“Correctiv” und seine Pappkameraden

 (siehe hier und hier). Volker Lilienthal schrieb damals in der Zeitschrift Medien und Kommunikationswissenschaften, dass sich die Brost-Stiftung als Initialförderin von Correctiv teilweise zurückziehen wolle. Wörtlich (siehe hier, S. 677):

Als Begründung für ihren partiellen Rückzug und als Beleg für die kritische Bewertung in der Öffentlichkeit verweist die Stiftung auf den Blog Tichys Einblick. Correctiv, so der Autor Ansgar Neuhof, sei eine Form fremdfinanzierten Kampagnen-Journalismus…

Nun kam die Retourkutsche durch einen angeblichen Faktencheck zu meinem am 14.09.2020 erstmals bei Achgut.com erschienenen Artikel über die Zählweise des RKI bei den Covid-19-Infektionen und -Todesfällen.

Der Correctiv-Beitrag ist einerseits ein Lehrbeispiel für Aktivismus, der im Gewande des Journalismus daher kommt, aber keiner ist. Er gibt andererseits Anlass, am Ende die Rechtslage nochmals darzustellen. Und zwar ­– das versteht sich von selbst – meine Sicht der Rechtslage und nicht die der Bundesregierung oder irgendeines anderen. Ich bin niemandes Claqueur und werde im Gegensatz zu so manchem „Faktenchecker“ weder aus öffentlichen Geldern mitfinanziert noch von fragwürdigen Milliardärs-Stiftungen unterstützt.

Wie Correctiv zu diskreditieren versucht 

Die Correctiv GmbH verschweigt, dass der Beitrag überhaupt auf Achgut.com veröffentlicht worden ist und dies dort auch zuerst, nämlich am 14.09.2020. Stattdessen verweist sie auf andere impressumslose Internetseiten ohne Reputation – in voller Kenntnis, dass diese Seiten den Artikel Tage später ohne jedes Zutun meinerseits oder von Achgut.com ebenfalls, aber rechtswidrig, online gestellt haben. Das entspricht dem Stil des Hauses Correctiv. Ein Beispiel dafür: Geschäftsführer David Schraven hatte nach den amerikanischen Präsidentschaftswahlen 2016 lauthals den Wahlsieg Hillary Clintons verkündet und Donald Trump als miesen Wahlverlierer bezeichnet (hier).

Wie Correctiv einen Meinungscheck als Faktencheck verkauft 

Aussage Correctiv:

In den Artikeln wird behauptet, der PCR-Test weise nicht nach, ob ein Virus „vermehrungsfähig“ sei, deshalb weise er keine Infektion im Sinne des Infektionsschutzgesetzes nach. Ersteres ist richtig, letztere Schlussfolgerung ist falsch. 

Antwort:

Correctiv bestätigt, dass ein PCR-Test nicht nachweist, ob ein Virus vermehrungsfähig sei. Das ist der Fakt, auf dem meine Schlußfolgerung aufbaut, und der ist richtig. Den Faktencheck habe ich also offenkundig bestanden.

Die Schlussfolgerung daraus hält Correctiv für falsch. Eine Schlussfolgerung ist aber kein Fakt und damit nicht im Sinne von richtig oder falsch einem Wahrheitsbeweis zugänglich und nicht widerlegbar. Sie ist das Ergebnis von Gesetzesauslegung (das tägliche Geschäft von Juristen) und eine juristische Ansicht. Juristische Ansichten werden üblicherweise nicht als richtig oder falsch, sondern als (mehr oder weniger gut) vertretbar bezeichnet. Bezeichnenderweise vermag Correctiv keine juristische Quelle (Gerichtsurteil, Verwaltungsanweisung, juristischer Kommentar) zu nennen, die meiner Schlussfolgerung entgegensteht oder sie als nicht gut vertretbar erscheinen ließe.

Dass Correctiv eine juristische Ansicht, also eine Meinung, zu widerlegen versucht, obgleich Meinungen einem Wahrheitsbeweis nicht zugänglich sind, macht deutlich: Correctiv geht es nicht um seriösen Journalismus, sondern um Meinungsmache. Das an sich ist zwar nicht verboten, darf aber nicht unter dem Deckmantel einer Faktenprüfung erfolgen.

Wie Correctiv manipuliert 

Aussage Correctiv:

Wir haben einen Virologen, einen Anwalt und eine Juniorprofessorin für Öffentliches Recht zu den Behauptungen befragt. Sie sehen keine Belege für die Argumentation, dass die Corona-Maßnahmen insgesamt unzulässig sein sollen.

