Carbonfasern gelten als Werkstoff der Zukunft. Die Fasern werden mit speziellen Kunststoffen in eine Form eingebettet und dann durch Erwärmen ausgehärtet. Es entsteht ein „Supermaterial“: strapazierfähig, hochfest und dabei leichter als Stahl.
Es handelt sich bei Carbonfasern um Kohlenstofffasern, auch kurz Kohlefasern oder CFK genannt. Es handelt sich dabei um industriell gefertigte, hochfeste, (quasi endlos) lange Fasern aus kohlenstoffhaltigen Ausgangsmaterialien, die durch an den Rohstoff angepasste chemische Reaktionen in graphitartigangeordneten Kohlenstoff umgewandelt werden. Eine zweite Form von eingesetztem Kohlenstoff sind mikroskopisch dünne Röhrchen, sogenannte Nanotubes, die wegen ihrer besonders hohen Festigkeit ebenfalls zur Verstärkung in Kunststoffen verwendet werden.
Bei Bränden, mit Erreichen von Temperaturen über 650° C, verbrennen die Carbonfasern nicht vollständig, sondern sie zerlegen sich und erreichen dabei u. a. auch eine kritisch gefährliche Größe, die beim Einatmen in die Lungengefäße eindringen kann. Da auch eine Aufnahme über die Haut nicht ausgeschlossen werden kann, wird auf eine besondere Gefahrenlage und auf besonderen Vorsichtsmaßnahmen hingewiesen. In Verbindung mit der Freisetzung von diesen Carbonfasern, incl. Nanotubes wird als Schutzmaßnahme für die Feuerwehr- und Rettungseinsatzkräfte die gleiche Schutzausrüstung wie bei Unfällen mit radioaktiven Stoffen angeordnet. Somit müssen spezielle ABC-Züge der Feuerwehr und gegen chemische, biologische, radiologische, nukleare und explosive Gefahren geschützte CBRN(E)-Trupps, zum Einsatz kommen [1]. Es ist also kein Wunder, dass Carbonfasern umgangssprachlich auch „Fiese Fasern“ genannt werden.
Die Weltgesundheitsorganisation stuft die Fasern als krebsverdächtig ein. Im Gefahrstoffrecht sind sie der Kategorie 3, krebserregend zugeordnet [2]. Bereits 2012 warnte der BUND in einer Veröffentlichung vor den Gefahren, die im Brandfall von Nanotubes ausgehen [3]. 2014 griff das Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistung der Bundeswehr das Thema auf und warnte vor lungengängigen Carbonfaser-Bruchstücken nach Bränden [4]. Ebenfalls im Jahr 2014 griff die Deutsche Feuerwehrzeitung dieses Thema auf. Nach einem Brandversuch mit Carbonfasern konnten 90.000 Fasern je Kubikmeter Luft ermittelt werden. Jede dieser Fasern birgt das Risiko, eine erste Krebszelle zu verursachen [5].
Große Teile von Flugzeugen werden aus dem neuen Material gebaut. Auch Automobile sind mit Karosserien oder Bauteilen aus Carbonfasern (CFK) auf dem Markt. Wenn es hier zu einem Brand kommt, lässt sich die Gefahr der Faserfreisetzung örtlich lokalisiert relativ einfach mit Schaum oder anderen Bindemitteln bekämpfen. Die CFK-Fasern stecken aber auch in immer mehr Windrädern.
Genau hier schlummert eine verkannte Gefahr, da Windkraftanlagen im Brandfall wegen ihrer großen Höhe nicht löschbar sind und es so zu einer nicht beherrschbaren Emission an „Fiesen Fasern“ aus großer Höhe über einen längeren Zeitraum kommen kann. Dabei ist es nicht möglich, die Emission örtlich zu begrenzen, vielmehr bestimmt die Wetterlage die Art und Weite der Ausbreitung. Diese Tatsache bleibt bei allen bisherigen Abstandsdiskussionen hinsichtlich angrenzender Wohnbebauung oder Sperrradius der Feuerwehr unberücksichtigt! Unstrittig dürfte sein, dass der im Normalfall angelegte Sperrradius der Feuerwehr von 500 Metern um die brennende Windkraftanlage nicht ausreichend ist. Unstrittig dürfte auch sein, dass die bisherigen Mindestabstände von Wohnanlagen zu Windkraftanlagen diese Gefahr in keiner Bauvorschrift berücksichtigen.
Hierzu sagt Prof. Dr. Sebastian Eibl vom Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistung der Bundeswehr: „Wenn die Fasern Dimensionen dünner als drei Mikrometer erreichen und gleichzeitig eine Mindestlänge von fünf Mikrometern aufweisen, dann sind sie nach der Definition der Weltgesundheitsorganisation als krebsverdächtig eingestuft.“ Nach einem Brand verändert sich die Struktur, die Fasern werden winzig. Atmet man sie ein, können sie in die Lungengefäße eindringen und dort verbleiben. Als Reaktion können dort spezielle Tumore, ähnlich wie bei einer Asbestvergiftung, entstehen. Auch eine Aufnahme über die Haut ist möglich. Wichtig ist, dass der Körper keine Möglichkeit hat, diese Fasern auszuscheiden. Das ist der eigentliche Grund für die Gefährlichkeit der „Fiesen Fasern“[6].
Nach Auskunft des Bundeswehr-Luftwaffenkommandos wurden in Mecklenburg-Vorpommern nach dem Absturz eines Eurofighters 1.295 Tonnen ‚organoleptisch‘ belasteter, also kontaminierter Boden der fachgerechten Entsorgung zugeführt. Darüber hinaus wurden an der Absturzstelle eines Hubschraubers in Aerzen insgesamt 372 Tonnen Erde ausgehoben, in beiden Fällen wurde die Ernte auf den umliegenden Feldern vernichtet. Der Bodenaushub wurde durch einen Entsorgungsfachbetrieb abgefahren und direkt dort der Behandlung zugeführt.
Im Falle eines Brandes an einer WKA mit Carbon-Materialien werden die anfallenden Mengen an Bodenaushub um ein Vielfaches höher ausfallen, je nach kontaminierter Fläche.
Bisher konnten folgende Brände an Windkraftanlagen, bei denen eine Emission durch Fiese Fasern nicht ausgeschlossen werden kann, in Windindustriegebieten dokumentiert werden:

