Zur Struktur der Energiewende (Kurzfassung)

Zielsetzung

Es ist nicht das Ziel dieser Studie, ein optimales Energieversorgungssystem unter Verwendung heutiger technischer Lösungen auszulegen. Vielmehr geht es darum, die Charakteristiken und die Struktur des Prozesses Energiewende aufzuzeigen.

Das Projekt Energiewende umfasst den Neu- bzw. Umbau folgender Systeme:

  • Wandler so genannter Erneuerbarer Energien (EE), z.B. Windenergieanlagen (WEA) oder Photovoltaik (PV)
  • Speicher (für elektrische, thermische oder mechanische Energie), z.B. Li-Jonen Akkus oder Pumpspeicher
  • Energieübertragungsnetze (einschließlich aller Zusatzeinrichtungen)
  • Energieverbraucher
  • industrielle Wirtschaft

Das Hauptproblem der nutzbaren EE-Träger (z.B. Wind, Sonne, Wasser) sind ihre geringen und zeitlich nicht konstanten Energiedichten. Daran kann zukünftige Entwicklung nichts ändern. Daher sind Wandler und Speicher gigantischer Ausmaße erforderlich. Der Material- und Energieeinsatz für die Lieferung einer KWh ist deshalb um mindestens zwei Zehnerpotenzen (> Faktor 100) größer als bei Wandlern fossiler Energie.

Modellrechnung

Obgleich der Energiebedarf steigt, wird angenommen, er werde auf dem heutigen Niveau bleiben. Da die meisten Wandler elektrische Energie liefern, wird der elektrische Anteil um ein Vielfaches steigen. Es werden WEA als Wandler eingesetzt, da sie um den Faktor 3 effizienter sind als z.B. PV. Es werden Langzeitspeicher elektrischer Energie für ca. 2,7% der jährlich benötigten Energiemenge zur Kompensation der Volatilität der EE-Träger zugrunde gelegt. Dafür wird unterstellt, dass Kosten und Energieeinsatz für die Herstellung von Speichern deutlich unter dem jetzigen Niveau liegen werden und sich die Lebensdauer auf 20 Jahre verdoppeln wird. Die Übertragungsnetze von den dezentralen Wandlern zu den Verbrauchern werden für die vielfache Menge an Strom erweitert. Das emissionsfreie System soll in 40 Jahren (2021-2060) aufgebaut werden.

Es werden die verursachten Energieaufwendungen gegen gerechnet. Es wird unterstellt, dass der Aufwand des Umbaus zu (elektrischen) Verbrauchern und der Wirtschaft im Rahmen des Ersatzbedarfes aus dem laufenden Energiebudget erfolgt. Ebenfalls nicht berücksichtigt sind die Energieaufwendungen für Eigenverbrauch, Verluste und Wandlung elektrischer Energie z.B. in synthetische Kraftstoffe (z.B. für Flug- und Frachtverkehr). Die Einsparungen durch den schrittweise möglichen Abbau des fossilen Systems werden berücksichtigt.

