Kernkraftausstieg – der nächste Winter kommt bestimmt

Nach dem Abschalten der letzten Kernkraftwerke wurde allseits versichert, dass die Betreiber ihre eigenen Anlagen durch die Dekontamination mit Säure in Vorbereitung des Rückbaus zerstört hätten und diese damit endgültig unbrauchbar wären. Das ist falsch. Richtig ist, dass die Energiepolitik das Land rasant in eine wirtschaftliche Katastrophe befördert.

von Manfred Haferburg

Die Protagonisten des Kernenergieausstiegs tun alles Denkbare, um die Gesellschaft glauben zu machen, dass der deutsche Kernenergieausstieg am 15. April 2023 endgültig war und für alle Zeiten unumkehrbar ist. Unumkehrbar – in Kriegszeiten heißt dies „Taktik der verbrannten Erde“. Man will dem eigenen Heer eine eventuelle Umkehr als Unmöglichkeit erklären, in dem man hinter den vorrückenden Linien alles Zivilisatorische restlos zerstört, so dass die sich zurückziehen wollenden Truppen keinerlei Ressourcen vorfinden. Es soll ihnen nur die Richtung nach vorne bleiben. Die Politik benutzt dafür den Euphemismus der „Alternativlosigkeit“. Es gibt angeblich keine Alternative zum Regierungshandeln. Und wenn eine auftaucht, muss sie mit allen Mitteln beseitigt werden.

Nach dem Abschalten der letzten Kernkraftwerke beeilten sich grüne Umweltministerien und ihre angeschlossenen Papageienberichterstatter, zu versichern, dass die Betreiber ihre eigenen Anlagen durch die Dekontamination mit Säure in Vorbereitung des Rückbaus zerstört hätten. Ist das wirklich so, oder wird da nur eine neue Antiatomsau durchs Dorf gejagt?

Zerstörung der AKWs durch Dekontamination mit Säure?

Eine kurze Antwort: Das sind Falschinformationen. Die Anlagen sind nach einer Volldekontamination durchaus wieder reaktivierbar, allerdings mit erhöhtem Prüfaufwand. Um das zu verstehen, muss der Leser erst einmal darüber aufgeklärt werden, was die Dekontamination eines Kernkraftwerks überhaupt ist, warum sie gemacht wird, wie sie gemacht wird und welche Folgen sie hat. Dieser Artikel soll etwas Licht in die Finsternis der Antiatompropaganda bringen, in der eine Wildsau gerne mal zu einer Löwin aufgeblasen wird.

Ein Kernkraftwerk besteht aus einem Kreislauf von Rohrleitungen und Wärmetauschern, in welchem reinstes Wasser so im Kreis gepumpt wird, dass es sich im Reaktor erwärmt und diese Wärme im Dampferzeuger abgibt, der dann wiederum seinerseits den Dampf für die Turbine erzeugt. Diese Rohrleitungen, Behälter und Pumpen bestehen aus feinstem rostfreien Stahl. Doch auch rostfreier Stahl bildet Korrosionsprodukte, die sich auf der Innenseite der Anlage an den Oberflächen festsetzen. Außerdem gibt es noch feinste Schwebstoffe, zum Beispiel durch Pumpenabrieb oder chemische Erosion, der sich ebenfalls auf den Innenflächen absetzt. Dieser Belag wird durch Radioaktivität aktiviert und strahlt dann kontinuierlich vor sich hin, nicht sehr stark, aber immerhin.

Die Betreiber von Kernkraftwerken halten die Strahlenbelastung ihres Personals so gering als irgend möglich. Deshalb entfernen sie diese Beläge ab und zu durch einen „Dekontaminationsprozess“. Das heißt, sie entfernen die Beläge chemisch-thermisch. Das kann man sich wie das Entkalken einer Kaffeemaschine vorstellen. Es wird eine aggressive chemische Substanz, z.B. Zitronensäure, eingefüllt, erwärmt und umgewälzt, welche den Kalk – oder im Kernkraftwerk die Beläge – auflöst und ausspült. Danach fährt man einen Reinigungs- und Spülgang, und die Kaffeemaschine glänzt auch innen wie neu.

Von einer Zerstörung kann nicht die Rede sein

Bei einem Kernkraftwerk ist das etwas komplizierter, aber das Prinzip ist das gleiche. Es werden mehrere Beiz- und Spülgänge gefahren. Meist macht das ein Kernkraftwerkshersteller als Auftragnehmer. Die Vorbereitung einer Primärkreislaufdekontamination dauert etwa ein Jahr. Man bemüht sich, diese Dekontamination so schonend wie möglich zu machen, um die Bauteile und Materialien nicht unnötig anzugreifen. Fast alle deutschen Kernkraftwerke haben im Laufe ihrer Betriebszeit eine oder mehrere Primärkreislaufdekontaminationen erfolgreich hinter sich gebracht.

Natürlich wird ein derartiger Prozess auch vor dem Rückbau eines Kernkraftwerkes durchgeführt. Dadurch sinkt die Strahlenbelastung für das Rückbaupersonal und auch der übrigbleibenden Materialien. Bei dieser letzten Dekontamination braucht man natürlich weniger Rücksicht auf die Konstruktion zu nehmen und kann versuchen, so viel Belag wie möglich abzutragen. Das heißt, man kann mehr Dekontaminationszyklen mit aggressiveren Mitteln fahren. Gleichwohl wird auch hierbei die Zerstörung von Bauteilen, wie z.B. die empfindlichen Pumpendichtungen, vermieden. Von einer „Zerstörung“ der Anlage durch die FSD „Full-System-Dekontamination“ kann nicht die Rede sein. Im Gegenteil, auch die Dekontamination des Primärkreises vor dem Rückbau ist so ausgelegt, dass das Verfahren materialverträglich ist.