· am 30.03.2012 in Groß Eilsdorf, Niedersachsen;

· am 27.03.2013 in Groß-Bisdorf, Mecklenburg Vorpommern;

· am 26.06.2018 in Wrohms-Osterrade, Schleswig Holstein.

In allen drei Fällen waren Windturbinen des Typs Vestas V 112 mit 3,0 Megawatt Nennleistung betroffen. Laut Mitteilung des TÜV-Verband (VdTÜV) [7] kommt es zu rund 50 gravierenden Schäden an Windenergieanlagen pro Jahr. D.h. 3,3 % aller rund 30.000 WEA in der BRD erreichen nicht ihre Soll-Lebensdauer von 20 Jahren. Ein Großteil der Schäden ist auf Brände zurückzuführen [8].
Obwohl diese Problematik bereits seit Jahren bekannt ist, wird sie in den Genehmigungsverfahren bis heute ignoriert, und dies trotz der bekannten Warnungen. Wir stellen daher die Frage, welche Auswirkungen die ignorierten Gefahren auf die Typengenehmigung der Windkraftanlagen und die einzelnen Genehmigungsprozesse haben. Sind Abstände kleiner als das Zehnfache der Anlagenhöhe aus Aspekten des Brandschutzes überhaupt verantwortbar?
Zuletzt hat das Umweltbundesamt das Thema in Zusammenhang mit der völlig ungeklärten Entsorgungsfrage dieses Materials aufgegriffen. Inwieweit die Verwendung dieses Materials in Windkraftanlagen mit dem Bundesimmissionsschutzgesetz, welches explizit den Entsorgungsweg mit einschließt, überhaupt vereinbar ist, ist nach wie vor offen. Laut §1 Abs. 2 des Gesetzes dient es auch der „Vermeidung schädlicher Umwelteinwirkungen durch Emission in Luft, Wasser und Boden unter Einbeziehung der Abfallwirtschaft“. Ein geschlossener Stoffkreislauf wäre bei diesem Material zwingend vorzuschreiben, ist jedenfalls heute aber nicht gegeben. Dadurch sollte ein Einsatz von CFK in Windkraftanlagen unzulässig sein, denn das Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) fordert, „den Schutz von Mensch und Umwelt bei der Erzeugung und Bewirtschaftung von Abfällen sicherzustellen“.
Dass die Hersteller der Windkraftanlagen die verbauten Materialien, insbesondere die verbauten Carbonfasern, die zur Verstärkung der Rotorblätter, zur Beschichtung der Rotorblattoberflächen, als Begleitheizung in Rotorblättern zum Enteisen, in Gondelgehäusen und in Bremsbelägen zum Einsatz kommen, als Betriebsgeheimnis einstufen, mutet in diesem Zusammenhang grotesk an. Nach der REACH-Richtlinie der EU wäre dies zwingend vorgeschrieben. Daraus ergibt sich, dass auch die Genehmigungsbehörden nicht wissen, ob und welche Mengen an Carbonfaser-Verbundwerkstoffen in den jeweiligen Anlagen verbaut sind.
Lediglich Nordex gibt für seine Anlage N 117/2400 5,6 Tonnen verbaute carbonfaserverstärkte Kunststoffe (CFK) an. Zur Größenordnung: Ein Eurofighter hat ein Gesamtgewicht von 11,0 Tonnen.
Unter Berücksichtigung der genannten Sachverhalte ist eine sorgfältige Analyse der Stoffströme und der Gefährdungslage unabdingbar, um adäquate Entsorgungskonzepte gemäß BImSchG und KrWG abzuleiten.