Ergebnisse

  • Der Umfang des emissionsfreien Energieversorgungssystem hängt von der Differenz großer Zahlen ab: gewandelte Energie abzüglich Energieaufwand für die Herstellung, Nutzung, Entsorgung und den Ersatz aller erforderlichen technischen Einrichtungen.
  • Die Modellrechnung zeigt, dass die Umsetzung mit heute verfügbaren technischen Lösungen (insbesondere Speicher) einen Energieeinsatz erfordern würde, der über der Energielieferung des emissionsfreien Systems liegen würde.
  • Mit den Annahmen zukünftiger Entwicklungsergebnisse würde sich ein Wandler-Bedarf von ca. 1,8 Mio. WEA (1,5 MW) ergeben. Wegen der Lebensdauer (20 Jahre) müssten dazu ca. 3 Mio. WEA in 40 Jahren errichtet werden. Im Mittel müssten jährlich 2,5-mal so viele WEA errichtet werden wie in den vergangenen 20 Jahren zusammen. Das ergäbe eine Wandler-Dichte von 11 WEA pro km2(Abstand 300 m) über die gesamte Agrarfläche Deutschlands. Die Ausbeute hängt vom Standort, der Dichte WEA/km2und dem Wetter ab. Entsprechend ungünstig wäre die mittlere erzielte Ausbeute.
  • Da ab 2061 die jährliche Nutzung des emissionsfreien Systems etwa soviel Energie benötigt wie Haushalte, Handel, Gewerbe und Dienstleistungen zusammen, muss sie zusätzlich erzeugt werden. Das bedeutet, dass sich die Gesamtmenge des über das Netz zu übertragenden Stromes versiebenfachen würde. Die maximal mögliche Überschussleistung (bei Starkwind) wäre zeitweise bis zu 33-mal so groß wie die maximale Leistung aller heutigen Kraftwerke und müsste den dezentralen Speichern zugeführt werden.
  • Der Energieaufwand für den Aufbau des emissionsfreien Systems in 40 Jahren würde der Lieferung aller heutigen Kraftwerke in 70 Jahren entsprechen. Ab 2027 erzeugt das System im Aufbau erstmalig einen Energieüberschuss und bis 2031 könnten die fossilen Kraftwerke schrittweise stillgelegt werden. Im Jahr 2032 würde die CO2-Emission um ca. 43% unter dem heutigen Wert liegen.
  • Für die Herstellung des emissionsfreien Systems würden in 40 Jahren ca. 4,1 Mrd. t Materialien verarbeitet: für WEA ca. 2,7 Mrd. t (u.a. ca. 660 Mio. t Stahl und Eisen, 50 Mio. t Kupfer, 0,6 Mio. t Aluminium, 40 Mio. t Kunststoffe, 1.900 Mio. t Beton), für Speicher ca. 1 Mrd. t und für Netze ca. 0,4 Mrd. t.
  • Die Kosten für den Aufbau und die Nutzung des emissionsfreien Systems liegen in den ersten 40 Jahren bei ca. 30 Billionen € (Wandler 4 Bio. €, Speicher 25 Bio. €, Netzausbau ca. 0,6 Bio. €) abzüglich ca. 4 Bio. € für das nicht mehr benötigte fossile System.
  • Die laufenden Kosten für Erhalt und Nutzung des emissionsfreien Systems ab dem Jahr 2061 lägen bei ca. 900 Mrd. €/a. Davon abzuziehen sind die Einsparungen für das fossile System in Höhe von ca. 200 Mrd. €/a.
  • Teilt man die Investitionskosten für die jährliche Kapazitätserweiterung (ohne Zinsen) durch die damit während der nächsten 20 Jahre gewandelte Energie, erhält man im Jahr:
    • 2021 (Standort mit einer Wandler-Ausbeute von ca. 30 % an der S-H Westküste, nur WEA und Nutzung, keine Speicher, kein Ersatzbedarf): ca. 0,02 €/KWh.
    • 2031 (WEA, Netze und Speicher, Ausbeute ca. 25%): ca. 0,14 €/KWh.
    • 2041 (WEA, Netze und Speicher, Ersatz, Ausbeute ca. 17%): ca. 0,65 €/KWh.
    • 2061 nach Abschluss des Aufbaus (nur Ersatzinvestition und Nutzung) für die vom System gelieferte Energie: ca. 0,27 €/KWh.
      • Ähnlich sind die Zusammenhänge zwischen gelieferter EE und Vermeidung von CO2. Mit der ersten errichteten WEA könnte man mit einer KWh investierter Energie ungefähr 16 kg CO2in 20 Jahren vermeiden, mit der letzten WEA nur noch ca. 3,4 kg.

Resümee

Modellrechnungen lassen sich mit allen möglichen Kombinationen von technischen Lösungen variieren. Der häufigste Fehler politischer Betrachtungen ist, dass die Energieinvestitionen vernachlässigt werden. Grundsätzliche Erkenntnisse sind:

  • Es gibt keine EE. Es bleibt zudem unerwähnt, dass die enormen Materialressourcen für den Aufbau und die Nutzung des emissionsfreien Systems nicht erneuerbar sind.
  • Die Kosten je gelieferter KWh sinken nicht, sondern steigen mit zunehmendem Ausbau.
  • Je mehr Arbeitsplätze durch das emissionsfreie System entstehen, desto teurer wird es.
  • Für jede zusätzlich vermiedene Menge CO2steigen die Aufwendungen.
  • Komplexe Vorhaben erfordern komplexe Lösungen (Gesetz von John Casti). Das heutige simple Subventionssystem der Energiewende ist ineffizient. Etwa 60% der jährlichen Subventionen bewirken keine CO2-Reduktion.Für jeden in die Energiewende investierten Euro sollte die maximalevermiedene Emissionzugrunde gelegt werden. Auch Energiesparen kostet große Mengen Energie.
  • Erst wenn umsetzbare technische Lösungen vorhanden sind, sollte mit dem weiteren Ausbau eines emissionsfreien Energieversorgungssystems begonnen werden.

Die Langversion der Studie kann hier Struktur der Energiewende _Oktober 2018_ eingesehen werden.

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Über den Autor;

Prof. Dr. Gonde Dittmer hat Elektrotechnik studiert und wurde in Mathematik promoviert. Danach war er Dozent an der Technischen Universität Darmstadt (Hochfrequenztechnik), Selbständiger Unternehmensberater, Vice President, international tätige Anlagenbaufirma (5.000 Mitarbeiter), Mitglied des Vorstandes, international tätiges Automobilzulieferunternehmen (10.000 Mitarbeiter), Ressort „Technik und Vertrieb“ weltweit, Aufsichtsratsvorsitzender des obigen Unternehmens, Aufsichtsratsvorsitzender eines IT Unternehmens und Professor an der Fachhochschule Kiel (Regelungstechnik, elektrische Antriebe).. und nahm auch noch weitere öffentliche Funktionen wahr. Mehr Details dazu hier