Panik ist bekanntlich das Gegenteil von überlegtem Handeln. Wie ist es so weit gekommen, dass ein Mädchen, das das Gegenteil von überlegtem Handeln fordert, von Wissenschaftsredakteuren – und nicht nur von ihnen – als Prophetin verehrt wird? Wie ist es so weit gekommen, dass man, wenn man diese Frage stellt, als genervter „Greta-Feind“ kategorisiert wird? Worin unterscheidet sich ein „Greta-Feind“ von einem „Klimaleugner“? Warum denken Menschen überhaupt in solchen Kategorien?

Lassen wir diese Fragen und den Panik-Hype des Jahres 2019 beiseite und widmen wir uns der Frage nach dem Handeln. Amerikanische Forscher haben das Szenario eines Atomkriegs zwischen Indien und Pakistan im Jahr 2025 untersucht. Sie beschreiben die Konsequenzen als globale Eiszeit: Die nuklearen Explosionen und die ausgelösten Brände würden enorme Mengen Rauch freisetzen. Dieser gelangt dem Szenario zufolge bis in die Stratosphäre und verringert die Sonneneinstrahlung. Die Folge: Die Temperaturen auf der Erde sänken um 3 bis 5,5 Grad Celsius. Damit wäre in etwa das Niveau der letzten großen Eiszeit vor 21.000 Jahren erreicht. Mit anderen Worten: Man kann den Planeten kühlen. Auch bei großen Vulkanausbrüchen (Krakatau 1883, Tambora 1915, Pinatubo 1991) konnten wir den kühlenden Effekt, wenn auch weniger drastisch, schon gut beobachten.

Wir Menschen beeinflussen das Klima. Im Moment vor allem unbeabsichtigt durch die Emission von Treibhausgasen. Im schlechtesten Fall durch verheerende Kriege (die eine echte globale Katastrophe wären und deren Verhinderung uns vielleicht mehr beschäftigen sollte). In Zukunft aber hoffentlich eher geplant, kontrolliert und zielgerichtet. Wir kennen Mechanismen, wie wir mit technischen Mitteln die globalen Temperaturen beeinflussen können. Und wenn die Temperaturen in den nächsten Jahrhunderten schneller oder weiter steigen, als uns lieb ist, dann sollten wir dies auch tun.

Ideologische und ökonomische Lobby für Wind und Sonne

Parallel dazu müssen wir uns mittelfristig auf das postfossile Zeitalter vorbereiten. Irgendwann wird es kommen. Entweder, weil wir aus Gründen der Klimakontrolle auf die Nutzung von Kohle, Gas und Erdöl verzichten, oder weil wir bessere, effizientere Alternativen haben und aus Kostengründen auf fossile Energien verzichten. Unbegrenzte Mengen Energie bei minimalem Landschaftsverbrauch und niedrigen Kosten kann mittel- und langfristig ohne jeden Zweifel die Kernenergie liefern. Weltweit wird daher an neuen Reaktorkonzepten gearbeitet. Vielleicht überwindet ja auch Deutschland irgendwann die lähmende Tabuisierung dieser Option.

Immerhin durfte Rainer Klute vom Verein Nuklearia kürzlich in einem Gastbeitrag in Die Zeit für ein Revival der Kernenergie plädieren. Er formulierte ein verlockendes und vollkommen realistisches Angebot:

Allein aus den gebrauchten Brennelementen in den verschiedenen Zwischenlagern könnte Deutschland 250 Jahre lang komplett mit Strom versorgt werden. Die Reaktoren der sogenannten Generation IV würden damit nicht nur die Endlagerfrage lösen, sie würden auch die Menge des nutzbaren Urans um das 50- bis 80-fache strecken, sodass es für zehntausende Jahre Stromerzeugung reichen würde – und das alles klimafreundlich und emissionsfrei.“

Allerdings ist die ideologische und ökonomische Lobby für Wind und Sonne hierzulande so stark, dass wir uns ziemlich sicher sein können, dass Deutschland bei der nuklearen Revolution als murrender Nachzügler ganz, ganz hinten mit dabei sein wird. Denn Erneuerbare, deren Förderung inzwischen ein vernünftiges Maß überschritten hat, dienen nicht zuletzt dazu, die Kernenergie und damit die Lösung des Klimaproblems zu verhindern.

