Ich muss zugeben, ich hielt das zunächst für einen missglückten Aprilscherz. »Frag den Flasbarth« hieß es am Montag, als das Bundesumweltministerium zum Twitter-Interview einlud. Thema Klimaschutz. Jochen Flasbarth, einer der Chefideologen der Energiewende und des Kohleausstiegsunsinns, wollte etwaige Zweifel an diese Plänen ausräumen und Stimmung dafür machen, wie gut er und seine Umweltleute gegen den Weltuntergang ankämpfen.

Dabei verkündete er voller Freude, dass eine »Grundlast« nicht mehr benötigt werde. Grundlast – darunter verstand man in vor-Flasbarthschen-Flausenzeiten den Anteil der elektrischen Leistung, die permanent gebraucht wird, also auch erzeugt werden muss. Die variablen Leistungen wurden als Mittel- und als Spitzenlast be-zeichnet. Grundlast produzierten sehr preiswert und zuverlässig Kohle- oder Kernkraftwerke. Die sollen bekanntlich abgeschaltet werden.

Ein Interessierter fragte daher bang: »Welche Energieform soll nach der Abschaltung der Kohle- und Kernkraftwerke die Grundlast sichern bzw. diese Kraftwerke ersetzen?«

Flasbarth antwortet: »Grundlast wird es im klassischen Sinne nicht mehr geben. Wir werden ein System von Erneuerbaren, Speichern, intelligenten Netzen und Lastmanagement haben.«

Auf die Durchhalteparolen aus dem Umweltministerium fragten Energieexperten vom Nuklearia e.V. ungläubig und nüchtern nach: »Oh, das müssen Sie uns bitte genauer erklären! Wir haben zu jedem Zeitpunkt einen Strombedarf von mindestens 40 – 45 GW. Selbst wenn wir das drücken könnten, ein beträchtlicher Mindestbedarf bleibt IMMER. Das ist die Grundlast. Inwiefern wird es die künftig nicht mehr geben?«
Antwort Flasbarth: »Weil wir moderner und smarter werden, als Sie das im Moment noch für möglich halten.«

So genau und verblüffend wollte das doch niemand wissen. Der kryptische Satz bedeutet wohl: Strom wird es im klassischen Sinne nicht mehr geben. Eine preiswerte und sichere Stromversorgung eines Industrielandes wird sowieso überbewertet. Ein noch nicht ganz Überzeugter twittert zurück: »Nette Antwort – das Problem wird einfach wegdefiniert.«

Flasbarth pfeift im Wald: »Nein, dazu gibt es viele Untersuchungen. Wir werden auch künftig unsere außergewöhnlich gute und verlässliche Versorgungssicherheit bewahren.«

Das merken gerade immer mehr Stromverbraucher, wenn wieder Stromausfall herrscht. Die Industrie verzeichnet eine beunruhigende Zunahme von Netzschwankungen und Stromausfällen, die die Produktion bedrohen. Bei den wenigen verbliebenen Aluminiumhütten etwa dürfen die riesigen Öfen nie ausgehen, sonst würde die Schmelze erstarren. Stromausfall ist dort der GAU. Doch bereits mehrfach musste zum Beispiel bei der Aluhütte Trimet in Essen der Strom rationiert werden, weil gerade keiner da war. Die Stromverbraucher bezahlen über ihren Strompreis zwar eine Vergütung für Trimet, doch sollte der Strom länger ausfallen, endete das im Desaster.

Flasbarth interessiert das nicht weiter und hält die Bürger augenscheinlich für ziemlich blöde; er wagt es, ihnen Energie-Fakes an die Backe zu kleben: »Im Augenblick exportieren wir massenhaft Strom ins Ausland. Ich denke eine ausgeglichene Bilanz wäre vernünftig in einem gut funktionierenden Energie-Binnenmarkt.«

Der »Export« geschieht häufig nur dann, wenn zu viel Windstrom erzeugt wird und niemand ihn mehr haben kann. Netzbetreiber können nur mit gutem Geld der Verbraucher winken und so die Abnahmebereitschaft für überflüssigen Strom erhöhen. Das ist so, als würde VW seine Kunden mit Schecks anflehen: Bitte, nehmt unsere Autos! Noch ist es nicht soweit.

Auf die weitere Frage: »Die Exporte resultieren ja aus fehlenden Speichermöglichkeiten. Die sind temporaler Natur (Überschuss zu einem Zeitpunkt) nicht mengenmäßig.« Antwortet Flasbarth: »Vor allem muss der Netzausbau schneller vorankommen. Und ja, dann brauchen wir auch Speicher.«

Ja, kein Netz, kein Speicher, kein Strom – aber erst einmal alle Kraftwerke abschalten, die noch für Strom sorgen. Offen lässt der Held der Energiewende eine entscheidende Frage: »Was wird getan, um den exorbitant hohen Strompreis in Deutschland zu senken und damit der Abwanderung der produzierenden Industrie gegenzusteuern? Mit Wind und Sonne sehe ich schwarz.«

Eine lustige Frage wird gestellt: »Wieviele Menschen aus der Industrie sind in den Räumlichkeiten des BMU dauerhaft anwesend?«
Antwort BMU: »Keine.«

Die meisten kritischen Fragen beantwortet Flasbarth nicht. Ein User »Friesland« fasst zusammen: »Jetzt verstehe ich den Witz, BMU hat uns mal wieder verarscht.«

Es verwundert nicht, dass sich Flasbarth kürzlich erneut um den Chefposten bei der UNEP beworben hatte, dem Umweltprogramm der Vereinten Nationen. Das ist in Nairobi angesiedelt, schon Klaus Töpfer saß dieser Organisation einmal vor. Das Bundeskabinett hatte seiner Bewerbung bereits zugestimmt. Doch es wurde wieder nichts, jetzt wechselt eine dänische Wirtschaftswissenschaftlerin von der Weltnaturschutzunion IUCN auf den Chefsessel der UNEP. Flasbarth hatte vor drei Jahren gegen den bisherigen Chef Erik Solheim den Kürzeren gezogen. Der aber stolperte über »Unregelmäßigkeiten« bei Dienstreisen.

Flasbarth muss sich ein neues Ziel für seine Methode »Verdünnisieren, bevor es dunkel wird in Deutschland« suchen.

Der Beitrag erschien zuerst bei TE hier

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