Gemäss einer kürzlich im Auftrag des Blicks durchgeführten repräsentativen Umfrage glauben über 80 Prozent der Schweizer, dass das Fliegen unmittelbar nach der Abholzung der Regenwälder die Hauptursache für den Klimawandel sei. Beides ist falsch, objektiv falsch – und zwar unbesehen davon, ob man an die menschengemachte Klimakatastrophe glaubt oder nicht.

Die Zerstörung der tropischen Wälder ist zweifellos hässlich, bedroht die Artenvielfalt und fördert die Erosion, was schon Grund genug ist, Naturreservate zu schützen. Doch auf die Beschaffenheit der Atmosphäre hat die Art der Pflanzen, die etwa im Amazonas wachsen, keinen grossen Einfluss. Gemäss neuesten Satellitenmessungen der US-Raumfahrtbehörde Nasa nimmt die Biomasse weltweit sogar zu, was nicht zuletzt auf die CO2-Konzentration in der Luft zurückzuführen ist, die auf Pflanzen wie ein Dünger wirkt.

Sinnbild des Klimafrevels

Und was den weltweiten Anteil der Fliegerei an den CO2-Emissionen betrifft: Laut der Internationalen Energieagentur (IEA) beträgt er gerade mal 2,8 Prozent, Tendenz sinkend. Selbst wenn man von den schwärzesten Szenarien des Weltklimarates ausgeht, kann die Aviatik keine entscheidende Auswirkung auf die Erdtemperatur haben. Wer die Luftbelastung wirklich reduzieren will, müsste bei der Industrie und beim Strassenverkehr (je rund 18 Prozent der CO2-Emissionen) und vor allem im Bereich «Strom und Wärme» (rund 40 Prozent) ansetzen. Doch von solchen – notabene nicht umstrittenen – Tatsachen lassen sich die Klimaprotestler nicht beirren. Sie haben das Flugzeug zum Sinnbild des Klimafrevels erkoren.

Nun mag man einwenden, dass der Anteil der Fliegerei an den CO2-Emissionen ins Gewicht fallen würde, wenn alle Menschen so viel fliegen würden, wie dies der durchschnittliche Schweizer tut – und dass das Fliegen ein Luxus sei, auf den man oft verzichten könnte. Warum muss man den Urlaub am Mittelmeer verbringen oder in Thailand, wo es doch in den Alpen lauschige Plätzchen gäbe? Ist es wirklich nötig, für die Schulreise nach Istanbul zu fliegen, wo viele Schüler kaum wissen, warum es in der Schöllenenschlucht ein Denkmal für General Suworow gibt oder ein Anna-Göldi-Museum in Glarus? Und all die Geschäftsleute, die steuerfrei auf Geschäftskosten in der Luxusklasse um die Welt jetten – ist das etwa nicht ein Anachronismus in Zeiten der Videokonferenzen?

Diese Argumente sind diskutabel. Was stört, ist die messianische Verbissenheit, mit der sie ins Feld geführt werden. So wie einst das Auto als Sündenbock für das Waldsterben herhalten musste, wird das Flugzeug schlechtgeredet. All die Vorteile und Freiheiten, welche das Fliegen der Menschheit beschert hat, sind plötzlich nichts mehr wert. Genauso werden die technischen Fortschritte ignoriert, mit denen die Ökobilanz der Fliegerei über die Jahrzehnte massiv verbessert wurde. Und diese Entwicklung ist noch lange nicht abgeschlossen.

Paradoxerweise bedrohen die Attacken gegen die Fliegerei aber gerade die positiven Errungenschaften, statt sie zu fördern. Denn die nun geforderten Lenkungsabgaben und Regulationen werden die Menschen nicht vom Fliegen abhalten, sie werden lediglich die Effizienz der Fliegerei beeinträchtigen.

