Gegenstand unserer Kritik ist eine aufwendig gemachte Publikation (hier) des rbb mit dem Titel

„Klimawandel: Das erwartet Berlin und Brandenburg bis 2100“

und weiter

„Hitze, Dürre, extreme Regenfälle: Das Klima in Berlin und Brandenburg hat sich bereits deutlich geändert. rbb|24 zeigt jetzt in einer Datenauswertung, welche drastischen Folgen in Zukunft auf uns zukommen könnten – dass Klimaschutz aber noch helfen kann“.

Vom rbb werden also Daten bemüht. Das ist immer gut. Ein Pluspunkt für den rbb. Leider wird er der einzige bleiben. Aber Immerhin, endlich Daten beim rbb, oder doch wieder nur Phantasiegeschichten?

Die Brandenburg/Berlin Temperaturreihe als Beleg, ja wofür eigentlich?

Leider ist es mit Daten aber so eine Sache. Man sollte den Hintergrund der Daten kennen, und man sollte die Daten auch verstehen. Erst dann kann man sie ordentlich interpretieren. Wie hätten die rbb-Journalisten eigentlich erfolgreich vorgehen müssen?

Die Temperaturdaten sind im Wesentlichen die des Deutschen Wetterdienstes DWD. Man erhält die Temperaturen von Brandenburg/Berlin hier. Links unten auf „Tabelle“ klicken und schon hat man die jahresgemittelten Temperatur-Anomalien von Brandenburg/Berlin von 1881 bis 2018. Anomalie mag vielleicht jemand fragen: Ganz einfach, es werden die Abweichungen vom Mittelwert der gemessenen Temperaturreihe über den gesamten Zeitraum genommen. Das Ganze, in ein Diagramm gebracht, sieht dann so aus:

Bild 1: Temperaturanomalien von Brandenburg/Berlin von 1881 bis 2018

Klimakatastrophe? Eigentlich nicht zu erkennen. Vielleicht sollte man eine Regressionsgerade durchlegen (hier), um zu sehen, ob sich in den fast 140 Jahren doch etwas getan hat. Das ist dann Bild 2:

Bild 2: Jetzt mit Regressionsgerade

Tatsächlich, die Temperatur ist angestiegen, um 1,5 °C in 140 Jahren. Hmmm, wie war das nochmal, Brandenburg 2,5 Mio. Einwohner, Berlin 3,6 Mio. Wieviel von diesem Anstieg geht wohl auf das Konto der vielen Berliner Messtationen zurück, die das Heizen und Autofahren von 3,6 Mio. Berlinern mitmessen, die übrigen Städte Brandenburgs nicht zu vergessen? Zwischen 1881 und 2018 ist in dieser Beziehung sicher einiges pasiert. UHI wird der Effekt genannt (urban heat island). Na, Schwamm über den UHI, lassen wir erst einmal die schöne Erwärmung den Klimawarnern und schauen wir noch einmal genauer hin. Wie war das eigentlich beispielsweise in den 65 Jahren von 1920 bis 1985? Tragen wir doch auch für diesen Zeitraum einmal die Regressionsgerade ein (s. Bild 3)!

Bild 3: Jetzt mit der Regressionsgerade von 1920 bis 1985.

Versetzen wir uns nun in das Jahr 1985. Glücklicherweise wurden hier die Bewohner Brandenburgs/Berlins, als die Fortsetzung der Reihe noch in unbekannter Zukunft lag, journalistisch nicht mit einer neuen Eiszeit geängstigt. Hat damals noch niemanden interessiert. Was lernen wir daraus? Keep cool und traue keinem Journalisten, der vom Weltuntergang faselt.

Für die verantwortlichen rbb-Redakteure und Medien-Intendanten nun zum mitschreiben:

a) Nach Ende der kleinen Eiszeit (LIA) wurde es naturgemäß wieder wärmer. Denn diese Kaltzeit, die von etwa Mitte des 15. Jahrhunderts bis ins 19. Jahrhundert hinein dauerte, war die kälteste Periode der letzten 9000 Jahre. Der Wiederanstieg nach der LIA spiegelt sich wohl ein wenig auch in der Temperaturkurve von Brandenburg/Berlin wieder, wobei noch der schon erwähnte UHI-Effekt hinzukommt. Ob das anthropogene CO2 in jüngster Zeit eine Rolle spielt, weiß niemand zu sagen.

b) Die Temperaturen der Erde über 9000 Jahre nach Ende der letzten Eiszeit sind bekannt, so z.B. die römische und mittelalterliche Warmzeit als gut belegte globale Ereignisse [1]. In diesen Warmzeiten lagen die Temperaturen zum Teil höher als heute. Deutlich wärmer freilich waren die beiden sehr langen Holozän-Warmzeiten etwa 4500 und 6500 vor unserer Zeit (s. Bild 4).