Welchen Einfluss das fehlende Entsorgungskonzept auf Typen- und Baugenehmigungen für Windkraftanlagen hat, ist die interessante Frage. Festzuhalten ist, dass die Politik diese Frage bislang ignoriert hat. Das Kreislaufwirtschaftsgesetz wird nachweislich nicht eingehalten.
Zu klären wird nun sein, wie dieses Ignorieren von Gesetzen in die Genehmigungsabläufe für Windparks eingebracht werden kann. Viel schwerer wöge, wenn festgestellt würde, dass Windkrafthersteller, Genehmigungsbehörden, Projektierer, Verwaltungen und Betreiber strafbewehrte Fehler begangen haben, denen nachgegangen werden kann.
(1) Bundeswehrübung in Faulbach 2019 Videoübertragung SWR
https://www.facebook.com/FeuerwehrFaulbach/videos/2169664943088958/
https://www.main-echo.de/regional/kreis-miltenberg/Bundeswehruebung-in-Faulbach-Hubschrauber-stuerzt-ab-und-brennt;art3999,6674709
[2] ARD Mittagsmagazin: Wenn Carbon brennt – Achtung Gesundheitsgefahr https://www.youtube.com/watch?v=HYltgsiuobI
[3] https://www.process.vogel.de/bund-warnt-vor-risiken-durch-nanotubes-a-363781/#:~:text=Nanotubes%20BUND%20warnt%20vor%20Risiken%20durch%20Nanotubes&text=Der%20Bund%20f%C3%BCr%20Umwelt%20und,CNT)%20in%20Laufenburg%20am%20Oberrhein.
[4] Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr – Zentrale Stelle für Arbeitsschutz der Bundeswehr, Info-Brief 08/2014, „Nur in der Ausnahmesituation eines Brandes von CFK-Material ist es möglich, dass Faserbruchstücke entstehen, die von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als krebsverdächtig eingestuft sind. Diese Carbonfaserbruchstücke stellen, zusätzlich zu akuten Gefährdungen wie Hitzeeinwirkung und Exposition gegenüber toxischen Brandprodukten, für direkt an Brand-Unfällen beteiligte Personenkreise, z.B. Feuerwehr, Rettungskräfte oder Unfalluntersucher, eine weitere Gefährdung dar.“
[5] Sebastian Eibl und Norbert Scholz, „Besondere Gefährdung beim Abbrand von Carbon-Kunststoffen“, Brandschutz, Zeitschrift für das gesamte Feuerwehrwesen, für Rettungsdienst und Umweltschutz, 68. Jahrgang, Juni 2014: „Feuerwehrangehörige sind zwar im Einsatz durch eine Persönliche Schutzausrüstung mit umluftunabhängigem Atemschutz geschützt. Weitere Rettungskräfte bzw. unbeteiligte Personen können jedoch nach dem Löschen des Brandes ungeschützt einer Faserstaubbelastung ausgesetzt sein.“
[6] https://www.universimed.com/ch/fachthemen/gesundheitsgefaehrdung-durch-lungengaengige-kohlenstofffasern-beim-abbrand-von-carbonkunststoffen-2098532
[7] https://www.vdtuev.de/news/tuev-verband-fordert-umfassendere-sicherheitskontrollen-bei-windraedern
[8] https://www.keinewindkraftimemmertal.de Unfallliste
Der Beitrag erschien zuerst beim Deutschen Arbeitgeber Verband hier

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