Doch wenn es der Klimarettung dient, gelten solche Betrachtungen nicht. Wie inzwischen in der Politik, wird auch dort jeder neue Messias zuerst einmal frenetisch bejubelt, wie es der Redakteur schon fast wie bei einer Stelle im Neuen Testament beschrieb:
WESERKURIER: [3] … Lauter Jubel brandet drauf. Die Menschen stehen am Ufer des Europahafens und applaudieren, rufen, jauchzen. Der Ökofrachtsegler „Avontuur“ fährt in den Hafen der Bremer Überseestadt ein.

Der Durchbruch im Ökotransport: Frachtsegler

Was war dazu der Anlass? Ein Durchbruch in der Ökogeschichte! Der leibhaftige Beleg, dass ein Frachtsegler (wieder) von Mittelamerika bis nach Bremen segeln kann, und das erstmals in der jüngeren Weltgeschichte wieder mit Bioware.
WESERKURIER: [3] … „Wir haben doch gerade bewiesen, dass es möglich ist, eine Fracht klimafreundlich über weite Seestrecken zu transportieren“… Mit dem Segelschiff „Avontuur“ erreichte nach Angaben der Verantwortlichen des Projekts Timbercoast erstmals ein Segelschiff mit Biokaffee die Stadt,
… diesmal sogar erweitert um den über lange Zeit verschmähten und nur noch aus sehr alten Filmen und fernen Ländern bekannten, ökogerechten „human power“-Weitertransport an Land:
WESERKURIER: [3] … Kurz vor 14 Uhr wurde dann auch der erste 69 Kilogramm schwere Kaffeesack der Bremer Marke Slokoffie mit einem Seilnetz an Land gehoben. In Kooperation mit dem Fahrrad-App-Anbieter „Bremen Bike it!“ wurden die Kaffeebohnen entladen und in die Rösterei Vollers am Speicherhof gebracht. Zahlreiche Freiwillige transportierten mit antiken Sackkarren aus dem Hafenmuseum und Lastenrädern die Säcke ins Lager. Muskelkraft statt Maschinen und Motoren …

Warum man die Möglichkeiten der über Jahrhunderte erfolgreich durchgeführten Segelschifffahrt neu mit einem uralten Frachtsegler beweisen muss, wird sich nicht jedem erschließen. Beim Klimawandel und der Ökofortbewegung scheint man aber zu viel an altbekannter Erfahrung verloren zu haben, weshalb auf diesem Gebiet so ziemlich alles neu erforscht und mit viel Aufwand ausprobiert werden muss. Gut, der anschließende Landtransport mit Lastenrädern gilt inzwischen auch amtlich als super-modern und dass antike Sackkarren mit dem Slogan „Muskelkraft statt Maschinen und Motoren“ unterstützen, kann ein Vorgriff auf eine noch kommende „Öko-Erneuerer Bewegung“ sein. Nicht unwahrscheinlich, dass Frau Hendricks diese neue Öko-Transport-Idee für den wirklich ganz CO2-freien Transport zum Klimaschutz als förderwürdig aufnimmt, zuerst ganz genau mit vielen Studien erforschen lässt um ihn dann flächendeckend zu sponsern.

Man mag zu dieser klimarettenden Tat stehen wie man will, doch ob es das ist, was sich der deutsche Bürger als Zukunft vorstellt, soll anhand einer kapitalistischen Betrachtung ergründet werden.

Hinweis: Eine solche Betrachtung wurde bereits im Artikel:
EIKE 25.04.2017: [6] Wo Klimaschutzprogramme bestimmen, spielen Sinn und Geld überhaupt keine Rolle mehr,
durchgeführt. Anhand dieser soll nur wieder ergänzend gezeigt werden, welcher offensichtliche Kostenirrsinn in den Klimaaktivitäten hinterlegt ist und diese sich vom Bau von Kirchtürmen zur Hagelabwehr in keiner Weise unterscheidet.

Kostenschätzung der halben Reise mit Lastentransport

Der Frachtsegler war mit 15 Personen Besatzung 8 Monate unterwegs. Auf der Rückfahrt hat er von Honduras 20 Tonnen Bio-Kaffeebohnen und 2 Fässer Rum sowie weitere mit Gin nach Kiel transportiert.
Für die Abschätzung wird weggelassen, dass alleine das Herrichten des Frachtseglers durch 160 Freiwillige 1,6 Millionen EUR gekostet hat [5], also nicht wenig Verzinsung bindet. Auch der wegweisende, CO2-freie Weitertransport in Kiel durch Muskelkraft vieler Freiwilliger mit antiken Sackkarren wird kostenmäßig nicht berücksichtigt. Sehr wohlwollend werden auch die erheblichen Aufwendungen für die Hinfahrt nach Honduras weggelassen, denn man hätte da auch schon Fracht transportieren können.

Doch auch ohne dies ist das Ergebnis ökonomisch ein Desaster und zeigt überdeutlich, warum diese Art der Frachtsegelei schon vor längerer Zeit sofort aufgegeben wurde, als Alternativen aufkamen.

Für die Rücksegeltour bleiben an Aufwendungen:
-Gesamtreise: 15 Personen, Reisedauer 8 Monate = 120 MM
-Rückreisedauer der Lastsegel-Fahrt: 60 MM, zzgl. anteiligem Jahresurlaub von 4 Wochen, ohne Krankheitszeiten
-Mindestlohn: 8,84 EUR/h
Netto-Lohnkosten der Rückreise-Lastsegel-Fahrt: 60 MM x 30 Tage x 10 h x 8,84 EUR/h = 159.120 EUR

Lässt man den Schnaps als Beiladung beiseite, dann ergeben alleine die gesetzlichen Mindestlohnkosten für jedes Kilo Kaffee einen Betrag von 8,9 EUR / kg. Man darf also von wahren Frachtkosten im Bereich erheblich über 10 EUR / kg, weit realistischer jedoch von erheblich über 20 EUR / kg Kaffee ausgehen.

