Diese Woche ergaben sich keine negativen Strompreise für Deutschland. Der Grund liegt in der verhältnismäßig geringen Stromerzeugung mittels erneuerbarer Energieträger.
Für die Stromkunden in Deutschland bleibt der Strom selbstverständlich teuer. Sie müssen mittels EEG-Umlage das ausgleichen, was den Herstellern von regenerativ erzeugtem Strom versprochen wurde, der Marktpreis aber nicht hergibt. Weil durch Corona der Strombedarf geringer geworden ist, ist ein weiterer Preisschub bei der EEG-Umlage Richtung 8 Cent und mehr ab 2021 zu erwarten. Deshalb hat die Bundesregierung im Corona Konjunkturpaket einen Paradigmenwechsel in Sachen EEG-Umlage eingeleitet:

… Die EEG-Umlage droht im Jahr 2021 aufgrund des corona-bedingten Rückgangs der Wirtschaftsleistung und des damit verbundenen Rückgangs des Börsenstrompreises stark anzusteigen, trotz der beginnenden Zuführung von Einnahmen aus dem nationalen Brennstoffemissionshandel. Um für mehr Verlässlichkeit bei den
staatlichen Strompreisbestandteilen zu sorgen, wird ab 2021 zusätzlich zu diesen Einnahmen aus dem BEHG ein weiterer Zuschuss aus Haushaltsmitteln des Bundes zur schrittweisen verlässlichen Senkung der EEG-Umlage geleistet, sodass diese im Jahr 2021 bei 6,5 ct/kwh, im Jahr 2022 bei 6,0 ct/kwh liegen wird. {Finanzbedarf: 11 Mrd. Euro} … (Abbildung, bitte unbedingt anklicken. Es öffnen sich alle Abbildungen und mehr). 

Dieser Schritt hat für die Bundesregierung den Vorteil, dass die Kosten für die Energiewende weniger transparent werden. Sieht und spürt der Bürger diese doch nicht mehr direkt auf seiner Stromrechnung. Auf der anderen Seite unterliegt der Posten „EEG-Umlage aus Steuermitteln“ künftig einer parlamentarischen Kontrolle und hoffentlich kontroversen Diskussion. Der Strompreiserhöhungsautomatismus jedenfalls ist mit dieser Neuerung durchbrochen worden. Billiger wird die Energiewende damit nicht.

Die Frage nach der zukünftigen wirtschaftlichen Entwicklung

Der leistungsfähige Bürger, die leistungsfähigen Betriebe, die Steuern zahlen, sind auch allermeistens Stromkunden. Rechte Tasche, linke Tasche könnte man meinen. Nicht ganz. Weniger leistungsstarke Bürger werden über die Stromrechnung nicht weiter belastet. Einkommensteuer zahlen sie ohnehin nicht. Bleiben nur indirekte Steuern, wie z.B. die Mehrwertsteuer, die sie bezahlen. Diese wird aber kaum wegen der teilweisen EEG-Umlage aus Steuermitteln angehoben werden. Wobei die Frage nach der zukünftigen wirtschaftlichen Entwicklung einen Schauer über den Rücken laufen lässt.
Dass die Bundesregierung immer noch daran glaubt, dass die PKW-Elektromobilität vor dem Durchbruch steht, belegt die Tatsache, dass sie auch im Konjunkturpaket diese und allfällige Ladeinfrastrukturmaßnahmen fördert, während Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren – und seien sie noch so umweltfreundlich – jegliche spezielle Förderung vorenthalten wird. Im Gegenteil. Die Kfz-Steuer wird für Verbrenner teilweise angehoben (Abbildung 2). Die Tatsachen, dass die Förderung des Ausbaus der  Ladeinfrastruktur erst zum Schluss (Abbildung 3) des aufgeteilten Punkts 35 des Eckpunktepapiers kommt, ist bezeichnend.
Man erkennt offensichtlich nicht, dass der Kauf von Elektrofahrzeugen auf Teufel komm raus gefördert werden soll: Wenn die Menschen keine vernünftig machbare Möglichkeit sehen, ihr Fahrzeug sicher überall aufladen zu können, wird der Elektromobilitätsboom ausbleiben. Wie schwer sich die Bundesregierung mit dem Thema „Ladesäulen“ tut, belegt die Tatsache, dass bereits vor einem Jahr der Masterplan Ladeinfrastruktur ins Auge gefasst wurde (Abbildung 4), Ende 2019 wurde er im Bundeskabinett beschlossen (Abbildung 5). Lesen Sie, welche Aktivitäten bisher im Bundestag gelaufen sind (Abbildung 6). Jetzt kommt noch die Förderung durch das Corona-Konjunkturpaket dazu. Bleibt die Frage, wann denn nun mal mit dem flächendeckenden Ausbau begonnen wird. Ich befürchte gar nicht. Denn: Sähen Firmen – Förderung hin oder her – ein sinnvolles, gewinnbringendes Geschäftsmodell in der Ladesäuleninfrastruktur, dann hätten sie längst damit begonnen. Leider hat niemand die Courage, aufzustehen und zu sagen, dass das Modell E-Auto so nicht funktionieren kann.

