Der Frühling beginnt in Deutschland seit fast drei Jahrzehnten etwas später. Warum?

Bild rechts: Hübsche, aber launische Frühlingsboten: Diese verwilderten Krokusse im Erfurter ega – Park erschienen in sehr milden Jahren im Februar, in kalten erst im April. 2015 blühten sie am 8. März üppig – ein fast durchschnittlicher Termin. Foto: Stefan Kämpfe

Beide Autoren verfügen über langjährige Berufserfahrungen auf den Fachgebieten Naturschutz und Pflanzenbau. Sie beobachten die Natur seit vielen Jahrzehnten. Zusätzlich werteten wir Literatur über Frühjahrsblüher und das Erwachen der Vögel und Kröten aus. Auch einige Frühlingskinderlieder und Frühjahrsgedichte sind mehr als hundert Jahre alt. Man kann ihre Aussagen mit der heutigen Realität vergleichen.

Videoausschnitt mit Prof. F.W. Gerstengarbe vom PIK und Prof. Mojib Latif Geeomar Kiel zum früheren Frühlingsanfang lt. Klimamodellen. Ausgewählt und hochgeladen vom Klimamanifest von Heiligenroth als Ausschnitt aus ihrer 110 minütigen Dokumentation

Die blauen Veilchen werden seit 150 Jahren im Volksmund Märzenveilchen genannt, weil diese schönen Frühlingsblümchen auch schon damals im März blühten. Wäre der März früher kälter gewesen, hätte man sie April- oder Osterveilchen genannt. Auch die Winterlinge heißen eben so, weil sie meist schon im Januar oder Februar blühen.

Die Erwärmungsgläubigen stuften diesen Winter als den zweiten milden Winter in Folge ein und behaupten, dieser angeblich steigende Wintertrendtrend der letzten Jahre werde anhalten und die „Erwärmungstendenz“ beschleunigen. Doch von welchem Trend reden diese so genannten „Klimafolgenforscher“?

Abb.1: Nach den Daten des Deutschen Wetterdienstes hatten wir zwar einen relativ milden Winter mit 1,8°C, trotzdem zeigt die Grafik eine fallende Trendlinie, die Winter wurden also kälter in den letzten 28 Jahren und nicht wärmer. In den Medien wird diese Grafik nie gezeigt, aber ständig behauptet, dass die Winter in Mitteleuropa wärmer würden.

Für den Frühlingsbeginn ist neben dem Gesamtwintermittel die durchschnittliche Februartemperatur wichtig, besonders die der zweiten Februarhälfte. Kälte und Schnee Ende Februar verzögern den Vegetationsbeginn im März, beispielsweise 1993, 1996, 2001, 2005, 2006 und 2013. Umgekehrt beschleunigen warme Februartage das Erwachen der Natur. Deshalb betrachten wir vorrangig dessen Temperaturverlauf.

Abb2: Über die letzten 28 Jahre hat sich der Februar viel stärker abgekühlt als der Gesamtwinter. Alle Daten haben wir dem Archiv des Deutschen Wetterdienstes in Offenbach entnommen.

Für vergleichende Vegetationsbeobachtungen sollte die freie Natur bevorzugt werden. Besonders geeignet sind Orte, deren Umgebung sich nicht verändert. Doch zurück zu den leider nicht wärmeinselbereinigten Temperaturdaten des Deutschen Wetterdienstes. In einem späteren Artikel werden wir ausführlicher auf die Urbanisierungs- und Wärmeinselproblematik eingehen.

Abb. 3: Auch über nur 22 Jahre betrachtet, fällt der Trend deutlich. Der den Vegetationsbeginn wesentlich bestimmende, in der Frühlingsliteratur „Hornung“ bezeichnete Monat wurde immer kälter. Und der Februar 2015 war im Süden Deutschlands sogar eher winterlich, im Norden etwas milder. Den Gesamtschnitt für Deutschland hatte der DWD zuerst mit 0,6°C angegeben, im Archiv wurde der Wert nun auf 0,7C korrigiert.

Ohne Bevölkerungswachstum, Industrialisierung und „Urbanisierung“ wären die heute in Deutschland gemessenen Lufttemperaturen um etwa 1°C niedriger, denn fast alle Wetterstationen liegen am Rand oder sogar in den Städten oder an Flughäfen. Sie profitierten von verschiedenen Erwärmungseffekten, auf die wir im Rahmen dieses Beitrages nicht näher eingehen können.

In den letzten 17 Jahren fällt die Trendlinie noch stärker, die vom DWD gemessene Februar-Abkühlung hat sich also beschleunigt. Der Deutsche Wetterdienst misst somit das Gegenteil dessen, was von den Politikern und Medien über den aktuellen Temperaturverlauf behauptet wird.