Praktikabilität, Umweltauswirkungen und Kosten

Neben einer künstlichen Verringerung der Sonneneinstrahlung, dem Solar Radiation Management (SRM) nach Vorbild der Vulkane, haben wir auch die Möglichkeit, auf verschiedene Art und Weise klimawirksame Gase aus der Atmosphäre zu entfernen oder fernzuhalten. Das wird derzeit unter dem Stichwort „negative Emissionen“ diskutiert. Wir können aus CO2 Chemikalien oder Treibstoffe herstellen. Wir können es zur Ölförderung in den Untergrund pressen. Wir können es bei der Betonherstellung verwenden. Wir können es aus Kraftwerksabgasen abscheiden und unterirdisch lagern (Carbon Capture and Storage – CCS).

Wir können es durch Bäume aus der Luft holen und das Holz anschließend verbauen oder verbrennen (und das dabei wieder entstehende CO2 unterirdisch lagern (Bio Energy + CCS = BECCS)) oder Biokohle daraus herstellen und dies zur Bodenverbesserung einsetzen. Wir könnten Pflanzen so verändern, dass sie große Mengen Kohlenstoff in ihren Wurzeln speichern. Wir können Gestein zermahlen, das dann durch den Prozess der chemischen Verwitterung (enhanced weathering) CO2 aufnimmt. Besonders geeignet wäre das Silikatgestein Olivin. Das „Project Vesta“ verfolgt das Ziel, es in großen Mengen an Stränden auszubringen, wo die Bedingungen für die Verwitterung besonders gut wären.

Wir können durch Eisendüngung des Ozeans mit geringem Aufwand sehr große Mengen von CO2 in Phytoplankton binden und an den Meeresgrund befördern. Wir können auch mit Maschinen CO2 aus der Luft entfernen (Direct Air Capture) und endlagern (DACCS). In welchem Maße diese einzelnen Methoden in Zukunft zum Einsatz kommen, hängt von vielerlei Faktoren ab, insbesondere von der Praktikabilität, den Umweltauswirkungen und den Kosten. (1)

Die Aufforstung hat ihre Grenzen. Während ein Wald heranwächst, was bekanntlich Jahrzehnte dauert, entzieht er der Atmosphäre CO2. Wenn er aber „fertig“ ist, wird seine CO2-Bilanz ausgeglichen. Er setzt genauso viel CO2 frei, wie er aufnimmt. Es sei denn, man entnimmt ihm Holz und sorgt dafür, dass dieses sich nicht zersetzt. Zum Beispiel, indem man aus Holz Häuser baut. BECCS ist vergleichsweise teuer und braucht viel Land. Entsprechend ist auch der Transportaufwand hoch. DAC ist ebenfalls sehr aufwändig. Das Problem ist, dass die Maschinen viel Energie brauchen und diese Energie auch wieder CO2-frei erzeugt werden müsste. Entsprechend wären (bei Ablehnung der Kernenergie) sehr große Flächen mit Solarpanelen erforderlich.

Wenn Wale ins Wasser koten

Das Abscheiden von CO2 aus Kraftwerksabgasen ist technisch möglich, aber noch immer recht teuer. Ein komplett veränderter Verbrennungsprozess könnte das ändern. Der sogenannte Allam Cycle erlaubt die emissionsfreie Verbrennung fossiler Brennstoffe. CO2 entsteht dabei als reines Beiprodukt, das als Rohstoff weiterverwendet oder dauerhaft unterirdisch gelagert werden kann. Die Technologie wird derzeit in einer Demonstrationsanlage in Texas erprobt. Die USA fördern Innovationen zur Gewinnung, Nutzung und Lagerung von CO2 (CCS beziehungsweise CCU) seit Anfang 2018 durch substanzielle Steuergutschriften von 35 Dollar pro Tonne CO2, die zur kommerziellen Nutzung weiterverarbeitet wird, und 50 Dollar für die unterirdische Speicherung (siehe hier). Die Aktivitäten sind dort entsprechend umfangreicher und weiter als in Europa.

