Bild rechts: Winter 2015/16 bei Weimar- Schöndorf mit etwas Schnee nur für ein paar Tage. Foto: Stefan Kämpfe

Teil 1: Ursachen und Besonderheiten der Winterwitterung 2015/16

Die Wintertemperaturen (Deutschland- Mittel) lassen sich relativ sicher bis 1881/82 und mit leichten Unsicherheiten bis mindestens 1760/61 zurückverfolgen (Quellen: DWD und WIKIPEDIA). Das arithmetische Wintermittel des Zeitraumes 1760/61 bis 2014/15 beträgt minus 0,3°C. Nur bezogen auf dieses „Langzeit- Mittel“, ist der abgelaufene Winter 2015/16 bereits der fünfte zu milde in Folge (der gefühlt kalte Winter 2012/13 war nur einschließlich März zu kalt, wir betrachten aber immer den „meteorologischen“ Winter von Dezember bis Februar). Doch selbst bei dieser überkritischen Betrachtungsweise zeigt sich: Alles schon mal dagewesen! Seit 1760/61 konnten wir insgesamt 18 Perioden mit mindestens drei milden Wintern in Serie ermitteln, davon 14 mit vier in Serie. Wir nennen hier nur die Perioden mit mindestens 5 milden in Folge, das waren acht: 1901/02 bis 1905/06, 1909/10 bis 1915/16, 1934/35 bis 1938/39, 1947/48 bis 1951/52, 1956/57 bis 1961/62, 1970/71 bis 1977/78, 1987/88 bis 1994/95 und 1997/98 bis 2001/02. Die bisher längsten waren mit je acht in Folge die Serien Ende der 1980er/Anfang der 1990er sowie die in den 1970ern, doch die Serie in den 1910ern war mit sieben ebenfalls bemerkenswert, zumal ihr, nur vom etwas zu kalten Winter 1916/17 unterbrochen, sogleich eine neue Serie von vier milden Wintern folgte. Nun ergibt sich die spannende Frage nach den Ursachen, die milde Winter im Einzelnen oder gar in Serie auslösen. CO2 kommt dafür kaum in Betracht, denn die enorme Häufung milder Winter um 1915 fällt in eine Zeit mit noch sehr niedrigen CO2- Konzentrationen, die wegen fehlender, regelmäßiger Messungen nur auf etwa 290 bis 310 ppm geschätzt werden können. Und betrachtet man die Neuzeit, so fehlt schon seit den späten 1980er Jahren jeglicher Zusammenhang zwischen CO2- Konzentration und Wintertemperaturen in Deutschland:

Abbildung 1: Seit 30 Jahren (eine volle Klima- Normalperiode!) stagnieren die Wintertemperaturen in Deutschland (hellblau) bei freilich großer Streuung der Einzelwerte, während die CO2- Konzentration (hellgrün) kräftig anstieg. Die „U-Form“ der quadratischen Regressionskurve verdeutlicht die Häufung milder Winter um 1990 und gegenwärtig; dazwischen lag eine etwas kühlere Phase.

Nun zu den tatsächlichen Einflussfaktoren. Unsere Sonne als Motor des Wettergeschehens strahlt ihre Energie etwas ungleichförmig ab. Die Sonnenaktivität unterliegt kurz-, mittel- und langfristigen Schwankungen. Ein sehr grobes, aber wegen der einfachen Beobachtbarkeit das einzige über langfristige Zeiträume verfügbare Maß der solaren Aktivität ist die Anzahl der Sonnenflecken, dunklere und damit kältere Bereiche auf der Sonnenoberfläche, die auf stärkere Magnetfelder, erhöhte Röntgen- und UV- Strahlung sowie verstärkte Massenauswürfe („Solarwind“), hindeuten. Obwohl hier noch erheblicher Forschungsbedarf besteht, deutet sich ein zumindest grober Zusammenhang zwischen Sonnenaktivität und den Häufigkeitsverhältnissen der Großwetterlagen in Mitteleuropa an. Bei hoher Sonnenaktivität (viele Sonnenflecken) treten etwas häufiger Westwetterlagen (zonale Lagen) auf, während meridionale Lagen, deren extremste Form die Troglagen sind, sich eher in Phasen geringerer Sonnenaktivität häufen. Im Winter sind die Häufigkeitsverhältnisse der drei zyklonalen (tiefdruckbeeinflussten) Großwetterlagen West, Nordwest und Südwest, hier unter dem Begriff „Atlantische Tiefs“ zusammengefasst, für Deutschland besonders wichtig, denn sie transportieren die meist milde Atlantikluft am schnellsten und intensivsten ostwärts. In der folgenden Grafik erkennt man eine verzögerte Häufung dieser atlantischen Tiefdrucklagen nach Phasen erhöhter Sonnenaktivität:

