Winter 2020/21 – darf es diesmal etwas kälter sein?

1. Die Bauernregeln

dieser Beitrag ein.]

3. Nachlassende Sonnenaktivität – Menetekel der Abkühlung

2-Konzentrationen schon leicht ab:

Insgesamt lässt die geringe Sonnenaktivität 2020 eher einen normalen bis zu kalten Winter erwarten.

4. Die Zirkulationsverhältnisse: Mehr Winter als in den Vorjahren?

Westliche Luftströmungen (Zonale Großwetterlagen) bringen milde Atlantikluft nach Deutschland, nördliche und vor allem östliche Kaltluft. Bei Süd- und Zentralhochlagen muss ein starker Wind die bodennah aus Ost einsickernde oder vor Ort immer wieder neu entstehende Kaltluftschicht vertreiben, ansonsten können auch sie im Tiefland bitterkalt sein, während es auf den Berggipfeln sehr mild ist. Der Zusammenhang zwischen der Häufigkeit der Luftströmungen mit Westanteil (Großwettertypen W, SW und NW) sowie den Wintertemperaturen in Deutschland ist sehr eng (folgende Grafik):

Für längerfristige Vorhersagen muss man die Zirkulationsverhältnisse vorhersehen können, was kaum möglich ist. Im Herbst 2020 war die Zonalzirkulation zwischen etwa dem 10.September und dem 20. Oktober fast völlig zusammengebrochen, nach kurzer Beschleunigung ab dem 3. November dann ebenfalls meist schwach entwickelt, was ein versteckter Hinweis auf einen Kaltwinter ist. Ob die seit der Jahrtausendwende zu beobachtende leichte Abnahme der Westlagenhäufigkeit in diesem Jahr eine Rolle spielt, ist mehr als fraglich. Die seit 2018 gehäuften Zirkulationsstörungen, welche auch 2020 die Westdrift zeitweise schwächten oder gar blockierten, machen gewisse Hoffnungen auf zeitweise winterliches Wetter. Wegen der aktuell herrschenden Westwind-Phase der QBO (Erklärung siehe Punkt 7) muss eine spätere Zonalisierung mit milden Westlagen leider jedoch in Betracht gezogen werden.

5. Die mittelfristigen Modelle: Kühlerer Dezember als in den Vorjahren?

Quelle):

6. Die aktuelle Tendenz der Wintertemperaturen in Deutschland

Trends erlauben nie Rückschlüsse auf den Einzelfall und keine Extrapolation in die Zukunft. Die Wintertemperaturen entwickelten sich in den letzten gut 30 Jahren folgendermaßen:

Trotz der sehr milden Winter 2013/14, 2015/16, 2018/19 und 2019/20 sowie kontinuierlich steigender CO2-Konzentration (obere, grüne Linie) stieg das Wintermittel seit 33 Jahren als einziges Jahreszeitenmittel kaum noch, weil die schon erwähnte nachlassende Sonnenaktivität und schwächere Zonalzirkulation bereits Wirkung zeigen. Und die DWD-Daten sind nicht wärmeinselbereinigt. Einen deutlicher fallenden Trend zeigt die wärmeinselarme Station Amtsberg/Erzgebirge:

Aber die „richtige“ Kälte dürfte indes wegen der Trägheit des Klimasystems erst in wenigen Jahren bis Jahrzehnten zuschlagen („Kleine Eiszeit“). Die seit einigen Jahren wieder leicht steigende Zahl von Nebeltagen weist gleichfalls auf eine sehr langsam beginnende Abkühlung hin.

7. Die Nordatlantische Oszillation (NAO), die AMO, die QBO und der Polarwirbel – verderben uns QBO-Westwindphase und Polarwirbel mal wieder den Winter?

Der NAO-Index ist ein Maß für die Intensität der Westströmung über dem Ostatlantik im Vergleich zum Langjährigen Mittel. Positive NAO-Werte bedeuten häufigere und intensivere, im Winter eher milde Westwetterlagen. Bei negativen NAO-Werten schwächt sich die Intensität der Zonalströmung ab, bei stark negativen Werten kann sie gar in eine Ostströmung umschlagen oder meridional verlaufen. Im Juli und bis Mitte Oktober überwogen negative, danach und im August/September positive NAO-Werte bei merklichen Schwankungen (Quelle):

Mitunter verändert sich die NAO sprunghaft (schwere Vorhersagbarkeit). Die AMO (ein Maß für die Wassertemperaturschwankungen im zentralen Nordatlantik) beendet vermutlich bald ihre Warmphase. Ein kompletter AMO-Zyklus dauerte seit Beginn regelmäßiger Messungen meist etwa 50 bis 80 Jahre, somit ist in naher Zukunft ein Wechsel in die Kaltphase möglich. Mehr zum Zusammenhang von AMO, NAO und den Temperaturverhältnissen in Deutschland unter anderem hier.

NAO, QBO, AMO und das Verhalten des Polarwirbels deuten also auf einen eher milden bis sehr milden Winter hin.

