Gernot Patzelt, Professor für Hochgebirgsforschung an der Universität Innsbruck und Leiter der Alpinen Forschungsstelle Obergurgl in Tirol, befand und befindet sich auch jetzt nach seiner Pensionierung 2004 nicht im Ruhestand. Davon zeugen seine Vorträge, insbesondere auch die auf EIKE-Klimakonferenzen (hier, hier) sowie seine Schriften, die hier aufgeführt sind. Er war zudem Mitautor des Buchs „A. Fischer und G. Patzelt: Gletscher im Wandel: 125 Jahre Gletscher-Meßdienst des Alpenvereins, Springer, 2018″.

Sein hier besprochenes Buch „Klimazeugen von der Eiszeit bis zur Gegenwart“  geht neue Wege, indem die ansonsten selten versuchte Verbindung von Naturästhetik und wissenschaftlicher Beschreibung unternommen wird. Dieser Versuch ist Gernot Patzelt überzeugend gelungen, nämlich die Verbindung von Malerei-Geschichte mit Eiszeit-Zeit-Geschichte, Gletscher-Geschichte, Landschafts-Geschichte, Vegetations-Geschichte, Klima-Geschichte, Kultur-Geschichte … und mehr!

Fast die gesamte erste Hälfte des Buchs ist der Darstellung von Gletschern in der Malerei gewidmet. Hier werden die Bilder von Thomas Ender und Ferdinand Runk, Kammermaler des Erzherzogs Johann von Österreich (hier),  gezeigt und damit ergreifend schöne Gemälde der Vergessenheit entrissen. Neben der Ästhetik kommt aber auch in diesem ersten Buchteil die Wissenschaft nicht zu kurz. Im Kapitel „Die gletscherkundliche Bedeutung der Bildwerke“ wird nämlich dargelegt, wie aus den Gemälden die Zungenendlagen der betreffenden Gletscher entnommen werden können. Somit sind die gezeigten Gemälde zugleich wissenschaftliche Dokumente.

Im zweiten Buchteil wird eine Fülle von Einzelheiten dargelegt zu verschiedenen Regionen, Höhenstufen und vielen einzelnen Gletschern. Man erfährt das hier jeden wohl am meisten interessierende Faktum, dass die heutige Klima-, Vegetations- und Gletscher-Situation  nichts „Besonderes“ vom industriellen Menschen Verursachtes ist, sondern im „Klima-Rauschen“ der letzten Zehntausend Jahre liegt! Mehr noch, eine zusammenfassende Graphik des Buchs auf Seite 238 zeigt: Zu rund 70 % der letzten 10.000 Jahre (Nacheiszeit) war die Ausdehnung der Alpengletscher geringer als heute, zugleich waren Baumgrenzen und Temperaturen gleichermaßen höher.

Zusammenfassend schreibt Patzelt (auf S. 235): …um 8500 BC (vor Chr.) lagen die Temperaturen noch unter, ab 8200 BC bereits über dem Niveau der gegenwärtigen Temperaturverhältnisse … erreichte die Postglaziale Warmzeit kurz nach 6000 BC einen ersten Höhepunkt, dem um 4200 BC ein zweiter folgte. In dieser Zeit … lag die Waldgrenze 100-130 Meter höher als die gegenwärtig potentiell mögliche, womit eine um 0,6-0,8 °C höhere Sommertemperatur abgeleitet werden kann.Oder zusammengefasst:

 „Der Temperatur-Anstieg der letzten Jahrzehnte (Anm.: 1980-2010) liegt innerhalb des postglazialen Schwankungs-Bereiches.“

Bild 1: Sommertemperatur, Wald-/Baumgrenze, Gletscherrückzugsperioden Westalpen, Gletscherausdehnung Ostalpen, Grafik aus S. 238 des besprochenen Buchs von G. Patzelt.

 

Aus dem Buch aber auch der Biographie von Gernot Patzelt (hier) ist die primäre Naturnähe bei seinen Forschungsarbeit nicht zu übersehen. Das eigene Erkunden, Erwandern und das Sammeln von wissenschaftlich interessanten Baumrelikten vor Ort, wie sie schmelzende Gletscherzungen immer wieder freigeben, waren ihm Haupt- und Herzenssache. Erst danach kamen Schreibtisch und Labor. Man spürt seine Liebe zum wissenschaftlichen Gegenstand und, damit untrennbar verbunden, seine nicht nachlassende Bewunderung der Schönheit von Gletschern. Wir wünschen seinem Buch allen Erfolg, denn es gibt zu diesem Gegenstand kaum Vergleichbares. Und wir freuen uns darauf, Gernot Patzelt wieder einmal anlässlich eines Vortrags bei zukünftigen EIKE-Klimakonferenzen begrüßen zu dürfen.

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