Antwort:

In meinem Artikel ist an keiner Stelle die Rede davon, dass die Corona-Maßnahmen insgesamt unzulässig seien. Meine Argumentation bezog sich allein auf die Frage, ob Maßnahmen zulässig sind, die darauf basieren, dass eine bestimmte Grenze von Neuinfektionen (z.B. 50 Neuinfektionen auf 100.000 Einwohner in einem Landkreis) überschritten ist – wenn Grundlage die Zählung positiver PCR-Tests ist. Correctiv versucht also in einem „Faktencheck“ zu meinem Artikel, eine Behauptung zu widerlegen, die nicht die meine ist. Das ist manipulativ.

Wie Correctiv noch mehr manipuliert 

Da mein Beitrag selbst nach den „Kriterien“ der Correctiv GmbH so falsch gar nicht ist, manipuliert Correctiv die eigene Bewertung. Dies geschieht dadurch, dass die Aussage einer anderen Person mit in die „Prüfung“ einbezogen wird, die ich nicht getätigt habe, nämlich dass der PCR-Test die einzige Grundlage für die Pandemie und die Corona-Maßnahmen sei. Das zu behaupten, wäre in der Tat falsch. Aber so kann Correctiv dann auch meinen Artikel in unseriöser Weise herabwerten.

Wie Correctiv das Gesetz als irrelevant betrachtet

Aussage Correctiv:

Correctiv beruft sich auf eine Aussage eines Virologen namens Friedemann Weber: „Wenn die PCR anschlägt, dann hat sich der Erreger vermehrt. Ob er das im Moment der Probenentnahme noch tut, ist irrelevant. Ein Test auf echte Infektiosität ist viel zu aufwändig und nicht sehr sensitiv und für Massentestungen auch nicht notwendig.

Antwort:

Für einen Virologen mag es irrelevant sein, ob sich ein Erreger im Zeitpunkt der Probenentnahme vermehrt. Gemäß dem Infektionsschutzgesetz ist das sehr wohl relevant, weil nur ein vermehrungsfähiger Erreger ein Krankheitserreger ist.

Entgegen der Ansicht des Virologen bedeutet der Umstand, dass ein Erreger sich vermehrt hat, nicht zugleich, dass die Person auch infiziert ist. Dazu mehr bei den Hinweisen zur Gesetzeslage (unter Punkt 4)

Im Grunde bestätigt der Virologe Weber sogar meine Bedenken: Positive Tests werden deshalb anstelle wirklicher Neuinfektionen gezählt, weil Tests auf echte Infektiosität viel zu aufwändig sind. Das mag ja so sein, darf aber nicht dazu führen, dass man deshalb behauptet, positive PCR-Tests seien gleich (Neu)infektionen. Es wäre Aufgabe des RKI und der Gesundheitsbehörden gewesen, dieses Dilemma zu beenden. Zum Beispiel mittels entsprechender stichprobenartiger, repräsentativer Nachuntersuchungen bei positiven Tests, um den Anteil der tatsächlichen (aktuellen) Infektionen zu ermitteln. Solche Untersuchungen gibt es aber bisher – soweit ersichtlich – gar nicht oder fast gar nicht.

Wie Correctiv nichts beweist, sondern sich selbst zitiert 

Aussage Correctiv:

„CORRECTIV hat bereits darüber berichtet, dass ein PCR-Testergebnis der Nachweis einer Infektion ist… Es kann sein, dass jemand erst später infektiös wird, oder das Virus zum Zeitpunkt des Tests bereits nicht mehr vermehrungsfähig ist.

Antwort:

Die Correctiv GmbH zitiert zum „Beweis“ ihrer Behauptung sich selbst. Auf die absurde Idee muss man erst mal kommen.

Im Grunde bestätigt Correctiv hiermit aber meine Ansicht. Es kann sein, dass jemand trotz positiven Virusnachweises noch nicht infiziert ist (und das auch niemals sein wird) oder er nicht mehr infiziert ist. Dann weist der positive PCR-Test aber keine Infektion nach, sondern eine mögliche spätere oder eine bereits beendete. In beiden Fällen kann man nicht von einem aktuell Infizierten bzw. von einer akuten Infektion sprechen.

Selbstverständlich kann das RKI auch beendete Infektionen zählen, das kann wissenschaftlich sogar geboten sein. Aber wenn man über massive Grundrechtseinschränkungen, Lockdowns, Quarantäne und dergleichen zu entscheiden hat, muss man die sehr eingeschränkte Aussagekraft der PCR-Tests angemessen berücksichtigen. Politik und Medien drücken sich jedoch davor, indem sie positiv Getestete ausnahmslos als Infizierte betrachten.

