Da ist er also wieder, der Blockwart aus finsteren Tagen, in der Neuzeit trat er seinen Siegeszug an unter Fouché während des grausamsten Abschnitts der Französischen Revolution, und die großen Diktaturen des vergangenen Jahrhunderts, National- wie International-Sozialisten, bedienten sich seiner als einer unverzichtbaren Einrichtung.

Aber halt! Mag da einer sagen, es gibt doch einen Unterschied zwischen der freundschaftlichen Mahnung unter Nachbarn und der Anzeige bei einer Staatspolizei! Kann sein, jedenfalls für eine gewisse Weile. Doch bei beidem steht eines am Anfang: das Ausspähen des anderen, das Eindringen in seine geschützte Privatsphäre und die Missachtung eines Teils seiner Persönlichkeitsrechte.

Hat man sich aber dazu bereitgefunden, bleibt es nicht dabei. Die Bedenkenlosigkeit, die beim ersten Eindringen in fremdes Recht bereits gesiegt hat, macht vor geringeren Hürden nicht halt. Weiterzugeben, was das Ausspähen erbracht hat, ist der geringere Frevel als das Ausspähen selbst, und wird gefördert durch einen Staat, der selbst zahlreiche Strategien entwickelt, seine Bürger zu durchleuchten.

Es ist kein Wunder, dass Professor Paech die Umwelt als Vehikel für seinen Spitzel-Vorstoß genommen hat. Denn derzeit dreht sich alle Politik der Korrektheit und moralischen Überhöhung um zwei umfassende Zielvorgaben:

Die Umwelt und hier im Besonderen und vor allem das Klima,

und, hauptsächlich als außenpolitische Maxime, der Kampf gegen den Terror.

So werden denn auch so gut wie alle Eingriffe in das Leben der Bürger, schon vorhandene oder geplante, mit einem der beiden gerechtfertigt.

Ein breites Feld bietet sich im Bereich des Verkehrs. Diesel-Skandal, Emissionen, totale oder eingeschränkte Fahrverbote, Flugreisen verächtlich zu machen sind der Anfang der staatlichen Überwachung. Wer das missachtet und einen Flug bucht, wird vom Großen Bruder bereits notifiziert: Abflug- und Zielort werden gespeichert, ebenso der Name, die Reisezeit, die Preise der Tickets und Daten zum Gepäck. Schon wird seitens der EU erwogen, diese gründliche Erfassung auch für Bahn- und Busreisen einzuführen. Was das Auto angeht, so sind dessen Bewegungen durch die zahlreichen Einrichtungen, welche die Nummernschilder kontrollieren, ohnehin ein offenes Geheimnis.

All dies soll dem Umweltschutz dienen, bei Belieben auch dem Kampf gegen den Terror. Diese Maßnahmen aber lassen sich aufs Glücklichste ergänzen durch einen weiteren Schritt, der zunächst so nebenbei und mittlerweile mit etwas größerem Nachdruck erörtert wird, nämlich der Abschaffung des Bargelds. Auch hier heißt es, das sei notwendig, um illegale Geldströme von Kriminellen und Terroristen zu unterbinden. Doch das Gegenteil ist wahr: Der digitale Geldverkehr bietet ebendiesen Tätergruppen neue, ungeahnte Möglichkeiten. Jeder, der schon bei seinem Online-Banking von Hackern gerupft worden ist, weiß, was hier gespielt wird.

Geld ist geprägte Freiheit – dieses Wort ist nie so wahr gewesen wie heute, da es eine Alternative dazu gibt. Ohne Bargeld verfügt jeder Bürger über seine Mittel lediglich auf Widerruf und stets unter der Beobachtung des Staates. Schon ist geplant, ab Januar 2020 jeden Gold-Kauf, auch unterhalb der Grenze von 2000 Euro, meldepflichtig zu machen – das ist nichts anderes als die Vorbereitung, den Besitz von Gold gänzlich zu verbieten.

Es gibt keinen Bereich, auch nicht im Privatleben, der nicht vom Eindringen des Staates oder der EU betroffen wäre. Das gilt sogar für den höchst privaten Sektor der Ernährung. Bereits vor einem Vierteljahrhundert gab es die Diskussion, ob man nicht übergewichtige Menschen in erhöhtem Maße an den Kosten für die medizinische Versorgung beteiligen sollte. Die Sache ist damals wieder eingeschlafen, weil es keinen ideologischen Antrieb dafür gab.

