Woher kommt der Strom? Ein Ingenieur zum Abschalt-Wahnsinn

Agorameter

Die Anpassung der konventionellen Stromerzeugung an die mit Vorrang einzuspeisenden Stromanteile aus erneuerbaren Energieträgern gestaltet sich schwierig. Zum Teil ist diese Anpassung so unzureichend, dass Strom in erheblichem Umfang hochpreisig importiert werden muss, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten.

Gnade uns der Energiegott, wenn unsere Nachbarn ihren Strom bei über einen längeren Zeitraum sehr kalten, dunklen und windstillen Wetterverhältnissen selbst benötigen. Die Strompreise für den Im- und Export finden Sie nach Ländern aufgeschlüsselt hier. Gehen Sie mit der Maus mal über die diversen Bereichen und schauen Sie sich mal an, wie Strompreise aussehen, wenn Frankreich oder die Schweiz Strom nach Deutschland exportieren oder aus Deutschland importieren. Erkennen Sie ein Muster?

Die Detailzahlen zur Stromerzeugung der letzten 10 Tage des Jahres 2019 finden Sie in dieser Tabelle mit den Werten der Energy-Charts und dem daraus generierten Chart.

Die Tagesanalysen

Sonntag, 22.12.2019: Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromerzeugung 52,14 Prozent

Der bedarfsarme Sonntag weist eine recht ordentliche = über dem Durchschnitt liegende, gleichmäßige Windstromerzeugung auf. Die kleine Winddelle über Tag wird durch Sonnenstrom ausgeglichen. Insgesamt ein ruhiger Tag mit niedrigen bis knapp unter der 40 € pro MWh Grenze liegenden Strompreisen. Für die konventionellen Stromerzeuger ist es heute gut möglich, den Strom an die volatile Stromerzeugung anzupassen.

Montag, 23.12.2019: Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromerzeugung 60,00 Prozent

Der erste Werktag der Woche zeigt im Prinzip das gleiche Bild wie der Sonntag. Etwas mehr Bedarf – es ist die Weihnachtswoche -, aber auch etwas mehr Windstromerzeugung. Die konventionellen Stromerzeuger können sich wieder gut anpassen. Dennoch ist in der Nacht, dem frühen Morgen zu viel Strom im Markt. Der muss zum Teil mit Bonus verschenkt werden. Dem Wind ist es gleich, ob Strom benötigt wird oder nicht. Und einfach mal so auf gut Glück die konventionelle Stromerzeugung runterfahren? Besser nicht, oder? Über Tag erholen sich die Preise.

Dienstag, 24.12.2019: Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromerzeugung 56,78 Prozent

Der Heilige Abend: Wenig Strombedarf und eine zurückgehende Windstromerzeugung führen zu einem annähernd gleichen Im-/Exportbild wie am Montag. In der Nacht wird Strom mit Bonus verschenkt. Über Tag erholen sich die Preise. Die konventionellen Stromerzeuger erhöhen über Tag ihre Stromproduktion. Höchstpunkte sind jeweils der Mittag und der frühe Abend. Da, wo erfahrungsgemäß der meiste Strom des Tages benötigt wird.

Mittwoch, 25.12.2019: Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromerzeugung 48,04 Prozent

Der erste Weihnachtstag: Der Strombedarf sinkt. Die Windstromerzeugung onshore halbiert sich nahezu. Die konventionelle Stromerzeugung nimmt etwas zu. Dennoch ist die Stromversorgung Deutschlands auf Kante genäht. Wenn es so weitergeht, dann müssen die Konventionellen enorm zulegen. Oder …? Die Preise finden Sie hier.

Donnerstag, 26.12.2019: Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromerzeugung 36,17 Prozent

Der zweite Weihnachtstag: Es kam, wie es kommen musste. Die konventionelle Stromerzeugung verharrt auf dem bisherigen Niveau. Der Wind flaut hingegen ab. Fast Richtung Null. Ergebnis: Den ganzen Tag erzeugt Deutschland nicht genügend Strom, um den eigenen Bedarf zu decken. Folge: Strom muss importiert werden. Nun ist genügend Strom im Markt, so dass die Preise moderat sind. Vielleicht haben die konventionellen Stromerzeuger genau darauf spekuliert und von zusätzlicher Erzeugung abgesehen. Lesen Sie in diesem Zusammenhang: Hier klicken

Freitag, 27.12.2019: Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromerzeugung 32,69 Prozent

Wind- und Sonnenstromerzeugung verharren auf weiterhin niedrigem Niveau. Ab Mittag geht die Schere auseinander. Der Bedarf steigt, Wind und Sonnenstromerzeugung lassen nach. Die konventionelle Stromerzeugung zieht nicht genügend an. Jetzt muss Strom importiert werden, der teurer ist, als die Eigenerzeugung (Faustregel 40 € pro MWh) kosten würde. Locker verspekuliert. Von 11:00 Uhr bis 19:00 Uhr.

