Zentraler Punkt des Diskussionspapiers (die Macher sprechen anders als die meisten Presseartikel nicht von einer Studie) ist der preissenkende Effekt, den die “Erneuerbaren” auf den „Day-Ahead“-Handel, also auf den kurzfristigen Spotmarkt, ausüben. Dadurch, dass Strom aus Wind und Sonne zum Preis von 0 Cent pro kWh auf den Spotmarkt strömen, wann immer sie anfallen, drückt das dort die Preise nach unten. Der Preis von 0 Cent ergibt sich daraus, dass der Strom bereits vorher durch die EEG-Zwangsabgabe gezahlt wurde.

Hypothetische Preiseffekte

Beziffert wird diese Preissenkung mit 5,29 Cent pro KWh. Woher die Zahl kommt wird nicht klar, man kann sie für recht hoch halten. Die Preise beim Day-Ahead-Handel haben in den letzten 12 Jahren stark geschwankt, aber der Unterschied zwischen dem höchsten und niedrigsten Preis betrug in diesem Zeitraum maximal 4 Cent/kWh. Begründet wird der starke angenommene Anstieg damit, dass mit dem Abschalten der Kernkraftwerke in Deutschland das Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage stark gestört worden wäre, was sich eben in den Preisen widerspiegelt.
Abb 1: Entwicklung Staatsanteil der Strompreise, Bildquelle: Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft
Das Diskussionspapier geht bei dieser hypothetischen Betrachtung von einigen Annahmen aus, die mit der Realität wenig zu tun haben. Erstens wird vorausgesetzt, dass es ohne “Erneuerbare” zu einer Verknappung von Strom gekommen wäre. Da wäre vielleicht kurzfristig so gekommen, aber in einem funktionierenden Markt hätten die dadurch steigenden Preise automatisch dafür gesorgt, dass neue Kraftwerke gebaut worden wären. Hohe Preise bedeuten schließlich, dass man mit seiner Investition so gutes Geld verdienen kann.

Abb, 2: Die Entwicklung des Spotmarkt-Strompreises von 2002 bis 2014. Quelle: Fraunhofer ISE

“Erneuerbare” als Lösung für selbst geschaffene Probleme

Dass solche Investitionen in den letzten Jahren nicht stattfanden, umgekehrt sogar immer mehr Kraftwerke stillgelegt werden sollen, liegt ja gerade daran, dass sich deren Betrieb wegen des niedrigen Börsenstrompreises nicht mehr lohnt. Die Realität ist also, dass die über das EEG bezahlte und dann zu Null Grenzkosten und mit Vorrang in die Strombörse gedrückten “Erneuerbaren” Energien den klassischen Strommarkt zerstört haben und jetzt in diesem Papier als Lösung für ein Problem ausgegeben werden, für das sie selbst die Ursache sind.
Ein zweiter zentraler Punkt ist das Zustandekommen der vorgeblichen 11,2 Milliarden Euro, den die Stromkunden durch die “Erneuerbaren” Energien gespart haben sollen. Die Zahl ergibt sich, wenn man die (unter dubiosen Umständen ermittelten) 5,29 Cent pro KWh mit dem Nettostromverbrauch von Deutschland im Jahr 2013 in Höhe von 596 Terawattstunden multipliziert (das ergibt 31,6 Mrd. Euro) und davon die 20,4 Mrd. Euro abzieht, die in diesem Jahr an EEG-Subventionen netto ausbezahlt worden sind.

Spotmarkt nicht gleich Strommarkt

Dabei wird stillschweigend davon ausgegangen, dass die hypothetische Preiserhöhung am Spotmarkt den gesamten gehandelten Strom betroffen hätte. Das ist aber überhaupt nicht der Fall. 2013 wurde 21,5% des Stroms am Spotmarkt gehandelt, der Rest über Langfristverträge am Terminmarkt. Die Mehrkosten hätten demnach nur 6,8 Mrd. Euro betragen, nicht 31,6 Mrd. Mit dieser Zahl hätte sich aber ergeben, dass die Verbraucher durch das EEG im jahr 2013 nicht 11,2 Mrd. Euro gespart, sondern 13,6 Mrd. Euro zu viel gezahlt hätten.
Dass dies nicht im Sinne der Autoren des Diskussionspapiers sein konnte, ergibt sich, wenn man sich ansieht unter welcher Prämisse die Zusammenarbeit zwischen Siemens der Universität Erlangen-Nürnberg gestartet ist, aus der dieses Papier schließlich hervorgegangen ist:
Zukünftig werden Siemens und die Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) bei der Erforschung nachhaltiger, bezahlbarer und zuverlässiger Energiesysteme zusammenarbeiten. Dies geht aus einer Pressemitteilung der FAU hervor. Gemeinsam sollen innovative wettbewerbsfähige Systeme entwickelt werden, die zum Erfolg der Energiewende beitragen sollen
Ob die “Erneuerbaren” Energien innovativ im eigentlichen Sinne sind, darüber mag man gewiss streiten. Dass sie nicht wettbewerbsfähig sind erkennt man allein schon an der Tatsache, dass deren Bau und Betrieb durch Subventionierung über das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) gefördert werden muss. Dass dadurch die Strompreise nicht sinken, sondern stetig steigen, sieht jeder auf seiner Stromrechnung. Dass ein Konzern wie Siemens, der über seine Windkraftsparte enorm von dieser Entwicklung profitiert, ein Interesse daran hat, die “Erneuerbaren aber trotzdem als wettbewerbsfähig, ja gar als kostensenkend, darzustellen, liegt auf der Hand. Und mit Prof. Dr. Jürgen Karl vom Lehrstuhl für Energieverfahrenstechnik an der Universität Erlangen-Nürnberg scheint sich auch jemand gefunden zu haben der bereit ist, dieser Aussage wissenschaftliche Weihen zu verleihen.
Der Beitrag erschien zuerst bei ScienceSceptical

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