Abbildung 2: Sehr grober Zusammenhang zwischen der Sonnenfleckenhäufigkeit (gelb) und der Häufigkeit zweier wichtiger Großwetterlagen- Cluster in Mitteleuropa im Winter (violett: Atlantische Tiefs, Summe aus den Häufigkeiten von WZ, NWZ und SWZ; blau: Summe der Troglagen Trog Mitteleuropa- TRM und Trog Westeuropa- TRW). Die Häufigkeit der Atlantischen Tiefs folgt verzögert der Sonnenfleckenhäufung, die der Troglagen verhält sich invers. Die dargestellten Ergebnisse sind vorläufig; es besteht weiterer Forschungsbedarf!

Mehr oder weniger intensiv mit der Sonnenaktivität verknüpft sind auch die AMO (Atlantische Mehrzehnjährige Oszillation- eine Wassertemperaturschwankung im zentralen Nordatlantik) und die NAO (Nordatlantische Oszillation, ein Maß für das Luftdruckgefälle zwischen den Azoren und Island). Näheres zu diesen Einflussfaktoren unter anderem in unsrem vorjährigen Beitrag „Winter 2014/15 in Deutschland: Erneut zu mild – warum?“ bei EIKE unter http://www.eike-klima-energie.eu/climategate-anzeige/winter-201415-in-deutschland-erneut-zu-mild-warum/ Die folgenden Grafiken umfassen den Zeitraum bis zum Winter 2014/15 (alle Daten des aktuellen Winters lagen zum Redaktionsschluss nicht vor):

Abbildungen 3 und 4: Um 1915 und kurz vor der Jahrtausendwende wiesen NAO und Westlagenhäufigkeit Maxima auf, was die Serienhäufung milder Winter und die insgesamt etwas höheren Wintertemperaturen in diesen Zeiträumen größtenteils erklärt. Die AMO verhielt sich dazu invers, in ihren Maxima (kurz vor 1900, späte 1930er bis 1960er, 2000er Jahre) waren die Winter tendenziell etwas kälter. Auch diese Zusammenhänge sind grob und können nicht alle winterlichen Witterungsabläufe erklären. Unstrittig und mit einem Bestimmtheitsmaß von 45% erstaunlich eng ist hingegen der in der unteren Grafik gezeigte Zusammenhang zwischen der Häufigkeit aller Großwetterlagen mit Westanteil (rotviolett) und den deutschen Wintertemperaturen.

Der enge Zusammenhang zwischen Westwetterlagenhäufigkeit und Wintertemperaturen erklärt auch den mildesten Dezember 2015 seit Beginn regelmäßiger Messungen, denn er wies mit 25 Tagen Westwetter fast zweieinhalbmal so viele auf, wie im Langjährigen Mittel. Zwar gab es in den Dezembern 1900 (27) und 1965 (28) noch etwas mehr Westlagen- Tage, doch im 2015er Dezember fanden die ostwärts ziehenden Tiefs quasi die Ideallinie für die maximale Erwärmung in Deutschland: Sie zogen weit genug nördlich, um tagsüber oft die Sonne scheinen zu lassen, aber nicht so weit nördlich, dass der erwärmende südwestliche Bodenwind über längere Zeit abflauen konnte, was sofortiges nächtliches Auskühlen bedeutet hätte. Die folgende Wetterkarte illustriert einen solch typischen Tag im „Dezemberfrühling“ 2015 mit Wind und Sonne:

Abbildung 5: Westwetterlage am 26.12.2015 mit einem breiten Warmsektor über Europa, in dem milde Subtropikluft aus Südwesten unter leichtem Hochdruckeinfluss heranwehte. Föhneffekte an den Nordostseiten der Gebirge verstärkten die Erwärmung; vereinzelt wurden Werte deutlich über 15 Grad gemessen! Über Skandinavien deutet sich jedoch schon ein massiver Kälteeinbruch an, der Anfang Januar 2016 Nordostdeutschland mit voller Härte traf.

