Die Landwirtschaft wird in der Klimadebatte in eine neue Rolle gedrängt, die sie in ihren Möglichkeiten einengen wird. In Debatten über Erderwärmung, CO2-Ausstoss und umweltpolitische oder umweltpolizeiliche Massnahmen kommt früher oder später das Thema Fleisch zur Sprache. Fleisch braucht zur Herstellung eines Kilos weitaus mehr Energie und Wasser als die Produktion von einem Kilo pflanzlicher Nahrung. Energieverbrauch heisst meistens auch CO2-Ausstoss. So ist Fleisch aus der Sicht von Klimaaktivisten mindestens eine doppelte Sünde, nämlich Energieverschwendung und Umweltverschmutzung. Und dahinter stehen die Bauern, die Kälber, Kühe, Schweine, Schafe und andere Tiere halten.
Vor allem Leute, die grüne Argumente im weiteren Sinn öffentlich vertreten, aber doch mobil sein und fliegen wollen, beteuern jetzt gerne, sie würden kein Fleisch essen – und das mache von den CO2-Emissionen her so viel aus, dass sie dafür etliche Male das Flugzeug benutzen könnten. In den Köpfen hat sich eine Art Umrechnungswährung eingenistet, nach dem Muster: Pro Kilo Fleisch, das ich nicht esse, darf ich so und so viel fliegen, und wenn ich vegan bin, noch etwas mehr. Rasch kommt in Gesprächsrunden dann auch die Forderung, Fleischproduktion und Fleischkonsum sollten radikal eingeschränkt oder verboten werden. Besonders abschätzig blickt man in diesem Spiel auf die Typen, die das unsägliche Gut produzieren und womöglich die Konsumenten verführen, die Bauern.
Das ist nicht die einzige Situation, in der die Landwirtschaft einer argwöhnischen bis anschuldigenden Beobachtung ausgesetzt ist. Nächstens kommen mehrere politische Initiativen aufs Tapet, die den Spielraum der Bauern in der Schweiz einengen sollen. Die Trinkwasserinitiative verlangt, dass ein Betrieb die Subventionen verliert, wenn er Pestizide und bestimmte Antibiotika anwendet. Die Initiative gegen synthetische Pestizide zielt auf eine weitere Einschränkung von Pflanzenschutzmassnahmen ab. Die Volksinitiative zur Abschaffung der Massentierhaltung fordert Obergrenzen für Tiere in Ställen. In der Pipeline sind des Weiteren eine Biodiversitäts-Initiative und eine Landschaftsinitiative, die das Bauen im Landwirtschaftsgebiet strenger regeln soll. Zur Debatte stehen schliesslich Verbote für bestimmte Beizmittel für Saatgut oder für die Anwendung von Glyphosat.

Etwas anders machen

Was hat denn eigentlich die Schweizer Landwirtschaft für ein Geschäftsmodell? Seit den neunziger Jahren läuft es darauf hinaus, dass die Bauern einen beträchtlichen Teil ihrer Anstrengungen darauf verwenden, die Natur und das Landschaftsbild zu pflegen, und dass sie dafür Direktzahlungen erhalten. Daneben produzieren sie Nahrungsmittel. So wie es heute läuft, sieht es aber anders aus. Man könnte fast meinen, die Bauern erhielten ihre Direktzahlungen dafür, dass sie sich vom Publikum dreinreden lassen und dass man ihnen vorschreiben kann, was sie anders machen sollen. Die Belehrungen kommen von Politik, NGOs wie WWF oder Detailshändlern wie Migros. Es stimmt, die Bauern müssen tatsächlich etwas anders machen. Sie müssen ihren Spielraum verteidigen, klarmachen, dass sie insgesamt gut einen Drittel der Fläche der Schweiz im Eigentum haben, das Landschaftsbild prägen und mit ihrem eigenen Grund und Boden seit Jahrhunderten so verantwortungsvoll als möglich umgehen. Sie haben als eine der ersten Branchen technischen Fortschritt und Innovationen entfesselt und derart energisch vorangetrieben, dass andere Berufe entstehen und sich ausbreiten konnten und die Leute trotzdem genug zu essen hatten – auch die Experten, die an Vorschriften gegen Nahrungsmittelproduzenten herumstudieren.

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)*  Anmerkung der EIKE-Redaktion  :
Dieser Artikel ist zuerst erschienen in der WELTWOCHE Zürich :  Spielraum verteidigen. | Die Weltwoche, Nr. 31 (2019)| 15. August 2019 ; http://www.weltwoche.ch/
EIKE dankt der Redaktion der WELTWOCHE und dem Autor Beat Gygi für die Gestattung der ungekürzten Übernahme des Beitrages.

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