Heute erlebt sie in abgewandelter Form eine Neubelebung, befeuert durch den nötigen weltanschaulichen Schub.

Das Klima, so heißt es nämlich, werde unter anderem aufs Äußerste geschädigt durch das Weidevieh, das allenthalben für den schnöden Privatkonsum rücksichtsloser Fleischesser gezogen würde. Geht es also nach dem Furor veganer Weltenretter, so werden die Normalbürger in absehbarer Zeit ein Mehrfaches für ihr Schnitzel zahlen müssen, wenn ihnen nicht gar der Genuss völlig untersagt wird. Die missbilligende Verachtung indes ist ihnen heute schon sicher.

Wer meint, damit sei es genug mit Bevormundung und Befehlswirtschaft, der irrt.

Die Klimaexperten Kimberly A. Nicholas und Seth Wynes aus Schweden, respektive Kanada, Geschwister im Geiste des Professor Paech, haben in einer Studie für das US-Magazin „Environmental Research Letters“ erklärt:

„Vegetarische Ernährung, der Verzicht auf Flugreisen und Auto – und weniger Kinder machen“ sei der Weg zur Rettung des Planeten. Weniger Kinder machen? Na klar, denn: Jedes Kind, das nicht zur Welt kommt, spart 58,6 Tonnen CO2 pro Jahr ein. Da fragt sich nur, für wen man den Planeten retten soll, wenn die kommende Generation ohnehin am besten eingespart wird.

Wer mit solch steilen Thesen an die Öffentlichkeit tritt, muss davon überzeugt sein, dass die tägliche Gehirnwäsche der System-Medien in Sachen Klima-Tod bereits so viel Erfolg gezeitigt hat, dass die Menschen für Zumutungen beliebiger Art reif und empfänglich sind.

Wahrscheinlich haben die beiden Herren sogar recht mit dieser Annahme, denn längst hat sie die Klima-Diskussion von den physikalisch-meteorologischen Grundlagen entfernt und aufs Gebiet einer erpresserischen Moralität begeben.

Wer nicht mit dem allgemeinen Strom schwimmt, wird nicht etwa nach seiner Argumentation gefragt, sondern als charakterlich minderwertig abgeurteilt. Diese Übernahme eines naturwissenschaftlichen Themas durch politische Ideologen hat umso leichter geschehen können, als so gut wie alle Wissenschaftler, die sich mit Klima und Randgebieten beschäftigen, von öffentlichen Geldern abhängig sind. Die Folge: Der schlichte Bürger wird mit einer Apokalypse bedroht, die es ihm zumutbar erscheinen lässt, dass der Staat in wachsendem Umfang in sein persönliches Leben eingreift.

Eines nämlich ist sicher:

Die hier aufgezählten Repressionen, teils erst in der Planung, teils neu eingeführt, teils längst bewährt, beschreiben nicht den endgültigen Zustand, den die Politik anstrebt. Wie in der Naturwissenschaft gilt auch für die Politik: Was machbar ist, wird gemacht. Wenn die Technik eine vollständige Überwachung ermöglicht, so wird vollständig überwacht. Werkzeuge bleiben nicht ungenutzt, und in einer Phase des politischen wie moralischen Niedergangs, in der sich die EU befindet, hat das Recht nicht mehr die Kraft, einer derartigen Entwicklung Paroli zu bieten.

Das Jahr 1984 ist mit Verspätung gekommen. Orwell mag seine technischen Einrichtungen der totalen Kontrolle selbst als utopisch empfunden haben – heute sind sie längst überholt. Eines aber ist gleich geblieben: Die Gefahr, dass die Mächtigen jedes Mittel nutzen, um ihre Macht auszudehnen, was sie nur auf Kosten der Menschen tun können.

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)*  Anmerkung der EIKE-Redaktion :

Dieser Aufsatz ist zuerst erschienen in der Preußischen Allgemeinen Zeitung; 9. August 2019, S.8;  EIKE dankt der PAZ-Redaktion sowie dem Autor FLORIAN STUMFALL für die Gestattung der ungekürzten Übernahme. ==>  https://www.preussische-allgemeine.de/

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