Die Tagesanalysen

Diese Woche müssen die Charts mit den Werten der Energy-Charts ausfallen. Als der Artikel geschrieben wurde, standen mir diese nicht zur Verfügung. Energy-Charts ließ sich nicht aufrufen. Diesmal also „nur“ die Analyse mit den Charts und Werten von Agora-Energiewende.
Sonntag, 7.6.2020: Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.
Heute keine Erzeugungsspitze mittels erneuerbarer Energieträger erzeugten Strom. Im Gegenteil. Im Tagesverlauf sinkt diese Stromerzeugung massiv. Nach Sonnenuntergang gibt es kaum noch Windstrom, so dass Strom importiert werden muss. Was zu höheren Preis als im übrigen Tagesverlauf, als Strom exportiert wurde, führte.
Montag, 8.6.2020: Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.
Die Windstromerzeugung geht gegen Null. Am frühen Morgen sind die Importpreise moderat. Über Tag aber werden bis zu 41,92 €/MWh aufgerufen.
Dienstag, 9.6.2020:  Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.
Auch heute nur sehr wenig Strom mittels erneuerbarer Energieträger. Wären da nicht Biomasse und Wasserkraft als zuverlässige Stromlieferanten, sähe es richtig mau aus im Energiewendeparadies. Den ganzen Tag will/muss Deutschland Strom importieren.
Mittwoch, 10.6.2020: Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.
Etwas mehr Strom aus Wind- und Sonnenkraft. Dennoch: Praktisch den ganzen Tag wird per Saldo – wie fast immer diese Woche – Strom importiert.
Donnerstag, 11.6.2020: Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.
Die Windstromerzeugung zieht an. Vor allem auf See. Die Import-Zeiträume werden geringer. Um 8:00 Uhr ist der Exportpreis höher als der Importpreis bis 6:00 Uhr. Auch das gibt es.
Freitag, 12.6.2020: Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.
Die Stromerzeugung mittels erneuerbare Energieträger zieht an. Starke Sonnenstromerzeugung plus steigende Windstromerzeugung zum Abend, der Nacht, lassen die Preise z.T. sinken. Aber nicht so massiv, wie es schon vorkam.
Samstag, 13.6.2020: Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.
Auch heute wieder recht ordentliche Wind- und Sonnenstromerzeugung. Ein massives Stromüberangebot bleibt allerdings aus, so dass Preise moderat bleiben. Ob Geld verdient wird, weiß ich nicht. Zumindest aber draufzahlen muss Deutschland nicht.
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Ergänzungen? Fehler entdeckt? Bitte Leserpost schreiben! Oder direkt an mich persönlich: stromwoher@mediagnose.de. Alle Berechnungen und Schätzungen durch Rüdiger Stobbe nach bestem Wissen und Gewissen, aber ohne Gewähr. Die bisherigen Artikel der Kolumne Woher kommt der Strom? mit jeweils einer kurzen Inhaltserläuterung finden Sie hier.
Zuerst erschienen bei der Achse des Guten; mit freundlicher Genehmigung.
Rüdiger Stobbe betreibt seit vier Jahren den Politikblog  www.mediagnose.de

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