Offensichtlich sind die Maßnahmen des Gesetzgebers ungeeignet, Emissionsminderungen zu erreichen, wie sich zuletzt am 13. Deutschen Energiekongress in München zeigte.

Das zunehmende Auseinanderklaffen von Anspruch und Wirklichkeit bei den klimapolitischen Zielen Deutschlands wird mittlerweile auch im Ausland wahrgenommen. Deutschland, das sich vor wenigen Jahren noch als Vorreiter bei den CO2-Emissionsminderungen geriert hat, ist in zehn Jahren nicht entscheidend weitergekommen. Im Stromsektor stagnieren die Emissionen, im Verkehrssektor steigen die Emissionen an und im Wärmesektor gehen sie kaum zurück. Dies liegt sicher nicht daran, dass es zu wenige staatliche Maßnahmen mit dem Ziel von Emissionsminderungen gäbe, aber offensichtlich sind es die falschen. So wurde dies auf dem 13. Deutschen Energiekongress diskutiert, an dem vor allem die deutschen Stadtwerke hochrangig vertreten waren.

Dass der Stromerzeugungssektor seine Emissionen in zehn Jahren des intensiven Ausbaus von wetterabhängigen Umgebungsenergien kaum senken konnte, zeigen Zahlen des Umweltbundesamts. Erstens wurden diese kleinen Absenkungen aber mit vielen EEG-Milliarden viel zu teuer erkauft, und zweitens führt eine Verringerung in Deutschland im Rahmen des Europäischen Emissionshandelssystem ETS nur zu einer Verlagerung der deutschen Emissionsrechte ins Ausland.

Die Politik des einseitigen Ausbaus wetterabhängiger Umgebungsenergien wurde auf dem Energiekongress aber als alternativlos hingenommen. Mehrfach war davon zu hören, dass die Chefs der lokalen Energieversorger die politischen Vorgaben mit Verweis auf die angeblich hohe Zustimmungsrate von 80 Prozent der deutschen Bevölkerung für den Ausbau von Wind- und Solarkraftwerken (WSK) nicht in Frage stellen. Dies, obwohl jedem bewusst war, welch enormen Zusatzkosten für Netzausbau gerade in Verteilnetzen und Redispatch-Maßnahmen zur Stabilisierung der Stromnetze bei WSK-Produktionsschwankungen verursacht werden. Da sich die Aufsichtsräte der Energieversorger überwiegend aus Politikern zusammensetzen, ist verständlich, warum sie die stark gestiegenen Gesamtkosten der Stromversorgung kaum thematisieren können.

Roger Miesen (RWE) erwähnte, dass bei weiterem Zubau an WSK die regelbare Leistung der Gaskraftwerke immer mehr benötigt würde. Dies wären dann aber nicht moderne GuD-Kraftwerke, sondern weniger effiziente Gasmotoren. Wegen ihres geringeren Wirkungsgrads hätten diese höhere Produktionskosten und würden erst bei Strompreisen von 90 – 100 EUR/MWh wirtschaftlich. Solche Preise müssten also künftig häufiger werden und würden die Durchschnittskosten der Stromproduktion anheben, aber auch die CO2-Emissionen wieder ansteigen lassen.

Helmar Mendez (LEAG, ein Braunkohle-Stromproduzent) bestätigte die auch hier geäußerte Aussage, dass es im heißen Sommer gerade Kernenergie und Braunkohle waren, die die Stromversorgung sichergestellt hätten. Auch Steinkohlekraftwerke hätten wegen der niedrigen Wasserstände nicht nur ein Kühlproblem gehabt, sondern auch die Versorgung mit Importkohle über die ausgetrockneten Wasserwege sei nicht mehr sichergestellt gewesen. Gaskraftwerke hätten gleichfalls mit Lieferengpässen zu kämpfen gehabt. Für die Versorgungssicherheit wären daher genau die Braunkohlekraftwerke derzeit unverzichtbar, die von der Politik derzeit bekämpft werden.

