Kaum „alte, weiße Herren“, sondern viele alte, weise Rentnerinnen?

Man muss immer neu dazulernen und sich anhand von Wettbewerbern prüfen. Das gilt auch für jemanden, der ziemlich oft über das Klima und seinen Wandel schreibt, dachte sich der Autor. Und da kam die Ankündigung der Veranstaltung zu einer passenden Uhrzeit, gut erreichbar und noch dazu umsonst, gerade recht.

Zudem war eben auf den neuen IPCC-Zwischenbericht als kleine Rezension ein Artikel zum Meeresspiegel getippt, also vielleicht eine Gelegenheit, die eigenen Erkenntnisse mit denen der bisher nur vom Fernsehen und Zeitung bekannten Freitagshüpfern und ihrer „Sintfluterfahrung“ zu vergleichen, vielleicht auch ein paar vorlaute Fragen und Antworten darüber an das Podium zu geben.

Denn die Veranstaltung ist hochgradig „besetzt“. Laut dem Veranstaltungs-Flyer diskutieren zum Thema: Eine Professorin (Fakultät Soziale Arbeit und Gesundheit), eine Doktorin (Wissenschaftliche Mitarbeiterin an einem Lehrstuhl für Schulpädagogik), die örtliche Landtagsabgeordnete der GRÜNEN und eine örtliche FfF-Aktivistin (als Studentin angekündigt, stellte sich aber als Gymnasialschülerin vor, obwohl sie dafür schon etwas zu alt aussah).

Zur angesagten Uhrzeit trete ich in den Vortragsraum. Fast alle Stühle sind besetzt. Ein grober (also nicht genau stimmender) Überblick zählt weit über 20 Rentnerinnen mit Open-End an Lebensjahren, wenige könnten auch noch vor der Rente sein, so genau lässt sich das nie sagen, vielleicht fünf jüngere Frauen, zwei, drei davon recht jung und mit mir drei, vier alte Männer. Auch hierzu Fehler möglich, denn infolge der Altersstrukturen einiger Gesichter lässt sich nicht in jedem Fall eindeutig zwischen Weiblein und Männlein unterscheiden und ganz genau betrachten ging nicht. Der Altersdurchschnitt wird etwas gesenkt, weil eine der jungen Damen ihr Baby dabei hat.

Lauter Aktivistinnen

Die Moderatorin gibt bei der Anmoderation zu verstehen, dass sich alle vier Diskutantinnen und sie selbst gut kennen, gut verstehen und zum angesagten Thema mehr als einer Meinung sind. Das „Generationengespräch“ gehe darum, diese Einigkeit durch ein Frage-Antwortspiel zu zeigen, zudem soll dieses auch als Beleg für das Thema wirken.

Es folgt die Vorstellung der Diskussionsrunde. Außer der FfF-Aktivistin – die alleine zu jung dafür ist – fühlen sich alle Podiumsteilnehmerinnen einschließlich der Moderatorin vor allem durch während ihrer Sturm-und Drangzeit aktiv betriebenen Anti-Atomkraft-Proteste geübt und (nicht nur am Alter erkennbar) „gereift“; was verbindet. Die GRÜNE Bundestagsabgeordnete erklärt den Brent-Spar-Skandal von Greenpeace als ein erfolgreiches und vorbildliches Protestbeispiel. Die Hochschulvertreterinnen outen sich als aktive Mitglieder von Families for Future und Scientists for Future und werben gleich mal für die nächsten Demos.

Gestartet wird von der Moderatorin mit der Frage, warum FfF so friedlich sei. Man ist sich ziemlich einig: Weil der Klimawandel so schlimm und evident ist und inzwischen so bei der Bevölkerung im Bewusstsein angekommen, dass es dagegen gar keinen aggressiven Protest braucht. Zudem: Unfrieden stiftet vorwiegend die Polizei. Und die hat gelernt, Demonstrationen nicht mehr wie bei den damaligen Anti-Atomkraftprotesten zu behelligen. Auch im Hambacher Forst wäre es friedlich, wenn alle Polizisten sich daran halten würden.

Es ist so lebensbedrohlich

Nun kommt die Moderatorin mit der Fragestellung: Warum eigentlich FfF-Proteste? Auf dem Podium herrscht Einigkeit, dass die Welt gerade untergeht. Und zwar mehrfach: Am Klima, am Artensterben, an der Verwendung der falschen Energien, an den vielen, das noch ignorierenden Bürgern, vor allem natürlich den Politikern … Die GRÜNE Abgeordnete bringt es auf den Punkt: „Weil die Jugend bedroht ist … es ist so lebensbedrohlich“.

