In Kapitel 11 auf Seite 181 schreibt Hans Joachim Schellnhuber: „Alles Leben ist aus organischen Kohlenstoff Verbindungen entstanden und wird in allen Entwicklungsstufen von diesen Verbindungen dominiert“. Er nennt den Kohlenstoff „Gottes Element“. Die essentiellen Bausteine von lebendem Gewebe seien „aus nur sechs chemischen Elementen komponiert: Wasserstoff, Kohlenstoff, Stickstoff, Sauerstoff, Phosphor und Schwefel“. Aber „nur der Kohlenstoff ist unverzichtbarer Bestandteil aller genannten Gruppen von organischem Material“. Die propagierte „Dekarbonisierung“ ist in letzter Konsequenz die Vernichtung der Schöpfung!

Wer solch ein Buch schreibt, muss sich zuerst in den Olymp erheben, um von oben seine Blitze, Pfeile, Gebote und Verbote in die „dumme Masse“ zu schleudern, die den „kollektiven Suizid“ zu begehen droht. Er muss auch in eine fremde Haut schlüpfen. Diese stammt von Dennis Meadows, dem Autor von „Die Grenzen des Wachstums“ (1972), der gute Witze erzählen und Spiele erfinden konnte, um „Denkschablonen aus den Köpfen“ zu reißen. Schellnhuber entpuppt sich als Narzisst und Machiavellist: „Der Mensch als zweifellos hochkomplexes Gebilde ist bekanntlich mit den einfachsten psychologischen Tricks verführbar und lenkbar.“

Schellnhuber schwärmt von der „Schönheit komplexer Systeme“, die schwierig zu verstehen, vorherzusagen und zu beherrschen sind. Er präsentiert dem Leser die Navier-Stokes-Gleichung für das Strömungsverhalten von einfachen Flüssigkeiten, weist auf das Problem „der galoppierenden Computerabweichung“ hin, so dass die simplen Gleichungen eine „chaotische Dynamik“ erzeugen. Er weist wiederholt auf die „berüchtigten nichtlinearen Rückkopplungen“ hin „denn die Nichtlinearität und Komplexität machen Wetterprognosen oberhalb des Münzwurfniveaus für Zeiträume von mehr als ein paar Wochen zum Ding der Unmöglichkeit“. Daher könne man keine Vorhersagen machen und sei auf die „Szenarienbildung“ angewiesen. „Es geht dabei -volkstümlich ausgedrückt- darum, stimmige Geschichten über die Zukunft zu erfinden und weiterzuerzählen.“ So werden Märchen an die Politik weitergegeben und von ihr für bare Münze genommen. 

So bekommt im Kapitel 31 „Wissenschaft, Gewissenschaft“ einen tieferen Sinngehalt: „Keine andere Problematik der bisherigen Menschheitsgeschichte hat so viel mit Wissenschaft zu tun wie die Klimakrise.“ Doch es ist nicht die „Wissenschaft“ in Haft zu nehmen, sondern nur deren Zweige, die von politischer Relevanz sind. Schellnhuber geht es um die „Große Transformation“, die Abschaffung der Industriegesellschaft. Die Angst vor der globalen Klimakatastrophe, vor dem „Höllenfeuer“ ist ein Mittel. Wenn Schellnhuber auf den Eindruck zu erwecken versucht, er habe die „Klimamodelle“, mit denen er das Chaos beherrschen könne, so platzt doch gelegentlich immer wieder die Wahrheit aus ihm heraus: „Ob wir Forscher, Politiker oder „Normalbürger“ sind: Wir scheitern beständig beim Versuch, Komplexität zu begreifen und zu beherrschen.“ 

Schellnhuber konzediert an anderer Stelle: „Da die Navier-Stokes-Gleichung noch viel hinterhältiger ist, wird es auch in absehbarer Zeit keine verlässliche 14-Tage-Wettervorhersage geben.“ Was die direkte Beeinflussung und Beherrschbarkeit von tropischen Wirbelstürmen angeht, „betreten wir endgültig das Terrain der Wissenschaftsfantasie“. Auf nur fünf Seiten widerlegt Schellnhuber seine Apokalypse. Nach diesem Bekenntnis in Bezug auf das menschliche Natur- und Wetterverständnis beginnt ein Feuerwerk der Irritation, Simplifikation, Suggestion und Manipulation. Der Autor mutiert zum „Erlöser“: „Unsere Zivilisation verbrennt das Buch des Lebens“ und „müllt sich um ihre Zukunft“. 

