Wie am Ende dieses Beitrags diskutiert, muss in Betracht gezogen werden, dass die geochemischen Zyklen von CO2 und CH4 in Eis, Permafrost, terrestrischen und ozeanischen Biosphären sowie in der Tiefsee während glazialer Gefrier-/Auftauzyklen irgendwie in allgemeiner Weise mit der Temperatur korreliert sind. Diese Korrelation zeigt, dass CO2 und CH4 von der Temperatur kontrolliert werden, so dass es keinerlei Beweise dafür gibt, dass CO2 oder CH4 irgendwelche orbitalen Zyklen geschuldete Temperatursignale verstärken.

Einführung


Abbildung 1: Geogr. Lage der Antarktis, von Vostok und anderen Orten, an denen Eisbohrkerne gezogen worden sind
Die russische Antarktisstation Vostok liegt 1300 km vom Südpol entfernt und ziemlich genau in der Mitte des antarktischen Kontinents in einer Höhe von 3488 m ü. NN. Gegenwärtig gibt es dort im Mittel 2,6 mm Niederschlag pro Jahr. Die mittlere Temperatur beträgt -55°C, der Kälterekord liegt bei -89,2°C, also unter dem Gefrierpunkt von CO2. Vostok ist einer der lebensfeindlichsten Orte der Erde [und doch gibt es dort Leben! Anm. d. Übers.].
Es gibt eine ganze Historie des Erbohrens verschiedener Eisbohrkerne bei Vostok. Der wichtigste Bohrkern und Gegenstand dieses Beitrags wurde im Jahre 1995 erbohrt. Dieser Vostok-Eisbohrkern ist 3310 Meter lang und repräsentiert 422.766 Jahre Schneeakkumulation. Ein einzelnes Jahr wird demnach durch nur 7,8 mm Eis repräsentiert. Vostok ist eine sehr, sehr kalte Wüste, und die sehr langsame Eisakkumulation bringt signifikante Unsicherheiten in die Daten.
Neben den Eisbohrkernen ist Vostok berühmt für den unter dem Eis liegenden See, der als einer der größten Seen der Welt kartographiert worden ist, überdeckt er doch eine Fläche von 14.000 km². Es ist eindeutig unter dem Eis sehr viel wärmer als an der Oberfläche.
Abbildung 2 (oben rechts): Landschaft bei Vostok

Daten: Temperatur, CO2 und CH4

Beim Vergleich der Signale dieser drei physikalischen Elemente im Vostok-Bohrkern ist es wichtig zu verstehen, dass das Temperatursignal durch Wasserstoff getragen wird: die Menge von Deuterium-Isotopen im Wasser, aus dem sich das Eis bildet. Die Signale bzgl. CO2 und CH4 kommen dagegen aus im Eis eingeschlossenen Luftbläschen. Diese im Eis eingeschlossenen Luftbläschen werden immer als jünger erachtet als das Eis um sie herum, was der Zeitverschiebung zwischen Schneefall und Eisbildung um das Luftbläschen herum geschuldet ist. In Vostok beträgt diese zeitliche Verzögerung zwischen Schneefall und Eisbildung um das Bläschen zwischen 2000 und 6500 Jahre. Daher wird eine substantielle Korrektur angebracht, um das Alter der Luftbläschen an das Alter des Eises anzugleichen, und die Genauigkeit dieses Vorgangs muss man im Hinterkopf behalten bei Interpretationen. Die Vostok-Daten stehen hier zum Download bereit.
Man beachte, dass die Zeit in allen meinen Graphiken von rechts nach links läuft, wobei der „heutige Tag“ links liegt. Als der heutige Tag (Jahr Null) wird das Jahr 1995 erachtet, also das Jahr der Erbohrung dieser Kerne. Die GT4-Zeitskala von Petit et al. wird verwendet (1).
Die Methan-Konzentrationen in Luftbläschen und Temperaturvariationen in Vostok sind unglaublich gut gleichlaufend, vor allem am Ende und bei wiedereinsetzenden Vereisungen, wenn die Temperaturänderungen maximal sind (Abbildung 3).

