An die Unfähigkeit der EU, Probleme zu lösen, erinnerte die zurückliegende Umstellung auf die Winterzeit, die abzuschaffen sich Brüssel seit eineinhalb Jahren anheischig macht. Wie man hört, dürfte es noch einmal dieselbe Spanne dauern, bis man vielleicht mit diesem Jahrhundertwerk zu einem Ende kommt. Der deutsche Kommissar Oettinger, selbst anscheinend unter günstigeren Lichtverhältnissen aufgewachsen, wies auf den Umstand hin, dass Kinder im Dunkeln zur Schule gehen müssten, ließ sich aber auf die damit verbundenen Schrecknisse nicht weiter ein.

Doch er wies damit unwissentlich auf einen anderen Aspekt der zugegebenermaßen unsinnigen Zeitumstellerei hin, nämlich den psychologischen, der offenbar wird, wenn man von vielfältigen Gefahren hört, die mit einer Stunde Schlaf mehr oder weniger verbunden zu sein scheinen. Nun wäre diese Erscheinung keiner Notiz wert, wenn sie sich nicht nahtlos in ein größeres Bild fügte. Ein wenig ist es derzeit zwar von dem alles überwältigenden Klima-Sterben verstellt, doch man erinnert sich: Bevor es darum ging, litten die Menschen – bis hin zur völligen Ausrottung – an krebserregenden Nitrosaminen im Brot, am Rinderwahn, wiederholt an der Vogelgrippe, vorzugsweise chinesischen Ursprungs, an Würmern in Fischen, gerne auch am Ozonloch und ganz gewaltig an Fukushima, woran kein einziger Deutscher Schaden gelitten hat, wenn man von der damit verbundenen Energiewende absieht. Dass aber im Winter 2017/18 hierzulande rund 25000 Menschen an der Grippe gestorben sind, wurde kaum irgendwo erwähnt.

Im saarländischen Dudweiler bringt eine Schulrektorin einen gutmütigen Hund mit in die Schule. Der Zweck: Der Seelenzustand der Kinder soll auf diese Weise gestählt und auf die Fährnisse des Erlernens von Lesen und Schreiben vorbereitet werden. Schulpsychologen sind ohnehin überall installiert, ob nun etwas geschieht oder nicht. Aber das Angebot fördert die Nachfrage. Wenn ein Autounfall mit Personenschaden geschieht, tritt als einer der Ersten der Psychologe auf den Plan und kümmert sich um die Reste. Und die außer Rand und Band geratenen Genderisten bringen zahllose pubertierende Kinder auf den schwarzen Gedanken, am eigenen Geschlecht zu zweifeln. Eine Generation von Psychopathen wächst heran, sorglich geleitet von angeblich gut ausgebildeten, staatlich bestallten und nach Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) bezahlten Neurotikern.

Dem Wahn muss, so scheint es, eine politische Qualität innewohnen, wenn er sich durchsetzen soll. So hat die Klima-Hausse zu einer erfreulichen Wiederbelebung des Baumsterbens geführt, wenn das Paradoxon erlaubt ist. Toter Baum und totes Klima in einem – das ist nicht zu übertreffen. Man sieht den toten Menschen förmlich um die Ecke kommen.

Darum geht es nämlich, die Menschen unter Angst zu halten. Dementsprechend hat sein Redenschreiber dem Mädchen Thunberg ganz folgerichtig notiert: „Ihr sollt Panik haben!“ Allein aus diesem kleinen Satz und der Tatsache, dass er nicht weitum Hohn oder Mitleid auslöst, sondern Angst und somit seinen Zweck erfüllt, kann man eine Beschreibung der politisch korrekten Gesellschaft ableiten, an der alle rot-grünen Sozial-Ingenieure arbeiten. Die Maßgabe lautet: Wer Angst hat, zeigt Anstand, wehleidig zu sein wird zu einem Zeichen von Sensibilität und Weinerlichkeit zur Tugend. Für all das gilt auch der Umkehrschluss. Und wer nicht hysterisch ist, der kann kein guter Mensch sein. Das ist das moralisch hochstehende Konzept für eine Erziehung zur Lebensuntüchtigkeit.