Samstag, 28.12.2019: Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromerzeugung 34,26 Prozent

Auch heute bleibt es bei geringer Wind- und Sonnenstromerzeugung. Auch heute muss Strom importiert werden. Allerdings in der meisten Zeit recht günstig. Wobei der Preisaspekt nur die eine Seite der Medaille ist. Die andere ist die „CO2-Ersparnis“. Nicht selbst produzierter, sondern importierter Kohlestrom bringt null CO2 auf das CO2-Konto Deutschlands. Wobei man sagen muss, dass sehr oft auch CO2-freier Atomstrom und Strom aus Wasserkraft importiert wird.

Sonntag, 29.12.2019: Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromerzeugung 49,14 Prozent

Die windarme Zeit ist vorbei! Die Stromversorgung durch die erneuerbaren Energieträger Wind- und Sonnenkraft zieht an. Fast den ganzen Tag – Ausnahme ganz früher Morgen – wird Strom exportiert. Zu nicht auskömmlichen Preisen.

Montag, 30.12.2019: Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromerzeugung 61,22 Prozent

Die Stromerzeugung durch Wind- und Sonnenkraft schlägt heute Kapriolen. Kurz vor Jahresende werden die konventionellen Stromerzeuger noch mal richtig gefordert. Bei allem guten Willen. Eine den Strompreis „schonende“ Nachführung ist kaum möglich. So ist den ganzen Tag zu viel Strom im Markt. Deutschland gibt ihn billig ab. Meistens unter 30 € pro MWh. 

Dienstag, 31.12.2019: Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromerzeugung 52,42 Prozent

Schockschwerenot: Der letzte Tag des Jahres 2019 wartet mit einem unerwarteten (?) Abfall der Wind- und Sonnenstromerzeugung ab 6:00 Uhr auf. Deutschland rutscht ab 16:00 Uhr in eine Stromunterversorgung. Diese wird durch Stromimporte bei Preisen mit bis zu knapp 48 € pro MWh ausgeglichen. Kommt es gleich zum Jahresanfang 2020 zu einer Flaute?

Selbstverständlich wird 2020 die Kolumne „Woher kommt der Strom?“ weitergeführt. Nächste Woche, am 12.1.2020, werden grundsätzliche Aspekte der Analysen erläutert und Verbesserungen der Anschaulichkeit vorgestellt. Am 19.1.2020 werden die Tagesanalysen der ersten und zweiten Woche = 1.1.2020 bis 11.1.2020 erscheinen. Die um eine Woche verzögerte Analyse bleibt notwendig, damit die verwendeten Werte der Energy-Charts vollständig und im möglichen Rahmen verlässlich sind. Sie kennen das aus der Vergangenheit.

Die ersten Gesamtdaten zur Stromerzeugung des Jahres 2019

Der BDEW Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e.V. hat bereits eine Zusammenfassung mit den wichtigsten Stromerzeugungsdaten herausgegeben. Die Daten des Dokuments (Stand 12.12.2019) sind zwar in geringem Umfang hochgerechnet. Dennoch ergeben sich bereits einige wichtige Ergebnisse (Abbildung, bitte unbedingt anklicken, es öffnen sich alle weitere Abbildungen). Beachten Sie bitte, dass es sich um die Bruttodaten der Stromerzeugung Deutschlands handelt, und dass die Nettostromerzeugung beim BDEW anders definiert wird als beim Fraunhofer ISE (Abbildung 1), dessen Daten in dieser Kolumne analysiert werden. Die Differenz der Bruttostromerzeugung BDEW und Nettostromerzeugung Fraunhofer ISE beträgt etwa 90 TWh (Vergleiche Abbildung und Abbildung 2).

