Mit dem 1. Januar bin ich von meiner Stellung an meiner Fakultät bei Georgia Tech zurückgetreten.

Bevor ich zu einer ganzen Reihe von Themen Stellung nehme, möchte ich eine Frage beantworten, die sich der geneigte Leser stellen könnte: Ich beabsichtige nicht, der Trump-Regierung beizutreten (ha ha).

De jure ist mein Rücktritt ein Eintritt in den Ruhestand, bin ich doch im Georgia State Teachers Retirement System, und ich muss mich von Georgia Tech in den Ruhestand verabschieden, um meine Pension zu erhalten (obwohl ich noch ein paar Jahre vor mir habe bis zu meinem 65. Geburtstag). Ich habe um den Status als Emeritus ersucht.

Ich habe mich also von Georgia Tech zurückgezogen und habe nicht die Absicht, nach einer anderen akademischen oder administrativen Stellung an einer Universität oder in einer Regierungs-Agentur zu suchen. Allerdings werde ich mich mit Sicherheit nicht aus meiner beruflichen Tätigkeit zurückziehen.

Warum habe ich meine Stellung an der Fakultät aufgegeben?

Ich ziehe mich zurück nach 186 veröffentlichten Artikeln in Journalen und zwei Büchern. Vordergründig, weil ich mich anderen Dingen zuwenden möchte und ich mein Universitätsgehalt nicht mehr brauche. Für Georgia Tech ergibt sich dadurch die Gelegenheit, jemanden anders einzustellen. (siehe hier).

Die tieferen Gründe liegen jedoch in meiner Verdrossenheit mit Universitäten, dem akademischen Fachbereich der Klimawissenschaft und Wissenschaftlern.

Falsche Hosen

Seit meinem 5. Lebensjahr war ich in der Schule. Bis vor ein paar Jahren betrachtete ich eine Stellung an der Fakultät einer großen Universität als einen Traumjob, und ich konnte mir nicht vorstellen, jemals etwas anderes zu machen.

Unabhängig von meiner eigenen persönlichen Laufbahn und den ,Schocks‘, die im Jahre 2005 mit unseren Studien zu Hurrikanen und der globalen Erwärmung begannen sowie den massiven Stacheln der Jahre 2009 und 2010 durch Klimagate, habe ich erkannt, dass sich Universitäten während der letzten 5 bis 10 Jahre substantiell verändert haben.

Zuerst dachte ich, die Änderungen, die ich an der Georgia Tech beobachtet hatte, seien die Folge einer Änderung der höher stehenden Regierung (Präsident, Dekan usw.). Es war hart, dem akademischen Nirwana unter der Leitung von Georgia Tech von Wayne Clough, Jean-Lou Chameau und Gary Schuster zu folgen. Aber dann begann ich zu erkennen, dass es an Akademien und Universitäten in der ganzen Nation [= den USA] zu substantiellen Änderungen kam. Mir flatterte vor Kurzem ein Artikel auf den Schreibtisch, in dem teilweise beschrieben wird, was falsch läuft: Universitäten werden zu ,künstlichen Nachtigallen‘ (hier).

Das Entlohnungssystem für Mitglieder der Universitäts-Fakultät wird zunehmend kontraproduktiv für gerade Studierende, sie in die Lage zu versetzen, in der realen Welt zu denken und zu handeln und die Grenzen des Wissens in bedeutsamer Weise zu verschieben (zumindest in bestimmten, für die Öffentlichkeit relevanten Bereichen wie Klimawandel). Dazu habe ich schon früher Stellung genommen, und ich möchte hier nicht darauf herumreiten.

Warum soll man nicht einmal versuchen, das System von innen heraus zu verändern? Nun, dies ist keine Schlacht, die ich schlagen möchte, unabhängig von jedweder realistischen Einschätzung, in der Lage zu sein, das schwerfällige Untier von innen heraus zu bewegen.

Oder vielleicht ist es ein Fall ,falscher Hosen‘, soweit es mich betrifft. Universitäten fühlen sich für mich nicht mehr als der ,real deal‘ an (Anmerkung: Diese Kritik zielt nicht auf Georgia Tech, welche besser ist als die meisten Anderen). Es ist an der Zeit für mich, den Elfenbeinturm zu verlassen.

Ein entscheidender Faktor war, dass ich nicht mehr weiß, wie ich die Studenten und Doktoranden durch die VERRÜCKTHEITEN im Bereich Klimawissenschaft steuern sollte. Forschung und andere berufliche Tätigkeiten zahlten sich nur dann aus, wenn sie in bestimmte Richtungen gebündelt waren, die von einem politisierten akademischen Establishment genehmigt worden sind – Finanzierung, Erleichterungen bei der Veröffentlichung von Studien, in angesehene Positionen aufzusteigen, Termine bei angesehenen Komitees und Gremien, berufliche Anerkennung usw.