Grundsätzlich wäre es also möglich, den Primärkreislauf eines dekontaminierten Kernkraftwerks wieder in Betrieb zu nehmen. Es wurde während der Vorbereitung lediglich darauf verzichtet, auszuarbeiten, welche zusätzlichen Nachweise und Prüfungen hierfür erforderlich wären. Das kann aber nachgeholt werden.

Wie ist der Status der Dekontamination bei den zuletzt abgeschalteten Kernkraftwerken?

Die am 31. Dezember 2021 abgeschalteten Kernkraftwerke Grohnde, Brokdorf und wahrscheinlich auch Gundremmingen C haben die Dekontamination schon hinter sich. Die am 15. April 2023 abgeschalteten Kernkraftwerke ISAR2, Emsland und Neckarwestheim befinden sich in der Vorbereitung der Dekontamination und werden sie bis zum Frühjahr 2024 abschließen.

Was hindert uns daran, die abgeschalteten Kernkraftwerke wieder in Betrieb zu nehmen? Das eigentliche Problem der Wiederinbetriebnahme der Kernkraftwerke ist die Kernkraftmüdigkeit der großen Energieversorger. Die Manager der EVUs haben die Nase gestrichen voll von der „Rein und raus aus den Kernkraft-Kartoffeln-Politik“ der deutschen Regierungen der letzten 15 Jahre. Erst wurde ein Ausstiegsgesetz beschlossen. Dann folgte eine Laufzeitverlängerung von 10 Jahren mit Rieseninvestitionen in die Sicherheit. Danach die gesetzwidrige Abschaltung per Kanzlerinnen-Anruf. Dann kam eine fachkenntnisfreie Ausstiegskommission, die den „ethischen Ausstieg“ begründete. Ein neuer Ausstiegsplan wurde beschlossen. Dann entbrannte eine zutiefst heuchlerische Debatte um den Weiterbetrieb, den Brennstoffkauf bis letztendlich hin zur Laufzeitverlängerung von 14 Wochen per Kanzlermachtwörtchen…

Die Kraftwerke und ihr Personal bereiten sich seit Jahren auf die von der Politik verlangte Stilllegung vor. Hunderte Personalverträge für jede Anlage sind unterschrieben, Verträge mit Auftragnehmern geschlossen, tausende Seiten Anträge an die Genehmigungsbehörden geschrieben…

Allerdings gibt es darüber hinaus ein formales Problem. Wenn eine Anlage bereits die Stilllegungsgenehmigung in Anspruch genommen hat, dann braucht es für das Wiederanfahren eine neue Betriebsgenehmigung. Und die muss man den oft grün besetzten Behörden erst mal abringen.

Welcher Top-Manager eines Energieversorgers, um Gottes willen, soll einer solchen erratischen Energiepolitik noch trauen?

Kaputtmachen ist einfach, Aufbauen dauert viele Jahre

Es dauerte 100 Jahre, einen Kraftwerkspark und die Stromnetze so aufzubauen, wie sie bis vor 15 Jahren zuverlässig und preisgünstig funktionierten. Strom kam aus der Steckdose, und man brauchte sich keine Gedanken zu machen. Dann kamen die größenwahnsinnigen Energiewender und zerstörten in wenigen Jahren, was kluge Ingenieure in einem Jahrhundert aufgebaut hatten. Plötzlich gab es Diskussionen um die Duschzeit und die Benutzung von Waschlappen. Längst ist es nicht mehr selbstverständlich, dass der Strom immer aus der Steckdose kommt und bezahlbar ist. Die Industrie hat das schon begriffen und flüchtet in hellen Scharen. Die Zerstörer erfanden den Wumms und den Doppelwumms, um ihr Versagen in der Energiepolitik noch eine Weile zu kaschieren.

Energiepolitik muss in Dekaden gedacht werden, in Energiedichte und Energie-Ökonomie, in wissenschaftlicher Vernunft mit ergebnisoffener Diskussion der Fachleute. Bischöfe und Theaterwissenschaftler haben da so wenig zu suchen wie Studienabbrecher, Trampolinmünchhausens und Küchenhilfen.

Die Folgen des Kernenergieausstiegs und ihre Verursacher

Es ist ein Jammer. Der deutsche Kernenergieausstieg war ein nicht wieder gutzumachender Fehler. Es wurde mit der Abschaltung sicherer und voll funktionsfähiger Kraftwerke ein Kapital-Restwert von mindestens 50 Milliarden Euro vernichtet. Es wurde ein Viertel der deutschen Stromerzeugungskapazität abgeschaltet, was Deutschland nunmehr zu einem vom Ausland abhängigen Nettoimporteur von Strom macht. Die Strompreise wurden durch die Verknappung in ungeahnte Höhen getrieben, was zur Deindustrialisierung und zur Bevölkerungsverarmung führt. Die Inflation wurde dadurch zusätzlich angeheizt.

Wenn es der Regierung um den „Klimaschutz“ gegangen wäre, hätten die Kernkraftwerke weiter laufen müssen. Aber die Bevölkerung wurde über Jahre in Atomangst versetzt und merkte nicht, dass der Ausstieg unabsehbare Folgen für ihren Wohlstand hatte. Der Effekt im Portemonnaie trat zeitversetzt auf, als es schon passiert war. Dass der Kernenergieausstieg keinen Effekt im Krieg gegen das Spurengas Kohlendioxid hätte, ist nur eine Propagandalüge zur Gefügigmachung der Bevölkerung. Da Kernkraftwerke CO2-freien Strom produzieren, werden durch ihre Abschaltung sämtliche Klimaziele der Regierung gerissen, und Deutschland stößt nunmehr pro Kopf zweimal so viel CO2 aus wie das durchaus vergleichbare Nachbarland Frankreich und bezahlt dafür den doppelten Strompreis.

