Ein Problem? Zunächst ein Beispiel, das scheinbar nichts damit zu tun hat. Ein zwölfjähriger Junge überlegte, in einen Ruderverein einzutreten. Er hatte noch gar nicht gerudert, da bekam er ein Schreiben vom Deutschen Olympischen Komitee, man hätte ihn für die übernächste Olympiade als Mitglied der deutschen Rudermannschaft ausgewählt. Das Einverständnis der Eltern läge vor, ebenso das der Schule, denn die müsste er doch ziemlich vernachlässigen. Von Montag bis Freitag hätte er täglich 4 Stunden zu trainieren, samstags 6 Stunden, und sonntags hätte er 2 Stunden Theorie. Wesentlich wäre die richtige Ernährung; es wurde aufgezählt, was er nicht mehr essen durfte, zufällig genau das, was seine Lieblingsspeisen waren. Der Junge war entsetzt. So hatte er sich das Rudern nicht vorgestellt. Erst als er so richtig verzweifelt war, ließ die Familie die Katze aus dem Sack: Er solle doch einmal auf das Datum des Schreibens achten: 1. April! Die Familie hatte das Schreiben selbst fabriziert. So geht Kindererziehung heute!

Zeitungsausriss HAZ vom 3.4.17 über die Asse

Der Sinn dieses Scherzes war natürlich nicht, nur vor gefälschten Schreiben zu warnen. Der Junge sollte lernen, dass man nichts glauben darf, es sei denn, es passt zu den Kenntnissen, die man selbst auf dem betreffenden Gebiet hat.

Wie unangebracht Vertrauen in „Qualitätsmedien“ ist, zeigt der Artikel der HAZ (s. Anlage 2). Zunächst kommt eine Lüge: „Warnungen, dass Wasser einlaufen könnte, wurden ausgeblendet.“ Nein, damit wurde nicht nur gerechnet, sondern man hat einen aufwändigen Versuchsraum hergerichtet und zwei Leute bezahlt, mich und einen Chemieingenieur, um Daten darüber zu erhalten, wie sich im Fall eines Wassereinbruchs die radioaktiven Stoffe aus den Abfallfässern herauslösen werden. Diese Versuche liefen seit 1979, 9 Jahre vor dem wirklichen Wasserzufluss. Ich musste darüber viele Berichte schreiben, an das Bergamt, an Ministerien, nach Brüssel. Über GOOGLE findet man (HOBSY-Startseite-Hinsch, Keßler) eine allgemein zugängliche Veröffentlichung von 1985.

Im Artikel der HAZ wird sonst nicht mehr direkt gelogen, aber mit Worten wie „Marodes Bergwerk, Skandal, Schlampereien, schlechte Erfahrungen“ der Eindruck vermittelt, böse und inkompetente Menschen hätten da eine höchst gefährliche Situation hinterlassen.

Tatsächlich hat man in deutscher Gründlichkeit radioaktive Abfälle mehr als einen halben Kilometer unter die Erde gebracht. Solche Abfälle kommen in Ländern wie Frankreich allenfalls 10 m unter die Erde, und dort trotz Abdichtung irgendwann mit Grundwasser in Kontakt. Vergiftet wird dadurch niemand.

Wirklich an der Oberfläche liegt künstliche Radioaktivität in der Umgebung von Fukushima, unabsichtlich natürlich. Aber ist das gefährlich? Nein, sagt die Weltgesundheitsorganisation, eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes ist nicht zu erkennen und wird sich auch in Zukunft nicht zeigen. Ebenso schreibt UNSCEAR (United Nations Scientific Committee on the Effects of Atomic Radiation): Nicht einmal bei den Arbeitern, die wirklich hohen Dosen ausgesetzt waren, zeigen sich Gesundheitsschäden. Nach den Erkenntnissen von nunmehr über 100 Jahren strahlenbiologischer Forschung ist auch nichts anderes zu erwarten.

Kann man da Befürchtungen für die Anwohner der Asse haben? Heute beträgt die Aktivität der Abfälle in der Asse weniger als 1 % dessen, was in Fukushima verstreut wurde, und die Aktivität in der Asse wird von Jahr zu Jahr geringer. Es bleibt ein langlebiger Rest mit Halbwertszeiten über 30 Jahren, aber dessen Aktivität ist winzig und viel geringer als die natürliche Radioaktivität des Asse-Berges.

Neben „Lügenpresse“ sagt man auch noch „Lückenpresse“. Hierfür sind nun die Ausführungen im Artikel der HAZ über die Rückholung der Abfälle aus der Asse ein Beispiel. Die Sache wird so dargestellt, als wäre die Rückholung eine allgemein anerkannte Notwendigkeit. So ist es nicht, sie würde Milliarden kosten und wäre der reine Blödsinn. Bei der Anhörung des Bundestages vor der Verabschiedung eines Gesetzes, das gerade diesen Blödsinn bewirken soll, sagte ein Rechtsanwalt Gaßner, Vertreter der „Asse-Begleitgruppe“, über diese Rückholung herrsche ein breiter Konsens, jedoch: „Auf der Fachebene kann ein solcher Konsens nicht unterstellt werden.“ Also, für die Rückholung sind Leute, die von Radioaktivität nichts verstehen. Dass es die „Fachebene“ überhaupt gibt, wird von der HAZ ausgeblendet. Ganz bedeutend ist da Michael Sailer vom Ökoinstitut Freiburg, entschiedener Kernkraftgegner, aber eben Fachmann und daher ebenso entschieden gegen die Rückholung. Desgleichen einstimmig die Strahlenschutzkommission. Die zurzeit 20 Mitglieder dieser Kommission sind alles Fachleute, jeweils für 2 Jahre vom Umweltministerium berufen. Sie können also kaum als Lobbyisten der Atomwirtschaft bezeichnet werden.

Die HAZ stellt die Sache aber so dar, als ginge es bei der Rückholung nur um das wie und wann. Ausgeblendet wird die Frage „warum“. Diese Frage stellen Fachleute und kommen dabei zu dem Schluss: Man soll es sein lassen.

Kein Wort davon in der HAZ. Passend dazu ist ein Artikel der HAZ 2 Tage später, am 05.04.2017. „Mit mehr bürgerlichem Engagement gegen Fake-News“. Darum bemühe ich mich ja gerade. Welch ein Segen, dass es das Internet gibt! Im Artikel vom 05.04.2017 steht noch ein Witz: „Die Medien überprüften sehr genau, was richtig und was falsch sei.“

CDU/CSU, SPD, FDP und Grüne haben einstimmig ein Gesetz zur unbedingten Rückholung beschlossen. Dagegen stimmte nur die Linke, weil es ihr nicht scharf genug formuliert war.

Nun wird diese eigenartige Gesellschaft im nächsten Bundestag nicht mehr allein sein. Es wird eine neue Partei dazu kommen. Hoffen wir, dass deren MdB‘s auf der Grundlage von Logik und Tatsachen abstimmen.Ausschußdrucksache

 

 

 

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