VW Chef Herbert Diess haut mächtig auf den Putz: Er droht nach Informationen der Welt am Sonntag aus dem Verband der Deutschen Automobilindustrie (VDA) auszusteigen. Denn ihm, Diess, passe die Strategie der sogenannten »Technologieoffenheit« des VDA überhaupt nicht. Entwicklung und Förderung von Fahrzeugen mit Brennstoffzellen und Gasantrieben müssten eingestellt werden, meinte Diess, denn das überfordere die Branche. Alle Kräfte müssten sich auf die Durchsetzung des Batterie-Autos konzentrieren.
UM IDEOLOGIE GEHT’S, NICHT UM UMWELT

Das deckt sich erstaunlicherweise mit den Plänen von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier. Der will Milliarden für eine neue Batteriefabrik verpulvern mit der Begründung: Es müsse doch eine Richtungsentscheidung getroffen werden. Im Gegensatz zum Lenker der Märkte und Technologien im Wirtschaftsministerium haben bisher alle Unternehmen einer neuen Batteriefabrik eine Absage erteilt, nachdem sie ein solches gigantisches Projekt gründlich durchgerechnet haben. Der letzte Versuch, mithilfe sozialistischer Planwirtschaft über technische Zukunft zu entscheiden, endeten beim Trabbi und im Desaster.Markt und Verbraucher regeln Erfolg oder Nichterfolg einer Technologie. Bisher deuten die rund 0,2 % Elektroautos nicht darauf hin, dass die Kunden massenhaft von einem Gefährt überzeugt sind, das schlechtere Leistungen bietet, dazu aber teurer als bisherige Verbrenner ist.

Eine solche Batteriefabrik rechnet sich in Europa in keiner Weise. Das weiß vermutlich auch Diess und fordert – na, was wohl – Kohle vom Staat. Er nennt das einen »echten Masterplan Elektromobilität«, den Industrie und Politik entwerfen sollten. Die Politik solle einen »Strukturfonds« einrichten, der den Technologiewandel abfedere. So muss man nicht lange darüber spekulieren, was die Politik dem VW-Chef für seinen ungewöhnlichen Vorstoß versprochen hat.

Viel Geld vom Staat also auf der einen Seite, auf der anderen Seite sparen, Kosten senken, Angestellte entlassen – das Rezept von VW-Chef Diess. Auf breiter Front schlagen jetzt die Folgen der Krise bei Diesel und Benziner in der Autoindustrie durch. Bei Volkswagen spricht man von bis zu 7.000 Stellen, die wegfallen sollen. Die entsprechenden Arbeitsplätze sollen nicht wieder besetzt werden, wenn die Mitarbeiter gehen. Die Kosten sollen ab dem Jahre 2023 um 5,9 Prozent Milliarden Euro im Jahr gesenkt werden, wie der Vorstand von Volkswagen erklärte. VW muss einmal die hohen Kosten für die Verminderung des CO2 Ausstoßes bezahlen und jene 19 Milliarden Euro stemmen, die für den Umstieg auf die Elektromobilität und autonomes Fahren draufgehen.

Auch die VW-Tochter Audi tritt kräftig auf die Bremse und will über Effizienzmaßnahmen bis 2022 15 Milliarden € einsparen. Allein die Dieselaffäre hat Audi im vergangenen Jahr mehr als 1 Milliarde € gekostet. Die Ertragsziele für das vergangene Jahr wurden verfehlt, weil auch Audi erhebliche Probleme bei der Umstellung auf den neuen Abgaszyklus WLTP hat und deutlich weniger Autos verkaufen konnte. Mit dem Betriebsrat soll das Management jetzt Gespräche über Personalabbau aufnehmen. Die Rede ist von bis zu 15 % der 90.000 Angestellten, die verschwinden sollen. Das Tempo der Änderungen müsse erhöht werden, feuert der neue Vorstandschef seine Belegschaft an. Im Klartext: Die verbleibenden Mitarbeiter müssen mehr ranklotzen.Auch bei Ford werden Arbeitsplätze gekippt. 5.000 sollen es laut Auskunft einer Unternehmenssprecherin in Deutschland sein. Damit soll jeder fünfte der 24.000 Mitarbeiter in Köln, Saarlouis und Aachen seinen Arbeitsplatz verlieren. Sie sollen entweder eine Abfindung bekommen oder in die Frührente geschickt werden.

Stellenstreichungen auch in Nürnberg: Dort sitzt der Autozulieferer Leoni und produziert Kabelbäume für die Autoindustrie. Dort sollen 2.000 von insgesamt 92.000 Arbeitsplätzen gestrichen werden. Der neue Konzernchef Aldo Kamper hat einen Einstellungsstopp verhängt, sich von seiner Umsatzprognose von 5,2 Milliarden Euro verabschiedet und angedroht, dass Geschäftsbereiche, die nicht die verlangten Zahlen bringen, in den Orkus verschwinden. Gut, er hat das etwas höflicher gesagt, er wolle alle Optionen prüfen.

Hier in der Autoindustrie verbirgt sich so viel sozialer Sprengstoff wie in kaum einem anderen Bereich. Vielleicht kann ja jemand mal im Raumschiff Berlin Bescheid sagen – falls das jemanden dort interessiert.

Der Beitrag erschien zuerst bei TE hier

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