Würden die deutschen Kernkraftwerke noch laufen, brauchte es die ganzen Verwerfungen der Verkehrswende und der Heizungswende nicht, da die Kernkraftwerke ein Vielfaches der CO2-Einsparungen gebracht hätten, wie nun unter Vernichtung der Mobilität und unter Enteignung der Immobilienbesitzer zu erreichen versucht wird. Mit dem Kapital, das bisher für die vergurkte Energiewende verschwendet wurde, hätte man 50 modernste Kernkraftwerke bauen können und wäre heute tatsächlich Vorreiter statt einer energetischen Lachnummer. Was gestern noch eine Verschwörungstheorie war, ist heute Realität: Deutschlands Wirtschaftskraft stürzt durch die Energiewende im Rekordtempo ab. Der IWF sieht den einstigen Export-Weltmeister beim Wachstum jetzt global auf dem letzten Platz. Kein anderes Land steckt so tief in der Rezession.

Lasset uns beten

Der Bau eines Kernkraftwerkes dauert fünf bis zehn Jahre. Die Ampel denkt Energiepolitik in Monaten und Wochen, das zeigt die „Laufzeitverlängerung“ der letzten drei Kernkraftwerke um 14 Wochen.

Fünf Windanlagen sollen laut Regierung pro Tag in Betrieb gehen. Geschafft wird höchstens eine. Und neue Windparks werden wegen der Preissteigerung der Anlagen gerade von den Investoren gecancelt.

Tausende Kilometer Hochspannungstrassen sollen gebaut werden. Das ist der Plan. Die Realität ist: Vom berühmten Südlink, der Windstrom von Norddeutschland nach Baden-Württemberg transportieren soll, wurden bisher gerade einmal 2,5 Prozent der Strecke genehmigt. Und diese eine Trasse soll schlappe 10 Milliarden Euro kosten – natürlich die Stromkunden.

Und wenn all die Millionen Wärmepumpen und Ladesäulen in Betrieb gehen sollten – woher kommt der Strom dafür? Erst müssen aber noch 1,5 Millionen Kilometer Niederspannungsnetze in Stadt und Land neu verlegt werden, da die bisherigen Querschnitte für diese Lasten nicht ausreichen.

Der Bau eines Gaskraftwerkes dauert fünf Jahre. 30 oder gar 50 Gaskraftwerke sollen die Energiewende retten. 30 bis 50 Gaskraftwerke will die Ampel bis 2030 bauen? Welche Fachkräfte sollen die bauen? Wer soll die finanzieren? Welche Hersteller – es gibt weltweit nur eine Handvoll – bauen die? Wer soll die betreiben? Wo kommt das Gas dafür her? Wird es je auch nur einen Bruchteil des benötigten grünen Märchenwasserstoffs für ihren Betrieb geben? Fragen über Fragen.

Es wird bis 2030 weder die 30 Gaskraftwerke noch die 70 Gigawatt neuen Windparks noch die Stromtrassen noch die 15 Millionen Elektroautos noch die allörtlich röchelnden Millionen Wärmepumpen geben. Auch das grüne Wirtschaftswunder wird ausbleiben. Lediglich die Ersparnisse der kleinen Leute und ihr kleiner Lebensstandard werden futsch sein.

Ihr werdet auch Eure utopischen CO2-Einsparungsziele nicht schaffen. Doch dies ist weniger schlimm. Hat doch das kleine Deutschland mit seinen lächerlichen zwei Prozent am weltweiten CO2-Ausstoß ohnehin nur einen vernachlässigbaren Einfluss aufs Weltklima. Und als Beispiel könnte Deutschland allemal dienen – als Beispiel, wie man es nicht machen soll.

Lasset uns zahlen

Die erforderlichen teuren Stromimporte der fehlenden Erzeugungsleistung mit dem teuren Verklappen überschüssigen Solarstroms werden mit Zuzahlung an die Abnehmer schöngerechnet: „Seht her, liebe Deutsche, wir exportieren und importieren Strom, das ist doch ganz normal und ausgeglichen“. In Wahrheit aber werden abends für Importstrom aus dem benachbarten Ausland mehr als 100 Euro pro Megawattstunde fällig, gerne auch 150 Euro. Es wird so getan, als wäre es normal, dass Deutschland für den Stromexport von überschüssigem Solarstrom, den um die Mittagszeit keiner verwenden kann, an die Nachbarländer auch mal 50 Euro pro Megawattstunde fürs Abnehmen bezahlt.

Aber es wird verschwiegen, dass der deutsche Stromkunde somit den Strom zuzahlt, mit dem im Nachbarland Wasser der Pumpspeicherwerke am Mittag nach oben gepumpt wird – und nach Sonnenuntergang den Strom noch mal teuer bezahlt, wenn die Pumpspeicher den Strom für den Import erzeugen. So kommen in der Summe oft 200 Euro pro Megawattstunde für den Stromkunden zusammen. Normal würde das um die 60 Euro kosten. Dieser energie-ökonomische Unfug kostet die Stromkunden inzwischen Milliarden pro Jahr.

Lieber Olaf, Robert, Patrick und Friedrich, liebe transformationsbeflissene Quoten-Damen, deren Namen ich mir nicht mal merken mag, liebe Hofberichterstatter. Ich bewundere Euren Mut. Habt Ihr nicht in schlaflosen Stunden manchmal Angst, dass die Bürger, die Euch ja immer wieder wählen sollen, hinter den großen Energiewende-Bluff steigen und merken, dass sie unfähigen Scharlatanen aufgesessen sind, deren Unwissenheit und Realitätsferne sie arm macht? Habt Ihr nicht manchmal die bange Sorge, dass die Geprellten eines Tages vor Eurer Tür stehen? Der nächste Winter kommt bestimmt. Lasset uns gemeinsam dafür beten, dass es ein milder Winter ohne Dunkelflaute wird.