Abb. 4: Betrachtet man noch kürzere Zeiträume, dann erkennen wir schon gar keine Anzeichen für eine Erwärmung. Im Gegenteil, der Monat Februar kühlt trotz der letzten zwei angeblich milden Winter immer stärker ab.

Was heißt das nun für die ersten Frühblüher außerhalb der Städte und Ansiedlungen?

Bei einer tendenziellen Erwärmung, die uns ja stets vorhergesagt wird, müssten die Temperaturen steigen und der Frühling zeitiger beginnen. Niemals wird aber bei diesen Falschmeldungen eine unserer Temperaturgrafiken gezeigt. Den von der Erwärmungs- Gehirnwäsche beeinflussten Redakteuren –Opfer und Täter zugleich- fehlt das meteorologische und botanische Hintergrundwissen zur fachgerechten Beurteilung. Wenn alle die Unwahrheit behaupten, dann wird die Unwahrheit selbst zur Wahrheit. Das kann zu weitreichenden Fehlentscheidungen führen. So wird den Förstern wider besseres Wissen empfohlen, keine winterharten Bäume mehr anzupflanzen, sondern vermehrt auf wärmeliebende Baumarten zu setzen. Ganz so, als könne der Wald auf die gleiche Heizung zurückgreifen, wie die Leute vom „Zentralrat der Erwärmungsgläubigen.“ Doch auch von den Forstämtern hörte man keinen Aufschrei. Dabei könnten sie in ihren Wäldern sehen, dass Anemonen, Veilchen und andere Frühblüher auf den aktuellen Abkühlungstrend mit einer verspäteten Blüte reagieren.

Der Frühling beginnt seit fast 30 Jahren immer später

Als erste Frühlingszeiger betrachten wir Huflattich, Gänseblümchen, Anemonen, Lerchensporn, Winterlinge, die Wildstachelbeere, Märzveilchen und aus der Tierwelt die Vögel und die Frosch- oder Krötenwanderungen.

Ergebnis 1: Die Vegetationsentwicklung

Wegen des kälter werdenden Februars beobachten wir insgesamt eine Vegetationsverspätung im März. In den Jahren um 1990 sowie 2014 erschienen die meisten Frühblüher zwischen Ende Januar und Anfang März. Das Jahr 1990 bleibt mit seinem extrem milden Februar bis dato unerreicht. 2015 war eine Verspätung festzustellen, die in Süddeutschland deutlicher ausfiel. Huflattiche konnten von einem der Autoren 2015 erstmals am 12.März für einen Erkältungstee gesammelt werden. Die Gänseblümchen erschienen auf den Wiesen außerhalb der Wohnorte in Süddeutschland eine gute Woche später als sonst, und zwar vereinzelt am 10.März. Im klimatisch eher zu Norddeutschland gehörenden Weimar blühten sie hingegen fast den ganzen Winter hindurch. Die Winterlinge wurden in Süddeutschland am 8. März gesichtet und das Märzenveilchen ließ sich außerhalb der Siedlungen in der freien Fläche diesmal Zeit bis zum 25. März. Lerchensporn und Anemonen zeigten sich am letzten Märztag. In Weimar erblühten erste Winterlinge vereinzelt schon im Januar 2015, aber eine lange, nur selten unterbrochene nasskalte Witterungsphase verzögerte das Abblühen bis nach Mitte März; ähnlich lange blühten die Schneeglöckchen. Insgesamt also eine Verzögerung von mehreren Wochen gegenüber dem Zeitraum um 1990.

Ein besonders geeigneter Indikator für den Vegetationsbeginn sind jedoch Wildsträucher, da sie erstens nicht züchterisch in ihrem Blühverhalten beeinflusst wurden und sie zweitens sehr lange an ein und demselben Standort beobachtet werden können. Einer der Autoren hat im denkmalgeschützten Weimarer Park an der Ilm, der in den letzten Jahrzehnten kaum Veränderungen erfuhr, den Austrieb der Wildstachelbeere (Ribes uva- crispa) im Abstand von mehr als 100 Metern zur nächsten, ebenfalls unverändert gebliebenen Bebauung beobachtet. Der unscheinbare, meist nur waden- bis kniehohe Wildstrauch treibt am Ende der Vollblüte der Winterlinge und Schneeglöckchen aus; seine ersten Blättchen markieren das Ende des Vor- und den Beginn des Erstfrühlings:

Abb. 5: Wenn die ersten Laubblättchen der Wildstachelbeere entfaltet sind, beginnt der sogenannte Erstfrühling, in Weimar 2015 am 6. März, im Mittel der Jahre 1990 bis 2014 erfolgte der Austrieb jedoch schon 61 Tage nach Jahresbeginn und somit am 3. März. Foto: Stefan Kämpfe

Anhand der Auszählung der Tage seit Jahresbeginn lässt sich nun ein Trend der Vegetationsentwicklung ermitteln (Abb. 6):

Abb. 6: Zwischen 1990 und 2015 hat sich der Laubaustrieb der Wildstachelbeere tendenziell um mehr als 10 Tage verspätet, weil die vorausgehenden Hochwintermonate (Januar und Februar als „Hochwintermittel“, blau) etwas kälter wurden.

Wie eng der Zusammenhang zwischen dem vorausgehenden Hochwintermittel und dem Austrieb der Wildstachelbeere ist, zeigt die Abb. 7:

Abb. 7: In den 26 Jahren seit 1990 dominierte das Temperaturmittel der vorausgehenden 2 Hochwintermonate den Laubaustrieb der Wildstachelbeere- je milder, desto weniger Tage vergingen bis zum Austrieb (negative Korrelation).

Dieser unscheinbare Wildstrauch ist ein unbestechlicher Indikator für die seit fast 3 Jahrzehnten abkühlenden Winter. Ein verfrühter Vegetationsbeginn ist nicht nachweisbar.

Man mag jetzt einwenden, auch der März sei mitbestimmend, besonders bei den Beobachtungen der späteren Frühlingsboten wie Anemonen oder Löwenzahn, deswegen zeigen wir hier die Grafik dieses Monates über einen längeren Zeitraum. Die aktuelle Märztemperatur für 2015 wurde vom DWD am 30.3. mit 5,2°C und „überdurchschnittlich warm“ angegeben:

Abb. 8: Auch der März folgt nicht dem Orakel der Erwärmungsverkünder. Er kühlte sich leicht ab, auch wenn es 2012 und 2014 zwei sehr warme Monate gab. Der März 2015 lag etwa in der Mitte der letzten 27 Jahre. Es gab schon wärmere, aber auch kältere Märzmonate. Die Messwerte sind nicht wärmeinselbereinigt, sondern die Originalwerte des Deutschen Wetterdienstes. Ab einem Betrachtungszeitraum über 25 Jahre hinaus, müsste man eine WI-Bereinigung durchführen, da die Wärmeinseln, in welchen die deutschen Klimastationen stehen, durch die ständigen Landschaftsveränderungen schleichend größer werden. Die Ergebnisse sind jedoch auch ohne WI-Bereinigung eindeutig.

Abb. 9: Winterlinge erschienen in der freien Fläche außerhalb der wärmenden Städte Süddeutschlands diesmal erst Mitte März. (Foto: Kowatsch).

Februar und März 2015 entsprachen deutschlandweit fast dem Durchschnitt der letzten drei Jahrzehnte. In den Ausnahmejahren 2014 und um 1990 waren beide Monate deutlich milder. Damals trieb die Wildstachelbeere mitunter schon im ersten Februardrittel aus, Winterlinge und Krokusse standen in der zweiten Februarhälfte in voller Blüte. Die in den Medien oft genannten Beispiele der Vegetationsverfrühung sind Einzelfälle aus wärmeinselbeeinflussten Orten. Oftmals wurden die betreffenden Pflanzen in Gewächshäusern vorgezogen oder züchterisch auf frühe Blüte getrimmt.

Abb. 10: Die Märzenveilchen, die nach diesem Frühlingsmonat schon immer so benannt sind, erschienen außerhalb der wärmenden Städte Süddeutschlands erst Ende März 2015 und damit eindeutig verspätet, in Thüringen einige Tage früher. (Foto: Kowatsch).

Ergebnis 2: Beobachtungsergebnisse aus der Tierwelt

Amsel, Drossel, Fink und Star. Auch Zilpzalp, Kleiber, Blau- und Kohlmeisen gehören dazu. Ihr „Frühlingsgesang“, der eigentlich eine Revierabgrenzung darstellt, ertönte zu Beginn unseres gewählten Betrachtungszeitraumes noch Anfang März. Doch dieses Jahr herrschte Anfang März noch ein „stummer“ Frühling. Der Balzgesang begann in der freien Fläche erstmalig im Raum um Hüttlingen am 13.März, so richtig aber erst in der zweiten Märzhälfte. Auch die Frosch- und Krötenwanderung zu den Laichplätzen verzögerte sich. an. Sie begann in Süddeutschland Ende März/Anfang April, denn Mitte März waren einige Tümpel noch vereist und die Nächte fast immer winterlich kalt. Die tendenziell verfrühte Rückkehr mancher Zugvögel wie Stare oder Störche, beweist keinesfalls eine flächendeckende Erwärmung. Diese Vogelarten überwintern jetzt in den warmen, beheizten Städten des Mittelmeerraumes, und der Weg zurück ist kürzer. Das Nahrungsangebot hat sich in den Städten verbessert. Immer mehr ursprünglich scheue Vogelarten, doch auch Füchse und Wildschweine, siedeln sich daher in den wärmeren Dörfern und Städten an.