Es fällt auf, dass die Stromerzeugung, und damit wohl auch der Strombedarf 2019 gesunken ist. Eine weiterführende Analyse wird im Verlauf der nächsten Wochen geliefert. Dann, wenn die Zahlen einigermaßen verlässlich vorliegen, weitere Recherchen erfolgt und Gespräche mit Experten geführt wurden. Ich möchte nochmal ausdrücklich darauf hinweisen, dass die vorliegenden Werte auch im Nachhinein von der Wertegebern geändert/korrigiert werden (können). Eins ist allerdings sicher. Deutschland hat im Jahr 2019 aus Frankreich die Strommenge importiert (Abbildung 3), die ein Kernkraftwerk (KKW) bereitstellt. Im Jahr 2020 wird es wohl noch mehr Strom werden, der aus Frankreich importiert werden wird. Das KKW Philippsburg 2 wurde zum 1.1.2020 vom Netz genommen. Damit fehlen 11 TWh CO2-freier Strom in Baden-Württemberg.

Dass darin ein gewisser Widerspruch zur angeblich die Welt rettenden Klimapolitik der Bundesregierung und ihrer ideologisch-fanatischen Unterstützer liegt, merkt mittlerweile auch der ein oder andere Kommentator, der im öffentlich-rechtlichen Rundfunk seine Meinung verbreiten darf. Hören Sie sich an, was Burkhard Ewert, stellvertretender Chefredakteur der Neuen Osnabrücker Zeitung, am 4.1.2019 im Deutschlandfunk zu sagen hat (Abbildung 4). Es hat den Anschein, dass die Diskussion über den Einsatz von Kernkraft in Deutschland etwas an Fahrt gewinnen wird. Was auch Zeit wird. Denn Ende 2022 – in knapp zwei Jahren, was so gut wie „nichts“ ist – sollen Neckarwestheim (Abbildung 5), das letzte Kernkraftwerk in Baden-Württemberg, Gundremmingen C (Bayern) und Grohnde (Niedersachsen) vom Netz gehen (Abbildung 6). Damit verzichtet Deutschland auf weitere 34 TWh CO2-freien Strom pro Jahr. Allein um diese Strommenge im Durchschnitt auszugleichen, wären über 5.000 Windkraftanlagen à 3 MW Nennleistung nötig (Abbildung 7). Es wird weiteres wertvolles Vermögen vernichtet.

Brief eines Ingenieurs

Wie wertvoll und nutzbringend ein Kernkraftwerk, wie unsinnig dessen Abschaltung ist, davon verschafft der Brief eines Ingenieurs aus Baden-Württemberg einen Eindruck, den ich hier mit dessen Zustimmung veröffentliche:

Sehr geehrter Herr Stobbe,

ich teile Ihre Bedenken bezüglich der Energiewende und der daraus resultierenden Versorgungssicherheit.

Ich bin schon seit Teenager-Zeiten am Thema Stromversorgung interessiert und nutze selbst auf Urlaubsreisen die Gelegenheit, entsprechende Infrastruktur zu besichtigen und mich vor Ort zu informieren. So stand ich zum Beispiel schon in den 80-er Jahren als Student im Zuge einer Tour auf dem Whisky-Trail in Schottland direkt auf dem Reaktordeckel im damaligen Kernkraftwerk Dounreay, einem der wenigen so genannten Brutreaktoren.

In diesem Zusammenhang möchte ich Ihnen von einem Besuch im Kernkraftwerk Neckarwestheim (Baden-Württemberg) berichten. Der Betreiber EnBW hatte Anfang 2019 für diese Besichtigungen anlässlich der herannahenden offiziellen Abschaltung in einer Kundenzeitschrift geworben („letzte Gelegenheit“). Laut Aussage einer Mitarbeiterin haben sich entgegen der Erwartungen knapp über 1000 Bürger für solch eine Tour beworben. Kalkuliert wurde wohl mit lediglich 200.

Wie dem auch sein: Anfang Dezember durfte ich dann für insgesamt etwas über drei Stunden auf das AKW-Gelände, inkl. Maschinenhaus und Containment (Sicherheitsbehälter). Begonnen wurde die Tour im Info-Center mit einer 45-minütigen PowerPoint-Einführung, dann ging es zu Fuß in den „gesicherten“ Bereich. Interessanterweise wurde die gesamte Info-Veranstaltung samt Tour von ausschließlich weiblichem Personal durchgeführt. Erwartet hatte ich das genaue Gegenteil, ist doch Nuklearphysik und Ingenieurwesen nach wie vor eher Männerdomäne. Aber vielleicht ist das eine (durchaus geschickte) Marketing-Strategie des Betreibers. Die Damen haben jedenfalls einen super Job gemacht.

