Der evangelikalisch grüne Umweltanalyst bei der BBC Roger Harrabin schrieb kürzlich Folgendes auf seiner Website:

Ich hatte soeben eine Erleuchtung. Der lebhafte kleine Zaunkönig, der laut im verfilzten Efeu vor meiner Hintertür zwitschert, sagt uns etwas Bedeutsames über den globalen Klimawandel. Das liegt daran, dass ich in Verbindung mit den melodiösen Noten eines Rotkehlchens, sein Lied tatsächlich deutlich hören kann. Normalerweise sind beide Vögel durch den Verkehrslärm gedämpft, aber der Lärm ist in der Ruhe des Lockdowns so gut wie erloschen.

Ah ja, die Ruhe des Lockdowns. Sie ist für uns Glückliche sehr real. Es ist zwei Monate her, dass ich das letzte Mal meine ländliche Heimat verlassen habe. Niemals zuvor habe ich es hier so ruhig gehabt und hellere Sterne gesehen. Es ist wunderbar, den Geräuschen der Natur zu lauschen. Genau wie Harrabin liebe ich es, mehr Zaunkönige und Rotkehlchen und weniger Verkehr zu hören, und von mir aus kann das so bleiben.

Was alles könnte dabei involviert sein? Die Glühlampe über Harrabins Kopf – natürlich mit grüner Energie betrieben – sagt ihm, dass wir nach Öko-Neusprech „besser zurückbauen“ müssen [Build Back Better]. Regierungen sollten in ihren Paketen für die Erholung aus COVID nur Unternehmen und Projekte unterstützen, welche „ökonomisches Wachstum von Treibhausgas-Emissionen abkoppeln“. Anderenfalls werden wir Net Zero nicht erreichen. Ich zitiere aus einem Arbeitspapier der Oxford Smith School of Enterprise and the Environment mit dem schmissigen Titel „Will Covid-19 fiscal recovery accelerate or retard progress on climate change?“ [etwa: Wird die finanzielle Erholung aus COVID-19 Fortschritte bzgl. Klimawandel beschleunigen oder verzögern?]. Unter den Autoren sind Granden wie Joseph Stiglitz und Lord Stern.

Im Eingangsabschnitt liest man: „Die COVID-19-Krise könnte einen Wendepunkt markieren hinsichtlich Fortschritten bzgl. Klimawandel. In diesem Jahr werden die globalen Treibhausgas-Emissionen stärker zurückgehen als in jedem Jahr zuvor. Die prozentuale Abnahmen jedoch müsste sich wiederholen, Jahr für Jahr, um bis zum Jahr 2050 Null Emissionen zu erreichen. Stattdessen werden die Emissionen wieder steigen, wenn die Restriktionen erst einmal aufgehoben sind und die Wirtschaft sich erholt – es sei denn, die Regierungen intervenieren“.

Die Autoren befinden sich in einer Zwickmühle. Sie erkennen halbherzig, dass COVID-19 nicht nur medizinisch, sondern auch ökonomisch eine Katastrophe ist, aus der herauszukommen sich die Gesellschaften dringend wünschen. Aber dennoch haben sie das bekommen, was sie haben wollten. Die Emissionen sind beispiellos gesunken infolge der extremen ökonomischen Kontraktion. Die Betonung liegt auf ihrem Punkt, dass ein derartiger Rückgang „sich wiederholen muss, Jahr für Jahr“, um den Planeten zu retten. Sie wollen den COVID-Effekt verewigen (natürlich ohne die Krankheit).

Mit dem Effekt sind zwei Dinge verbunden. Erstens bedeutet er eine gewaltige Zunahme regierungsamtlicher Kontrolle. Um die Krankheit zu bekämpfen, mussten wir erzwungenermaßen große Teile unserer Freiheit zu arbeiten, zu handeln, zu reisen, Gottesdienste zu besuchen usw. aufgeben – darunter sogar Wahlen (wurde doch die Neuwahl lokaler Regierungen verschoben) und in vielen Fällen sogar unser Familienleben.

Der zweite Effekt ist die gesteigerte Armut. Dies bringt die vorübergehende Einschränkung so vieler Wirtschaftszweige mit sich mit der Konsequenz von Insolvenzen, Lohnkürzungen und Verlusten von Arbeitsplätzen. Die Armut ist durch Maßnahmen der Regierung abgeschwächt und verzögert worden. Das wird Harrabin oder mich nicht direkt schädigen, können wir uns doch weiterhin bei voller Bezahlung am Gezwitscher von Zaunkönigen und Rotkehlchen erfreuen (abgesehen davon, dass wir es später bei unseren Steuerabgaben merken werden). Aber es war schockierend unerwartet und wird schockierend real. Außerdem sind Milliarden verängstigt, einsam und deprimiert.

Stiglitz, Stern und Co. haben natürlich recht, wenn sie schreiben, dass „die Emissionen wieder zunehmen, wenn die Restriktionen erst einmal aufgehoben sind und die Wirtschaft sich erholt – es sei denn, die Regierungen intervenieren“, aber sie scheinen nicht zu verstehen, was sie da sagen. Warum werden die Emissionen wieder steigen? Weil die Menschen mehr reisen werden – vor allem mit dem Auto (die hinsichtlich des Virus‘ viel sicherer sind als öffentliche Verkehrsmittel). Und warum werden sich die Ökonomien erholen? Weil Wachstum eine Funktion der Aktivität ist, und Aktivität wird ermöglicht durch Energie, und der globale Energiebedarf wird bis auf Weiteres zu etwa 85% von fossilen Treibstoffen gedeckt.