Mit Kapitel 4 beginnt seine „Entdeckungsreise zum Klimawandel“. Er bekennt wieder, dass „die Problematik in ihrer vollen Komplexität hartnäckig dem menschlichen Verständnis“ trotze. Dabei hat er ganz geschickt das Wetter einfach unterschlagen, obgleich das Wetter unverzichtbar ist, um „Klima“ überhaupt erst definieren zu können. Auch die Klimarekonstruktionen beruhen ja ausschließlich auf der Analyse der Spuren, die das Wetter in der Natur hinterlassen hat. Trotz aller Ignoranz des Einflusses der Sonne auf alles irdische Geschehen überrascht der Nebensatz: „Die Variation der solaren Einstrahlung wirkt tatsächlich wie ein Taktgeber“. Das gilt für das Wetter, die Jahreszeiten, die Vegetation wie das „Klima“!

Erstaunlich ist die Überschrift von Kapitel 5: „Klimapalaver“. In der Tat, alles was sich auf der internationalen politischen Bühne seit Rio 1992 abspielt, ist nichts anderes als Palaver, als ein Spiel mit Ängsten, als hohe Kunst der Verführung. Da wird die „dumme Masse“ plötzlich mit einer  „Schwarmintelligenz“ versehen, weil sie als Herde besser auf politische Spiele reagiert.  Des Jubels der Medien sicher haben sich auch in Paris etwa 50.000 Experten gut 10 Tage eingeschlossen, um nach tiefen Blicken in Kristallkugeln eine „historische Weltrettung“ zu proklamieren. Dabei war das Wetter, dessen Wandel dem Klimawandel vorangeht noch nie gefährdet, am wenigsten durch das Spurengas CO2, das in der Luft einzig und allein als Nahrung für grüne Pflanzen dient und sonst keinerlei Funktion hat. Dies besagt auch der Spruch am Eingang zum Botanischen Garten in Berlin: „Hab Ehrfurcht vor der Pflanze, alles lebt durch sie!“

In geradezu hochnotpeinlicher Eitelkeit dient ein zentraler Teil des Buches der Selbstdarstellung, der Pflege des eigenen Ich, sei es als exzellenter Chaosphysiker, als „intellektuelle Waffe“, als PIK-Direktor, als Kanzlerin Berater und atheistischer Papstberater, Commander des British Empire, Propagandist des 2-Grad-Ziels und Erfinder der ominösen „Kipp-Punkte“. Er ist Apokalyptiker und Zeitgeistverstärker. Nur er besitze die einzigartige Weisheit, die „Selbstverbrennung“ des Planeten durch das „Giftgas“ CO2 zu erkennen und zu verhindern. Dabei weiß er sehr wohl, dass die „Pflanzen der Luft CO2 auf photosynthetische Weise“ entziehen und eine „starke Abhängigkeit der Kohlendioxidkonzentration vom Tag-Nacht-Zyklus“ existiert, diese daher mit dem täglichen wie jährlichen Temperaturzyklus nichts zu tun hat. Er weiß auch, dass „Kohlenstoff ein unverzichtbarer Bestandteil allen organischen Materials und damit „“Gottes Element“ ist. 

Der Untertitel des Buches „Die fatale Dreiecksbeziehung zwischen Klima, Mensch und Kohlenstoff“ ist bewusst falsch, wenn er bekennt: „Die Photosynthese ist die wichtigste biochemische Reaktion unserer Welt“.  Noch ein Zitat: „Das Schicksal von Klima und Leben wird im Dreieck Sonneneinstrahlung, Karbonat-Silikat-Zyklus und Photosynthese entschieden.“ Auch der Satz ist eine Falschaussage: „Der Blick zurück in die Klimageschichte der letzten Jahrhunderttausende zeigt, dass während der Evolution des modernen Menschen die globale Mitteltemperatur niemals höher gelegen hat als etwa 1,5 °C über dem Niveau zu Beginn der industriellen Revolution“. Alle Klimaoptima seit Beginn des Holozäns waren ausgeprägter als das Heutige. Im ersten Optimum vor etwa 10 000 Jahren erfolgte die Neolithische Revolution!

Wenn das Buch als nicht lesenswert, ja als gefährlich eingestuft wird, dann ob der kaum durchschaubaren Mixtur von Wahrheiten, Halbwahrheiten und klaren Unwahrheiten. Es ist für bestimmte politische Zwecke geschrieben und hat mit „Paris“ seinen Zweck erfüllt. Kein Staatsmann hat es wirklich gelesen, denn wer nichts weiß, weiß alles besser. Die Politik regiert mit dem Bauchgefühl, mit wohl dosierten Ängsten. Da kann kühler Sachverstand nur schaden.

Schellnhuber, Hans Joachim: Selbstverbrennung – Die fatale Dreiecksbeziehung zwischen Klima, Mensch und Kohlenstoff, Bertelsmann Verlag, München 2015, S. 778, ISBN 978-3-570-10262-2, 29,99 Euro

Oppenheim, den 17. Dezember 2015

Dipl.-Met. Dr. phil. Wolfgang Thüne

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