Das künstliche Anregen der derzeit relativ geringen biologischen Produktivität der Ozeane könnte eine sehr effektive und effiziente Methode sein. Der Ozeanograph John Martin hat das Potenzial schon 1988 pointiert benannt, als er sagte: „Gebt mir einen halben Tanker voll Eisen, und ich werde euch eine Eiszeit geben.“ Eine Steigerung der Produktivität des Phytoplanktons um ein Prozent könnte zu einer erhöhten CO2-Aufnahme führen, die der von rund zwei Milliarden ausgewachsenen Bäumen entspricht. Die Düngung geschieht auch auf natürliche Weise, wenn Staub vom Land in den Ozean gelangt, insbesondere aus Wüsten wie der Sahara und aus Patagonien, oder wenn Wale ins Wasser koten. (Eine Greenpeace-kompatible Variante des Climate Engineering wäre demnach der Versuch, ein schnelles Wachstum der Walpopulationen zu fördern, zumal Wale selbst, wenn sie sterben, mit sich rund 33 Tonnen CO2 in der Tiefsee beerdigen.)

Bei der direkten Beeinflussung des Klimas, unabhängig vom CO2 in der Atmosphäre, geht es vor allem darum, die Energiemenge der Sonne, die die Erdoberfläche erreicht, zu vermindern oder die Menge, die wieder ins All zurück reflektiert wird, zu vergrößern. Zu den diskutierten Ansätzen zählt das Aufhellen von Wolken über dem Meer (marine cloud brightening, MCB) durch das Einbringen von Salzkristallen (hiermit könnte auch lokale Kühlung, etwa von Korallenriffen, erfolgen und man könnte Hurricanes abschwächen (2)) und insbesondere das Ausbringen von Aerosolen nach dem Vorbild der Vulkanausbrüche beim sogenannten Solar Radiation Management (SRM). Dafür geeignete Flugzeuge zu bauen, ist technologisch keine große Herausforderung und dürfte auch nicht besonders teuer werden.

Und dann gibt es ja noch Flugscham und SUV-Verachtung

Forscher kamen in ihrer Kalkulation eines 15-Jahresprogramms, mit jährlich steigenden Ausbringmengen und dem Ziel einer Senkung der globalen Temperatur um 0,3 Kelvin auf jährliche Kosten von 2,25 Milliarden Dollar. Das ist weniger, als wir allein in Deutschland jeden Monat für die Subventionierung von Ökostrom ausgeben. Dutzende von Ländern verfügen sowohl über das nötige Geld als auch über die notwendigen technischen Möglichkeiten. Ob es je gemacht wird, wird sich zeigen. SRM ist gewissermaßen der Joker, der erst zum Einsatz kommen müsste, wenn eine akute Erwärmung vorübergehend gemildert werden soll, bis die mittelfristige Reduzierung der Treibhausgase ausreichend Wirkung zeigt.

Und dann gibt es ja noch Flugscham, SUV-Verachtung etc. Aber was soll man dazu schon sagen? Veränderungen des Lebensstils des (relativ kleinen) wohlhabenden Teils der Menschheit sind im Vergleich zu den genannten technischen Maßnahmen vollkommen irrelevant. Allein die Tatsache, dass die Grünen-Wähler nach 25 Jahren Kampf für mehr Klimaschutz als reisefreudige Besserverdiener noch immer einen weit überdurchschnittlichen CO2-Fußabdruck haben dürften, sollte genügen, den gesamten Komplex „Lebensstiländerung“ aus der Debatte zu nehmen. Das Ausmaß der Scheinheiligkeit westlicher Besserverdiener hat groteske Ausmaße angenommen.

Dies ist ein Auzug aus dem Buch: „Schluss mit der Klimakrise: Problemlösung statt Katastrophenbeschwörung“ von Thilo Spahl (Hrsg.), 2020, Edition Novo: Frankfurt/Main, hier bestellbar.

Zuerst erschienen bei Novo Argumente und der Achse des Guten,

Teil 1 finden Sie hier, Teil 2 finden Sie hier.

Weitere Quellen

(1) Hepburn et al.: „The technological and economic prospects for CO2 utilization and removal“ in: Nature 575, 2019, S. 87–97.

(2) Stephen Salter: „Can Marine Cloud Brightening Reduce Sea-surface Temperatures to Moderate Extreme Hurricanes and Typhoons?“ in: Atmospheric Science Letters 13/4, 2012, S.231–37.

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