An einem Zeitpunkt in diesem Monat lieferten die erneuerbaren Energiequellen kurz nahezu 90 Prozent der benötigten Energie in Deutschland Stromnetz. Aber das bedeutet nicht, dass die viertgrößte Wirtschaft der Welt nahe dran ist, mit Null-Kohlenstoff-Strom betrieben zu werden. In der Tat gibt Deutschland dem Rest der Welt eine Lektion, in wie viel schief gehen kann, wenn Sie versuchen, Kohlenstoff-Emissionen zu reduzieren, indem sie viel Windkraft und Photovoltaikzellen installieren.

Das Video zeigt die überlagerte EE-Strom-Einspeisung zeitgleich, aber nacheinander, für insgesamt 12 europäische Länder für das erste Quartal 2015. Deutlich zu sehen ist, dass die Täler sich kaum auffüllen, egal wie viele Länder hinzuaddiert werden. Nur die Spitzen werden überproportional höher. Damit ist einmal mehr belegt, dass die Behauptung der EE-Befürworter, dass bei Flaute in einem Land die Stromproduktion aus einem anderen Land zum Ausgleich verwendet werden kann, nicht zu halten ist. In der Flaute fehlt Strom, im Sturm ist er u.U. im Überfluss vorhanden. Europaweit und zeitgleich.

Nach Jahren des Rückgangs stiegen die Kohlendioxid-Emissionen in Deutschland im Jahr 2015 leicht an, vor allem, weil das Land viel mehr Strom produziert, als es braucht. Das geschieht, weil, auch in Zeiten, in denen erneuerbare Energien fast alle Energie ans Netz liefern kann, die Variabilität dieser Quellen es erfordert, dass Deutschland die konventionellen Kraftwerke im stand-by halten muss. Und da Deutschland seine Kernkraftwerke auslaufen lässt, verbrennen die anderen Kraftwerke in erster Linie „schmutzige Kohle“.

Jetzt ist die Regierung dabei ihre Energiestrategie, bekannt als Energiewende, neu zu starten. 2010 wurde sie in der Hoffnung, den Anteils des Landesstromes, der aus erneuerbaren Energien kommt, dramatisch zu erhöhen und die Kohlendioxid-Emissionen des Landes insgesamt auf 40 Prozent unter das Niveau von 1990 bis 2020 zu drücken (siehe „Das große deutsche Energie Experiment„). Was als nächstes geschieht, wird nicht nur für Deutschland kritisch sein, sondern auch für andere Länder die versuchen zu lernen, wie man am besten mehr Wind und Solar Online voranbringt, vor allem, wenn sie es ohne Atomkraft tun möchten.

Einige Aspekte der Energiewende waren erfolgreich: Auf erneuerbare Quellen entfielen fast ein Drittel des in Deutschland verbrauchten Stroms im Jahr 2015. Das Land ist jetzt der weltweit größte Solarmarkt. Deutschlands Kohlendioxid-Emissionen waren im Jahr 2014 um 27 Prozent niedriger als das Niveau von 1990.

Eine Expertenkommission wurde durch den Minister für Wirtschaft und Energie ernannt, diese sagten jedoch, dass das 40-Prozent-Ziel bis zum Jahr 2020 wahrscheinlich nicht erreicht werden kann. Und die Energiewende hat eigene Probleme verursacht. Da fossile Kraftwerke die Stromproduktion als Reaktion auf ein Überangebot nicht leicht drosseln können, gibt es an sonnigen, windigen Tagen im System manchmal so viel Energie, dass der Preis ins Negative geht – in anderen Worten, die Betreiber von großen Kraftwerken, die meisten davon laufen mit Kohle oder Erdgas, müssen gewerblichen Kunden den Strom zahlen Strom, um ihn zu verbrauchen. Diese Situation ist vor kurzem auch in Texas und Kalifornien eingetreten (siehe „Texas und Kalifornien haben zu viel Renewable Energy„), als die Erzeugung von Solarstrom ein Maximum erreichte.