Bild 4: Nordhemisphärische Temperaturen ab Ende der letzten Eiszeit (Bildquelle: Prof. Dr. H. Kehl, dort finden sich auch die Originalquellen zur Bilderstellung)

Die Temperaturen der letzten 200 Jahre liegen weit innerhalb dieser historischen Temperaturschwankungen und sind daher mit hoher Wahrscheinlichkeit natürlich. Um auch die Fakten zu den jüngsten Temperaturen zu erfahren, sieht man sich am besten die Satellitendaten an (hier).

c) Nicht nur die Temperaturen selber, sondern auch ihre Änderungsgeschwindigkeiten waren in Zeiten vor der Industrialisierung oft stärker. Es existiert sogar eine Thermometerreihe, die dies für die letzten 350 Jahre belegt, die berühmte mittelenglische Reihe (CET), die 1659 beginnt [2] und bis heute reicht (hier). In Ihr findet man zum Beispiel einen 50-jährigen Temperaturanstieg von 1687 bis 1727 von knapp 2 °C. Das schnellste, was es über 50 Jahre in Zeiten der Industrialisierung gibt, liegt dagegen nur knapp über 1 °C. Ähnliches gilt auch für 30-Jahres-Anstiege in der CET.

Fazit: die Brandenburg/Berlin-Temperaturreihe ab 1881 als Beleg für eine gefährliche globale Erwärmung heranzuziehen ist mehr als fragwürdig, um den harten Ausdruck Schwachsinn zu vermeiden. Es belegt eigentlich nur den Unwillen der verantwortlichen rbb-Redakteure, sich ordentlich zu informieren.

„Klimawandel in vollem Gange, Zunahme von Wetterextremen“?

Klimawandel findet statt, seit die Erde existiert, konstantes Klima gab es noch nie. Insofern ist das „Klimawandel in vollem Gange“ des rbb völlig richtig. Aber was wollen uns die rbb-Redakteure mit dieser Binsenweisheit sagen? Knüppeldick ist dagegen der Unsinn von zunehmenden Wetterextremen. Diese Behauptung, zu der nicht nur vom rbb auch gerne das angebliche Absaufen von Pazifik-Inseln hinzugefügt wird, gehört inzwischen zu den unverzichtbaren und beliebtesten Dorfsäuen des Relotius.

Hier drängt sich nun die Frage auf „Ist den rbb-Redakteuren eigentlich das IPCC bekannt“? Scheint nicht so zu sein. Falls doch, sollten sie wenigstens auch die wissenschaftlichen Berichte dieser Institution kennen – gaa…aanz oberflächlich reicht schon aus – bitte nicht die politischen IPCC-Berichte, um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen. Die kann man getrost vergessen, weil sie mehr „Relotius“ sind. Offenbar ist es mit den Kenntnissen der rbb-Redakteure über die wissenschaftlichen Berichte des IPCC nicht gut bestellt. Daher jetzt wieder zum mitschreiben, liebe Damen und Herrender  rbb-Redaktion:

d) Der IPCC-Bericht AR5, Kapitel 2.6 des Jahres 2013 beschäftigt sich extrem sorgfältig und in epischer Breite mit der Frage, ob Extremwetter wie Tornados, Dürren, Überschwemmungen, Starkregen usw. zugenommen hätten (hier und speziell Kapitel 2.6 zum herunterladen hier). Startjahr der IPCC-Untersuchung ist 1950, denn ab diesem Zeitpunkt gibt es ausreichend viele Daten für gute Statistiken.