 

Manfred Haferburg wurde im ostdeutschen Querfurt geboren. Er studierte an der TU Dresden Kernenergetik und machte eine Blitzkarriere im damalig größten AKW in Greifswald. Wegen unbotmässigen Verhaltens wurde er zum feindlich-negativen Element der DDR ernannt und verbrachte einige Zeit unter der Obhut der Stasi in Hohenschönhausen. Nach der Wende kümmerte er sich für eine internationale Organisation um die Sicherheitskultur von Atomkraftwerken weltweit und hat so viele AKWs von innen gesehen wie kaum ein anderer. Aber im Dunkeln leuchten kann er immer noch nicht. Haferburg lebt in Paris.

Der Artikel erschien zuerst bei ACHGUT hier

 




Zu Prof. Dr. Claudia Kemfert: Die Energiewende zurechtfabuliert – (Offener Brief zur öffentlichen Windkraftdebatte:)

 Dabei ging es u.a. um den weiteren Ausbau der Windindustrie. Wer in die Sendungen reingehört und -gesehen hat, dem kommen allerdings berechtigte Zweifel, ob Expert(inn)en immer das halten, was sie versprechen. Denn irritiert muss man zur Kenntnis nehmen: physikalisch-technische Unbedarftheit, argumentativer Pfusch, unbelegte Verschwörungstheorien.

Unbelegte Verschwörungstheorien.

Im WDR5 Tagesgespräch behauptet Kemfert, die große Mehrheit der Bevölkerung habe kein Problem mit Windenergieanlagen. Und die wenigen kritischen Bürgerinitiativen würden teilweise von den fossilen Industrien bezahlt. Belege: Fehlanzeige! Damit werden nicht nur grundlegende wissenschaftliche Standards (belastbare Nachweise anstelle von bloßen Behauptungen) missachtet. Vielmehr werden zugleich auch die vielen Bürgerinitiativen verunglimpft, die sich ehrenamtlich für den Erhalt von Lebensqualität auch in Windindustriegebieten einsetzen.

Argumentativer Pfusch.

Expert(inn)en sind gehalten, wissenschaftliche Befunde sorgfältig zu recherchieren und gegeneinander abzuwägen, um diese dann in einem nachprüfbaren und überzeugenden argumentativen Zusammenhang der Öffentlichkeit vorzutragen. Und gerade bei der kontroversen Debatte um die Energiewende ist zu konstatieren, dass ein „alternativloses“ Argumentieren nicht angebracht ist. Kemfert ist ein abwägendes Argumentieren jedoch völlig fremd. Es gilt ausschließlich ihre eigene Meinung. Abweichende Positionen sind uninteressant, weil Kemfert selbst alles besser weiß. Angeblich!

Physikalisch-technische Unbedarftheit.

Das dürfte damit zusammenhängen, dass der physikalisch- technische Horizont von Kemfert ganz offensichtlich begrenzt ist und/oder allgemein Bekanntes von ihr nicht zur Kenntnis genommen wird, weil es zu den eigenen Vorstellungen nicht passen will. Die Beispiele ließen sich mehren:

Bei Anne Will macht sich Kemfert über die Begriffe „Geisterstrom“ und „Dunkelflaute“ lustig, von denen sie noch nie etwas gehört habe. Allerdings:

„Geisterstrom“ wird bereits seit 2015 in den Medien thematisiert. Es ist der Strom, der überwiegend durch Windkraft aufgrund mangelnder Nachfrage oder technischer Gegebenheiten nicht erzeugt werden kann, aber trotzdem per Gesetz den Betreibern mit 90 % vergütet wird.

Der Begriff „Dunkelflaute“ ist überall in den Medien präsent. Er bezeichnet die Stunden und Tage an denen die Sonne nicht scheint und der Wind nicht weht. Als vielbeschäftigte Politikberaterin und angebliche Energieexpertin sollte sie die Publikation des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages zur Dunkelflaute kennen.

Die volatile Stromerzeugung aus Sonne und Wind kann einen Industriestaat ohne Speicher- technologien nicht versorgen. Dieses volatile Stromangebot wird durch die konventionellen Kraftwerke in Echtzeit ausgeglichen, wie jedermann auf der Homepage der Leipziger Strombörse (aufgrund gesetzlicher Veröffentlichungspflicht) nachsehen kann. Dies sichert die Versorgung Deutschlands. Kemfert aber spricht davon, dass Kohlestrom die Leitungen verstopfe. Das ist kein Expertenniveau, sondern Framing im übelsten Sinn.

Bürgerinnen und Bürger dürfen für ihre Gebühren von den öffentlichen Medien erwarten, dass sie Fakten und Informationen liefern, ergänzt durch argumentativ fundierte Kommentare. Das gilt auch für einen informativen Meinungsaustausch in Talkrunden. Gerne verzichten sie auf Expert(inn)en, die bloß ihren eigenen beschränkten und ideologisch eingefärbten Kenntnisstand als wissenschaftlich fundierte Ein- und Weitsicht verkaufen.

Prof. Dr. Jürgen Baur Dipl.-Ing. Udo Mügge

33100 Paderborn-Dahl

Der offene Brief erschien zuerst bei Vernunftkraft Odenwald hier

 




24. Januar 2017 – Der Tag, an dem Merkels Energie­wende auf der Kippe stand

Dieser Zustand kann ohne weiteres mehrere Tage anhalten. Während dieser Zeit muss die gesamte notwendige Erzeugungsleistung, die im Winter mindestens 80.000 Megawatt beträgt, von den konventionellen Kraftwerken kommen – also von Kohle- und Kernkraftwerken sowie von Gaskraftwerken.