Mit Beginn des Neuen Jahres fand jedoch die überall extrem milde Witterung in der Nordosthälfte Deutschlands ein jähes Ende (Abbildungen 6 und 7):

Abbildungen 6 und 7: Grenzwetterlage am 4. Januar 2016. Milde Südwestluft trifft auf eisige, kontinentale Subpolarluft (cP) aus dem Osten, mit allem, was dazu gehört: Schneefall, Schneeregen, Eisregen, Gefrierender Regen und nur Regen/Sprühregen im frostfreien Südwesten. Untere Abbildung Vorhersagekarte von wetter3.de, Ausschnitt, nachbearbeitet von Stefan Kämpfe.

Die enormen Temperaturkontraste dieser „Grenzwetterlage“ zeigt die folgende Abbildung 8:

Abbildung 8: Temperaturkontrast in der Nacht zum 05.01.2016 von um die 15 Grad über Deutschland mit 5 bis 6 Plusgraden an der West- und bis zu minus 9 Grad an der Ostgrenze. Solche großen Temperaturgegensätze sind selten; noch wesentlich dramatischer waren sie aber mit um 25 Grad zum „Silvester-Blizzard“ 1978/79. Bildquelle wetteronline.de, ergänzt von Stefan Kämpfe

Einer kurzzeitigen Erwärmung folgte Mitte Januar eine Kältewelle aus Nord, die diesmal ganz Deutschland erfasste. Vereinzelt gab es Minima um minus 20, in Kühnhaide (Erzgebirge) sogar um minus 30 Grad, und das bei einer mittleren CO2- Konzentration von über 400 ppm! Näheres dazu bei freiepresse.de unter http://www.freiepresse.de/LOKALES/ERZGEBIRGE/ZSCHOPAU/Klirrende-Winternacht-kalt-kaelter-Kuehnhaide-artikel9415518.php Dabei ließ sich schön beobachten, was den winterlichen Temperaturgang kurzfristig beeinflusst- ebenfalls nicht die CO2- Konzentration, sondern die örtlichen Gegebenheiten im Zusammenspiel mit Sonnenscheindauer, Nebel, Wolken und aufziehenden Wetterfronten. Die Beobachterin CAROLIN HERRMANN meldete uns aus Erfurt am 19. Januar dichten Nebel bei minus 16°C, der im benachbarten Weimar fehlte. Daraufhin sahen wir uns die Temperaturverteilung dieses Januarmorgens in Deutschland an- mit erstaunlichem Ergebnis: Das nur gut 300 Meter hoch liegende Erfurt- Bindersleben, eigentlich kein vom deutschen Durchschnitt wesentlich abweichender Ort, war kälteste DWD- Hauptstation, viel kälter als das von der Lage ganz ähnliche Gera- Leumnitz und sogar etwas kälter als die Zugspitze:

Abbildung 9: Datenquelle DWD, Abbildung wetterzentrale.de, bearbeitet und ergänzt von Stefan Kämpfe: Mit minus 16,2°C war Erfurt um 8 Uhr kälter als Gera (minus 12,4°C) und die Zugspitze (minus 15,7°C).

Ursache dieser relativ seltenen Temperaturverteilung war eine starke nächtliche Ausstrahlung (die CO2 nicht verhindern konnte!) bei zunächst klarem Himmel, wobei sich die kälteste Luft im Thüringer Becken sammelte. Bei Erreichen des Taupunktes setzte dort Nebelbildung ein. Die kalte Nebelluftschicht wuchs bis zur viel höher gelegenen Flugwetterwarte Erfurt, erreichte aber das nahe Weimar nicht. Am 22. Januar war Ähnliches zu beobachten. Die folgenden Vergleiche der Temperaturverläufe dieser beiden Tage zwischen Erfurt und Gera sprechen für sich. Sie zeigen, welch große Temperaturunterschiede auf engstem Raum entstehen können, aber auch, wie diese bei Wetteränderungen (am Tagesende des 19.01. Wolkenaufzug eines Schneetiefs aus Nord, am 22.01. Warmfront-Okklusion aus Westen) wieder verwischt werden:

Abbildungen 10 und 11: In den beiden Nächten bestanden zunächst keine gravierenden Temperaturdifferenzen zwischen Gera und Erfurt. Diese wurden erst mit Bildung des Kaltluftsees im Thüringer Becken gegen Morgen größer. Nebel, Hochnebel und Dunst dämpften die Tageserwärmung in Erfurt; am 22.01. blieb diese dort aus; erst am Abend dieses Tages überholte Erfurt sogar Gera, weil die Warmluft einer Front zuerst in Erfurt ankam.