In den 1960er Jahren rechneten die Airlines mit 6,3 Liter Treibstoff pro Passagier auf 100 Kilometer Flugstrecke. Dieser Wert hat sich praktisch halbiert. Die Swiss beispielsweise wies im letzten Jahr im Schnitt einen Verbrauch von 3,19 Litern aus. Zum Teil liegt es an technischen Verbesserungen: Effizientere Triebwerke, bessere Aerodynamik, neue und leichtere Werkstoffe, grössere Flugzeuge. Zum andern wurde dank flexiblen Tarifen die Auslastung der Flüge nach Angaben des Internationalen Luftverkehrsverbands Iata im selben Zeitraum von 54 Prozent auf heute über 80 Prozent gesteigert. Vor allem die Billig-Airlines senkten mit der bessern Auslastung die Preise und damit den Verbrauch pro Passagier.

Unerwünschte Nebenwirkungen

Die Effizienzsteigerung in der Fliegerei ist vor allem dem Zerfall des Iata-Preiskartells und der Deregulierung des Luftverkehrs Ende des letzten Jahrhunderts zu verdanken. Im freien Wettbewerb mussten sich die privatisierten Airlines etwas einfallen lassen, was zu einer Steigerung der Effizienz führte. Ökologie und Ökonomie, so zeigte sich einmal mehr, stehen nicht im Widerspruch, sofern man den freien Markt gewähren lässt.

Im Zuge der Klimapanik fordern nun aber selbst vermeintlich liberale Kräfte wie etwa dieNZZ(«Fliegen ist zu billig», Ausgabe vom 20. März 2019) im Einklang mit dem durch die jüngsten Wahlresultate geschockten Freisinn Strafsteuern. Dem Bürger soll die Freude am Fliegen via Portemonnaie vermiest werden. Oberflächlich betrachtet, mag die wohlfeile Formel einleuchten. Doch solche Markteingriffe haben immer unerwünschte Nebenwirkungen, die leider auf keiner Packungsbeilage nachzulesen sind.

CVP-Ständerat Beat Vonlanthen (FR) hat vorgezeichnet, in welche Richtung es etwa gehen könnte: 20, 40 oder 70 Franken Öko-Busse pro Flug, abgestuft nach Kurz-, Mittel- und Langstrecke, das Doppelte oder Dreifache für Business- und First-Class-Passagiere sollen den Bürger zur aviatischen Mässigung erziehen. Dass solche Beträge die Menschen vom Fliegen abhalten, ist allerdings zu bezweifeln.

Wer ein normales Ticket kauft, der verzichtet wegen eines solchen Aufpreises kaum auf eine Reise. Er würde die Busse – vielleicht mit der Faust im Sack, vielleicht auch erleichtert, weil er sich Ablass für das schlechte Klima-Gewissen verspricht – zähneknirschend in Kauf nehmen. Auf den Flug verzichten würde höchstens der Schnäppchenjäger, bei dem ein derartiger Betrag womöglich ins Gewicht fällt. Doch weniger Flüge gäbe es deshalb nicht. Denn mit den Discount-Angeboten werden nur Maschinen gefüllt, die ohnehin fliegen. Das Resultat einer derartigen linearen CO2-Abgabe wäre höchstens eine schlechtere Auslastung der Flieger, die keinem dient. Damit eine CO2-Steuer wirksam würde, müsste sie das Fliegen extrem verteuern. Reiche würde das kaum kratzen. Sie wären dann im ach so altmodischen Jetset wieder unter ihresgleichen. Der Immigrant dagegen würde schon eher mal auf den Heimatbesuch in Pristina verzichten, der Student auf die Trekkingtour in Patagonien und der Tramchauffeur auf den Strandurlaub in Bodrum. Zum Trost winkt den armen Schluckern eine Rückvergütung aus dem CO2-Topf.

