8. Woche 2020

„Die Erzeugung aus Kraftwerken von »Betrieben im verarbeitenden Gewerbe sowie im Bergbau und in der Gewinnung von Steinen und Erden«, d.h. die industrielle Erzeugung für den Eigenverbrauch, ist bei dieser Darstellung nicht berücksichtigt.

So heißt es auf der entsprechenden Seite der Energy-Charts (Abbildung, bitte unbedingt anklicken. Es öffnen sich alle Abbildungen und Mehr). Die komplette Stromerzeugung Deutschlands im Jahr 2020 wird vom BDEW ausgeworfen (Abbildung 1). Mit 564 Terawattstunden (TWh) lag die Bruttostromerzeugung 76 TWh höher als die Nettostromerzeugung mit 488 TWh. Die Aufteilung des Strombedarfs auf die Sektoren Haushalte, Gewerbe/Handel/Dienstleistungen, Industrie und Verkehr veranschaulicht ein Chart des Umweltbundesamtes (Abbildung 2). Die Industrie bezieht einen Großteil des benötigten Stroms auch aus der öffentlichen Stromerzeugung. Nicht jeder Industriebetrieb hat eine eigene Stromerzeugung. Beispielhaft seien Aluhütten genannt, die auf Nachfrage gegen Vergütung ihren Strombedarf ´verschieben`. Dieses Demand Side Management (DSM) genannte Verfahren dient dazu, Stromnachfrage gezielt zu steuern und auch, um die Strom-Netzstabilität zu gewährleisten (Abbildung 3). Gern wird von Freunden der regenerativen Stromerzeugung DSM als wichtiger Baustein der Energiewende genannt. Ob allerdings das vorhandene Potential von 5 bis 15 GW tatsächlich genutzt werden kann, ist vor allem in größeren Zeiträumen schwacher regenerativer Stromerzeugung bei hohem Bedarf (Winter) fraglich. 

Womit wir bei den beiden ersten Monaten des Jahres 2021 und der insgesamt sehr schwachen regenerativen Stromerzeugung in diesem Zeitraum wären. Eine angenommene Verdoppelung der Wind- und Photovoltaikstromerzeugung hätte nur an neun von 59 Tagen ausgereicht. Im Tagesdurchschnitt (Abbildung 4). Eine Ausweitung der Analyse auf Stunden- oder gar Viertelstundenwerte (Spitzenanalyse) wäre sehr aufwendig und würde kaum zusätzliche Erkenntnisse bringen. Entscheidend ist doch, dass an 50 von 59 Tagen eine Verdoppelung der Wind- und Photovoltaikstromerzeugung nicht ausreichen würde. 32 nicht ausreichende Tage wären es bei einer angenommenen Verdreifachung (Abbildung 5). Zusätzlich benötigter Strom, um die Lücken auszugleichen, und der an den 27 Tagen überschüssige Strom hielten sich zwar die Waage. Doch leider stünden nach der Umwandlung Strom-Wasserstoff-Strom von den 15,5 TWh überschüssigem Strom lediglich etwa 4 TWh zur Verfügung. Die Umwandlungsverluste liegen bei 70 bis75 %. Knapp 15 TWh werden aber benötigt. 

Einen Blick auf schwache Windstromzeiten im Jahr 2021 bietet Abbildung 6. Acht Zeiträume reichte die Windstromerzeugung nicht aus, um 25% des Strombedarfs zu decken. Eingedenk der Tatsache, dass im Winter die Sonnenstromerzeugung kaum eine Rolle spielt und nur Biomasse und Wasserkraft als Teil der erneuerbaren Stromerzeugung zuverlässig Strom produzieren, ein Ergebnis, das zu denken geben müsste. Bei den Verantwortlichen für die Versorgungssicherheit. Eine Versorgungssicherheit, die durch viel zu ambitionierte Ziele und dementsprechenden Abschalt- und Ausstiegsszenarien immer geringer wird und mehr als gefährdet ist. Immerhin wurde ein erst kürzlich vom Netz genommenes Steinkohlekraftwerk – Energiewende hin /Energiewende her – wieder reaktiviert, damit die Lichter nicht ausgehen:

Die jüngste Abschaltung von elf Steinkohlekraftwerken erweist sich als verfrüht. Ein Großkraftwerk musste seit Jahresbeginn schon sechsmal wieder zurück ans Netz geholt werden. Für Betreiber Uniper wird Versorgungssicherheit zum Geschäftsmodell.

(Abbildung 7). Selbstverständlich wurde kräftig verdient. Nur bezahlen nicht die Energiewender, sondern die Stromverbraucher. 

Die achte Analysewoche zeichnete sich durch eine starke Sonnenstromerzeugung aus (Abbildung 8). Vorbote des Frühlings, der die Volatilität der regenerativen Stromerzeugung durch den „Sonnenbuckel“ auf eine neue Stufe hebt. Sonntag ´überholt` erstmals in diesem Jahr die ´Sonne den Wind`. Besonders kritisch ist der Zeitraum, wo die Photovoltaikanlagen kaum noch Strom produzieren, der Bedarf aber regelmäßig ansteigt. Am Vorabend. Da ist es für die Konventionellen schwer, die erneuerbare Stromerzeugung so nachzuverfolgen, dass keine Stromlücken entstehen. Abbildung 9 belegt die dynamische Nachführarbeit der konventionellen Stromproduzenten. Dennoch kommt es zu erheblichen Strom-Versorgungslücken (Abbildung 10). Der Stromhandel (Abbildung 11) ist entsprechend lebhaft. Unter Abbildung 12 finden Sie die Jahres- und Wochenübersicht Stromimport/Stromexport. 