„Beruhigend“ war daher die Einlassung von Patrick Graichen (Agora), der sich sicher war, dass es auch bei einem Kohleausstieg nicht zu Stromausfällen kommen würde. Die Gefahr unkontrollierter Netzzusammenbrüche wurde von den meisten Teilnehmern in der Tat als gering angesehen – zu hoch ist der professionelle Stand der Ingenieure der Übertragungsnetzbetreiber – dass es aber bei Strommangel nicht zu stundenweisen Lastabwürfen ganzer Regionen kommen würde, wurde unter den Teilnehmern stark diskutiert.

Stadtwerke fordern Technologieoffenheit der Energiepolitik

Keiner der Gesprächspartner war sich vor allem im privaten Gespräch sicher, dass die steigenden Herausforderungen aus wetterbedingten Schwankungen der WSK auch künftig gelöst werden könnten. Daher forderten die Teilnehmer, dass die Politik keine technischen Vorgaben hinsichtlich von Lösungen machen sollten, sondern Emissionsziele beispielsweise über das Europäische Emissionshandelssystem ETS vorgeben müsste. Viele dezentrale Lösungen funktionierten in der Praxis, weil Techniker vor Ort die Entscheidungen treffen dürften, was am jeweiligen Standort wirtschaftlich und technisch funktioniert. So wurden mehrere Beispiele von Niedrig-Emission-Systemen, wo Strom- und Wärmeversorgung gekoppelt würden, vorgestellt. Diese mit detaillierten politischen Vorgaben zu beeinflussen, führe zu unnötig höheren Kosten und schlechteren Ergebnissen insgesamt.

Überhaupt: Die Sektorkopplung. Den Wenigsten dürfte bewusst sein, was es bedeutet, wenn sowohl Wärme- als auch Mobilitätssektoren auf elektrische Energie umgestellt würden. Norbert Breidenbach (mainova) zitierte eine Studie für Frankfurt. Dort beträgt die Kapazität des Gasnetzes ca. 4 GW, die des Stromnetzes ca. 1 GW. Um nun alle Gasheizungen auf Wärmepumpen umzustellen, müsste das Stromnetz mehr als verdoppelt werden, die meisten Häuser müssten umgebaut werden, jahrzehntelanges Verkehrschaos in der Stadt wäre die Folge.

Bei der Elektromobilität gibt es in kleinem Maßstab auch viele gute Lösungen. Öffentliche Parkplätze mit Stromanschluss werden allerdings nur zu 4 Prozent ausgelastet und rechnen sich derzeit nicht. Die heutigen Besitzer von Elektroautos können sich also offensichtlich zu Hause und am Arbeitsplatz in ausreichendem Maße mit Strom versorgen. Sollte die Elektromobilität allerdings populärer werden, müssten nach Aussagen eines BMW-Vertreters umfangreiche Steuersysteme aufgebaut werden, mit denen die Ladevorgänge in einem Stromnetz koordiniert würden, um Belastungsspitzen zu vermeiden. Bei ca. 3.600 Kilowattstunden Jahresverbrauch von E-PKW müssten zudem bei Voll-Elektrifizierung des Individualverkehrs weit über 100 TWh neu produziert werden, was mit WSK keine Aussicht auf Erfolg hat. Daher könne die Voll-Elektrifizierung kein politisches Ziel sein, die Nutzung von Erdgas, Wasserstoff und synthetischen Kraftstoffen sei auch eine mögliche Lösung, die parallel zu Batterien vielversprechend sei, um den CO2-Ausstoß des Individualverkehrs abzusenken.