Was als soziale Wohltat angepriesen wird, kann auch als Angriff auf den sozialen Frieden verstanden werden: Fliegen würde wieder zum Privileg der Mehrbesseren. Doch die Bonzen-Arroganz, die sich hinter dem Umverteilungsmodell versteckt, ist nicht der einzige Schwachpunkt. Die Lenkungsabgabe würde nicht nur zu bürokratischen Reibungsverlusten führen, sondern zu Leerläufen und Effizienzverlusten in der Fliegerei. Ineffizienz führt aber nicht zu weniger, sondern zu mehr Emissionen.

Schon heute steuern die Airlines ihre Kosten über ausgeklügelte Computerprogramme, welche für jeden Flug die günstigste Route berechnen. Je nach Gewicht und meteorologischen Bedingungen wird die optimale Flughöhe, Geschwindigkeit und Route gewählt. Damit lassen sich beträchtliche Mengen an Kerosin einsparen. Berücksichtigt werden in dieser Rechnung allerdings auch die Taxen für die Nutzung des Luftraums und der Flughäfen. Und wenn die Abgaben und Treibstoffzölle höher sind als die Einsparungen beim Verbrauch, werden suboptimale Routen gewählt.

Solche Fehlanreize gibt es bereits heute, sie würden durch die CO2-Abgaben verstärkt. Führte die Schweiz spürbare Abgaben auf das Flugkerosin ein, hätte dies zur Folge, dass nach Möglichkeit anderswo getankt oder Langstreckenflüge gar auf andere Destinationen verlegt werden. Statt aus der Schweiz direkt nach New York, Tokio oder Südafrika zu fliegen, müssten die Passagiere vermehrt auf einem sogenannten Hub im Ausland umsteigen.

Abenteuerliche Flugrouten

Die Einführung einer Treibstoffsteuer in ganz Europa hätte ganz einfach zur Folge, dass die Airlines tendenziell auf Hubs in Nordafrika, Osteuropa oder im Mittleren Osten ausweichen. Denkbar wäre auch eine Zwischenlandung zum Auftanken. Diese Tendenz ist zum Teil bereits heute zu beobachten. Die Drehkreuze Katar oder Dubai konkurrenzieren die europäischen Destinationen längst mit billigem Treibstoff. Der Umweg ist zwar beschwerlich und ökologisch widersinnig. Doch er rechnet sich. Diese Länder würden sich für die Steuerpolitik der Europäer bedanken und ganz sicher nicht nachziehen.

Der eine oder andere Passagier würde vielleicht tatsächlich etwas weniger fliegen, wenn die Reise teurer, komplizierter und beschwerlicher würde. Doch die Schikanen würden kaum zu einer Reduktion der Emissionen führen. Wenn weniger Passagiere in weniger gut ausgebuchten Maschinen Umwege fliegen, bleibt die Umwelt auf der Strecke. Wer die abenteuerlich verschlungenen Flugrouten der Sowjetunion – sie möge in Frieden ruhen – noch erlebt hat, kann davon ein Liedchen singen.

Statt Barrieren zu schaffen, sollte man die Flugrouten vielmehr optimieren. Damit liessen sich Unmengen an nutzlos verbranntem Treibstoff einsparen. So gibt es seit zwei Jahrzehnten in Europa Bemühungen, die nationalen Luftraumkontrollen unter einem Dach zu vereinen, dem Single European Sky (SES). Als Vorbild dient der amerikanische Luftraum.

Umweltfreundliche Alternative zum Auto

Obwohl die US-amerikanische Luftkontrolle mit halb so hohen Betriebskosten doppelt so viele Flüge bewältigt wie alle 27 europäischen Systeme zusammen, verursacht sie 74 Prozent weniger Verspätungen. Davon profitieren nicht nur die Passagiere. Wenn ein Flug vom Start bis zur Landung auf einem zentralen Computersystem geplant und koordiniert wird, lassen sich die Luftstrassen optimal bewirtschaften, werden Umwege und Warteschlaufen vermieden. Damit werden auch Tausende von Tonnen Kerosin eingespart. Die zentrale Computersteuerung macht es sogar möglich, einen Airliner zeitgenau im satellitengestützten Gleitflug (Continuous Descent Approach, kurz CDA) auf seine Destination zu lotsen. Der sanfte Anflug erspart der Airline Treibstoff und den Anwohnern viel Lärm.

