demokratie in der nach wie vor überzentralisierten Republik zumindest formal nachzugeben, berief die Regierung stattdessen eine „Convention citoyenne sur le climat“ ein. Diesem Bürger-Komitee gehörten 149 angeblich nach dem Zufallsprinzip ausgewählte einfache Franzosen an.

Wie man sich denken kann, stellten diese Menschen eine nicht zuletzt durch den Medienstar Greta Thunberg beeinflusste Wunschliste zusammen, in der so gut wie nichts zusammenpasst: Zum Beispiel 100 Prozent Elektromobilität und gleichzeitiger Ausstieg aus der Kernenergie-Nutzung. Viele Vorschläge waren so utopisch, dass sie bei der Abfassung eines Gesetzesvorschlags durch ein Redaktions-Komitee von vornherein nicht berücksichtigt werden konnten. Der in der zweiten März-Woche einem Ausschuss der Nationalversammlung vorgelegte Gesetzentwurf umfasst 79 Artikel, die in sechs Kapitel unterteilt sind. Der Ausschuss muss sich mit mehr als 5.000 Änderungsvorschlägen herumplagen. Am Ende wird wohl niemand mit dem gewählten Prozedere glücklich sein.

Emmanuel Macron selbst repräsentiert im Grunde nicht mehr Franzosen als die, die ihn 2017 im ersten Wahlgang gewählt haben, das heißt 24 Prozent der Wähler. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass er in der Zwischenzeit mehr Franzosen überzeugen konnte. Bei den Kommunalwahlen im Frühjahr 2020 wurde Macrons Bewegung „La République en Marche (LREM)“ gar von der Splitterpartei der Grünen überrundet. Seither versucht Macron noch deutlicher als zuvor, den Grünen durch Anbiederung Wind aus den Segeln zu nehmen. Für die energetische Zukunft Frankreichs bedeutet das nichts Gutes.

Barbara Pompili, Macrons Ministerin für die ökologische Wende, übt sich schon jetzt fleißig in Anti-Kernkraft-Propaganda und macht Reklame für 100 Prozent erneuerbare Energien. Nur so sei das Ziel, die Energieversorgung bis zum Jahre 2050 CO2-frei zu machen erreichbar. Sie „vergisst“ dabei, dass die französische Elektrizitätsversorgung dank des hohen Anteils von Kernkraftwerken von über 70 Prozent und eines beachtlichen Beitrags von Wasserkraftwerken schon jetzt deutlich über 90 Prozent CO2-frei ist. Durch die Ausweitung des Beitrags von Wind- und Solarkraftwerken würde die Kohlenstoff-Intensität der Energiegewinnung unweigerlich wieder steigen. Denn während Kernkraftwerke über ihren gesamten Lebenszyklus nur 6 Gramm je Kilowattstunde ausstoßen, sind es bei der Windenergie 15 und bei der Solarenergie sogar 50 Gramm. Noch ungünstiger fällt der Vergleich des Flächenbedarfs aus: Je erzeugter Terawattstunde sind es bei der Kernenergie 8 Hektar, bei der Solarenergie jedoch 1.600 und bei der Windenergie gar 14.000 Hektar. Wer oder was treibt die französische politische Klasse, ihren Trumpf, die Kernenergie so leicht aus der Hand zu geben?