Die Regulierung im Wärmesektor hat kaum messbare Ergebnisse erbracht

Im Wärmesektor wurde kaum ein gutes Haar an der bestehenden Regulierung gelassen. Die Energie-Einsparverordnung (EnEV) wurde über Jahre immer weiter verschärft und zwinge die Bauherren dazu, immer mehr in Dämmung zu investieren ohne Rücksicht auf Wirtschaftlichkeit und tatsächlicher Energieeinsparung. Wir seien gar ein „Volk der Dichter und Dämmer“ geworden, spitzte Axel Viehweger vom Verband Sächsischer Wohnungsgenossenschaften einen bekannten Spruch treffend zu. In der Praxis funktionierten Passivhäuser nicht. Die Menschen fühlten sich in ihren abgedichteten Häusern nicht wohl, lüfteten daher mehr und ihre Wohlfühltemperatur, auf die sie ihre Heizungen einstellten, sei in den letzten Jahren deutlich gestiegen.

Überhaupt sei es technisch nahezu unmöglich und wirtschaftlich unzumutbar, sämtliche Heizungen auf Wärmepumpen umzustellen. Der Gesamtenergiebedarf für Strom läge bei 580 TWh/a, der für Wärme dann bei ca. 1.300 TWh/a. Leitungsnetze und Stromproduktion müssten für die Elektrifizierung aller Heizsysteme massiv ausgebaut werden, was mit WSK wegen deren hohen Flächenverbrauch nicht möglich sei und wegen der wetterbedingt schwankenden Stromproduktion zu langen Ausfallzeiten für Heizungen führen könne.

Die Sanierung der Altbauten kommt unter den Rahmenbedingungen nur sehr langsam voran. Gerade bei sehr altem Bestand, wo je Wohneinheit Einzelthermen eingebaut seien, wäre eine Umstellung auf eine effiziente Zentralheizung nahezu so teuer wie ein Neubau. Viehweger stellte daher gerade im Hinblick auf die steigenden Mieten den einseitigen Fokus der Politik auf Dämmung – also Energieverbrauchsabsenkung – in Frage, und regte an, stattdessen an CO2-armen Brennstoffen zu forschen. Auch gebe es andere wirkungsvolle Maßnahmen, wie ein anderer Teilnehmer anmerkte. Beispielsweise liefen 70 Prozent der Viessmann-Heizkessel einer Erhebung zufolge vier Jahre nach Einbau noch mit Werkseinstellungen. Alleine die Nachjustierung der Steuerungssoftware könne ein Zehntel der Heizenergie einsparen.

Auch die derzeitigen Regelungen für Mieterstrommodelle wurden angegriffen. Sie seien überkomplex formuliert und verhinderten daher gerade eine Verbreitung. Dabei sei ein „Kollateralnutzen“ des Einbaus einer PV-Anlage, dass dabei auch das Dach saniert werden müsse, dabei gedämmt werden könne und damit der Gesamtenergiebedarf der Immobilie absinke.

Die Forderungen der Teilnehmer waren, dass der Staat die Regulierung via Ordnungsrecht und Vorschriften generell überdenken möge. An vielen Beispielen machten sie klar, dass bestehende Regulierung eines Fachressorts nicht ausreichend mit anderen Fachressorts abgestimmt sei. Der Ruf nach bezahlbarem Wohnraum der Sozialpolitiker vertrage sich nicht mit immer teureren Dämm-Maßnahmen aus Vorschriften der EnEV. Die Steuergesetzgebung und EEG-Vorschriften verhinderten die Verzahnung von Mieteinkünften mit (heutzutage gewerblichen) Einkünften aus Stromproduktion.

Regulierung abschaffen und durch technologieneutrale Fördermodelle ersetzen

Generell muss sich der Staat die Frage stellen, wie er die existierenden, überkomplexen und erfolglosen Regelungen massiv zusammenstreichen kann. Bei jeder Regulierung sollte gefragt werden, welches Ziel erreicht werden soll, und mit welchen Regeln dieses Ziel am effizientesten erreicht werden kann. Dann sollten technologieneutrale Regelungen eingeführt werden, und allenfalls Fördermodelle sollten Investitionen in Energieeffizienz bei Strom, Wärme und Mobilität erleichtern.

Dr. Björn Peters ist Ressortleiter Energiepolitik beim Deutschen Arbeitgeberverband e.V.

Der Beitrag erschien zuerst auf der Website des DAV hier

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