Mit einem gewissen Mut des brustgeschwellten Außenseiters frage ich zum Podium: „ … derzeit haben wir das beste Klima seit mindestens 1500 Jahren … “ lautes Gelächter im Raum. Ergänzung: „ Arrhenius – ein Mitglied der Greta-Familie – publizierte seine CO2-Theorie unter der Prämisse „endlich könnte es einen Weg geben, die Erde von der schlimmen Kaltzeit zu erlösen … “ das Gelächter wird zu Protest. Wer wagt es, in dieser Versammlung solche Bemerkungen einzustreuen? Da ist ja ein leibhaftiger Klimaleugner mitten unter uns …. Eine Wissenschaftlerin murmelt etwas von „stimmt nicht“, aus dem Publikum kommen Rufe, dass das Klima früher mit Sicherheit nicht schlechter war, die FfF-Schülerin erklärt, dass die besseren Ernten ausschließlich dem Düngen zu verdanken sind und die Moderatorin weist darauf hin, dass die Podiumsdiskussion bitte nicht gestört werden solle.

Jetzt outen sich auch einige der Rentnerinnen als Aktivistinnen. Laut wird zum Podium gerufen, dass der Kampf unbedingt verstärkt werden muss und alle Politiker beim Klimakampf versagen. Einige fordern lauthals, dass die Politik unbedingt klimaschädliches Verhalten verbieten und bestrafen muss …, selbstverständlich muss auch der Auto-Fuhrpark für Politiker verboten werden … und das ganz schlimme Fliegen …

Was Vernunft ist, bestimmen wir

Weiter geht es mit bekannten Themen: Die FfF Schülerin will alle Flüge verbieten. Selbstverständlich käme man mit etwas Engagement überall auf der Welt auch Flugzeuge hin. Ganz so extrem sehen es die anderen auf dem Podium nicht – wohl weil sie selber nicht darauf verzichten wollen und beruflich auch gar nicht könnten -, aber mindestens muss man das CO2 kompensieren und viel, viel wichtiger: Das einfache Volk hat keinen Anspruch darauf, einfach mal so, nur weil es auch einmal weiter weg will, billig fliegen zu dürfen.

Die Doktorin ist entzückt, dass Greta die Klage bei der UN wegen Verletzung von Kinderrechten eingereicht hat. Solche Vorbilder benötige die Welt, auch um die von Herrn Edenhofer (PIK-Leitung) geforderte „Transformation“ konsequent voranzutreiben.

Kurz wird noch auf den wissenschaftlichen Hintergrund eingegangen. Die Doktorin erklärt, dass alle Wissenschaftler den Klimawandel und dessen schlimme Folgen einhellig und bewiesen bejahen und es wirklich, aber auch wirklich niemand Vernünftigen mehr geben kann, der daran zweifelt.

Zerstörungssehnsucht

Die Anwesenheit soll einen Nutzen bringen, und sei es nur der, als ein Mitglied der Gesellschaft zum richtigen Zeitpunkt in der Geschichte Mut gezeigt zu haben. Ich gebe nochmals einen Einwand an das Podium und sage, dass es auch Petitionen von Wissenschaftlern zur Vernunft in der Klimadebatte gibt.
Die Hochschul-Vertreterinnen lächeln so verächtlich, wie man es nur kann, die FfF Schülerin erklärt Al Gore zum Klimawissenschaftler und unter den Zuhörerinnen bricht ein Proteststurm los.

Und nun geht es richtig zur Sache. Vom Rentnerinnen-Publikum wird das Podium angefeuert, mehr im Kampf gegen den Klimawandel und alles, was sonst noch furchtbar schlimm ist, wie das Bienensterben, das Artensterben, die Versiegelung, das neue Waldsterben, dass man noch konventionell Heizungen betreiben darf, einfach, dass noch nicht alles verboten ist, was dem Klima und der Umwelt in ihren Augen schadet, zu tun. Auch die heutige Gesellschaftsordnung muss weg und unser Wohlstand ist zu reduzieren, weil er die Umwelt schädigt. Selbstverständlich darf nur noch regional produziert werden, gilt auch für industrielle Produkte, Nahrung und Energie sowieso.

Einfach nur erschreckend, zu erleben, wie viele der Rentner(innen) unter Begeisterungsklatschen eine Ökodiktatur sofort und konsequent fordern und wie geradezu eine Zerstörungssehnsucht über unser, in ihren Augen so klima- und umweltschädliches System geäußert wird. Alle Podiumsteilnehmerinnen (auch die von der Universität und die Moderatorin) stimmen dem zu und werben dafür. Nur am Rande die Feststellung: Bei dem erlebten Diskussionsniveau (wobei ja nicht diskutiert, sondern nur zustimmende Meinungen vorgebracht wurden) könnten 16jährige Schüler*innen problemlos mithalten.

Das Anfeuern aus dem Publikum ebt ab und die Podiumsdiskussion startete wieder. Sie drehte sich nun etwas im Kreis und wiederholt die Themen: Der allerschlimmste Klimawandel, Artensterben, und und und ist so gesichertes Faktum (dafür arbeitet man mit vielen Wissenschaftlern zusammen und diese werden immer mehr), dass darüber nicht mehr gesprochen wird, denn das wäre reine Zeitverschwendung. Gesprochen wird nur noch darüber, wie man die Gesellschaft zwingt, den geforderten Wandel vorzunehmen. Die Industrie – inclusive der industriellen Landwirtschaft – macht alles kaputt, die Politiker machen alles falsch, zudem sind diese von der Industrie und Lobbygruppen korrumpiert und eindeutig beuten wir die Welt nur aus. Und als Zuspitzung all dieser Übel sitzt nun auch noch der leibhaftige Teufel mit seinem Gefolge als Partei der Klimaleugner ebenfalls in der Regierung.