Abbildung 3: Methan- und Temperaturvariationen. Man beachte, wie Methan und Temperatur besonders stark gleich laufen am Ende einer Eiszeit und während der nachfolgenden Rückkehr zu glazialen Bedingungen.
Dies zeigt, dass die Kalibrierung von Eiszeit und Gaszeit gut ist. Aber zeigt es auch, dass Methan-Variationen von ± 200 ppmd (parts per Milliarde) die orbitale Kontrolle von Vereisungen verstärken?
Das Passformat von CO2 zur Temperatur ist tatsächlich nicht einmal annähernd so gut wie für CH4. Es gibt eine persistente Tendenz, dass CO2 der Temperatur hinterher hinkt, und dieser Zeitverzögerung ist am stärksten ausgeprägt am Beginn jedes glazialen Zyklus‘, wobei das CO2 der Temperatur um viele tausend Jahre hinterher läuft (1) (Abbildung 4).

Abbildung 4: CO2 und Temperatur scheinen im Großen und Ganzen gut korreliert, aber es gibt ein paar signifikante Abweichungen. Am Ende von Eiszeiten (Terminationen) ist das Alignment genauso gut wie für Methan. Aber während des Rückfalls in die nachfolgende Vereisung gibt es eine Zeitverzögerung zwischen CO2 und Temperatur von vielen tausend Jahren. Petit et al (1) haben dies bemerkt, aber keine Erklärung angeboten. Um jedoch der Bedeutung der Beobachtung Rechnung zu tragen ziehen sie es stattdessen vor, nicht haltbare Behauptungen aufzustellen darüber, dass CO2 und CH4 orbitale Antriebe verstärken.
Es ist daher keine Überraschung, dass CO2 und CH4 signifikante Unterschiede zeigen (Abbildung 5) hinsichtlich der Zeitverzögerung von CO2 und CH4 ähnlich der Zeitverzögerung zwischen CO2 und Temperatur.

Abbildung 5: CO2 läuft Methan zeitlich hinterher ähnlich der Art und Weise, wie es der Temperatur hinterherläuft. Diese Zeitverzögerung ruft nach einer Erklärung, deren Wurzeln in einer geochemischen Umgebung zu suchen sind, in der beide Gase emittiert und abgeschieden werden. Petit et al (1) räumen der Erklärung der physikalischen Prozesse hinter CO2- und Methan-Variationen erstaunlich wenig Raum ein.
Tatsächlich scheinen Petit et al (1) mehr darauf bedacht gewesen zu sein, die Ähnlichkeiten zu betonen als die bedeutenden Unterschiede darzustellen…
Die Gesamt-Korrelation zwischen unseren CO2- und CH4-Aufzeichnungen und der isotopischen Temperatur der Antarktis ist bemerkenswert ( r2 1⁄4 0:71 und 0.73 jeweils für CO2 und CH4). Diese hohe Korrelation zeigt, dass CO2 und CH4 zu glazialen/zwischenglazialen Änderungen während des gesamten Zeitraumes beigetragen haben können durch Verstärkung des orbitalen Antriebs zusammen mit Albedo und möglicherweise anderen Änderungen.
Tatsächlich wird die hohe Korrelation am besten dadurch erklärt, dass sowohl CO2 als auch CH4 auf Temperaturänderungen reagieren und diese „nicht verursachen“. Und aus diesen Daten gehen Null Beweise hervor, dass eine Verstärkung durch den orbitalen Antrieb stattgefunden hat, was jedoch nicht heißt, dass das nicht doch der Fall war.
Abbildung 6 zeigt eine erweiterte Sicht der letzten Vereisung, in der man ziemlich klar erkennen kann, dass es eine Zeitverzögerung von etwa 8000 Jahren zwischen fallender Temperatur und CO2-Rückgang gibt. Die Temperatur fiel auf Eiszeitbedingungen (-6°C) mit zwischeneiszeitlichen CO2-Werten von 265 ppmV. Methan fiel sofort mit der Temperatur, CO2 aber nicht. Dies zeigt, dass das CO2 kaum Kontrolle ausübt auf die wesentliche Struktur des glazialen Zyklus‘, der durch orbitale Antriebe kontrolliert wird. Ähnliche Zeitverzögerungen gibt es zu Beginn jedes einzelnen glazialen Zyklus‘ (Abbildung 4). Dies ist eindeutig ein wichtiger und reproduzierbarer geologischer Prozess oder eine Abfolge von Prozessen.