Die EU hat es zwar geschafft, die innereuropäischen Flüge in einen komplizierten Handel mit CO2-Zertifikaten einzubinden. Ausser bürokratischen Leerläufen hat man damit so gut wie nichts bewirkt. Der ursprünglich auf das Jahr 2020 geplante SES-Luftraum dagegen, der echte Einsparungen gebracht hätte, wurde auf unbestimmte Zeiten vertagt. An der im europäischen Luftverkehr bestens integrierten Schweiz liegt es nicht. Im Gegenteil, die Eidgenossenschaft war beim SES-Projekt sogar federführend beteiligt. Das Problem sind die Briten und die Spanier, die sich nicht über den Status von Gibraltar einigen mögen, sowie die streikfreudigen französischen Fluglotsen, die um ihre Privilegien bangen.

Bei einem Treibstoffverbrauch von weniger als drei Litern pro Passagier auf hundert Kilometer ist das Flugzeug unter Umständen eine durchaus umweltfreundlichere Alternative zum Auto und sogar zur Eisenbahn. Bei der Bahn kommt es nicht nur auf die Auslastung der Züge an, sondern auch auf die Art der Stromversorgung. In Deutschland etwa, wo die Elektrizität zu einem grossen Teil mit Kohle oder Gas generiert wird, kommt der Passagier in einem vollen Flugzeug schnell auf eine bessere Ökobilanz als in einem halbleeren Zug.

Sankt-Florians-Prinzip beim Fluglärm

Dabei gilt es zu beachten, dass die Luftlinie in der Regel um rund einen Drittel kürzer ist als die auf dem Boden zurückgelegte Strecke. Was bei der Berechnung der Ökobilanz auch gerne vergessen geht: Das Flugzeug braucht keine Strassen, keine Tunnels, keine Viadukte, keine Trassees und keine Stromleitungen, bei deren Bau und Unterhalt gewaltige Mengen an CO2 freigesetzt werden. Luftstrassen müssen im Winter nicht geräumt und gesalzen werden, anders als Bahnstrecken belasten sie keine Anwohner mit Feinstaub. Start- und Landepisten mögen gross erscheinen, doch, gemessen an Strassen und Eisenbahntrassees, ist der Landverschleiss der Fliegerei ein Klacks. Selbst beim Lärm schneidet das Flugzeug insgesamt besser ab als das Auto oder die Schiene. Wenn sie einmal auf Reisehöhe sind, hört man moderne Jets kaum noch.

Im Umfeld der Flughäfen gilt der Fluglärm zwar als Ärgernis. Das Problem liegt aber oft mehr beim Sankt-Florians-Prinzip als bei der effektiven Belastung. Während Bahn- und Strassenlärm übers ganze Land verteilt sind und damit alle mehr oder weniger gleichermassen belästigen, betrifft der Fluglärm nur wenige Gemeinden. Die meisten Betroffenen fliegen selber allerdings auch gerne. Sie ärgern sich nur darüber, dass ausgerechnet sie den Krach haben und nicht die andern. Windige Politiker, die selber natürlich ebenfalls nicht aufs Flugzeug verzichten mögen, bewirtschaften den Neidfaktor zum Nulltarif.

Tatsache ist: Der effektive Fluglärm hat in den letzten Jahrzehnten trotz viel Politlärm und erhöhtem Verkehrsaufkommen insgesamt massiv abgenommen. Die Emissionen eines modernen Jets sind gegenüber den ersten Düsenflugzeugen um 25 Dezibel – also um das Sechsfache – geringer. Eine weitere Halbierung gilt als technisch machbar. CDA-gesteuerte Landungen sind kaum noch zu hören. Lärmig sind nach wie vor die Starts von grossen Airlinern. Doch auch hier gehören schonende Prozeduren, welche den beschallten Radius zumindest verkleinern, längst zum Standard.