Wie man junge Wissenschaftler durch all das navigieren soll, liegt hinter mir, und oftmals wird daraus eine Schlacht zwischen wissenschaftlicher Integrität einerseits und Karriere-Selbstmord andererseits (ich habe in dieser Hinsicht mit einer Anzahl skeptischer junger Wissenschaftler zusammengearbeitet).

Man lasse mich das in Beziehung stellen zu einem Austausch mit einer Doktorandin vor einem Monat. Sie wollte mich als eifrige Leserin meines Blogs sprechen. Sie arbeitet in einem Bereich, der mit Sicherheit für Klimawissenschaft relevant ist, aber sie will sich nicht als Klimawissenschaftlerin bezeichnen. Sie sagt, dass sie andauernd aus allen Richtungen gefragt wird zu Themen bzgl. globaler Erwärmung, und sie wusste nicht, was sie antworten sollte, da Themen wie Zuordnung usw. nicht die Themen sind, die sie als Wissenschaftlerin erkundet. MANN, eine Wissenschaftlerin, die den Unterschied kennt! Ich riet ihr, ihren Kopf gesenkt zu halten und mit der Forschung fortzufahren, von der sie glaubt, dass sie interessant und wichtig sei, und sich aus der Klimadebatte herauszuhalten, ES SEI DENN, sie entschließt sich, sich persönlich da hineinzustürzen und ihr intellektuell zu folgen. Persönliche Meinungen über die Wissenschaft und politische Meinungen über Politik, die irgendwie mit Ihrer Forschungs-Expertise zusammenhängen, sind genau das – persönliche und politische Meinungen. Derartige Meinungen als beitragend zu einem wissenschaftlichen Konsens zu verkaufen, ist viel schlimmer als ein Witz.

Mit einem Rückzug aus all dem habe ich mich daran erinnert, dass ich Angestellte der Fakultät war – im Prinzip konnte ich machen, was ich wollte. Die intellektuellen Dinge, die mich jetzt interessieren, sind:

Einschätzung der Klimawissenschaft auf eine Art und Weise, die für politische Entscheidungen relevant ist unter voller Berücksichtigung der Unsicherheiten,

Die Erkundung der Philosophie wissenschaftlicher Themen im Hinblick auf die Erkenntnisse von Klimamodellen, Nachdenken über unsichere, komplexe Zusammenhänge

Entscheidungen treffen im Angesicht tiefer Unsicherheit

Soziologie der Wissenschaft und Experimentieren mit sozialen Medien.

Als ich zum ersten Mal im Jahre 2010 diesen Weg beschritten habe, veröffentlichte ich Studien, die man durchaus als auf Wissenschaft angewandte Philosophie bezeichnen kann (z. B Unsicherheits-Monster). Dies schien der Weg zu sein hin zum Erhalt akademischer ,Legitimität‘ im Lichte meiner neuen Interessen, aber ehrlich gesagt wurde mir dieses Spiel bald langweilig. Warum sollte man sich die Mühe machen, Studien zu veröffentlichen, mit Interviewern zu kämpfen die (normalerweise) weniger von deinem Thema wissen als man selbst (um deren ideologische Verzerrung nicht zu erwähnen), für die Veröffentlichung eines Artikels einige Monate im Voraus zu zahlen, damit vielleicht 100 Personen ihn lesen? Ganz zu schweigen von den umfassenderen Dingen in Beziehung zur Universitäts-Bürokratie, Finanzierung seitens der Regierung usw.

Hat man sich einmal von der akademischen Denkweise gelöst, ist die Veröffentlichung im Internet viel sinnvoller, und die Begutachtung, denen man auf technologischen Blogs ausgesetzt ist, ist erheblich extensiver. Aber Begutachtung ist nicht wirklich der Punkt; der ist vielmehr, die Menschen dazu zu bringen, in neuen Wegen zu denken. Mit anderen Worten, Wissenschaft als Prozess und nicht als Sammlung verordneter ,Wahrheiten‘.

An diesem Punkt denke ich, dass ich mehr Menschen erreichen kann (einschließlich Studenten und junge Forscher) mittels sozialer Medien. Tue ich so, als hätte auf all das eine Antwort? Nein, aber ich hoffe, Studenten und Wissenschaftler dazu zu animieren, über ihren Tellerrand hinaus zu denken.