Der CO2-Nutzen

Spaßeshalber ist anbei der CO2- Ausstoß der Transportfahrt mit einem Tanker gelistet:

Bild: CO2-Ausstoß einer Frachtfahrt von Honduras nach Bremen. Quelle: ARKTIK CO2-Logistikrechner

Man betrachte die Genauigkeit der CO2-Berechnung auf fünf Stellen und Cent. Es ist eine besondere Eigenschaft der Klimawandel-Forscher, dass ihre Ergebnisse extrem genau sind (da Computer ohne extra Einstellung nicht runden und in dieser Zunft eine unübertroffene Computergläubigkeit herrscht), obwohl beispielsweise der CO2-Forcingwert aktuell eine gelistete Spanne zwischen 0,15 und 6 Grad pro CO2-Verdopplung ausweist und in inzwischen bei unter, oder bis zu ca. 1 °C vermutet wird (Anm.: „offiziell“ gilt der Sensitivitätswert aufgrund alter IPCC-Berichte von 3°C) .

Bild: Spanne der CO2-Sensitivität nach aktuellen Studien. Quelle: [7]

Es wird auf 4 t CO2 aufgerundet und mit dem viel zu hohen IPCC-Forcingwert von 3°C gerechnet. Damit berechnet sich der „Klimawandel-Einfluss“:

4 Tonnen CO2 entsprechen 0,51 x 10-9 ppm Atmosphärenbestandteile.
Auf 1 Millionen Luft-Moleküle mit anteilig 400 CO2-Molekülen wären durch einen kraftstoffgebundenen Seetransport also 0,0000005 Stück CO2-Moleküle dazu gekommen.
Der „Klimanutzen“ der alternativ durchgeführten Segelfracht beträgt rein rechnerisch:
5,5 x 10-12 °C, ausgetippt: 0,000000000005 °C (mit dem wahrscheinlichen Forcingwert davon etwa 1/3).
Und somit zeigt sich wieder, was im Artikel zur Berliner Stadtreinigung [6] bereits ausgeführt wurde: Beim Klimawandel gibt es keine Logik mehr, sondern Nachplappern und blanke Hysterie, verbunden mit einer tiefen Ökogläubigkeit:
WESERKURIER: [3] … Der Kaffeetransport mit der „Avontuur“ produziere übrigens mindestens 90 Prozent weniger Kohlenstoffdioxid gegenüber den herkömmlichen Lieferwegen per Flugzeug oder Containerschiff

Wirklich niemand hat etwas davon, außer ein paar Aktivisten ein ruhigeres Gewissen

Alleine damit ist wieder der Unsinn dieser Art Ökoidealismus belegt. Niemand hat davon wirklich etwas. Weder die Bauern in Honduras, denen schon ein geringer Teil der horrenden Frachtkosten weit mehr helfen würde, noch die vielen Transportmitarbeiter (sofern sie und ihre Familien sich davon ernähren müssten und es nicht nur als „Öko-Lustfahrt“ betrachten). Das Klima schon gar nicht und dem Eigner kann man sowieso die baldige Pleite vorhersagen, sofern sich dafür nicht schnell zusätzliche Sponsoren finden.

Doch wenn es der Klimarettung dient, gelten solche Betrachtungen nicht. Dafür ist Armut eine Verheißung [4], welche von Medien und (vielleicht) auch Bürgern inzwischen – noch mangels Erkenntnis – begrüßt wird.
WESERKURIER: [3] … die neben Abenteuern den nachhaltigen Handel auf See erlernen. Sie verbinde die Begeisterung für das Projekt des emissionsfreien Seetransports und vor allem die Nachhaltigkeit. Die See hat die Besatzungsmitglieder gezeichnet: Sie sind braun gebrannt, die Haare durch die Seeluft wuschelig und das Salzwasser heller geworden, mehrere Männer tragen Vollbart.
Leider beschreibt und erklärt dies viel (über den Zeitungsredakteur), aber bestimmt nicht das wahre Frachtsegelleben. Wer dieses wirklich erfahren möchte, sollte in alten Biografien nachlesen, was für eine schlimme Zeit es für die einfachen Matrosen war, vergleichbar den früher am Existenzminimum lebenden Knechten (und Mägden) bei den Bauern.

Dank an ScienceScepticalBlog für den Hinweis: [1] Avontuur: Die Zukunft der Frachtschifffahrt?

Quellen

[1] Science ScepticalBlog: Avontuur: Die Zukunft der Frachtschifffahrt?

[2] FOCUS ONLINE: Kaffee, Gin und Rum: Ökosegler „Avontuur“ wieder in Bremen

[3] WESERKURIER: Ökosegler „Avontuur“ legt am Europahafen an

[4] EIKE 18.04.2016: Kirche und Klimawandel Viel „Mensch“, viele Bibelsprüche, die Orientierung vom PIK, von kritischer Reflexion keine Spur

[5] NDR.DE: Ahoi: Öko-Frachtsegler „Avontuur“ sticht in See

[6] EIKE 25.04.2017: Wo Klimaschutzprogramme bestimmen, spielen Sinn und Geld überhaupt keine Rolle mehr

[7] Climate Etc: Climate models versus climate reality

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