Die bis Ende 2016 durch die extreme Subventionierung errichteten Windkraftanlagen haben eine theoretische Maximalleistung von 44.600 MW und die Photovoltaik-Anlagen erreichten 39.300 MW. Wie man weiß, bringt diese geradezu ungeheuerlich große Stromerzeugungs-Kapazität im häufigen Ernstfall der Dunkelflaute real absolut nichts.
Dieses riesige System der sogenannten erneuerbaren Energien ist daher nichts anderes als ein die Landschaft verschandelndes paralleles bzw. zweites Stromerzeugungssystem, das wetterbedingt immer wieder einmal total ausfällt, weshalb die konventionellen Kraftwerke immer bereit sein müssen, allein die gesamte Stromversorgung des Landes sicherzustellen.
Wenn es ebenfalls wetterbedingt und daher zufällig eine riesenhafte Leistung produziert, bringt es die Stabilität des Stromnetzes in Gefahr.
Dieser energiepolitische Irrsinn kostet jährlich ca. 24 Mrd. Euro – und er wird gegen alle Vernunft fortgesetzt.

Der 24. Januar 2017 war nun wieder einmal ein Tag, an dem der Ernstfall – der völlige Zusammenbruch der deutschen Stromversorgung – gefährlich nahe kam. Dieser große Blackout wurde gerade noch vermieden, weil die Energieversorger „auch noch das letzte Reservekraftwerk heranzogen“, wie Michael Vassiliadis, der Chef der für die Kraftwerkswirtschaft zuständigen IG Bergbau, Chemie, Energie Reportern mitteilte (1).
Nach dem Bericht von RP-Online führte Vassiliadis auf einer Veranstaltung in Haltern am See vor Journalisten aus, dass „der Zustand am 24. Januar kritisch wurde. Energieunternehmen und Netzbetreiber hätten an diesem Tage die Stromversorgung nur mit größter Mühe aufrechterhalten können.“ Denn die Deutschen forderten – wie an anderen Tagen auch – mehr als 80.000 MW Leistung ab. Vassiliadis: „Die Erneuerbaren konnten nicht einmal fünf Prozent davon bieten“.

Man kennt inzwischen die Zahlen: Die im Winter vorherrschende Quelle von „grünem“ Strom ist die Windkraft. Solarstrom fällt fast völlig aus. In der fraglichen Januarwoche gab es in den Tagen vom 21.1. bis 15.1. Windstromleistungen zwischen 499 und 1518 MW; der Durchschnittswert war 873 MW. Bezogen auf die o.e. „mehr als 80.000 MW Nachfrage“ waren das gerade einmal 1,1 Prozent (und nicht fünf). (Daten von Rolf Schuster).
Mit anderen Worten: Die „Erneuerbaren“ waren buchstäblich nicht vorhanden.

RP-Online weiter: „Auch der Import von Strom war keine Option. Frankreich hatte zu diesem Zeitpunkt angesichts der Kältewelle selbst enorme Schwierigkeiten, den eigenen Bedarf zu decken. Denn viele Franzosen heizen mit Strom. Schon Mitte Januar hatte Paris einen Anti-Kälte-Plan in Gang gesetzt und in den betroffenen Präfekturen Krisenstäbe eingesetzt. Einem Blackout entgingen die Franzosen nur, weil die Inspektion mehrerer Kernkraftwerke verschoben wurde. Frankreich hatte also genug mit sich selbst zu tun.“
Auch britische Nachrichtendienste berichteten über diese Ereignisse (2).
Ein- und auch mehrtägige Flauten, die alle Windräder in Deutschland zur Ruhe kommen ließen, gab es in den letzten Jahren zahlreich. Das Auffüllen dieser Erzeugungslücke durch Solarstromanlagen fand dabei meistens nicht statt, weil es tagsüber nicht immer strahlenden Sonnenschein gibt und in der Dämmerung und nachts überhaupt nichts produziert wird.
Ein Auszug aus diesen Ereignissen:

– Vom 10. bis 16.10.2008 kümmerte die Erzeugung zwischen 50 und 500 MW dahin.

– Vom 4. bis 7.2.2009 lag die Gesamtleistung zwei Tage bei Null und zwei Tage zwischen

400 und 2000 MW.

– Am 25.7. 2012 erreichte die Leistung insgesamt nur 115 MW.

– Im März 2013 wurden kurzzeitig magere 104 MW erzeugt.

– Am 15.10. und am 18.10.2013 leisteten die WKA nur zwischen 150 und 200 MW.

– Am 13.3.2014 leisteten alle deutschen Windräder klägliche 35 MW und tags darauf 215

MW – bei einer installierten Gesamtleistung von 34.000 MW. – also 0,1% und 0,63%.

– Am 16.7.2014 kamen die WKA auf 120 MW – und tags darauf herrschte völlige Windstille in

ganz Deutschland: 20 MW Gesamtleistung – ein Negativrekord mit 0,06%.

– Am 1.10.2014 waren es 482 MW – etwa ein Drittel der Leistung eines einzigen

Kohlekraftwerkes und mit 1,4% der installierten Wind-Gesamtleistung ebenfalls fast nichts.
– Im Januar 2015 erreichte der Windstrom an 4 Tagen (19.-23.1.) zwischen 248 u. 733 MW.
– Vom Februar bis Anfang August 2015 gab es an 17 Tagen nur Windstromleistungen
sämtlicher deutschen WKA zwischen 163 MW und 655 MW.
– Vom 17. bis 20.10.15 gab es hintereinander 554, 901, 506 und 491 MW.
– Eine noch schwächere Phase folgte unmittelbar: Vom 29.10. bis 3.11.15 leisteten alle
Windkraftanlagen 359, 725, 861, 181 und 93 MW.
– Das Jahr 2016 wurde nicht besser: Vom 25.5. bis 27.5. lag die Leistung zwischen 460 und
539 MW.
– Im Juni 2016 gab es an 6 Tagen Leistungen von 468, 642, 209, 517, 407 und 316 MW.
– Im Juli folgte eine zusammenhängende Flauteperiode: Vom 23.7. bis zum 31.7. leisteten
die WKA 689, 128, 893, 689, 773 und 546 MW.

