In der perspektivischen Verkürzung des Rückblicks scheint die erste, bahnbrechende und grauenerregende Angst, der, wie man damals annehmen durfte, eine größere nicht würde folgen können, diejenige gewesen zu sein, die vom Baumsterben ausgelöst worden war. Damals, in den 1980ern, war dieses Baumsterben allgegenwärtig und es griff um sich wie ein Steppenbrand. Das Publikum wurde eingedeckt mit Bildern von kranken oder abgestorbenen Bäumen. Dabei spielte es für die Zuschauer keine Rolle, ob es sich dabei um Krüppelkiefern handelte oder aber um eine Fichte an der Baumgrenze, denn derlei Einzelheiten erschließen sich den meisten Menschen nicht.

Diese kleinen, wenn auch unredlichen Tricks, beschleunigten den Steppenbrand außerordentlich, der zudem dadurch befeuert wurde, dass es sich beim Thema Wald um ein deutsches Urgefühl handelt, das anzutasten an die Seinsgründe teutonischen Seelenlebens rührt. Nicht umsonst spricht man davon, man habe einem Unglücklichen die „Axt an die Wurzel“ gelegt.

Mit dem Waldsterben ging es los

Daher spielte es auch keine Rolle, dass bei der ganzen Propaganda nachgeholfen, die Lage maßlos überzeichnet und vor allem verschwiegen wurde, dass der Wald einen lebendigen Organismus darstellt, der einmal ziemlich gesund, dann wieder etwas krank, aber nur in kleinen Teilen eins von beiden zur Gänze ist. Bei den Menschen ist es ja ebenso. Jedenfalls hätte nach den Prognosen, so auch des Club of Rome, um die Jahrhundertwende in Deutschland kein Baum mehr stehen dürfen. „Erst stirbt der Baum, dann stirbt der Mensch“, hieß es damals. Es ist anders gekommen, die Wälder haben an Fülle und Ausdehnung zugelegt, und seither spielt der Waldzustandsbericht eine nachgeordnete Rolle.

Das allerdings schadet dem Gesamtaufkommen an Ängsten keineswegs. Denn seither haben wir eine große Zahl von Schrecknissen erfahren. Eine kleine Aufzählung, welche der Wirtschaftsprofessor Walter Krämer zusammengetragen hat, gibt Aufschluss über die Leidensfähigkeit unserer Gattung. Diese wird gestählt durch Ängste geringerer Art, so diejenige vor Masern, die Verletzungsgefahr von Kindern durch Airbags, Müdigkeit durch Herpes, Brustkrebs durch Flatrate-Trinken, Benzol im Babybrei, Fensterheber ohne Einklemmschutz, US-Dosenfutter, das Haustieren schadet, giftige Pflanzen in Haus und Garten, die Wollhandkrabbe, der Killerasteroid VK 184, der allerdings seine Chance anno 2007 vertan hat, Krebs natürlich an allen Ecken und Enden, Pestizide in Mandarinen und Gift in Babysocken.

Solchen Fährnissen aber folgen schwerere auf dem Fuß:

das Ozonloch, der Rinderwahn, Schweinegrippe, SARS, Feinstaub, Elektrosmog, außer unter Windrädern, da gibt es ihn nicht, Asbest und Dioxin, Fluglärm sowie Nanopartikel verschiedenster Genese.

Doch mit dem Reaktorunglück von Fukushima vor nunmehr zehn Jahren hat sich die Atom-Angst dauerhaft etabliert, an prominentester Stelle, bis vor Kurzem. Dabei sind in Japan wegen des Tsunamis deutlich mehr Menschen zu Schaden gekommen als wegen des Reaktors. Doch ungeachtet dessen hat die Bundesregierung in Deutschland den Vorfall zum Anlass genommen, vom Ziel einer sicheren und bezahlbaren Energieversorgung Abschied zu nehmen.

Übertroffen wird die Atom-Angst aber von dem Schrecken, den das Stichwort „Klima“ auslöst, und derzeit zumindest ebenso von einem kleinen Virus. Man kann Tageszeitungen finden, die es kaum unter ein bis zwei Dutzend „an und mit“-Corona-Artikeln tun. Jeden Tag.

Angst vor staatlichen Maßnahmen

Es hat bereits die Energiewende die enge Verbindung zwischen der Angst und den Möglichkeiten gezeigt, welche eine solche Angst den Politikern in die Hand gibt. Mit ihrer neuen Energiepolitik, angekündigt im Parlament, aber ohne dieses zu befragen, hat Angela Merkel mit einem Satz ein ganzes Geflecht von Gesetzen und Verträgen für null und nichtig erklärt. Nicht anders bei Corona. Grundrechte, die teils auch mit einer Zweidrittelmehrheit des Parlaments nicht eingeschränkt oder gar aufgehoben werden könnten, werden heute durch eine Verwaltungsverordnung außer Kraft gesetzt.

Angst bedeutet für die Regierenden Macht, und leider gilt auch der Umkehrschluss. Wenn eine Regierung ihre Macht übers Maß hinaus erweitern will, führt es zum Ziel, Angst zu streuen. Die mit Fukushima und Corona begründete Politik wäre nicht durchzusetzen, wenn nicht für den Fall ihrer Ablehnung mit Tod und Entsetzen gedroht würde. Wie hieß es doch in den 80ern? „Erst stirbt der Baum, dann der Mensch.“

Man sieht, die Sache mit der Angst und der Macht hat System. Doch während sich die Angst heute noch gegen ein Virus oder das Klima richtet, kommt mehr und mehr die Angst vor staatlichen Maßnahmen dazu. Dafür sorgen nicht zuletzt die drastischen Strafandrohungen bei einer Verletzung von Vorschriften bis hin zur Zerstörung einer beruflichen Existenz, wenn meinetwegen ein Hochschulprofessor in Sachen Klima oder Corona nicht so tut, wie von ihm erwartet wird.

Begleitet wird diese Entwicklung zur Totalität durch eine Gehirnwäsche, ausgerichtet an grüner Dekadenz. Ihr gilt die Angst als eine Tugend, der Selbsthass als ehrenhaft und die Wehleidigkeit als Zeichen von Charakterstärke. Willfährige Medien unterstützen diesen Aufbruch in einen politischen wie kulturellen Niedergang, vor dem man in der Tat Angst haben könnte.

Anm. der PAZ-Redaktion: Der Autor ist ein christsoziales Urgestein und war lange Zeit Redakteur beim „Bayernkurier“.

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)*  Anmerkung der EIKE-Redaktion :

Dieser Aufsatz ist zuerst erschienen in der Preußischen Allgemeinen Zeitung;  8. Januar 2021, S.8; EIKE dankt der PAZ-Redaktion sowie dem Autor  Florian Stumfall   für die Gestattung der ungekürzten Übernahme, wie schon bei früheren Artikeln :   https://www.preussische-allgemeine.de/ ; Hervorhebungen im Text: EIKE-Redaktion.

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