In der Hoffnung, dieser Art von Problemen zu lösen, erwartet das Parlament in Deutschland, dass die Regierung die Subvention für erneuerbare Energien bald beseitigt. Diese ist als Einspeisevergütung bekannt, die das Wachstum der Wind- und Solarstromerzeugung weitgehend gepusht hat. Anstatt die Produktion von Strom durch Solar- oder Windkraft zu subventionieren, will die die Regierung ein Auktionssystem einzurichten. Stromproduzenten bieten für Projekte, um erneuerbare Energien bis zu einer Kapazität zu bauen, die von der Regierung festgelegt ist. Die daraus resultierenden Preise für Strom aus diesen Anlagen, werden durch den Markt bezahlt, anstatt durch die Regierung fix festgelegt zu werden.

Das Auktionssystem ist konzipiert, um die Wachstumsrate für neu gebaute erneuerbaren Energien zu reduzieren und soll Deutschland davon abhalten, zu viel Strom zu produzieren. Es mag wie eine einfache Möglichkeit erscheinen, aber das Problem des Überangebots zu lösen wäre, überschüssige Kraftwerke zu schließen, vor allem diejenigen, die Kohle verbrennen. Aber die Kohlekraftwerke werden nicht nur verwendet um die Perioden zu glätten, wenn Wind und Sonne nicht verfügbar sind, sie sind auch lukrativ und damit politisch schwer zu schließen. Da das deutsche Recht für erneuerbare Energien einen Einspeisevorrang in das das deutsche Netz vorschreibt, kommt der in Deutschland überschüssige Strom, der zu den europäischen Nachbarn exportiert wird, in erster Linie aus Kohlekraftwerken. Im vergangenen Herbst hat die deutsche Tochter des schwedischen Energiekonzerns Vattenfall ein 1.600-Megawatt Kohlekraftwerk in Betrieb genommen, das seit acht Jahren im Bau war, trotz der Opposition von den Politikern, Umweltorganisationen und Bürger, die Kohlekraftwerke beseitigt sehen wollen.

Einen hohen Preis auf Kohlenstoff-Emissionen zu setzen, würde die Stilllegung der deutschen Kohlekraftwerke beschleunigen. Aber Europa-Emissionshandelssystem wurde entwickelt, um einen europaweiten Markt für den Handel mit Genehmigungen für Kohlenstoff-Emissionen zu schaffen, ist eine Bürde. Die Preise für die Genehmigungen sind so niedrig, dass es wenig Anreiz für Stromerzeuger gibt, schmutzige Kraftwerke herunterzufahren.

Ebenfalls hilfreich wäre eine Europaweites „Supernetz“, das es ermöglicht, erneuerbare Energie leicht über die Grenzen hinweg zu transportieren, wodurch die Notwendigkeit reduziert werden würde, den intermittierenden Strom von Sonne und Wind durch eine zuverlässige, stets auf fossilen Kraftwerken Energiequelle zu ergänzen.

„Wenn Sie fluktuierende erneuerbare Energie nutzen wollen, müssen Sie die Netze in ganz Europa aufrüsten“, sagt Daniel Genz, ein Politikberater bei Vattenfall. Anstrengungen, diese Netze zu bauen sind im Gange, aber sie werden teuer sein: zwischen 100 Mrd. Euro und 400 Mrd. Euro, nach einem Bericht November 2015 vom E-Highway2050, der von der Europäischen Union gebildet wurde um ein gesamteuropäisches Stromnetz zu planen.

Erschienen auf Massachusetts Institute of Technology, Technology Review, Energy am 24. Mai, 2016

[MIT, Martin ist Pro-Erneuerbare und für Nuklearenergie (in seinem Buch) und versucht das deutsche Debakel hiermit aufzuhalten; der Übersetzer]

Übersetzt durch Andreas Demmig

https://www.technologyreview.com/s/601514/germany-runs-up-against-the-limits-of-renewables/

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