Wie Correctiv mit einem Schreiben die Wirksamkeit von Tests „beweisen“ will

Aussage Correctiv:

Virologe bestätigt, dass PCR-Tests Infektionen mit SARS-CoV-2 zuverlässig nachweisen. …

Er schrieb uns am 29. September, dass ein solcher Test das Erbgut des Erregers zum Zeitpunkt der Probenentnahme nachweise. „Dies wiederum kann sehr wohl als Nachweis der erfolgten Infektion gelten. Wo soll [das Virus] auch sonst herkommen?““

Antwort:

Das Schreiben eines Virologen als Bestätigung für die Zuverlässigkeit von Tests? Ernsthaft?

Und die Frage des Virologen, „wo das Virus auch sonst herkommen soll“ zielt an dem Problem vorbei. Relevant ist nicht, wo das Virus herkommt, sondern ob es (noch) vorhanden ist – und zwar als vermehrungsfähig. Denn ein Virus ist nur dann ein Krankheitserreger, wenn es vermehrungsfähig ist.

Wie Correctiv die Frage, was das RKI alles zu zählen hat, mit der Frage verwechselt, wie die Zahl der Neuinfektionen zu ermitteln ist

Aussage Correctiv:

Welche Krankheiten bei Krankheitsverdacht, Erkrankung oder Tod und welche Nachweise von Krankheitserregern meldepflichtig sind, regelt das IfSG. Klafki erklärte uns, wie das IfSG in Paragraf 6 und 7 die Meldepflichten bestimme: Es reiche „hier der direkte oder indirekte Nachweis von Krankheitserregern. Es bedarf keines Nachweises einer akuten Erkrankung“. Laut Paragraf 6 gelte das Infektionsschutzgesetz auch für neuartige, bedrohliche übertragbare Krankheiten, für die es noch gar keine Testverfahren gibt. Die Zählweise des RKI sei folglich nicht falsch, so Klafki.

Antwort:

Die Erläuterungen der Juristin Klafki zu den Meldepflichten entsprechen dem, was in meinem Artikel steht. Sie gehen jedoch ins Leere. Denn das Falsche an der Zählweise des RKi ist ja nicht, dass es die positiven Tests zählt, sondern dass es die Gesamtmenge aller positiven Tests als Neuinfektionen ausgibt. Correctiv hat das wohl auch selbst erkannt. Denn …

Wie Correctiv Intransparenz beim RKI in Transparenz umdeutet

Aussage Correctiv:

Das RKI macht zudem transparent, dass es sich bei den Fallzahlen nicht nur um Erkrankungen handelt. Auf der Webseite schreibt die Behörde, dass in den Fallzahlen, die den Gesundheitsämtern gemeldet werden, „Covid-19-Verdachtsfälle und -Erkrankungen sowie Nachweise von SARS-CoV-2“ gemäß Infektionsschutzgesetz zusammengefasst werden.

Antwort:

Es ist richtig, daß das RKI dies schreibt. Ist in meinem Artikel sogar zitiert. Es ist aber das Gegenteil von Transparenz, wenn Kranke, Infizierte und bloß positiv Getestete in einem nicht unterscheidbaren Mix zusammengerührt werden. Wenn es mangels geeigneter Daten praktisch nicht möglich sein sollte, die jeweiligen Anteile dazustellen, dann nicht alarmistisch von Neuinfektionen und Todesfällen im Zusammenhang mit Covid-19-Erkrankungen sprechen, sondern ehrlich von positiven PCR-Tests und Todesfällen im Zusammenhang mit positiven Tests.

Ergebnis

Man könnte noch weitere Aussagen aus dem Beitrag der Correctiv GmbH herausgreifen. Aber das würde den Rahmen sprengen.

Bezeichnenderweise kritisiert Correctiv übrigens nicht den Vorwurf, die Todesfallzahlen im Zusammenhang mit einer SARS-CoV-2-Erkrankung seien falsch dargestellt. Selbst nach Correctiv-Maßstäben müsste das eine Falschzählung des RKI sein. Denn man mag ja vielleicht noch sagen können, dass bei einem positiv Getesteten eine Infektion zumindest erfolgt war. Aber dass ein Verstorbener mit positivem Test stets eine SARS-CoV-2-Erkrankung hatte, das traut sich dann nicht einmal Correctiv zu behaupten. Das RKI hingegen schon.

Die Correctiv GmbH bestätigt den meinem Artikel zugrundeliegenden Fakt über das Wesen der PCR-Tests, hält aber meine juristischen Schlussfolgerungen für unzutreffend. Eine Meinung zu bewerten und das als Faktencheck zu betiteln, ist Täuschung des Lesers.