Abbildung 6: Details der letzten 150.000 Jahre zeigen, wie CO2 der Temperatur um etwa 8000 Jahre hinterher läuft nach der Eemian-Zwischeneiszeit. Volle Eiszeitbedingungen etablierten sich bei zwischeneiszeitlichen CO2-Konzentrationen.

Diskussion

Die Zyklizität von CO2 und Methan muss in Termen von Flüssen, Quellen und Senken interpretiert werden. Steigt die Konzentration, zeigt dies, dass die Erzeugungsrate höher ist als die Rate des Ausfallens und umgekehrt. Betrachtet man glaziale Zyklen, gibt es eine Vielzahl von Prozessen, von denen man sich vorstellen kann, dass sie die Flüsse sowohl von CO2 als auch von CH4 beeinflussen. Beispiele hierfür sind Steigen und Fallen des Meeresspiegels, Drainage von Land, Wachstum und Verfall von Vegetation, Bodenveränderungen, Eisschilde und Schmelzen des Permafrostbodens, Änderungen der Bioproduktivität in den Ozeanen, Änderungen der Ozean-Zirkulation und hier im besonderen thermohaline Zirkulation.
CH4 und CO2 steigen gemeinsam mit der Temperatur am Ende der Eiszeiten, und man ist in Versuchung zu erklären, dass die Quelle dieser beiden Gase die gleiche ist. Dies ist wahrscheinlich nur teilweise richtig. Die bekannteste Quelle für CH4 ist wahrscheinlich der auftauende Dauerfrostboden unter und neben den schmelzenden Eisschilden der Nordhemisphäre. Dabei wird auch etwas CO2 freigesetzt. Das Eis selbst enthält ebenfalls kleine Mengen beider Gase. Als die wahrscheinlichste Quelle für CO2 werden die Ozeane betrachtet, wo sich erwärmendes Meerwasser weniger CO2 halten kann. So ist der gleichlaufende Anstieg von CH4 und CO2 mit der Temperatur geradlinig zu erklären in Zeiten rapider Erwärmung und schmelzender Eisschilde. Stoppt die Erwärmung, stoppt auch der Anstieg von CH4 und CO2, aber gerade dann, wenn die Treibhausgase maximal enthalten sind, wird es wieder kälter. Dies allein zeigt, dass Treibhausgase nur eine untergeordnete Rolle bei der Modulation glazialer Temperaturen und Klimate spielt.
Warum also nehmen CH4 und CO2 während Abkühlung in der Folge nicht ebenfalls gleichlaufend ab? Es gibt keine echte Senke für CH4. Stattdessen wird es in der Atmosphäre weitgehend zerlegt durch eine Reaktion mit Sonnenlicht und Sauerstoff, woraus sich dann CO2 bildet. Die Verweildauer ist ziemlich kurz, etwa 10 Jahre. Der den Beginn einer Zwischeneiszeit markierenden rapiden Erwärmung folgt normalerweise kurz darauf eine rapide Abkühlung. Man kann sich vorstellen, dass der Permafrostboden allmählich wieder gefriert, was zu einer Reduktion des Methanflusses führt. Die Rate der Zerlegung übersteigt die Rate der Freisetzung, und die Konzentration nimmt ab.
Die große Zeitverzögerung für CO2 ist nicht so einfach zu erklären. Am Ende einer Eiszeit sowie während der Phase der Erwärmung muss man von sich polwärts ausbreitenden und verstärkt wachsenden Wäldern ausgehen. Ich kann nur vermuten, dass die Masse der terrestrischen Biomasse zunimmt. Ich weiß nicht, was mit der Masse der ozeanischen Biosphäre passiert, die in kaltem Wasser oftmals produktiver ist. Ich kann auch spekulieren, dass die thermohaline Zirkulation gefestigt oder verstärkt wird, was ein teilweises Ausgasen der kohlenstoffreichen Tiefsee ermöglicht. Es ist schwierig, diese Puzzlesteinchen in quantitativer Weise zusammenzuführen, aber es reicht aus um zu sagen, dass die Erwärmung einer Zunahme des atmosphärischen CO2-Gehaltes vorausgeht. Warum also geht der CO2-Gehalt bei Abkühlung nicht ebenfalls sofort zurück?
Ein offensichtlicher Gedanke lautet, dass dies verbunden ist mit der thermischen Trägheit der Ozeane. Dass sich Festland und Atmosphäre abgekühlt haben und die Ozeane erst mit einer Zeitverzögerung von einigen tausend Jahren dieser Abkühlung folgen. Ein einfacher Weg, dies zu untersuchen war es, den Vostok-Eisbohrkern mit den Aufzeichnungen der Ozean-Temperaturen zu vergleichen, wie es aus den d18O-Signaturen der global verteilten benthischen Foraminiferen (3), (Abbildung 7) hervorgeht. Es gibt eine ähnliche Zeitverzögerung in den Ozeanen zwischen Temperatur (d18O) und CO2 (Abbildung 7). Der Gedanke der thermischen Trägheit ist also falsch.