Um es kurz zu machen: Das IPCC findet NICHTS, keine Zunahme, weder an Stärke noch an Anzahl. Auch das Umweltbundesamt berichtet nicht anders, hier nur für Deutschland (hier). Wer nun mit der Dürre des letzen Sommers oder mit einer starken Hurrikan-Saison in den USA argumentiert, hat den Unterschied von Wetter und Klima nicht begriffen. Natürlich gibt es immer wieder gefährliche Wetterextreme, davor und danach ist es ruhig. Ein hübscher  Meteorologenspruch sagt dazu „das Gewöhnliche am Wetter ist seine Ungewöhnlichkeit“. Deswegen werden wir unvermeidbar auch immer wieder Dürren, Überschwemmungen und Stürme erleben, ganz ungewöhnliche/gewöhnliche, versteht sich. Mit echten Klimaänderungen hat dies aber nichts zu tun!

Tatsächlich geht es dem IPCC und in dem hier behandelten Thema „Extremwetter in Berlin/Brandenburg“ nicht um zeitlich begrenzte Wetterereignisse, sondern um Entwicklungen in Klimazeiträumen. Diese müssen mindestens 30 Jahre Wetterdaten enthalten – so ist es von der Weltmeteorologieorganisation (WMO) definiert. Um den Lesern das Herunterladen von schlappen 35 MB des Kapitel 2.6 im AR5 zu ersparen, im Anhang „aus Kapitel 2.6 des AR5 IPCC über Extremwetter“ die wichtigsten Zusammenfassungen des IPCC im Original.

Eine Empfehlung noch nebenbei: Wenn Sie in der Nähe eines großen Flusses wohnen, dann schauen Sie sich doch einmal dort die oft noch vorhandenen, gut erhaltenen historischen Hochwassermarken an. Wann kamen die stärksten Hochwasser vor? Wird jetzt nicht verraten, selber nachsehen. Nur für diejenigen ohne großen Fluss in der Nähe die Antwort (hier), die anderen bitte nicht spicken. Im Übrigen deutet viel darauf hin, dass insbesondere in Kaltzeiten Extremwetter stärker als in Warmzeiten auftraten (hier und hier).

Schlussendlich noch eine Anmerkung. Wenn wieder einmal ein tropischer Wirbelsturm ein küstennahes philippinisches Dorf weggeblasen hat und dies die Medien dem „Klimawandel“ anlasten, ist Folgendes zu bedenken: vor 50 Jahren gab es dieses Dorf noch gar nicht, dort war nur Urwald. Der Autor konnte es in einem Fall  selber nachvollziehen, denn vor mehr als 40 Jahren hat er den Nordteil der Philippinen (Luzon) über längere Zeit durchstreift. Die Zahl der Menschen haben  sich hier inzwischen wohl mehr als verdoppelt. Zudem wird heute jeder große tropische Wirbelsturm weltweit bis in die letzte Wohnstube im TV übertragen.

Für die Zukunft errechnete Jahresmitteltemperaturen des rbb

Vorhersagen sind schwierig, besonders wenn sie die Zukunft betreffen (Zitat W. Heisenberg). Woher kommt der Vorhersageunsinn des rbb eigentlich? Klar, aus Klimamodellen. Das sind diese Computerrechnungen, die einst den bekannten Modellierer Mojib Latif zu der Aussage verführten „In Deutschland gehören klirrend kalte Winter der Vergangenheit an: „Winter mit starkem Frost und viel Schnee wie noch vor zwanzig Jahren wird es in unseren Breiten nicht mehr geben“ (hier). Nun ist es bekanntlich so: Mit Klimamodellen kann man höchstens einigen ganz wenigen Details des unendlich komplexen Klimasystems näherkommen, das ist auch schon alles. Auch das wird vom IPCC bestätigt, langfrsitige Klimavorhersagen sind prinzipiell nicht möglich (hier). Könnte ja vielleicht der eine oder andere deutsche Redakteur auch mal zur Kenntnis nehmen. Aber natürlich: wenn man in ein Klimamodell den CO2-Anstieg hineinsteckt, erhält man einen Temperaturanstieg. Solch ein Ergebnis politisch zu instrumentalisieren ist unredlich, und die Aussage ist wissenschaftlich wertlos. Hier finden Sie ausreichend Information über die „Qualität“ von Klimamodellen.

Trauriges Fazit zum rbb-Jornalismus

Die einschlägigen Journalisten im rbb können einem im Grunde nur leid tun. Wir hoffen zwar auf Besserung, glauben aber nicht mehr daran. Auch dieser Beitrag wird die gleiche Wirkung beim rbb entfalten, wie sie der Lateinlehrer des Autors bei gewissen Mitschülern zu beklagen pflegte „Euch etwas beizubringen ist, wie wenn man einem Ochsen ins Horn fetzt“.