FW-Chef Aiwanger und Atomkraft

Man denkt: Was könnte da noch gesteigert werden? Doch die GRÜNE Bundestagsabgeordnete berichtet nun, dass bereits das Schlimmste passiert ist, was überhaupt noch in Deutschland passieren kann: Der zweite „Gottseibeiuns“ Teufel ist entdeckt. Herr Aiwanger (Chef der Freien Wähler, der Koalitionspartei in Bayern) hat irgendwo erwähnt, dass er sich in Deutschland in einer fernen Zukunft auch wieder Atomkraft vorstellen kann.

Deutliches Geraune im Publikum. Erkennbar, dass in einem solchen Fall Rentner*innen nicht mehr nur wie in alten Filmen Banken ausrauben würden, sondern zu ganz anderen Taten fähig wären. Jetzt darauf hinzuweisen, dass diese Idee auch von ihrer heiligen Greta geäußert wurde und als einzige ihrer vielen sinnv…, setze ich nicht um. Man will ja nicht der Erste sein, an dem das geübt wird.

Planetary Education soll die neue Bildung werden

Die GRÜNE Bundestagsabgeordnete fordert eine umfassende und zwingende „Umweltbildung“ in den Schulen. Erfreut berichtet die Doktorin, dass sie mit ihrer Bewegung schon daran arbeite. Über ihr Institut versucht sie, mehrere tausend Schulen mit entsprechendem Schulungsmaterial ihrer Bewegung zu versorgen, das nenne sich „Planetary Education“. Die Lehrkräfte würden das auch wollen, leider fehle vielen die Zeit dazu (Anmerkung: An vielen Schulen werden bereits „Klimaschutzwochen“ durchgeführt, mit Schulungsmaterial von Germanwatch).

Nun ein Schwenk zu lokalen Problemen. Alle sind entrüstet, dass der örtliche Bürgermeister sich jüngst weigerte – und damit durchkam -, den Klimanotstand auszurufen. Er soll als eine Begründung sogar gesagt haben, „seine“ Stadt wäre nicht vom Klimawandel betroffen und noch schlimmer: Man könne dann vielleicht keine Kirchweih mehr abhalten …

Was interessiert eine Kirchweih, wenn die Welt brennt … Und wer möchte noch in einer Stadt mit einem solchen Bürgermeister wohnen? „Alle“ (anwesenden) Rentner*innen schämen sich nun vor ihren Enkel*innen für das Stadtoberhaupt, welches mit dazu beiträgt, dass die Kinder und Enkel keine Zukunft haben …

Ich fühlte mich im Zeitrad zurückversetzt an Versammlungen der aggressiven, alles beherrschen wollenden Studentenbewegung aus Studienjahren, Anfang der 70er, oder ist das Zeitrad gerade nur eine Umdrehung weiter?

Der Kampf muss jetzt geführt werden

Eine Podiumsdiskutantin sagt, dass eine Bewegung zur richtigen Zeit zum Selbstläufer wird, vermied es aber, geschichtliche Zeitgeister von „Bewegungen“ und ihre vielen, schlimmen Folgen zu erwähnen. Als Abschlussstatement erklärte die FfF-Schülerin, dass der Kampf jetzt geführt werden muss, um die Welt zurück zu drehen und warb nochmals für die nächste Demo.

Wegen fortgeschrittener Zeit fällt die angedacht Diskussion aus, beziehungsweise es gab nur kurze, zustimmende Monologe.
Ein Besucher durfte noch ein ihm ganz wichtiges Anliegen vortragen: Er ist Pfarrer im Ruhestand, glühender FfF Anhänger und fordert, dass alles, was das Klima und Arten gefährden kann, grundsätzlich zu verbieten sei. Seine Kirche habe früher vorbildhaft gezeigt, wie man so etwas erfolgreich umsetzen kann. Inzwischen gibt es dazu auch eine Bewegung „Churches for Future“, welche er …. (der Schluss war wegen dem begeisterten Klatschen nicht mehr herauszuhören).

Ergänzung: Gebet von Churches for Future
Fürbitte für den Gottesdienst und andere gute Gelegenheiten in Ihrer Gemeinde
„Guter Gott, jeden Freitag gehen junge Menschen auf die Straße und demonstrieren für entschiedeneres und konsequenteres Handeln in Politik und Gesellschaft zur Begrenzung des Klimawandels. Wir sind dankbar für ihr Engagement und ihre eindringlichen Rufe zur Umkehr, die uns die Augen öffnen für unser Versagen …

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