8. Verursacht das angeblich verschwindende Arktische Meereis kältere Winter? Für die relativ kalten Winter 2009/10 und 2012/13 wurde das schwindende arktische Meereis, speziell im September, verantwortlich gemacht. Mit etwa 3,9 Millionen Km² gab es im Septembermittel 2020 nur eine etwas größere Eisfläche, als zum bisherigen Negativ-Rekordmittel von 3,57 Millionen Km² (Sept. 2012) (Daten: NSIDC, National Snow and Ice Data Center der USA). Bei AMO-Warmphasen wird mehr Wärme in die europäische Arktis eingetragen. Die minimale Eisausdehnung und die geringere Westlagenhäufigkeit der 2000er Jahre „passen“ gut zum AMO-Maximum. Genaueres Zahlenmaterial zur Eisausdehnung liegt leider erst seit 1979 vor (Einführung der flächendeckenden, satellitengestützten Überwachung). Zumindest in diesem relativ kurzen Zeitraum von gut 40 Jahren bestand ein signifikanter Zusammenhang zwischen der AMO und der Fläche des winterlichen Arktis-Meereises:

2, sondern vermutlich mehr Sonnenschein (siehe folgende Abbildung):

9. Analogfälle (ähnliche Witterung wie 2019)

2020, nur undeutlich und kurz (November 1988 und 1989). Das Witterungsverhalten im September/Oktober 2020 (Sept. zu trocken und zu warm, Oktober zu mild und zu nass) deutet eher auf einen mehr oder weniger milden Winter hin.

Vage in die andere Richtung weist die Sonnenscheindauer des vorangehenden Frühlings und Sommers. War sie, wie auch 2020, zu hoch, so folgt tendenziell eher ein milder Winter. Lohnender ist ein Blick auf die mittlere Höhenlage der 500-hPa-Fläche über Deutschland. Lag diese im Jahresmittel, so wie auch 2020 zu erwarten, höher als im Langjährigen Mittel, so deutet das mit erhöhter Wahrscheinlichkeit auf einen Mildwinter hin, besonders dann, wenn diese zu hohe Lage zwischen Januar und September auftrat, was, mit Ausnahme des Junis, auch 2020 zutraf. In den Fällen, bei denen das Höhenlage-Mittel von Januar bis September die einfache Standardabweichung des Zeitraumes von 1948 bis 2019 überschritt, das war erstmals 1989 und insgesamt zwölfmal zu verzeichnen, waren 11 der Folgewinter, vor allem der Januar, mehr oder weniger deutlich zu mild, nur der von 2002/03 zu kalt. Und 2020 war das Geopotential dieses Zeitraumes mit etwa 5653 gpdm so hoch, wie noch nie. Auch die deutlich zu geringe Anzahl der Wetterlagen mit nördlichem Strömungsanteil (dafür zu viele südliche) zwischen Juli und September 2020 ist ein gewisser Hinweis auf einen eher milden Winter. Insgesamt deutet sich nach den Analogfällen bei extremer Widersprüchlichkeit der Signale also eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für einen bestenfalls normalen, wahrscheinlicher viel zu milden Winter an, aber vielleicht trotzdem mit einer längeren Kaltphase oder einem einzelnen, kalten Monat.

10. Die Hurrikan-Aktivität (Nordatlantik) und Zyklonen-Aktivität (nördlicher Indik)

11. Die Langfrist- Vorhersagen einiger Institute, Wetterdienste und Privatpersonen:

UKMO-Metoffice (Großbritannien): Stand 11.11.2020 Winter (D, J, F) mit deutlich erhöhter Wahrscheinlichkeit in ganz Deutschland zu mild (folgende Karte):

Anmerkung: Hier wird nur die Metoffice- Karte mit der Wahrscheinlichkeit des Abweichens vom Median gezeigt. Es gibt zwei weitere. Diese Median-bezogene Wahrscheinlichkeitsaussage zeigt, wie die anderen Karten auch, eine sehr stark erhöhte Wahrscheinlichkeit für über dem Median liegende Wintertemperaturen besonders in Mittel- und Nordosteuropa sowie über dem Eismeer und Teilen des Mittelmeeres:

Die aktuellen Karten jederzeit hier

hier)

DWD (Offenbach): In Deutschland 0,5 bis 2°C zu mild, je nach Ensemble-Auswahl, bezogen auf den DWD-Mittelwert der Jahre 2004 bis 2019, der ca. 1,4°C beträgt (Stand 11. Nov. 2020):

Die Mehrzahl dieser experimentellen, nicht verlässlichen Langfristprognosen deutet also einen eher normalen bis deutlich zu milden Winter an.

Insgesamt fällt der Winter 2020/21 nach momentanem Stand also bei enormer Unsicherheit fast normal aus und wird im Deutschland-Mittel auf minus 1,0 bis +3,0°C geschätzt (LJM 1991 bis 2020 +1,4°C). In den Kategorien „zu kalt“, „normal“ und „zu mild“ stellen sich die Wahrscheinlichkeiten des Winters 2020/21 folgendermaßen dar:

Dieses Fazit wurde aus 10% der Tendenz der Bauern- Regeln, 10% Sonnenaktivität, 20% Zirkulationsverhältnisse, 10% Mittelfrist- Modelle, 10% NAO, AMO,QBO, Polarwirbel, 15% Analogfälle, 10% Wirbelsturm-Aktivität und 15% der vorwiegenden Tendenz der Langfristprognosen gewichtet. Aktualisierung voraussichtlich Ende Dezember.