Abb. 11: Star im Vorfrühling. Aus dem wechselhaften Verhalten der Stare, die mal Stand-, mal Strich- und mal Zugvogel sein können, lassen sich keine sicheren Rückschlüsse über „Klimaveränderungen“ herleiten. Bildquelle: www.voegel-am-futterhaus.de

Ergebnis 3: Historische Quellen und Literatur

Die mehrere hundert Jahre alte Bauernregel „Märzenstaub bringt Kraut und Laub, doch oft wird es des Frostes Raub“ beschreibt genau das, was wir auch 2015 wieder erlebten- Austrieb der frühesten Sträucher und Kräuter in den ersten, warmen Märztagen, doch kurz nach dem kalendarischen Frühlingsanfang ließen harsche Nachtfröste so manches Pflänzchen erfrieren. In Goethes „Osterspaziergang“ heißt es hingegen: „Doch an Blumen fehlt’s im Revier…“ Damals waren all die Winterlinge, Blausterne, Schneeglöckchen und Krokusse, die wir heuer kennen, weitaus weniger verbreitet, denn sie sind Gartenflüchtlinge, so genannte „Neophyten“ (Neubürger), welche sich erst mit dem floristischen Handel im 19. und 20. Jahrhundert stark ausbreiten konnten. In dem Weimar- Roman „Die Altenburg“, der während der Franz- Liszt- Zeit spielt, beschreibt die Schriftstellerin Jutta Hecker unter anderem, dass die Kornelkirsche, auch „Herlitze“ genannt, im März blühte- wie heuer auch. Die botanische Literatur, beispielsweise Pflanzenlexikon.com, gibt für die Blütezeit der Winterlinge Januar bis März, für das Märzenveilchen März bis April und für die Kornelkirsche Februar bis April an, was genau unseren Beobachtungsdaten von 2015 entspricht.

Zusammenfassung

Winter und Vorfrühling wurden seit den späten 1980er Jahren etwas kälter, besonders der Februar. Die Temperaturtrendlinien sind fallend. Daher verzögert sich der Frühlingsbeginn momentan und hinkt den wärmeren 1990er Jahren hinterher.

Insgesamt liegt der Frühjahrsbeginn 2015 im Durchschnitt der letzten 120 Jahre und entspricht den Aussagen der biologischen Literatur, der Frühlingsliteratur sowie den deutschen Frühlingsliedern.

Die „Erwärmungskatastrophe“ blieb bislang aus. 2014 waren Februar und März zwar sehr mild, doch 2015 reihten sie sich wieder in die fallende Trendlinie der Abkühlung ein.

Die Praxis ist das Kriterium der Wahrheit. Es gibt außerhalb der Wärmeinseln keinen zeitigeren Frühlingsbeginn, somit auch keinen Erwärmungstrend. Daher existiert die angebliche, von CO2 verursachte „Klimaerwärmung“ nur in den Modellen der überbezahlten „Klimafolgenforscher“.

Nach einer fast 30-jährigen Abkühlungsphase der Wintermonate stellen wir fest: In der freien Fläche Deutschlands, wo fast keine Messstationen mehr stehen, gilt weiterhin: Der Frühling erwacht im März.

Der Frühling erwacht im März wie vor 150 Jahren – das war am Ende der „Kleinen Eiszeit“, als Deutschland begann, sich von einem dünn besiedelten Agrarstaat zu einem Industriestaat mit überwiegend urbanen Strukturen zu wandeln. Die Städte wuchsen rasant, und in diesen Städten wurde es tendenziell wärmer. Den meisten Städtern fehlt heute leider der ständige Kontakt zur freien Natur; sie nehmen, schon aus Mangel an Zeit und naturwissenschaftlichen Kenntnissen, die Halbwahrheiten der Medien meist noch klaglos hin. Unser Beitrag hat aber vielleicht dem ein oder anderen Interessierten die Augen geöffnet.

Josef Kowatsch, Naturbeobachter und Klimaforscher

Stefan Kämpfe, Naturbeobachter und Klimaforscher