Die reale Welt

Daher ist mein Fall aus dem Elfenbeinturm, der 2005 begonnen hatte, jetzt abgeschlossen (man schaue auf meinen Vortrag 2006 vor der AGU agu_integrityofscience_curry].

Siehe Bild oben!

Was kommt als Nächstes?

Ich bin daran interessiert, neue und bessere Wege zu finden, um mit Wetter- und Klimadaten zu arbeiten, mit Informationen zur Wettervorhersage und zukünftigen Klima-Szenarien, um Entscheidungen in der realen Welt zu stützen, die den Umgang mit Risiken betreffen und die mit der Wetter- und Klimavariabilität assoziiert sind.

Mein Interesse daran wurde vor über einem Jahrzehnt geweckt, und Peter Webster und ich gründeten ein Unternehmen, nämlich das Climate Forecast Applications Network (CFAN), um genau das zu tun. Falls man noch nicht auf diese Website gestoßen ist, sollte man das nachholen – www.cfanclimate.net – habe ich doch meine gesamte Winterpause damit verbracht, die Website zu überarbeiten nach einigen guten Vorschlägen von Larry Kummer von der Fabius Maximus-Website.

CFAN begann als ein Start-Up-Unternehmen der Universität im Jahre 2006, und bis vor einigen Jahren hatte ich keine Vollzeit-Mitarbeiter. Jetzt arbeiten 7 Wissenschaftler mit Ph.D. bei uns (zusätzlich zu Peter und mir selbst), plus Software-Entwickler usw. Nach meinem Rückzug aus Georgia Tech haben wir unser Unternehmen in eine neue Phase gelenkt, um Produktentwicklungen für neue Vorhersagen zu erkunden und Hilfsmittel für Entscheidungen zu entwickeln, neue Märkte, neue Partnerschaften, neue Gebiete.

Bisher stammte das Einkommen von CFAN aus dem Bereich ,Wetter‘ (Tage bis Jahreszeiten) mit einigen Projekten zur Entwicklung zukünftiger Klima-Szenarien. (Über das derzeitige Projekt habe ich einen Beitrag geschrieben: Generating regional scenarios of climate change).

Ich finde all dies außerordentlich interessant, herausfordernd und lohnend. Nicht zu erwähnen den enormen Zeitverbrauch (CFAN muss mehr Geld verdienen, damit wir weitere Personen einstellen können, die mich und die anderen Manager entlasten, die allesamt auf zu vielen Hochzeiten tanzen). Ich erfahre gewaltig viel über Entscheidungsfindung, Management, Marketing, Verkäufe, Finanzen usw.

An diesem Punkt scheint es mir, dass der private Bereich ein ,ehrlicherer‘ Platz für einen Wissenschaftler ist, der in einem politisierten Bereich arbeitet, als an Universitäten oder in Laboren der Regierung – zumindest wenn man sein eigener Chef ist.

Soziale Medien

Wohin führen also all meine Bemühungen mit sozialen Medien (einschließlich Climate Etc.)? Der Rückzug von meiner Stellung in der Fakultät und die Übernahme eines mehr als Vollzeit-Jobs mit dem Betreiben von CFAN bedeutet unter dem Strich weniger Zeit zum Bloggen und nicht mehr (zumindest in naher Zukunft).

Ich bleibe sehr interessiert am wechselseitigen Austausch mit sozialen Medien. Allerdings habe ich im vorigen Jahr deutlich weniger Zeit damit verbracht, Originalmaterial für Climate etc. zu schreiben. Unabhängig davon, dass ich vielfach beschäftigt war, verbrachte ich mehr Zeit auf Twitter (mit deutlich geringerem Zeitaufwand).

Ich werde mit einem neuen Blog für CFAN anfangen, mich mehr auf Wetter und kurzfristige Klimathemen konzentrieren (und relevante Postings bei Climate etc. bringen).

Ich möchte auch versuchen, häufiger kürzere Beiträge für Climate Etc. zu schreiben, mit kurzen Auszügen und Kommentaren auf einige Artikel, über die ich getwittert habe. Ich werde mich auf Gastbeiträge stützen für genauere technische Betrachtungen. Ich beabsichtige also definitiv, den Blog am Leben zu halten, aber im Zusammenhang mit einem sehr ausgefüllten Stundenplan.

Wir müssen abwarten, wie sich das alles entwickelt, aber ich habe erkannt, dass ich das Recht zum Erkunden habe und zu tun, was ich will. Dies ist meine Definition von akademischer Freiheit (und nicht jemanden aufzufordern, dafür zu bezahlen).

Link: https://judithcurry.com/2017/01/03/jc-in-transition/
Übersetzt von Chris Frey EIKE

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