Man sitzt davor und schüttelt sprachlos den Kopf. Da werden Worte verwendet, als wären wir im Krieg oder würden von einer imaginären Macht bedroht, die ohne sofortige, kompromißlose Bekämpfung uns alle überrollen wird. Zudem gibt es völlig neue Wortschöpfungen und Kombinationen. Mein Freund Harry, ein Lehrer, würde scherzhaft sagen: „Terminüsser“ oder „Französische Anglizismen“. Themen werden in einem Satz miteinander verquirlt. Gott sei Dank habe ich es aufgenommen und kann zurückspulen.

Ein junger Mann, ein „Organisator“ der FridaysForFuture, redet von „Angst“, die er verbreiten will, damit er wahrgenommen werde. Die Moderatorin redet von „sauberem Klima“ ohne zu sagen, was das ist und wer es denn verschmutzt hat. Klar, manchmal schaut man aus dem Fenster und sagt: „Heute ist aber Schmuddelwetter oder Schitt-Wetter“. Ist viel von diesem Wetter dann „unsauberes Klima“?

Welches Klima wollen die engagierten Jugendlichen schützen? Wahrscheinlich das saubere. Und dafür müssen WIR ALLE sofort was tun! Dafür gehen sie Freitag auf die Straße statt in die Schule! „Klimastreik“ noch so ein Wort. „Andere streiken ja auch, um etwas zu erreichen!“ Da hat er Recht. Nicht Donnerstag oder Montag, nee Freitag, weil Greta das so begonnen hat. Müsste dann ja heißen: WochentagForFuture. Klingt doof, zugegeben. Samstags in der Fußgängerzone oder auf dem Marktplatz auch nicht, dann würden die Politiker keine Notiz davon nehmen: Ach ja richtig… die Angst und so.

Wenn wir nichts tun, so ein weiterer Organisator, sei unsere Zukunft in Gefahr. Ein Mitstreiter sei tief besorgt. Er sagt, wenn er brav in die Schule gehe, sein Abi mache und studiere, um dann neue Technologie zu erfinden, sei es „viel, viel zu spät für die Erreichung des 1,5 Grad Ziels“. Ein geladener Lehrer entwirft eine Theorie. Er müsse viel „fremdunterrichten“ (Termi Nuss!) wegen des Lehrermangels. Das wäre qualitativ sowieso schlechter Unterricht, dann könnten die Kinder auch demonstrieren gehen. Beifall. Das muss erstmal sacken. Sein Vater, ebenfalls Lehrer, lädt die Schüler ein, das Thema doch mit in den Biologie-Unterricht zu bringen.

Joaa, denke ich. Kann man machen. Physik wäre vielleicht besser.

Ein Jugendlicher sagt, dass die Wissenschaft hinter ihnen stehe und sie von Wissenschaftler*innen (Versprecher in der Aufregung?) beraten würden. Und wer DEN Profis nicht glaube, dann wisse er auch nicht … Klingt nach Berechtigung. Die Sache ist schon mal klar! Deshalb fehlt es der Runde auch an einem Experten für das Klima, äähh, Klimaschutz oder -Wandel oder -Erwärmung, na so einem eben.

In der Runde sitzen zwei „Alte“: ein Landes-Bildungsminister: „Zum Thema Klima kann ich nicht viel sagen!“ Aha, und was macht er dann da? Ist das einer von denen, die Angst haben sollen? Und ein Experte der Energiewirtschaft. „Wir müssen jetzt zum Handeln übergehen und nicht so viel reden“. Gut, jetzt kann ich einen Teil der Besorgnis der jungen Menschen verstehen.

Der Bildungs-Alte erzählt, dass sie ja schon viel an den Schulen machen für den Umweltschutz. OK, jetzt schützen wir die Umwelt. Kann mich an einen Beitrag von Henryk M. Broder entsinnen. In diesem hat er eine Schule besucht. Die Schüler haben in einer Arbeitsgemeinschaft überprüft, ob alle auch richtig heizen und lüften. Andere haben einen gelben Papierkorb in den Klassenzimmern zur besseren Mülltrennung aufgestellt. Kommentar Broders: „Hier wird aus jedem Pups ein Fackelzug gemacht“. Und meint damit keinesfalls die Schüler.

Die Jugendlichen wollen: die Gesellschaft ändern, den Politikern klare Forderungen stellen, schneller aus der Kohle aussteigen und vor allem Verzicht auf so ziemlich alles üben (Fastenzeit für immer?) Unser Wohlstand ist auf Kosten der Zukunft aufgebaut und wenn wir so weitermachen. Immer wieder: Wenn wir so weiter machen, dann…

Alle „Erwachsenen“, die zu Wort kommen, finden das TOLL, was die Schüler*_#+innen machen. Kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass die einfach Schiß haben, zu sagen… Na ja, dann gehörten sie wahrscheinlich zu den bornierten Älteren, die denen die Zukunft klauen. Das will natürlich keiner.

„Wir sind hier, wir sind laut, weil IHR uns die Zukunft klaut“

„It Is Our Fucking Future“

Siehste!

Im Osten sind 51% dagegen, im Westen 51% dafür. Hhm, sind wir im Osten hinterher oder vorneweg? Oder kommt uns das irgendwie bekannt vor. Mir gehen da so Losungen durch den Kopf: „Gewußt wie, spar Energie“ oder „So wie wir heute arbeiten, werden wir morgen leben“. Müsste man jetzt abwandeln: „Wenn wir heute so nicht weitermachen, können wir morgen noch leben“

Und jetzt noch mal meine Frage: Haben wir es verbockt?

Ja, und das gleich im doppelten Sinne!

Wir haben es zugelassen, dass unsere Kinder jeden Tag die Apokalypse vor Augen gehalten bekommen. Ihnen werden falsche Wirkmechanismen von CO2 und Treibhäusern erzählt. Daß wir Schuld auf uns geladen haben, daß wir rücksichtslos unser „Klima verschmutzen“. Wir haben es zugelassen, daß eine völlig neue Sprache entstand, die suggeriert, daß es da etwas gäbe, was man schützen oder verteidigen kann. Wir haben es zugelassen, daß unsere Kinder Angst haben. Die ich Ihnen abnehme. Sie glauben das alles wirklich. Daß unsere (?) Politiker das Klima und das böse CO2 entdeckt haben, um die Gesellschaft zu transformieren, ihren Machtapparat auszubauen und uns zu kontrollieren, können sie sich nicht vorstellen. Sie sind in Freiheit und Demokratie aufgewachsen!

Und: Wir haben es nicht geschafft, ihnen umfangreiches Wissen über dieses Thema zu vermitteln! Nur so kann man Angst abbauen. Dinge, die wir nicht verstehen, machen uns Menschen Angst! Auch haben wir es nicht geschafft, Ihnen klar zu machen, dass es eben nicht so einfach ist, Kohlekraftwerke abzuschalten. Daß es nicht unserer Borniertheit geschuldet ist, das wir nicht früher angefangen haben, fossile Verbrennung abzuschaffen.

Nun ist das Kind im Brunnen bzw. auf der Straße! Jetzt wird es schwer werden. Sie werden uns nicht mehr glauben. Wenn man es versucht, kommen einem Worte wie Hass, Panik, Bedrohung, Angst entgegen. Da hilft es wenig, dass Herr Lindner FDP den Schülern die Kompetenz in Sachen Klima abspricht. Woher soll sie denn kommen, Herr Lindner?

Wir (Alten) haben es verbockt!

 

 

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