– Es folgten der 16.8. bis 19.8. mit 775, 573 und 295 MW.
– Im September vom 20. bis 22.9. betrugen die Leistungen 457, 742 und 414 MW.
– Im Oktober gab es zwischen dem 23. und 26,10. 583, 745 und 357 MW.
– Der Monat des Beinahe-Blackouts war der Januar 2017. Zwischen dem 21.1. und dem
25.1. leisteten alle Windräder zusammen 740, 499, 851, 755 und 1518 MW. Im
Durchschnitt weniger als 1,1 Prozent der Nachfrage. Weil die Stromimporte fehlten –
unsere Nachbarn benötigten ihren Strom selbst – war das deutsche Stromnetz in größter

Gefahr. Ein einziges Kraftwerk, das ausfällt, ein einziger Leitungsdefekt – und es wäre aus gewesen.

Die obige Liste ist unvollständig; etliche Schwachwind-Tage wurden nicht aufgeführt. Für die Jahre 2015 und 2016 ist festzustellen, dass es in 2015 178 Tage gab, in denen die von allen WKA erzeugte Leistung unterhalb von 3.400 MW lag; 2016 waren es 163 Tage.

Damit erreichten alle deutschen Windräder zusammen in knapp der Hälfte aller Tage beider Jahre weniger als 10 Prozent ihrer Installations-Gesamtleistung. Sie stellen deshalb zum einen nichts anderes als eine gigantische Fehlinvestition dar. Zum anderen aber sorgt die Energiewende dafür, dass der durch die Stromverbraucher zwangsweise subventionierte Ausbau der Windkraft- und der Solarstromanlagen auch weiterhin stattfindet – bei gleichzeitigem Abbau der zuverlässigen konventionellen Kraftwerke. Damit steigt die Wahrscheinlichkeit für den großen Blackout weiter an.

 

Abb.1: Der Januar 2017 war durch eine 11-tägige Flaute gekennzeichnet, die in einer frostigen Wetterperiode in Europa stattfand. Das war in keiner Weise ungewöhnlich und ist im Zusammenhang mit den windschwachen Russland-Hochdrucklagen in jedem Winter mehrfach zu erwarten. Deshalb gab es keine Stromimporte aus den Nachbarstaaten. Bereits am 24.1. drohte in Deutschland der völlige Zusammenbruch des Stromnetzes, der nur knapp vermieden werden konnte. Die sog. Erneuerbaren leisteten in diesem Zeitraum einen vernachlässigbaren Leistungsbeitrag von 1.1 Prozent; typisch für Flauten.

Die rote Linie bei 91.000 MW zeigt die vorhandene Gesamtkapazität sämtlicher „Erneuerbaren“ (also auch Wasserkraft, Müllkraftwerke etc.)     Darstellung: Rolf Schuster.

 

 

Mit einem weiteren Ausbau der unzuverlässigen Windkraft sowie der weitergehenden Stilllegung der verbliebenen Kernkraftwerke mit ihrem nur durch Braunkohlekraftwerke ersetzbaren Grundlaststrom rutscht Deutschland immer weiter in die Gefahr einer nicht mehr beherrschbaren Situation im Netz und eines landesweiten Blackouts hinein. Vielleicht war der Morgen des 25.Januar 2017 ohne ein zusammengebrochenes Stromnetz der letzte erfreuliche Moment, den die Netzbetreiber erlebten. Sie hatten einfach das Glück, dass am 24.1. alle zusammengekratzten Erzeugungskapazitäten ohne Ausfälle funktionierten.
Mit der fortschreitenden Destabilisierung des Stromnetzes werden sie künftig noch mehr Glück benötigen.

 

Den meisten Bürgern ist nicht klar, was ein großer Blackout bedeutet, stellten die Fachleute des Büros für Technologiefolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB) in einem sehr ausführlichen Bericht (5) fest, der zwar bereits 2011 erstellt wurde, dessen Aktualität jedoch heute mit jedem Monat zunimmt.

Zitat: „Hinsichtlich der Informiertheit und der Einstellung der Bevölkerung ist ein erhebliches Defizit zu konstatieren. Die Stromversorgung als kritische Infrastruktur ist für die Bevölkerung kein Thema, die Möglichkeit von Stromausfällen und die Folgen einer Unterbrechung der Stromversorgung werden ausgeblendet. Erlebte Stromausfälle werden meist schnell vergessen“.

 

Aus diesem Bericht werden hier weitere wichtige Ergebnisse zitiert:

„Aufgrund der Erfahrungen mit bisherigen nationalen und internationalen Stromausfällen sind erhebliche Schäden zu erwarten. Bisherige Stromausfälle dauerten höchstens einige Tage, einige verursachten jedoch geschätzte Kosten von mehreren Mrd. US-Dollar. Für den Fall eines mehrwöchigen Stromausfalls sind Schäden zu erwarten, die um Größenordnungen höher liegen.

 

Die Folgen eines großräumigen, langfristigen Stromausfalls für Informationstechnik und Telekommunikation müssen als dramatisch eingeschätzt werden. Telekommunikations- und Datendienste fallen teils sofort, spätestens aber nach wenigen Tagen aus.

Die für zentrale Kommunikationseinrichtungen vorgehaltenen Reservekapazitäten wie »Unterbrechungsfreie Stromversorgung« und Notstromaggregate sind nach wenigen Stunden oder Tagen erschöpft bzw. aufgrund ausgefallener Endgeräte wirkungslos.