Hier ein paar für mich interessante Erkenntnisse:

# Aus Sicht eines im Bereich der IT-Industrie tätigen Ingenieurs ist so ein AKW im Großen und Ganzen eher „Low-Tech“. Super solider deutscher Maschinenbau und erstklassig robuste Elektrotechnik. Anhand der zahlreichen Typschilder ließ sich erkennen, dass viele große deutsche Konzerne am Bau in den 80er Jahren beteiligt waren: Siemens, Gutehoffnungshütte u.a.

# Alles wirkte äußerst solide und überdimensioniert, war exzellent beschriftet und ggf. zusätzlich farblich markiert. So gibt es zum Beispiel vier Notstromdiesel auf dem Gelände und ein weiteres mobiles Aggregat auf einem geländegängigen Tieflader einige km entfernt vom Kraftwerk, fahrbereit abgestellt in einer bombensicheren Garage.

# Die gesamte Anlage war sehr sauber. Insbesondere innerhalb des Containments hätte man überall vom Boden essen können. Eigentlich wirkte vieles wie neu. Das hat vermutlich auch damit zu tun, dass wie in der Luftfahrt üblich Bauteile regelmäßig getauscht werden.

# Obwohl alle wissen, dass spätestens 2022 abgeschaltet wird, laufen die zyklischen Erneuerungsarbeiten regulär weiter. Wenn das AKW dann demnächst abgeschaltet wird, wird teils fabrikneues Material entsorgt werden…

# Das AKW lief zum Besuchszeitpunkt unter Volllast: Knapp 1450 MW.

Eigentlich alles recht unspektakulär: Im Reaktorbehälter „brodelt“ im Verborgenen etwas – und heraus kommt knapp 400 Grad heißer Dampf unter Hochdruck, der dann, wie in jedem anderen thermischen Kraftwerk auch, die Turbine im Maschinenhaus antreibt. Dabei wird keinerlei CO2 produziert. Null Komma null CO2!

# Die aus Russland bezogenen Brennelemente, die grob geschätzt ungefähr das Volumen von einem halben Seefracht-Container haben, reichen im Prinzip fünf Jahre für die „Befeuerung“ des Wärme erzeugenden Kernprozesses. Ein Kohlekraftwerk benötigt für die gleiche Ausgangs-Leistung täglich ca. 100 Eisenbahn-Güterwaggons Kohle. Täglich!

# Das Kraftwerk versorgt knapp eine Million Haushalte im Raum Heilbronn und Stuttgart zzgl. diverser Industriekunden. 24/7, 365 Tage im Jahr seit 30 Jahren, nur durch die regelmäßigen geplanten Revisionen unterbrochen.

# Die drei größten Stromkunden seit Inbetriebnahme: 1. Audi, 2. Daimler, 3. Porsche. Alles Perlen unserer Industrie…

# Das gesamte Personal schien überaus hoch qualifiziert zu sein. Wir durften auch in den Leitstand blicken: Schichtführer – entweder studierter Maschinenbauer oder Elektrotechniker jeweils mit 3 Jahren Zusatzausbildung zum Beispiel in der Kraftwerksschule in Essen/NRW. Alle anderen im Leitstand ebenfalls hoch qualifiziert. Das gesamte Leitstand-Personal muss – wie die Piloten von Verkehrsflugzeugen – regelmäßig zu Simulator-Schulungen nach Essen.

# Nach dem Reaktorunfall in Fukuschima musste das AKW aufwändig „Tsunami-sicher“ umgebaut werden. Schließlich könnte jederzeit solch eine Monsterwelle den Neckar hoch kommen…

# Auf meine Frage, wie lange das Kraftwerk denn noch laufen könnte, wenn man es nicht gemäß politischer Entscheidung demnächst abschalten würde, lautete die Antwort: „Im Prinzip: Unendlich.“ 10-20 Jahre mindestens bei weiterhin moderaten Wartungskosten.

