Zwar deutet sich an, dass Joe Biden (höchstwahrscheinlich) die US-Präsidentschaftswahlen gewonnen hat, ein gewisses Maß an Pragmatismus vorherrschen wird, da die exzessiven Wahlkampfversprechen der Demokraten dem kalten Licht der Welt entgegentreten und die tatsächlichen Kosten politischer Entscheidungen offensichtlich werden. Darüber hinaus müsste man feststellen, dass es Grenzen dafür gibt, was selbst eine US-Präsidentschaft – das mächtigste Exekutivamt der Welt – innerhalb der verfassungsmäßigen Grenzen tun kann. Es besteht die Wahrscheinlichkeit, dass der US-Senat republikanisch bleibt und somit die extremeren Zusagen bremsen wird, die im Namen von „Netto-Null“-Emissionen im Energiesektor bis 2035 und in der gesamten Wirtschaft bis 2050 gemacht wurden. Möglicherweise unterscheidet sich das Energie-Programm von Biden gar nicht so sehr von demjenigen von Trump.

Energiepolitische Diskontinuitäten

Aber man lasse sich nicht von beruhigenden Gedanken an politische Kontinuität unter einer Biden-Harris-Regierung einlullen. Der Kontrast in den republikanischen und demokratischen Weltanschauungen über fossile Brennstoffe und globale Energie-Geopolitik könnte nicht stärker sein. Und nirgendwo sind die Kosten so extravagant wie in den Versprechungen, die in Bezug auf den Grünen New Deal gemacht wurden. Die negativen Auswirkungen auf die inneren Angelegenheiten der USA werden so tiefgreifend sein wie auf der globalen Bühne. Die politische Diskontinuität, die im Öl- und Gassektor unter einer Biden-Administration erwartet wird, ist etwa so radikal, wie man sich das in den USA und auf der Weltbühne vorstellen kann.

Der Biden-Plan für eine „100% saubere Energiewirtschaft, die bis spätestens 2050 Netto-Null-Emissionen erreicht“ wird von seiner Regierung verlangen, „eine Reihe neuer Exekutivverordnungen mit beispielloser Reichweite zu unterzeichnen, die weit über die Plattform der Obama-Biden-Regierung hinausgehen und uns auf den richtigen Weg bringen“. Der auf vier Jahre angelegte, 1,7 Billionen Dollar schwere Biden-Plan – der einen noch aggressiveren Aktionsplan der Demokraten des Repräsentantenhauses zur „Klimakrise“ widerspiegelt – beinhaltet das Verbot des Fracking in Bundesländern und -gewässern, die Verweigerung von Bundesgenehmigungen für neue Infrastrukturprojekte bzgl. fossiler Brennstoffe und die Gewährleistung von 100% sauberer erneuerbarer Energien bis 2035 bei der Stromerzeugung, in Gebäuden und im Verkehrswesen.

Joe Biden eierte während des Wahlkampfprozesses über sein vorgeschlagenes Fracking-Verbot herum, je nachdem, ob sich sein Publikum in einem Öl und Gas produzierenden Staat wie Pennsylvania oder im umweltbesessenen Kalifornien befand. Aber als Präsident, „wo die Verantwortung aufhört“, wird Biden beispielsweise mit der Situation in New Mexico umgehen müssen, wo die demokratische Abgeordnete Xochitl Torres Small wiederholt versucht hat, den Wählern ihre Unterstützung für die Öl- und Gasindustrie als wichtigste Stütze des Bundesstaates zu versichern.

Wird ein von den Demokraten regiertes New Mexico – das in hohem Maße von der Öl- und Gasförderung auf bundeseigenem Land abhängig ist – irgendwie von dem Fracking-Verbot einer Biden-Regierung „ausgenommen“ sein? Oder werden die Öl- und Gasarbeiter in diesem Bundesstaat zu Opferlämmern für die Sache des globalen Klimas? Eine Analyse der oil and gas association des Bundesstaates geht davon aus, dass New Mexico zu den Staaten gehören wird, die von einer Biden-Präsidentschaft potenziell am härtesten getroffen werden, da es bis 2022 über 62.000 Arbeitsplätze verlieren wird.

In Anlehnung an das vorangegangene Buch von Obama-Biden würde eine politisierte Umweltschutzbehörde unter Biden Öl- und Gaspipelines und andere fossile Brennstoff-Infrastrukturen blockieren, indem sie Aktivisten in die Lage versetzt, endlose Gerichtsverfahren wie im Fall der Dakota Access Pipeline einzuleiten. Eine Biden-Administration würde wahrscheinlich auch die „sue and settle“-Praktiken der Obama-Umweltschutzvereinbarung wieder aufleben lassen – Vereinbarungen, durch die radikale Umweltgruppen Klagen gegen Bundesbehörden einreichen, so dass gerichtlich angeordnete „Zustimmungsverfügungen“ auf der Grundlage einer im Voraus vereinbarten Vergleichsvereinbarung erlassen werden, die von gleichgesinnten Klimaanwälten gemeinsam im Voraus hinter verschlossenen Türen ausgearbeitet wurde.