Damit entfällt innerhalb sehr kurzer Zeit für die Bevölkerung die Möglichkeit zur aktiven und dialogischen Kommunikation mittels Telefonie und Internet.

 

Im Sektor »Transport und Verkehr« fallen die elektrisch betriebenen Elemente der Verkehrsträger Straße, Schiene, Luft und Wasser sofort oder nach wenigen Stunden aus. Dies betrifft sowohl die Transportmittel als auch die Infrastrukturen sowie die Steuerung und Organisation des entsprechenden Verkehrsträgers. Zu Brennpunkten werden der abrupte Stillstand des Schienenverkehrs und die Blockaden des motorisierten Individual- und öffentlichen Personennahverkehrs in dichtbesiedelten Gebieten….Der Straßenverkehr ist unmittelbar nach dem Stromausfall besonders in großen Städten chaotisch. Kreuzungen ebenso wie zahlreiche Tunnel und Schrankenanlagen sind blockiert, es bilden sich lange Staus. Es ereignen sich zahlreiche Unfälle, auch mit Verletzten und Todesopfern. Rettungsdienste und Einsatzkräfte haben erhebliche Schwierigkeiten, ihren Aufgaben, wie Versorgung und Transport von Verletzten oder Bekämpfung von Bränden, gerecht zu werden. Durch den Ausfall der meisten Tankstellen bleiben zunehmend Fahrzeuge liegen, der motorisierte Individualverkehr nimmt nach den ersten 24 Stunden stark ab. Der Öffentliche Personennahverkehr kann wegen knappen Treibstoffs allenfalls rudimentär aufrechterhalten werden.

 

Im Bereich der Wasserversorgung wird elektrische Energie in der Wasserförderung,
-aufbereitung und -verteilung benötigt. Besonders kritisch für die Gewährleistung der jeweiligen Funktion sind elektrisch betriebene Pumpen. Fallen diese aus, ist die Grundwasserförderung nicht mehr möglich, die Gewinnung von Wasser aus Oberflächengewässern zumindest stark beeinträchtigt. Zudem können Aufbereitungsanlagen und das Verteilsystem nur noch durch natürliche Gefälle gespeist werden, sodass erheblich weniger Wasser bereitgestellt und höher gelegene Gebiete gar nicht mehr versorgt werden können.

 

Eine Unterbrechung der Wasserversorgung wirkt sich umfassend auf das häusliche Leben aus: Die gewohnte Körperpflege ist nicht durchführbar; für die Mehrzahl der Haushalte gibt es kein warmes Wasser. Das Zubereiten von Speisen und Getränken ist nur reduziert möglich, und die Toilettenspülung funktioniert nicht. Mit fortschreitender Dauer des Ausfalls ist mit einer Verschärfung der Probleme zu rechnen.

 

Da als Folge der reduzierten oder ausgefallenen Wasserversorgung die Brandbekämpfung beeinträchtigt ist, besteht insbesondere in Städten wegen der hohen Besiedelungsdichte die Gefahr der Brandausbreitung auf Häuserblöcke und möglicherweise sogar auf ganze Stadtteile.

 

Als Folge des Stromausfalls ist die Versorgung mit Lebensmitteln erheblich gestört; deren bedarfsgerechte Bereitstellung und Verteilung unter der Bevölkerung werden vorrangige Aufgaben der Behörden. Von ihrer erfolgreichen Bewältigung hängt nicht nur das Überleben zahlreicher Menschen ab, sondern auch die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung.

Die weiterverarbeitende Lebensmittelindustrie fällt zumeist sofort aus, sodass die Belieferung der Lager des Handels unterbrochen wird.

Trotz größter Anstrengungen kann aber mit hoher Wahrscheinlichkeit die flächendeckende und bedarfsgerechte Verteilung der Lebensmittellieferungen nur ungenügend gewährleistet werden. Eine Kommunikation über Vorrat und Bedarf zwischen Zentrale, Lager und Filiale ist wegen des Ausfalls der Telekommunikationsverbindungen erheblich erschwert.

 

Nahezu alle Einrichtungen der medizinischen und pharmazeutischen Versorgung der Bevölkerung sind von Elektrizität unmittelbar abhängig. Das dezentral und hocharbeitsteilig organisierte Gesundheitswesen kann den Folgen eines Stromausfalls daher nur kurz widerstehen. Innerhalb einer Woche verschärft sich die Situation derart, dass selbst bei einem intensiven Einsatz regionaler Hilfskapazitäten vom weitgehenden Zusammenbrechen der medizinischen und pharmazeutischen Versorgung auszugehen ist. Bereits nach 24 Stunden ist die Funktionsfähigkeit des Gesundheitswesens erheblich beeinträchtigt. Krankenhäuser können mithilfe von Notstromanlagen noch einen eingeschränkten Betrieb aufrechterhalten, Dialysezentren sowie Alten- und Pflegeheime aber müssen zumindest teilweise geräumt werden und Funktionsbereiche schließen. Die meisten Arztpraxen und Apotheken können ohne Strom nicht mehr weiterarbeiten und werden geschlossen. Arzneimittel werden im Verlauf der ersten Woche zunehmend knapper, da die Produktion und der Vertrieb pharmazeutischer Produkte im vom Stromausfall betroffenen Gebiet nicht mehr möglich sind und die Bestände der Krankenhäuser und noch geöffneten Apotheken zunehmend lückenhaft werden. Insbesondere verderbliche Arzneimittel sind, wenn überhaupt, nur noch in Krankenhäusern zu beziehen. Dramatisch wirken sich Engpässe bei Insulin, Blutkonserven und Dialysierflüssigkeiten aus.