 

Quellen

[1] S. Lüning et al., Warming and Cooling: The Medieval ClimateAnomaly in Africa and Arabia, AGU (2017). „S. Lüning, M. Galka, F. Vahrenholt“ in Google Scholar eingeben, dann lässt sich der Artikel frei herunterladen.

[2] Großherzog von Toscana, ließ 1654 das erste Thermometer herstellen, das die Ausdehnung von Alkohol in einem geschlossenen Glasrohr ausnutzte (hier).

 

Anhang – aus Kapitel 2.6 des AR5 IPCC über Extremwetter

Tropische Stürme und Hurrikane [IPCC 2013, AR5, WG1, Kapitel 2.6, Seite 216]:No robust trends in annual numbers of tropical storms, hurricanes and major hurricanes counts have been identified over the past 100 years in the North Atlantic basin.”

TropischeZyklone [IPCC 2013, AR5, WG1, Kapitel 2.6, Seite 216]: “Current datasets indicate no significant observed trends in global tropical cyclone frequency over the past century and it remains uncertain whether any reported long-term increases in tropical cyclone frequency are robust, after accounting for past changes in observing capabilities.”

Außer-tropischeZyklone [IPCC 2013, AR5, WG1, Kapitel 2.6, Seite 220]: “In summary, confidence in large scale changes in the intensity of extreme extratropical cyclones since 1900 is low. There is also low confidence for a clear trend in storminess proxies over the last century due to inconsistencies between studies or lack of long-term data in some parts of the world (particularly in the SH). Likewise, confidence in trends in extreme winds is low, owing to quality and consistency issues with analysed data.”

Dürren [IPCC 2013, AR5, WGI, Technical Summery, Seite 50]: ”There is low confidence in a global-scale observed trend in drought or dryness (lack of rainfall), owing to lack of direct observations, dependencies of inferred trends on the index choice and geographical inconsistencies in the trends.”

sowie in [IPCC 2013, AR5, WGI, Kapitel 2.6, Seite 215]:In summary, the current assessment concludes that there is not enough evidence at present to suggest more than low confidence in a global scale observed trend in drought ordryness (lack of rainfall) since the middle of the 20th century, owing to lack of direct observations, geographical inconsistencies in the trends, and dependencies of inferred trends on the index choice. Based on updated studies, AR4 conclusions regarding global increasing trends in drought since the 1970s were probably overstated. However, it is likely that the frequency and intensity of drought has increased in the Mediterranean and West Africa and decreased in central North America and north-west Australia since 1950.”

Überflutungen [IPCC 2013, AR5, WGI, Technical Summery, Seite 112]: ”There continues to be a lack of evidence and thus low confidence regarding the sign of trend in the magnitude and/or frequency of floods on a global scale over the instrumental record.”

Hagel und Gewitter [IPCC 2013, AR5, WGI, Kapitel 2.6, Seite 216]: “In summary, there is low confidence in observed trends in small-scale severe weather phenomena such as hail and thunderstorms because of historical data inhomogeneities and inadequacies in monitoring systems.”

Und schließlich fasst IPCC zusammen [IPCC 2013, AR5, WGI, Kapitel 2.6, Seite 219]: “There is limited evidence of changes in extremes associated with other climate variables since the mid-20th century.”

Es ist bemerkenswert, dass alle diese Zitate und Aussagen in der 28-seitigen deutschen Fassung des Summary for policymakers fehlen! Liegt daran, dass bei denen die Regierungen mtschreiben dürfen. Alle wissenschaftlichen und damit allein maßgebenden IPCC-Aussagen sind dagegen absolut klar: Extremwetterzunahmen im jüngsten Klimazeitraum sind nicht auffindbar von den Wetterdiensten. Der Vollständigkeit halber fügen wir noch hinzu, dass sich die entwarnenden IPCC-Aussagen mit denen der Fachwissenschaft decken. Hier empfehlen wir insbesondere das Buch von Krauss und Ebel: Risiko Wetter. Professor H. Kraus war weltweit anerkannter Ordinarius für Meteorologie an der Universität Bonn.

 

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