Deutschlands Fiasko bzgl. grüner Energie führt zu Abhängigkeit von russischem Gas

Versteckt in Kiefernwäldern nahe der verödeten Stelle, an dem einst der größte Kernreaktor Ostdeutschlands stand, tauchen zwei kleine Pipelines aus der Ostsee auf. Sie markieren die Stelle, wo Angela Merkel versucht, die Energiezukunft ihres Landes zu sichern.

Nicht weit von der Hansestadt Greifswald – ein Gebiet, welches Merkel als Abgeordnete im Parlament vertritt – will die Kanzlerin eine Erweiterung der Pipeline für 10 Milliarden Dollar, um die aus Sibirien importierte Menge Erdgas erhöhen zu können – aus einer Entfernung von über 3000 km.

Das Projekt unter Federführung der staatlich russischen Gazprom PJSC hat zum Ziel, Deutschlands Vertrauen zu stärken, dass es genug Gas gibt, um einen beispiellosen Übergang von Kohle- und Kernkraftwerken, welche zur Schließung anstehen, durch eine von erneuerbarer Energie dominierte Zukunft durchzuführen.

Aber der Plan hat Gegner, sowohl bei Deutschlands Nachbarn als auch darüber hinaus.

Die in dem dünn besiedelten Gebiet lebenden Menschen haben inzwischen fast 160 Eingaben gemacht. Die Zustimmung vor Ort ist immer noch unsicher, und an der Stelle selbst müssen noch zwei Wracks von Schiffen geräumt werden, die von der schwedischen Marine im 18. Jahrhundert versenkt worden waren. Die europäischen Verbündeten haben ebenfalls dagegen votiert – und zwar in der Sorge, dass das Projekt die Abhängigkeit bei der Versorgung von einem zunehmend antagonistischen Russland verstärkt – und in den USA wurden Energieunternehmen, welche Handel mit Russland treiben, mit noch härteren Sanktionen belegt.

Quelle: Nord Stream 2

„Es gibt außer Russland nicht viele Orte, von wo Deutschland rasch große Mengen Gas bekommen kann“, sagte Jonathan Stern, Vorsitzender und Forschungsleiter am Natural Gas Research Programme des Oxford Institute for Energy Studies.

Als schon jetzt größter Gasverbraucher Europas bekommt Deutschland etwa 40% seines Gasbedarfs aus Russland, dem weltgrößten Exporteur. Diese Abhängigkeit wird bis 2025 um über 50% zunehmen, vor allem angesichts des erwarteten Rückgangs des Outputs der Niederlande während der kommenden Jahre.

Das Gazprom-Projekt mit der Bezeichnung Nord Stream 2, wird auch Lieferungen in andere Gebiete Europas ermöglichen, was Deutschland zu einem sogar noch wichtigeren Knotenpunkt für die Verteilung im ganzen Kontinent macht. Russland versorgt bereits über 20 Länder mit Gas zum Betrieb von Kraftwerken, zum Heizen der Wohnungen und zur Herstellung von Chemikalien.

Verdoppelung der Transporte

Der bestehende Link wurde 2011 in Betrieb genommen und verläuft 1224 km unter der Ostsee hindurch von Vyborg, Russland, nach Lubmin. Damit können 55 Milliarden Kubikmeter Gas geliefert oder zwei Drittel des deutschen Bedarfs gedeckt werden. Die Erweiterung wird dies verdoppeln.

„Nord Stream 2 dient nicht nur zum Decken einer zusätzlichen Nachfrage, sondern auch dazu, die Gasversorgung an die kosteneffizientesten Transportwege anzupassen“, sagte Gergely Molnar, ein Analyst bei Wood Mackenzie in London.

Abbildung: Rohre warten auf das Verlegen bei Lubmin. Quelle: Nord Stream AG

Der Gastransport via Nord Stream nach Deutschland ist um 40% billiger als via Festlands-Pipelines durch die Ukraine, sagt Molnar. Im Mai kostete russisches Gas an der Grenze zu Deutschland 5,07 Dollar pro Millionen thermischer Einheiten und damit 28% mehr als zu einem 12-Jahre-Tief im September, aber 45% unter dem zehnjährigen Mittel. Das geht aus Daten des International Monetary Fund hervor.

Deutschland, UK, Frankreich, Belgien und die Niederlande werden wahrscheinlich von den niedrigeren Preisen profitieren. Gazprom würde auch die Transitgebühren einsparen, welche für die Benutzung von Pipelines in der Ukraine und in Polen gezahlt werden müssen. Nach dem Jahr 2019 plant das Unternehmen, den Durchfluss über die Ukraine zu reduzieren.

Deutschlands Genehmigungsprozedur bedeutet, dass Infrastrukturprojekte durch lokale Opposition verzögert werden können. Dazu soll es am 17. Juli in Stralsund eine Anhörung gegeben haben*. Inzwischen läuft Merkel die Zeit davon, noch die Klimaziele Deutschlands bis zum Jahre 2020 zu erreichen. Trotz der Energiewende wird das Land das Ziel der Kohlenstoff-Emissionen um 40% zu reduzieren wohl kaum erreichen.

Nach den Bundestagswahlen im September könnte die neue Regierung in der Pflicht stehen, Vorschläge zur Schließung von Kohlekraftwerken vorzulegen, welche noch etwa 40% des Stromes in Deutschland erzeugen. Einem 76 Seiten starken Manifest zufolge sieht Merkels regierende CDU einen „mittel- bis langfristigen Ausstieg“ aus Braunkohle und Kohle vorher.

[*Der Beitrag wurde vor diesem Termin geschrieben, deshalb steht die Ankündigung im Original im Futur. Was dabei herausgekommen ist, wird man wohl wieder nur im Internet erfahren, wenn überhaupt. Anm. d. Übers.]

Ausstieg aus der Kernkraft

Gas kann in fünf Jahren ein Fünftel der Energie in Deutschland erzeugen, was in etwa eine Verdoppelung des gegenwärtigen Niveaus wäre.

Deutschlands Weg zu einem System erneuerbarer Energie begann vor fast zwei Jahrzehnten. Der politische Impuls verstärkte sich nach der Kernkraft-Havarie in Fukushima im Jahre 2011, was Merkel zu der Entscheidung veranlasste, den Ausstieg aus der Kernkraft bis zum Jahre 2022 zu vollziehen.

„Langfristig braucht Europa ganz andere Mengen importierten Gases von zuverlässigen Lieferanten, und das Nord Stream-Projekt wird zum Rettungsring“, sagte Gazprom-Vize Alexander Medwedjev am 15. Juni…

„Wir brauchen unabdingbar eine Versorgung mit Gas, wenn Kohle nicht mehr verwendet wird“, sagte Klaus-Peter Trapp, ein Politiker aus Greifswald. „Dies kann Konsequenzen haben, falls sich das Verhältnis zwischen Russland und Deutschland verschlechtern sollte.

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Link: https://www.thegwpf.com/germanys-green-energy-fiasco-leads-to-dependence-on-russian-gas/

Übersetzt von Chris Frey EIKE