# Nach dem offiziellen Ende der informativen Veranstaltung wurde von den Mitarbeitern (im kleinen Kreis/betont inoffiziell) noch die Warnung ausgesprochen, dass mit dem Abschalten der AKWs in Philippsburg und Neckarwestheim eine massive Stromlücke in Baden-Württemberg entstehen würde und aktuell eigentlich „keiner wisse, wo der Strom herkommen soll.“

Auf der Heimfahrt musste ich denken:

Was ist das für ein Irrenhaus hier in diesem Land. Da steht eine voll funktionsfähige, Milliarden teure Infrastruktur, die seit 30 Jahren zuverlässig arbeitet, mit einer top qualifizierten und erfahrenen Bedienmannschaft – und wir schalten das einfach mal so aus Lust und Laune ab, um das Weltklima zu retten. Um dann zur Kompensation Atomstrom aus dem nahen Ausland zu kaufen…

Unglaublich.

Mit freundlichen Grüßen

Dipl.-Ing. XXX *)

*) Name bekannt, aber auf Wunsch des Lesers ohne Namensnennung

Ich habe mit dem Mann ein ausführliches Telefonat geführt. Er sagte mir, dass er noch schulpflichtige Kinder habe, und er womöglich mit „Konsequenzen“ rechnen müsse, wenn der Brief mit Namensnennung veröffentlicht würde. Das ist neben der Vernichtung von gigantischen Vermögenswerten und dem Konterkarieren einer CO2-reduzierenden Energiepolitik der eigentliche Skandal. Das offene, freie und für Kritik offene Deutschland, das ich kenne, hat sich bereits abgeschafft.

Ordnen Sie Deutschlands CO2-Ausstoß in den Weltmaßstab ein. Zum interaktiven CO2-Rechner: Hier klicken. Noch Fragen? Ergänzungen? Fehler entdeckt? Bitte Leserpost schreiben! Oder direkt an mich persönlich: stromwoher@mediagnose.de Alle Berechnungen und Schätzungen durch Rüdiger Stobbe nach bestem Wissen und Gewissen, aber ohne Gewähr.

Die bisherigen Artikel der Kolumne Woher kommt der Strom? mit jeweils einer kurzen Inhaltserläuterung finden Sie hier auf Rüdiger Stobbes Blog Mediagnose.

Rüdiger Stobbe betreibt seit über drei Jahren den Politikblog  www.mediagnose.de.

Zuerst erschienen bei der Achse des Guten; mit freundlicher Genehmigung.




Windkrafturteil Baden-Württemberg: Genehmigungen für Windräder sind rechtswidrig

Sämtliche Genehmigungen von Windrädern in Baden-Württemberg sind vermutlich rechtswidrig. Das geht aus einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes (VGH) Baden-Württemberg in Mannheim hervor, die kurz vor Weihnachten verkündet wurde. Konkret wurde das Bauverbot für die Windparks „Blumberg“ und „Länge“, die in Baden-Württemberg entstehen sollen, bestätigt. (10 S 566/19 und 10 S 823/19 ) Dieses Bauverbot hatte zuvor das Verwaltungsgericht Freiburg ausgesprochen.

Doch sensationell ist nicht nur dieses Bau- bzw. Rodungsverbot, sondern die viel weitergehende Entscheidung des zehnten VGH-Senats, dass die verwaltungsrechtlichen Vorgaben der Landesregierung zu Genehmigungsverfahren und insbesondere zur Beteiligung der Öffentlichkeit im wesentlichen alle rechtswidrig sind. Eine größere Klatsche ist für eine Landesregierung kaum vorstellbar. Der Karlsruher Fachanwalt für Verwaltungsrecht Rico Faller von der Kanzlei Caemmerer Lenz fasst die wesentlichen Inhalte der VGH-Beschlüsse folgendermaßen zusammen:

»Die immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen sind rechtswidrig, weil eine Öffentlichkeitsbeteiligung hätte erfolgen müssen und zudem fehlt es an ausreichenden forstrechtlichen Ausgleichsmaßnahmen zu Kompensation des mit der Waldumwandlung verbundenen Natureingriffs.