Es ist, als feierte der Wiener Nervenarzt Siegmund Freud, von der eigenen Gilde längst zum alten Eisen gelegt, im Rahmen der Politik und des politischen Vorfelds eine Auferstehung. Bei Freud gibt es keine seelische Normalität, so wie bei seinem Widersacher Alfred Adler. Für ihn besteht der Mensch aus einer großen Zahl von seelischen Krankheiten, und der Zustand der Normalität stellt keine Größenordnung dar. Die Neurose als individueller Dauerzustand der Psychologie ist heute im Politischen zur kollektiven Gesamtbefindlichkeit der Gesellschaft erhoben.

Vor Kurzem gab es einen Skandal, weil ein drei- oder vierjähriger Knabe in der Kita einem kleinen Mädel die Lippen auf die Wange drückte. Ungeheuer – ein Abgrund der Verworfenheit. Eine derartige Reaktion auf eine nette Szene kommt aus derselben Gesellschaft, die ansonsten jede sexuelle Perversion als neue Bereicherung des menschlichen Miteinanders feiert, wobei die Grünen mit ihrer bis heute nicht definierten Haltung zur Päderastie eine Vorreiterrolle innehaben.

Man sieht: Hysterie ist ohne eine gewisse Menge ergänzender Heuchelei nicht praktikabel. Da werden ganze Innenstädte durch Demonstrationszüge se­xueller Ausschweifungen verstopft, aber wenn ein Mann einer Arbeitskollegin Avancen macht, dann ist er dran wegen sexueller Belästigung.

Man könnte die Erscheinungen eines verweichlichten, wohlmeinenden, wehleidigen Gutmenschentums als bedauerliche Erscheinung der Dekadenz abtun, wenn sie sich nicht in einem gefährlichen Kontext befänden. Denn da gibt es auf der einen Seite diese zutiefst ehrlichen, hingebungsvollen, ahnungslosen und zu keinem Kompromiss bereiten Idealisten, die insgeheim bedauern, dass die Zeit der Märtyrer vorbei ist. Gegen sie ist zwar kein Kraut gewachsen, doch hier liegt nicht die eigentliche Gefahr.

Denn ihrer bedienen sich Strategen, die gut informiert sind und die genau wissen, wie man das emotionale Potenzial des Gutmenschen in harte politische Wirklichkeit verwandeln kann. Exemplarisch zeigt sich das im Schlepperunwesen. Dieses braucht für den Ablauf seiner Geschäfte die Mitwirkung aller, die mit seelenvoller Hingabe die Sache unterstützen, auf das Elend der Menschen hinweisen und eine bessere Welt fordern. Und die Strategen machen Kasse und ihre Hintermänner betreiben ihr politisches Geschäft mit dem bevölke­rungspolitischen Ziel einer Umwandlung Europas. Das ist kein fahrlässiger Vorwurf ins Nirgendwo, das sind Forderungen und Zielsetzungen, die aus den USA ständig erhoben werden.

So kurz ist der Weg von der Wehleidigkeit zur Politik. Und doch: Eine Gesellschaft, die damit befasst ist, selbst neurotisch, eine Generation von Psychopathen heranzuziehen, bringt natürlich mächtigen Einflüssen von außen keinen Widerstand entgegen. Jede Torheit, jede infame Einflüsterung wird begierig, unkritisch und wehrlos aufgesogen, wenn sie im Namen der politischen Korrektheit und des Gutmenschentums auftritt.

Allen Erscheinungen solcher Art, von der Wehleidigkeit bis zu Gretas Panik, wohnt ein dynamisches Element inne – die Angst. Sie ist auch das Gelenk zur politischen Qualität der Entwicklung. Denn unter der Bedrohung durch die Angst sind viele Menschen bereit, auf Bequemlichkeit, Geld und schließlich Teile ihrer Freiheit zu verzichten. Dies natürlich geschieht zugunsten eines Staates, der den Zuwachs an Macht dazu nutzt, Druck und Angst weiter zu steigern, bis diese Spirale das endgültige Ziel erreicht hat, nämlich ein Regime, das nach Befehl und Gehorsam abläuft. Dann aber wird man sich Wehleidigkeit nicht mehr leisten können und hätte doch endlich Grund dazu.

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)*  Anmerkung der EIKE-Redaktion :

Dieser Aufsatz ist zuerst erschienen in der Preußischen Allgemeinen Zeitung; 1. November 2019, S.8; EIKE dankt der PAZ-Redaktion sowie dem Autor Florian Stumfall  für die Gestattung der ungekürzten Übernahme, wie schon bei früheren Artikeln :   https://www.preussische-allgemeine.de/

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