Allerdings hat die Politik auch hier einen Trick gefunden, um den Missmut der Anwohner zu bewirtschaften: Sie erklärt die Zahl der vom Fluglärm Betroffenen zum Mass der Dinge. Und diese Zahl steigt aller Lärmreduktionen zum Trotz an vielen Orten, so auch in der Region Zürich. Der Widerspruch erklärt sich aus dem Umstand, dass der Krach die Menschen offenbar nicht davon abhält, in die Nähe des Flughafens zu ziehen.

Ähnlich wie in den Innenstädten, wo sich vor allem Zuzüger über den Strassenverkehr beklagen, entlockt man den Alteingesessenen im Umfeld der Flughäfen erfahrungsgemäss bloss ein Schulterzucken, wenn man sie auf Lärm anspricht: Wem es nicht gefällt, der soll es sich bitte anderswo bequem machen. Doch die Zürcher Airport-Region boomt. Dieser Trend hin zu den Flughäfen lässt sich weltweit feststellen, und er ist symptomatisch für die Doppelmoral, welche die Fliegerei-Debatte beherrscht: Wer gegen Vielflieger stänkert und Einschränkungen fordert, meint in der Regel die andern.

Eine Umfrage der unverdächtigen Forschungsgruppe Wahlen (das Institut erstellt unter anderem auch die Wahlprognosen für das ZDF) in Deutschland aus dem Jahr 2014 hat gezeigt: Es sind ausgerechnet die Wähler der Grünen – also jener Partei, welche das Fliegen am eifrigsten verteufelt und bekämpft –, die selber mehr fliegen als alle anderen politischen Gruppen. Das Muster erinnert an den pädophilen Priester, der vor dem Altar die teuflischen Versuchungen verdammt. Das Phänomen ist aus der Psychologie bekannt: Man bekämpft ein Verhalten öffentlich, das man zwar als verwerflich betrachtet, auf das man aber selber nicht freiwillig verzichten will. Wenn schon, so sagt man sich, dann sollen zuerst die andern verzichten oder wenigstens für ihren Frevel bezahlen. Dass die grünen Fluggegner im statistischen Schnitt zu den Besserverdienern gehören, macht die Ablasszahlung für sie erträglich. Schliesslich können sie es sich leisten.

First Class ist in diesen Kreisen ein Muss

Man kann zwar sicher nicht allen Ökoaktivisten eine solche Doppelmoral unterstellen. Viele von ihnen meinen es zweifellos ernst und gehen mit dem aus ihrer Sicht guten Beispiel voran. Ausgerechnet auf die Leader dieser Bewegung trifft dies aber nur selten zu. Zehntausende von Forschern, Aktivisten, Lobbyisten und Politikern jetten jahraus, jahrein um die Welt, von einem Kongress zum nächsten, um das Klima zu retten. Die Uno-Funktionäre, welche diesen kolossalen Umzug anführen, begnügen sich in der Regel nicht mit der Business-Klasse. First Class ist in diesen Kreisen ein Muss, wie der Schreibende anlässlich einer Reportage über den Weltklimagipfel in Lima feststellen konnte (WeltwocheNr. 50/14, «Zum Trost gibt es viele Flugmeilen»). Diese Leute sehen sich als Elite und mischen sich nicht gerne unters gemeine Volk. Schliesslich sind sie in einer wichtigen Mission unterwegs: Sie müssen viel fliegen, nicht weil sie wollen, sondern damit die anderen nicht mehr so viel fliegen.

Folgt man dieser Logik, ist das Fliegen ein Übel, das sich lediglich durch den guten Zweck rechtfertigen lässt. Doch wer bestimmt eigentlich, welcher Zweck gut ist? Ist es wirklich schlecht, wenn sich auch einfache Leute einen ganz profanen Ausflug ans Meer leisten können; wenn eine Schulklasse mal in eine ferne Stadt düst; wenn ein Gastarbeiter für ein Familienfest in seine Heimat reist oder ein Student für ein Wochenende nach New York?