Die Waldumwandlungsgenehmigung ist rechtswidrig, weil diese von einer unzuständigen Behörde nicht im richtigen Genehmigungsverfahren und ohne die hierfür erforderliche Rechtsgrundlage erteilt wurde.«

Eigentlich hätten alle Voraussetzungen für die Genehmigungen der Umwandlung des auf den Anlagenstandorten stehenden Waldes wegen der Konzentrationswirkung nach § 13 des Bundesimmissionsschutzgesetzes geprüft werden müssen. Die Landesregierung Baden-Württemberg argumentierte, dass zum Beispiel die Rodung des Waldes für die Windkraftanlagen nicht unter das Genehmigungsverfahren falle. Das überzeugte den Senat nicht, wie es in dem Beschluss ausdrücklich heißt.»Wenn auf dem Anlagenstandort eine Waldnutzung besteht und deswegen zur Errichtung der Anlage die Nutzungsart bald in eine andere Nutzungsart (Errichtung und Betrieb einer genehmigungsbedürftigen Anlage) umgewandelt werden müsse, handele es sich um eine die Anlage im Sinne von § 3 Abs. 5 BImSchG betreffende behördliche Entscheidung im Sinne von § 13 BImSchG«, so erläutert Anwalt Faller die Urteilsbegründung.

Vor einer solchen »Waldumwandlungsgenehmigung« müssten Rechte, Pflichten und wirtschaftliche Interessen des Waldbesitzers sowie die Belange der Allgemeinheit und insbesondere die nachhaltige Sicherung des Waldes wegen seiner Bedeutung für die Umwelt gegeneinander abgewogen werden. So müssten laut Senat beispielsweise Horstbäume geschont, Nistzeiten beachtet und Jagdreviere sowie Überflugrouten insbesondere gefährdeter Vogelarten oder Fledermäuse mit betrachtet werden.

Außerdem seien keine ausreichenden forstrechtlichen Ausgleichsmaßnahmen vorgesehen worden, auch daraus ergebe sich die Rechtswidrigkeit der Genehmigung. Diese Rechtsverstöße sind laut VGH-Senat auch keine Kleinigkeiten, die fehlende Öffentlichkeitsbeteiligung sei ein absoluter Verfahrensfehler.

Die Waldumwandlungsgenehmigung sei rechtswidrig, weil die von einer unzuständigen Behörde, nicht im richtigen Genehmigungsverfahren und auch ohne die hierfür erforderliche Rechtsgrundlage erteilt wurde. Deutlicher gehts nicht. 

Die weitreichenden Bedeutung des Urteils hat bisher noch kaum Eingang in die öffentliche Diskussion gefunden. Dabei ist die überhaupt nicht zu unterschätzen: Dieses neue Urteil des VGH könnte das Aus für die Windkraft in Baden-Württemberg bedeuten.

Anwalt Rico Faller stellt fest: »Bei den Beschlüssen des VGH Baden-Württemberg handelt es sich um Entscheidungen, deren Bedeutung weit über die streitgegenständlichen Windparks hinausgeht.«

Umweltrechtliche Vorschriften seien nicht oder unzutreffend angewandt worden, damit habe auch die Öffentlichkeitsbeteiligung nicht ordnungsgemäß stattgefunden. Rechtsanwalt Faller sieht, dass diese Entscheidung künftig dazu führen wird, dass vielen Fällen ein förmliches Verfahren nach § 10 BImSchG – und damit eine Öffentlichkeitsbeteiligung – durchzuführen ist. Diese Beteiligung wiederum führe eher dazu, dass Abwägungsbelange umfassender und verlässlicher ermittelt und gewichtet würden als lediglich in einem nicht-öffentlichen Verfahren.Wie die Landesregierung Baden-Württemberg weiter die Landschaften des Südwestens rigoros mit Windrädern bestücken will, wird interessant. 

Damit ist das große Projekt einer gigantischen Windindustrieanlage im südlichen Schwarzwald erst einmal auf Eis gelegt. Das Singener Unternehmen, das den Industriepark errichten wollte, hatte viel Geld in das Projekt gesteckt und schon die Wälder für die Windräder roden lassen.

Für Michael Thorwart, Universitätsprofessor für Theoretische Physik, der auch schon den Schwindel im baden-württembergischen Windatlas aufdeckte, ist das Urteil ein rechtsstaatliches Trostpflaster: »Es zeigt sich, dass unser demokratischer Rechtsstaat sich auch nicht durch eine ideologiegetriebene „Energiepolitik“ aus den Angeln heben lässt, was zunächst einmal beruhigend ist. Allerdings müssen wir Bürgerinnen und Bürger weiter wachsam sein.«

Der Beitrag erschien zuerst bei TE hier




Baden-Württemberg schaltet Atomkraftwerk ab, um Atomstrom aus Frankreich zu importieren!

🙂

Charlie Krüger analysiert wie immer glänzend.



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