(Dies gilt übrigens sogar für Öko-Aktivitäten. Zu dem gesegneten Frieden des Lockdowns gehörte nämlich auch das Fehlen jedweder Straßenproteste seitens Extinction Rebellion, welche ohne moderne Transportmittel nicht organisiert werden können. Gleiches gilt auch für die den Planeten rettenden Konferenzen, zu welchen reiche und mächtige Herrschaften aus der ganzen Welt fliegen. Dieses Jahr ist COP26, geplant in Glasgow, wegen COVID-19 verschoben worden. Dort sollten 196 Länder wieder einmal darüber schwadronieren, die Erwärmung auf 1,5°C zu begrenzen).

Lord Lilley, ehemaliger Minister im Kabinett, drückte es in einem Webinar der GWPF diese Woche so aus: „Die kommende COVID-Rezession ist verursacht durch Unterdrückung der Versorgung, nicht durch eine geringere Nachfrage“. Mit anderen Worten, dies alles ist nicht das, was die Menschen wollten. Es wurde ihnen aufgedrückt. In einer Demokratie stimmen die Leute selten für etwas, das sie nicht wollen. Nach dem COVID-Lockdown werden die Wähler sich wünschen, ungehindert zurück an die Arbeit zu gehen und die Vorteile des Kollaps‘ der Ölpreise in Anspruch zu nehmen in Gestalt von sinkenden Kosten für Transporte und Heizung. Sie dürften kaum in der Stimmung sein, freiwillig immer höhere Stromrechnungen zu zahlen, um den Erneuerbaren Rechnung zu tragen.

Selbst im Musterkind Deutschland dämmert den Politikern diese Einsicht. Diese Woche musste Angela Merkel den Abgeordneten ihrer eigenen Partei nachgeben, welche vehement gefordert hatten, dass Deutschland seinen Anteil am europäischen „Green Deal“ nicht zahlen sollte – was kurz bevor das Virus zuschlug beschlossen worden war – um noch schnellere Klima-Restriktionen umzusetzen, solange nicht alle anderen EU-Länder Gleiches tun. Es ist ein unlösbares Problem für grüne Politik, dass sie nur bei denjenigen Wählern Erfolg haben, die sich schuldig fühlen, weil sie reich sind. Der Grünismus ist vom Konsumismus abhängig, den die Grünen wegen seiner bloßen Existenz so sehr hassen. Die meisten Wähler werden erbost darüber sein, ärmer zu werden, und sich nicht schuldig fühlen, weil sie reich sind.

Aber wie kann grüne Politik unter diesen Umständen überleben? Der Schlüssel liegt in der Phrase „es sei denn, Regierungen intervenieren“. Nur Regierungen können die ökonomischen Ambitionen ihres Volkes unterdrücken. Und die einzige Art und Weise, mit der sie das tun können, besteht darin, einen Notfall auszuschlachten.

Darum ist die COVID-19-Erfahrung so attraktiv für den Net Zero-Gedanken. Sogar noch bevor die Krankheit auftauchte, wurde der Terminus „Klima-Notstand“ bewusst ausgeschlachtet von Aktivisten und von Abgeordneten im Parlament akzeptiert. Der Terminus wurde erfunden, um es der Regierung zu ermöglichen, die öffentliche Meinung in eine ganz bestimmte Richtung zu lenken. Das Rezept ist „unter Führung der Wissenschaft“, welche vermeintlich „settled“ ist. Die Botschaft an die Menschen lautet: „Verliert eure Rechte oder verliert euren Planeten“.

Die COVID-Erfahrung hätte uns eigentlich den Unterschied aufzeigen können zwischen einem realen Notfall – eine in der Welt um sich greifende Plage – und einem spekulativen Notfall. Selbst im Zuge der COVID-Krise gibt es heftige Debatten darum, ob die Maßnahmen notwendig waren oder nicht. Und diese Zweifel sollten in Verbindung mit Net Zero unendlich stärker sein. Dieses gesamte Gebäude basiert auf Modellrechungen – und wir sehen immer wieder, wie irreführend Modellergebnisse sein können –, welche Worst Case-Szenarien in ferner Zukunft an die Wand malen. Problem: vielleicht; Notfall: nein.

Wir sollten viel mehr Vertrauen haben, dass unsere sich weiter entwickelnde Technologie weiterhin alles sauberer und ruhiger zu machen.Sicher können es die Ressourcen der Zivilisation es leichter machen für Harrabin und mich, dem Vogelgezwitscher zu lauschen ohne dabei die Menschheit zu beschneiden. „Unser Haus brennt!“ schrie Greta Thunberg im vorigen Jahr. Das tut es nicht, aber es wurde geschlossen. Einmal ist genug.

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Link: https://www.thegwpf.com/charles-moore-lockdown-is-showing-us-the-misery-that-net-zero-will-demand/
Übersetzt von Chris Frey EIKE

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