So hat sich die Correctiv GmbH erneut ähnlicher Methoden bedient, die sie auch schon im Rahmen anderer sogenannter Faktenchecks angewendet hat: Die Correctiv GmbH versucht, den Autor zu diskreditieren. Sie macht einen Meinungscheck, keinen Faktencheck. Sie bringt keine Beweise, sondern nur Zitat-Meinungen Dritter. Sie setzt sich mit Aussagen auseinander, die nicht vom Autor gemacht worden sind.

Zum Abschluss noch einmal die Darstellung der Gesetzeslage

1. Das Infektionsschutzgesetz (IfSG) definiert in § 2 den Krankheitserreger als vermehrungsfähiges Agens (Virus, Bakterium) und die Infektion als Aufnahme eines Krankheitserregers und nachfolgende Vermehrung/Entwicklung. Zugespitzt gesagt: Eine Infektion ohne Vermehrung ist keine Infektion.

2. PCR-Tests weisen das Erbgut eines Erregers nach, nicht aber die Vermehrungsfähigkeit eines gefundenen Erregers. Darüber besteht Einigkeit.

Wenn ein Test ein gesetzlich vorgegebenes Kriterium (Vermehrungsfähigkeit) nicht belegen kann, ist er allein für sich insofern nicht als Nachweis geeignet. Im Öffentlichen Gesundheitsportal Österreichs ist dies für die Masern-PCR auch ausdrücklich festgestellt (siehe hier): „Ein positives Ergebnis der Masern-Virus-PCR bedeutet in Kombination mit gegebenenfalls bestehenden typischen Symptomen einen Beweis für das Vorliegen einer Masern-Virus-Infektion.“ Der PCR-Test bedarf also der Ergänzung durch weitere Untersuchungen/Tests, um als Nachweis zu gelten. Da kommen zum Beispiel individuelle Nachuntersuchungen der Getesteten auf Symptome in Betracht oder stichprobenartige, repräsentative Zellkultur-Untersuchungen. Solche Untersuchungen gibt es aber bisher – soweit ersichtlich – nicht oder fast gar nicht. Es ist ein großes Behördenversäumnis, solche Untersuchungen nicht veranlasst zu haben.

Anmerkung: Eine kanadische Studie aus dem Mai 2020 kam auf einen Anteil von 28,9 Prozent der aktuellen Infektionen an den positiv Getesteten. Sicher nicht repräsentativ, aber ein Anfang, der zeigt, dass PCR-Tests nur eingeschränkt aussagekräftig sind, was die Zahl der aktuellen Infektionen betrifft.

3. Das RKI zählt und verkündet in seinen Lageberichten täglich Neuinfektionen. Dies steht nicht im Einklang mit der gesetzlichen Systematik. Das IfSG sieht in § 6 Meldepflichten vor für Krankheiten (einschließlich Krankheitsverdachtsfälle und Todesfälle) sowie in § 7 für die Nachweise von Krankheitserregern (dazu zählen auch PCR-Tests). Die Kategorie „Infektionen“ sieht das Gesetz bei den Meldepflichten nur in Ausnahmefällen vor. Bei bestimmten Erregern sind nicht alle positiven Tests zu melden, sondern nur solche bei Vorliegen einer Infektion. Infektionen sind also eine Teilmenge der positiven Tests. SARS-CoV-2 gehört nicht zu den Ausnahmen.

Das RKI wählt also eine Kategorie (Infektionen, Infizierte), die nicht der gesetzlich vorgesehenen Kategorie „positive Testergebnisse“ entspricht, und erfasst die Gesamtmenge der positiven Tests unter der Teilmenge der Infektionen. Warum nicht ehrlich als positive Tests?

Nur zur Klarstellung: Die Zahlen wären bei Verwendung der gesetzlichen Begrifflichkeit dieselben. Nur statt Neu-Infizierte/Neu-Infektionen hieße es positive Getestete/positive Tests. Der Unterschied ist dennoch sehr bedeutsam. Mit der Verwendung der gesetzlichen Begrifflichkeit würde deutlich, dass positiv Getestete nicht automatisch Infizierte sind. Und Maßnahmen, die auf eine bestimmte Zahl von Infektionen und dem Anstieg von Infektionszahlen gründen, müssten dann anders begründet werden. Es käme dann auch auf solche Kriterien an, wie sie der Leiter der Abteilung Epidemiologie des Helmholtz-Zentrums kürzlich zu berücksichtigen gefordert hat (siehe hier): Zahl der tatsächlich Erkrankten, Schweregrad der Erkrankungen, freie Krankenhausbetten, Bedarf an intensivmedizinischer Betreuung, Altersverteilung der Erkrankten usw.