Wiedereintritt in das Paris-Abkommen

Auf internationaler Ebene hat sich Biden verpflichtet, dem Pariser Abkommen sofort wieder beizutreten, falls er zum Präsidenten gewählt wird. Mit einem Schlag wird eine Biden-Harris-Regierung wichtige globale Energieakteure begünstigen, die durch Präsident Trumps „Energiedominanz“ und „America First“-Agenda auf eine harte Probe gestellt wurden. Eine Biden-Präsidentschaft, die die Rolle der USA als weltweit führender Öl- und Gasproduzent aufgeben würde, würde zweifellos von Russland und den Öl- und Gasexporteuren der OPEC begrüßt werden, haben diese doch mit niedrigen Energiepreisen zu kämpfen. Für Öl- und Gasunternehmen wie die russische Gazprom und Rosneft oder die saudi-arabische Aramco wäre die Aussicht auf eine von der US-Regierung herbeigeführte Degradierung der produktiven Öl- und Gasförderung aus Schiefergestein im eigenen Land im Rahmen einer Klimaschutzverpflichtung wie Musik in den Ohren.

Eine Biden-Harris-Regierung, welche die US-amerikanischen Öl- und Gasförderung einschränkt und auf die Prioritäten erneuerbare Energien und Klimawandel setzt, würde mit einem Schlag dafür sorgen, dass Russland, Saudi-Arabien und andere OPEC-Öl- und Gasproduzenten die lang gesuchten und gemeinsamen Ziele erreichen. Sie würde Ergebnisse erzielen, an denen die saudische Politik seit 2014 konsequent gescheitert ist, indem sie sich auf einen umfassenden Preiskampf gegen einen widerstandsfähigen und wiederauflebenden Öl- und Gassektor der USA eingelassen hat.

Der Nahe Osten: Vorsicht vor einer Biden-Präsidentschaft

Aber Biden ist kein ungetrübter Segen für den Nahen Osten. Während sie Russland, Saudi-Arabien und den Rest der OPEC+-Gruppe unterstützt, indem sie die Öl- und Gasförderung der USA behindert, wird eine Biden-Administration auch eine Lockerung der „Maximaldruck“-Sanktionen von Präsident Trump gegen den Iran in Erwägung ziehen. Bidens Loyalität gegenüber Präsident Obamas Vermächtnisprojekt zur Rehabilitierung des Iran ist allgemein bekannt, und er hat erklärt, dass er zum Nuklearabkommen von 2015 zurückkehren werde, wenn Teheran „die Einhaltung der Vorschriften wiederherstellt“. Eine mögliche Wiederaufnahme der iranischen Exporte von mehr als 2,5 Millionen Barrel pro Tag (dem Höchststand der Exporte im Jahr 2018 vor der Verhängung der Ölsanktionen von Präsident Trump) würde es der OPEC+-Gruppe unmöglich machen, Angebot und Nachfrage auszugleichen. Die Kürzungsvereinbarung der OPEC+ von 9,7 Millionen b/d droht in diesem Falle zusammen mit den Ölpreisen von ihrem bereits niedrigen Niveau unter 40 $/Barrel zusammenzubrechen.

Einem Newswire-Bericht zufolge sind wichtige Mitglieder der OPEC „skeptisch, dass Spannungen in der OPEC+-Allianz mit Joe Biden als US-Präsident wieder auftauchen könnten“ und „würden Präsident Donald Trump vermissen, der von der Kritik an der Gruppe zu einer rekordverdächtigen Kürzung der Ölfördermenge beigetragen hat“. Während Präsident Trump ein Abkommen zwischen Russland und Saudi-Arabien vermittelte, das zu einer Rekord-Kürzung der Ölförderung durch die OPEC+-Gruppe führte, würde ein zukünftiger Präsident Biden wahrscheinlich die Beziehungen der USA zu Saudi-Arabien (von Biden als „Paria“-Staat bezeichnet) und Russland (das er als die ernsthafteste Sicherheitsbedrohung für die US-Interessen betrachtet) neu bewerten.

Der Anstieg der amerikanischen Öl- und Gasexporte, der sich im letzten Jahrzehnt beschleunigte, ermöglichte es Präsident Trump, eine Agenda der „Energiedominanz“ zu verfolgen, die die USA weniger anfällig für politische und soziale Umwälzungen im Nahen Osten machte. Er vergrößerte seinen außenpolitischen Einfluss bei der Erreichung strategischer Ziele und gab seiner Regierung größeren Spielraum, um Verbündete zu unterstützen und Rivalen zu sanktionieren. Sie erleichterte es Präsident Trump, Exportsanktionen gegen Öl produzierende Gegner wie Venezuela und den Iran zu verhängen, ohne einen daraus resultierenden Anstieg der weltweiten Ölpreise befürchten zu müssen.

Eine Biden-Präsidentschaft, die sich der radikalen Dekarbonisierungsagenda verpflichtet fühlt, würde diese Errungenschaften untergraben und die USA und den Rest der Welt damit weitaus anfälliger für die Wechselfälle volatiler Energiemärkte und politischer Instabilität im Nahen Osten machen. Unabhängig davon, ob der Energieschock von der Dämmerung der USA als weltweit führender Öl- und Gasproduzent ausgeht (was zu hohen Öl- und Gaspreisen führt) oder vom Zusammenbruch des OPEC+-Produktionskürzungs-Abkommens, das durch das Wiederaufleben uneingeschränkter iranischer Exporte ausgelöst wurde (was zu sehr niedrigen Öl- und Gaspreisen führt) – eine Biden-Präsidentschaft birgt einige gefährliche Szenarien in globalen Energiefragen.

Link: https://wattsupwiththat.com/2020/11/12/the-coming-energy-shocks-under-a-biden-administration/

Übersetzt von Chris Frey EIKE

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