 

Der dezentral strukturierte Sektor ist schon nach wenigen Tagen mit der eigenständigen Bewältigung der Folgen des Stromausfalls überfordert. Die Leistungsfähigkeit des Gesundheitswesens wird nicht nur durch die zunehmende Erschöpfung der internen Kapazitäten, sondern auch durch Ausfälle anderer Kritischer Infrastrukturen reduziert. Defizite bei der Versorgung, beispielsweise mit Wasser, Lebensmitteln, Kommunikationsdienstleistungen und Transportdienstleistungen, verstärken die Einbrüche bei Umfang und Qualität der medizinischen Versorgung. Die Rettungsdienste können nur noch begrenzt für Transport- und Evakuierungseinsätze eingesetzt werden.

 

Der Zusammenbruch der in Krankenhäusern konzentrierten Versorgung droht. Einige Krankenhäuser können zunächst eine reduzierte Handlungsfähigkeit bewahren und sind dadurch zentrale Knotenpunkte der medizinischen Versorgung.

 

Spätestens am Ende der ersten Woche wäre eine Katastrophe zu erwarten, d.h. die gesundheitliche Schädigung bzw. der Tod sehr vieler Menschen sowie eine mit lokal bzw. regional verfügbaren Mitteln und personellen Kapazitäten nicht mehr zu bewältigende Problemlage. Ohne weitere Zuführung von medizinischen Gütern, Infrastrukturen und Fachpersonal von außen ist die medizinisch-pharmazeutische Versorgung nicht mehr möglich.

 

Bricht die Stromversorgung zusammen, sind alltägliche Handlungen infrage gestellt und gewohnte Kommunikationswege größtenteils unbrauchbar. Stockt die Versorgung, fehlen Informationen und beginnt die öffentliche Ordnung zusammenzubrechen, entstehen Ohnmachtsgefühle und Stress.

Einer dialogischen Krisenkommunikation mit der Bevölkerung wird durch die Ausfälle im Sektor »Informationstechnik und Telekommunikation weitgehend der Boden entzogen.

 

FAZIT: Wie die zuvor dargestellten Ergebnisse haben auch die weiteren Folgenanalysen des TAB gezeigt, dass bereits nach wenigen Tagen im betroffenen Gebiet die flächendeckende und bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung mit (lebens)notwendigen Gütern und Dienstleistungen nicht mehr sicherzustellen ist. Die öffentliche Sicherheit ist gefährdet, der grundgesetzlich verankerten Schutzpflicht für Leib und Leben seiner Bürger kann der Staat nicht mehr gerecht werden. Die Wahrscheinlichkeit eines langandauernden und das Gebiet mehrerer Bundesländer betreffenden Stromausfalls mag gering sein. Träte dieser Fall aber ein, kämen die dadurch ausgelösten Folgen einer nationalen Katastrophe gleich. Diese wäre selbst durch eine Mobilisierung aller internen und externen Kräfte und Ressourcen nicht »beherrschbar«, allenfalls zu mildern“.

(Ende des Zitats)

 

Der Bericht des Technikfolgen-Büros enthält neben diesen Aussagen eine eingehende Analyse der verschiedenen Problembereiche und diskutiert alle denkbaren Optionen, wie der Schaden durch geeignete Maßnahmen zu begrenzen wäre. Aber die Schlussfolgerung – das o.e. „Fazit“ – ist die ungeschminkte Darstellung des zu Erwartenden. Es ist dem Autor nicht bekannt, ob die Bundeskanzlerin oder die betroffenen Minister (des BMU und des BMWi) diesen Bericht jemals gelesen haben. Vermutlich nicht, denn anders ist die geradezu sture weitere Verfolgung der irrealen Ausbauziele für Wind- und Solarstrom und damit das näher kommende Eintreten der Blackout-Katastrophe nicht erklärbar. Sie würden dann auch erkennen, dass sie jetzt nur noch erneut durch Glück die nächste kritische Situation überstehen könnten – aber was ist mit der übernächsten ? Die Lektüre des TAB-Berichts und die Kenntnis der Folgen würde ihnen auch klar machen, dass eine derartige Katastrophe zum Sturz der Regierung führen würde.

Aber es ist ja gerade noch mal gut gegangen….

 

Quellen:

(1): C.Longin und M.Plück: „Deutsches Stromnetz schrammt am Blackout vorbei, 27.2.2017; RP-Online; http://www.rp-online.de/wirtschaft/unternehmen/deutsches-stromnetz-schrammt-am- blackout-vorbei-aid-1.6636489

(2): Andrew Follet: „Germany facing mass blackouts because of unreliable renewable
energy”; The Daily Caller, USA, 01/03/17;
http://dailycaller.com/2017/02/28/germany-facing-mass-blackouts-because-the-wind-
and-sun-wont-cooperate/

(3): Christian Schlesiger: „Windräder stehen still – und kosten Hunderte Millionen Euro“,
Wirtschaftswoche; 28.4.2016;

http://www.wiwo.de/politik/deutschland/energiewende-windraeder-stehen-still-und-kosten-hunderte-millionen-euro/13515276.html

(4): Günter Keil: „Am Ende der Energiewende-Sackgasse lauert das Dunkelflaute-Gespenst“,
14.9.2014; https://eike.institute/2014/09/14/am-ende-der-energiewende-
sackgasse-lauert-das-dunkelflaute-gespenst/

(5): Thomas Petermann, Harald Bradtke, Arne Lüllmann, Maik Poetzsch, Ulrich
Riehm: „Gefährdung und Verletzbarkeit moderner Gesellschaften – am Beispiel
eines   großräumigen und langandauernden Ausfalls der Stromversorgung“,
17.5.2011; Arbeitsbericht Nr. 141;

Publikation: „Was bei einem Blackout geschieht“, Studie des Büros für

Technikfolgenabschätzung beim Deutschen Bundestag, Bd. 33, 2011, Verlag

edition sigma, Berlin, ISBN 9783836081337, Volltext