4. a) PCR-Tests können auch dann noch positiv sein, wenn eine Infektion beendet ist, aber noch Virusmaterial vorhanden ist, das jedoch nicht mehr vermehrungsfähig ist. Ein positiv Getesteter, dessen Infektion beendet ist, ist nicht mehr infiziert. Selbstverständlich kann man ihn zählen, aber nicht als (neuen, aktuell) Infizierten.

b) PCR-Tests beruhen bekanntlich auf einem Abstrich der Schleimhäute. Laut der juristischen Kommentarliteratur zum IfSG ist die bloße Anhaftung oder Besiedelung der Schleimhäute ohne Verletzung der körperlichen Integrität nicht ausreichend für die Bejahung einer Infektion (Kiessling, § 2 IfSG, Rz. 6). Auch die Medizin unterscheidet zwischen Anhaftung, Besiedelung und Infektion. Hier gibt es das Modell der Schleimhautbarriere. Erst wenn das Virus diese durchbrochen hat, liegt eine Infektion vor (siehe hier oder hier). Ob es dazu jemals kommt, ist keineswegs selbstverständlich. Denn die intakte Schleimhaut verhindert normalerweise das Eindringen von Erregern und ist gegen Infektionen resistent (siehe hier).

Nun gehört das SARS-CoV-2 sicher nicht auf die Schleimhaut, wie Sandra Ciesek, Leiterin der Virologie der Universität Frankfurt, zu recht betont. Sie bestätigt aber zugleich den eingeschränkten Aussagewert der PCR-Tests (siehe hier): „…, ob es nur Fragmente sind oder ein vollständiges Virus, was infektiös ist, das können wir damit nicht sehen, aber es gehört da [auf die Schleimhaut] nicht hin “. Nur weil ein Erreger irgendwo nicht hingehört, liegt aber noch nicht eine bestätigte Infektion im Sinne der Gesetzesdefinition vor. Der PCR-Test ist insoweit kein Infektionsnachweis, sondern ein Erregernachweis.

5. Wer aus Gründen der Vorsicht und der Statistik auch nur potenziell Infizierte (also Personen, die bisher nicht infiziert sind oder dies nicht mehr sind) erfassen und zählen will, ist dazu selbstverständlich berechtigt. Aber nicht unter der Überschrift Neuinfektionen oder bestätigte Infektionen. Und er muss alles, aber auch alles daran setzen, die tatsächlich Infizierten und Nicht-Infizierten voneinander abzugrenzen, sowohl auf individueller Ebene als auch bei der Statistik. Es ist ein unentschuldbares Versäumnis der Behörden, dies bisher nicht getan zu haben. Denn positiv Getestete werden derzeit in unzulässiger Weise als Infizierte stigmatisiert, auch wenn sie zum Beispiel wegen beendeter Infektion niemanden gefährden, und die Statistiken weisen alarmistisch überhöhte Infektionszahlen aus.

6. Das RKI zählt Todesfälle mit positivem PCR-Test als Todesfälle im Zusammenhang mit einer Covid-19-Erkrankung. Das ist selbst dann nicht zulässig, wenn man meint, PCR-Tests würden Infektionen nachweisen. Denn positive Tests weisen jedenfalls keine Erkrankung nach.

7. Es wäre Zeit, sich ehrlich zu machen und einzuräumen, dass positive PCR-Tests nur eine eingeschränkte Aussagekraft haben. Sie ist durch die sogenannten falsch-positiven Tests noch zusätzlich gemindert. Diese Unsicherheit wäre bei der Entscheidung über Grundrechtseinschränkungen angemessen zu berücksichtigen. Das würde dann sicherlich auch den Druck erhöhen, die Aussagekraft der Tests durch Nachuntersuchungen und dergleichen zu klären. Egal, ob man die Lage als gut oder schlecht bewertet: Sie ist jedenfalls deutlich besser, als es der alleinige Blick auf die Infektionszahlen suggeriert. RKI und Behörden spielen ein falsches Spiel, wenn sie den Bürgern alle positiven Testergebnisse als (Neu-)Infektionen und alle Todesfälle mit positiven PCR-Tests als Todesfälle im Zusammenhang mit einer Covid-19-Erkrankung „verkaufen“. Sie schüren damit Alarmismus, Hysterie und Angst.

Der Beitrag erschien zuerst bei ACHGUT hier