Während der Winter in Deutschland nur kurze Gastspiele gab, suchte er diesmal ganz ungewöhnliche Gegenden heim. Neben dem angeblichen „Rekord- Blizzard“ mit meterhohem Schnee in den USA (was dort aber gar nicht so selten ist) und den minus 43 Grad in Nordskandinavien schneite es vom südlichen Japan über das südliche China und Taiwan bis hin nach Saudi- Arabien im letzten Januar- Drittel teilweise kräftig. Dorthin floss kontinentale Kaltluft aus Innerasien und verschonte Mitteleuropa. Die folgenden Bilder sprechen für sich:

Abbildungen 12 bis 14: Winter in Saudi- Arabien und im subtropischen Ostasien. Bildquellen: Beide obere Swanky Riyadians, veröffentlicht bei wetteronline.de, unteres unbekannt. Näheres zu diesen Wintereinbrüchen unter anderem bei http://www.n-tv.de/panorama/Extreme-Kaeltewelle-laesst-Asien-bibbern-article16844886.html

Schaut man sich die geografische Breitenlage an, so liegen die betroffenen Regionen teilweise südlicher als Kairo! Ähnliches war unter anderem in den Wintern 1988/89 und 2013/14 zu beobachten, die in Mitteleuropa sehr mild verliefen. Die kontinentale Kaltluft sucht in solchen Situationen offenbar häufiger andere Gebiete heim und verschont Mitteleuropa weitgehend.

Abschließend werfen wir noch einen Blick auf den 30ig- jährigen Trend der Wintertemperaturen an der privaten Wetterstation Amtsberg. Dieser ist leicht gefallen und verhielt sich damit etwas anders, als die in unserer Abbildung 1 gezeigten Deutschland- Werte. Den Grund dafür werden wir im Teil 2 dieser Winter- Rückschau beleuchten:

Abbildung 15: An der privaten Wetterstation Amtsberg am Nordrand des Erzgebirges kühlten sich die Winter seit 1986/87 leicht ab. Allerdings ist dieser Trend aufgrund der sehr großen Streuung der Einzelwerte nicht signifikant. Dennoch ist das bisherige Ausbleiben der viel prophezeiten „Klima- Erwärmung“ bemerkenswert!

Warum nehmen wir Amtsberg? Aus Grafik 1 ist erkenntlich, dass die Winter seit 30 Jahren in Deutschland eine ebene Trendlinie haben, also insgesamt gleich geblieben sind. Deutschland hat sich aber verändert in den letzten 30 Jahren, täglich kommen 110 ha wärmende Bebauung hinzu, eine schleichende Erwärmung, welche die DWD-Stationen je nach Standort mehr oder weniger mitmessen. Mit Amtsberg haben wir einen kleinen Ort im Erzgebirge gefunden, der selbst im weiteren Umkreis seit gut 40 Jahren fast keine Veränderungen erfahren hat. Bei aller Vorsicht gehen wir davon aus, dass auch Deutschland, hätte es kein Wärmeinselwachstum gegeben, eine fallende Trendline hätte. Wir stellen fest: WI-bereinigt sind die Winter in Deutschland seit 30 Jahren leicht kälter geworden. Das ist das Gegenteil der behaupteten C02-Klimaerwärmung.

Fazit zum Teil 1 unserer Winter- Rückschau: Längere Serien milder Winter und einzelne, extrem milde Winter gab es auch bei wesentlich geringeren CO2- Konzentrationen. Großen Einfluss auf unsere Wintertemperaturen haben die Sonnenaktivität, die AMO, die NAO, die Häufigkeitsverhältnisse der Großwetterlagen sowie WI- Effekte (Teil 2). Bei vielen Westwetterlagen fallen unsere Winter generell milder aus, weil dann atlantische Luftmassen dominieren. Der Winter 2015/16 wies trotz seines sehr milden Charakters auch zwei Kältewellen im Januar auf, bei denen vereinzelt Tiefstwerte um minus 30 Grad gemessen wurden. Dabei traten bemerkenswerte, kleinräumige Temperaturkontraste auf. Nebel und Wolken, die Sonnenscheindauer und markante Luftmassenwechsel bestimmten das Temperaturniveau und den Temperaturverlauf wesentlich. Dieser Mildwinter ist auch deshalb kein eindeutiger Hinweis auf einen „globalen Klimawandel“, weil ausreichend Kaltluft vorhanden war, die aber zum wiederholten Male Deutschland nur kurzzeitig erfasste und dafür andere Regionen der Nordhalbkugel traf.

Stefan Kämpfe, Diplom- Agraringenieur, unabhängiger Natur- und Klimaforscher

Josef Kowatsch, unabhängiger Natur- und Klimaforscher

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