Zum Schluss die Tabelle mit den Werten der Energy-Charts, welche die Nettostromerzeugung wiedergeben plus den aus diesen Werten generierten Chart (Abbildung 13). 

Die Tagesanalysen

Montag, 22.2.2021: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 44,68 Prozent, davon Windstrom 24,82 Prozent, Solarstrom 9,93 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 9,93 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Bereits heute wird das Vorabendproblem der konventionellen Stromerzeugung gut sichtbar. Mit der höheren Photovoltaikstromerzeugung und dem schnellen Rückgang zum Abend entsteht eine Versorgungslücke, die von den Konventionellen nicht geschlossen wird. Es lohnt nicht, ein oder mehrere Kraftwerke für drei bis fünf Stunden hochzufahren. In der Nacht sinkt der Bedarf wieder. Und über Tag – bei früherem Hochfahren – wäre zu viel Strom im Markt, der billig abgegeben werden müsste. Hohe Importstrompreise sind die Folge. Der Handels-Chart.

Dienstag, 23.2.2021: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 49,30 Prozentdavon Windstrom 29,58 Prozent, Solarstrom 9,86 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 9,86 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Heute ergibt sich bereits zu Beginn der Sonnenstromerzeugung eine Strom-Versorgungslücke. An Vorabend ebenfalls. Obwohl massiv Pumpspeicherstrom ins Netz eingespeist wird, reicht es nicht. Am Morgen ist der Strompreis noch moderat. Zum Abend kostet es schon gutes (Stromkunden-) Geld, die Lücke zu schließen. Diese Nachbarn handeln.

Mittwoch, 24.2.2021: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 55,07 Prozentdavon Windstrom 33,33 Prozent, Solarstrom 11,59 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 10,14 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Das gleiche Bild wie gestern. Am frühen Morgen ist die Nachfrage offensichtlich schwach. Der Preis für eine Megawattstunde Strom (MWh) fällt auf 15 €. Der Importstrom am Morgen ist günstig. Günstiger als der am Abend. Wieder reicht der Pumpspeicherstrom nicht aus, die Lücken zu schließen. Diese Nachbarn kaufen/verkaufen Strom.

Donnerstag, 25.2.2021: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 50,70 Prozent, davon Windstrom 26,76 Prozent, Solarstrom 12,68 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 11,27 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Heute fällt die regenerative Stromerzeugung mittels Wind- und Solarkraft zum Abend massiv ab. Der Bedarf hingegen bleibt hoch. Die Konventionellen kommen nicht nach. Es entsteht eine gewaltige Lücke. Da kommt einem der Preis um die 60€/MWh schon moderat vor. Hat man in solchen Situationen auch schon über 100€/MWh gesehen. Die handelnden Länder.

Freitag, 26.2.2021: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 43,61 Prozent, davon Windstrom 24,06 Prozent, Solarstrom 8,27 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 11,284 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Am Freitag bleibt es bei sehr schwacher Windstromerzeugung. Bis auf einen kurzen Zeitraum über Mittag wird Deutschland zum Stromimporteur. Mit den entsprechenden Preisen zu den entsprechenden Zeiten. Als Deutsch etwas Strom exportiert, bekommt es zum Teil Tagestiefstpreise, die aber immerhin noch um die 40€/MWh liegen. Die konventionelle Stromerzeugung und die handelnden Länder.

Samstag, 27.2.2021: Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromerzeugung 40,17 Prozent, davon Windstrom 17,09 Prozent, Sonnenstrom 9,40 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 13,68 Prozent. Die Agora-ChartmatrixHier klicken. & Sonntag, 28.2.2021: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 43,27 Prozent, davon Windstrom 12,61 Prozent, Sonnenstrom 15,32 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 15,32 Prozent. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Wochenende: Der Bedarf sinkt. Das gleicht die schwache Stromerzeugung durch die regenerativen Energieträger aus. Im Prinzip wiederholt sich die lückenhafte Stromversorgung, die konventionelle Unterversorgung Deutschlands. Wie jeden Tag dieser Woche. Noch kann sich Deutschland auf seine Nachbarn verlassen. Die kaufen und liefern den Strom, wie es Deutschland passt. Das Regulativ sind die Preise. Was aber, wenn unsere Nachbarn ihren Strom selbst benötigen? Die Zeiten werden kommen. Dann werden wir merken, dass man mit Geld nicht kochen, heizen oder Licht machen kann. Da nutzen auch die weltweit höchsten Strompreise nicht, die der deutsche Stromverbraucher zahlt. Dazu braucht es Energie. Viel Energie in Form von Strom. 

Noch Fragen? Ergänzungen? Fehler entdeckt? Bitte Leserpost schreiben! Oder direkt an mich persönlich: stromwoher@mediagnose.de. Alle Berechnungen und Schätzungen durch Rüdiger Stobbe nach bestem Wissen und Gewissen, aber ohne Gewähr. 

Die bisherigen Artikel der Kolumne Woher kommt der Strom? mit jeweils einer kurzen Inhaltserläuterung finden Sie hier.

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