«Wer die Menschen einst fliegen lehrt», prophezeite Friedrich Nietzsche vor über hundert Jahren, «der hat alle Grenzsteine verrückt; alle Grenzsteine selber werden ihm in die Luft fliegen, die Erde wird er neu taufen – als ‹die Leichte›» («Also sprach Zarathustra», Kapitel 66). Der deutsche Philosoph hat nicht übertrieben. Er erahnte, dass mit der Fliegerei eine völlig neue Dimension erschlossen werden würde. Das Flugzeug hat die Menschen, unbesehen ihrer Herkunft, Rasse oder Religion, weltweit einander nähergebracht, auf eine Art und Weise, die vorher kaum vorstellbar war. Es war neben dem Computer die revolutionärste technologische Errungenschaft des vergangenen Jahrhunderts.

Die Post und die Schifffahrt haben wohl schon viel früher für globale Standards und einen internationalen Austausch gesorgt. In Chroniken und Reiseberichten konnte sich bereits Nietzsche virtuell um den Globus bewegen. Doch er hatte erkannt, dass es etwas anderes ist, die Distanzen und Grenzen selber physisch zu überwinden. Daran hat sich nichts geändert. Die Videokonferenz und Online-Recherche können den direkten menschlichen Kontakt nicht ersetzen.

Allerdings haben Ökofundamentalisten das Internet auch schon im Visier. So kündigte die NZZ kürzlich in einem grossen Bericht («Streaming ist das neue Fliegen», Ausgabe vom 16. April 2019) auf der Titelseite an, dass gemäss neuen Berechnungen das Internet angeblich wegen seines hohen Strombedarfs für 3,7 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich sei. Das ist sogar noch mehr, als der Fliegerei zugeschrieben wird. Gemäss NZZ ist das Streaming von Videos besonders umweltbelastend. Es ist wohl nur eine Frage der Zeit, bis auch eine CO2-Lenkungsabgabe zur Eindämmung der Freude an Netflix und Konsorten gefordert wird.

Mediale Verzerrungen

Die Verunglimpfung des Flugzeuges ist nicht zuletzt ein medialer Hype. Wenn Zehntausende von (bisweilen nicht mehr so jungen) Jugendlichen für das Klima durch die Strassen ziehen und gegen Flugzeuge demonstrieren, wird auf allen Kanälen in einfältiger Ergebenheit berichtet. Jede mittelprächtige Flugshow lockt Hunderttausende ins Freie, doch das reicht bestenfalls für eine Meldung mit einem netten Foto im Lokalteil. Gross berichtet wird nur, wenn mal ein Flieger abstürzt, wobei man natürlich schnell vergisst, dass das Flugzeug, gemessen an der zurückgelegten Strecke, das sicherste aller Verkehrsmittel ist.

Wir sollten uns von solchen medialen Verzerrungen die Lust am Fliegen nicht vermiesen lassen. Das Flugzeug hat das Reisen schneller, sicherer, bequemer und erschwinglicher gemacht. Freuen wir uns darüber, dass weltweit ein schnell wachsendes Heer von Normalsterblichen sich heute etwas leisten kann, was einst einer privilegierten Elite vorbehalten war. Vielleicht ist das der wahre Grund, warum jene, die das Flugzeug selber am meisten nutzen, es dem gemeinen Volk vergönnen.

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)*  Anmerkung der EIKE-Redaktion  :

Dieser Artikel ist zuerst erschienen in der WELTWOCHE Zürich : Freut Euch des Fliegens | Die Weltwoche, Nr. 17 (2019) | 25. April 2019 ; http://www.weltwoche.ch/

EIKE dankt der Redaktion der WELTWOCHE und dem Autor Alex Baur für die Gestattung der ungekürzten Übernahme des Beitrages.

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