Klima: Glaubenssache

Irgendwo kichert Galileo Galilei. Der geniale Gelehrte, der die Erde um die Sonne kreisen liess statt die Sonne um die ­Erde, rettete sich 1632 vor dem Scheiterhaufen, indem er schwor, er wolle mit Gottes Hilfe ­alles glauben, «was die katholische und apostolische Kirche für wahr hält, lehrt und predigt». Der Vatikan entschuldigte sich 1992 für den Prozess, aber er verbreitet weiter, was er für wahr hält, auch in der Wissenschaft. Papst Franziskus schickt jetzt seinen Bischöfen die Enzy­klika «Laudato Si», die sich liest wie das Amen zu den Reporten des Weltklimarates IPCC und den Traktaten von Kapitalismuskritikern wie Naomi Klein. In der Wissenschaft herrsche Konsens, predigt der Papst, dass sich das Klima wegen des Ausstosses an Treibhaus­gasen gefährlich erwärme, so dass der Meeresspiegel ansteige und die Wetterextreme zunähmen, «obwohl wir nicht jedem Phänomen wissenschaftlich eine Ursache zuschreiben können». Deshalb müsse die Menschheit «ihren Lebensstil, ihre Produktion und ihren Konsum ändern», zumindest in den reichen Ländern – in den armen komme die Entwicklung zuerst.

Die Klimakirche in der Akademie, der Politik und den Medien jubelt über den Ukas aus dem Vatikan: Die «explosive Intervention» (The Guardian) könne die Klimakonferenz von Paris im Dezember entscheidend beeinflussen, meint die Agentur Reuters.

Der Jubel lässt sich erklären, denn in der Wissenschaft bröckelt der Konsens:

Die Temperaturen steigen seit bald zwanzig Jahren nicht mehr und liegen deshalb unter allen Prognosen des IPCC. Die Klimaforscher boten bisher mit wachsender Verzweiflung mehr als fünfzig Erklärungen dafür an, statt ihre offensichtlich widerlegten Thesen und Modelle zu opfern.

Und sie feierten vor zwei Wochen eine Studie der US-Regierungsbehörde NOAA:

Sie beweist wie bestellt, dass es die «Klimapause» gar nicht gebe, dies dank einer «Korrektur» von Messdaten, also einer tatsächlich menschen-gemachten Er­wärmung.

Die eifrigsten Aktivisten um die Harvard-Historikerin Naomi Oreskes, die alle Skeptiker als von der Ölindustrie gekauft verschreit, beschwören die Wissenschaftler denn auch in einem Aufsatz, sich in ihrem Glauben von den Zweifeln in der Öffentlichkeit nicht beirren zu lassen.

Die Klimaforscher übertönen die immer heftigeren Debatten mit um so lauterem Alarm – aber davon lassen sich die aufstrebenden Staaten nicht beeindrucken.

Sowohl das Treffen der G-7 als auch eine Tagung in Bonn zum Vorbereiten eines bindenden Klimavertrages zeigten in den letzten Wochen, dass die Pariser Konferenz nur dann nicht im Debakel endet, wenn niemand etwas davon erwartet.

Unbelehrbare Chinesen und Inder

Zum Herunterfahren ihres CO2-Ausstosses verpflichten sich nur die EU samt der Schweiz als Musterschülerin sowie die USA, zumindest ihr Präsident:

Das ehrgeizige Programm, das Barack Obama am Kongress vorbeimogeln will, würde gemäss IPCC-Modellen die Klimaerwärmung bis zum Jahrhundertende um 0,03 Grad absenken.

Und selbst dies will die republikanische Mehrheit nicht zulassen, der Papst soll deshalb im September in Washington ihrem katholischen Chef John Boehner gut zureden.

Der Heilige Vater kann ihn allerdings kaum belehren, schon gar nicht die Chinesen und vor allem nicht die Inder:

Sie holen ihre Menschen, wie es die Enzyklika fordert, zuerst aus der Armut – dafür brauchen sie günstige Energie, vor allem solche aus Kohle.

Und irgendwo grinst Galileo Galilei: Der gläubige Katholik wollte eigentlich seine Kirche nur vor einem Irrtum bewahren.

Jetzt ist die Wissenschaft vom Klimawandel endgültig Glaubenssache.

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)*  Anmerkung der EIKE-Redaktion http://www.eike-klima-energie.eu/  :

Dieser Artikel ist zuerst erschienen in WELTWOCHE Zürich:

Klima: Glaubenssache | Die Weltwoche, Ausgabe 25/2015 | Donnerstag, 18. Juni 2015

http://www.weltwoche.ch/index.php  /  http://www.weltwoche.ch/index.php?id=554292

EIKE dankt der Redaktion der WELTWOCHE und dem Autor Markus Schär für die Gestattung des ungekürzten Nachdrucks.

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