Abbildung 7: Es gibt eine ähnliche Zeitverzögerung zwischen CO2 aus dem Vostok-Bohrkern und der Temperaturaufzeichnung benthischer Foraminiferen im Nordatlantik (3). Sie zeigt, dass der langsame Rückgang des CO2-Gehaltes nichts mit der thermischen Trägheit der Ozeane zu tun hat.
Was also könnte da vor sich gehen? Vor einigen Monaten haben Roger und ich eine Reihe von Beiträgen zum Kohlenstoffkreislauf der Erde gepostet. Wir sind niemals wirklich bis auf den Grund hiervon vorgestoßen, aber während des Prozesses haben wir viel gelernt und viele interessante Daten entdeckt. Ich ziehe drei vorläufige Schlussfolgerungen: 1) ozeanisches Tiefenwasser enthält viel mehr Kohlenstoff als das Wasser an der Oberfläche, und weil das so ist, kann 2) die viel gepriesene ozeanische Löslichkeit von CO2 als Pumpe nicht existieren, und 3) der größte CO2-Anteil wird aus der Atmosphäre durch Photosynthese entfernt – Bäume auf dem Festland und Phytoplankton in den Ozeanen (4). Dies könnte uns helfen, die CO2-Zeitverzögerung zu verstehen. Das ozeanische Tiefenwasser enthält riesige Mengen Kohlenstoff, erzeugt durch in der Tiefe verrottendes Plankton, und wenn sich die Ozeane erwärmen oder sie umgewälzt werden, kann dieser Kohlenstoff rasch in die Atmosphäre ausgasen. Aber der umgekehrte Weg ist nicht so einfach, da er von der Rate der Photosynthese abhängt. Kurz gesagt, es scheint, dass die Ozeane CO2 viel leichter ausatmen als wieder einatmen können.
Auf dem Festland wird das Wiederanwachsen von nordhemisphärischen Eisschilden die Wälder in hohen Breiten zerstören und zu einer globalen Migration der Klimagürtel in Richtung Äquator führen. Absterbende Wälder reduzieren die Größe der terrestrischen CO2-Pumpe, während sich gleichzeitig eine neue CO2-Quelle auftut: verrottendes Pflanzengut. Dies wird dazu tendieren, die Fähigkeit der ozeanischen Biosphäre zu reduzieren, während der Abkühlungsphase CO2 herauszufiltern.

Schlussfolgerungen

● Vier glaziale Zyklen lang zeigen CO2, CH4 und Temperatur eine zyklische Ko-Variation. Dies wurde von der klimawissenschaftlichen Gemeinschaft als Beweis für die Verstärkung orbitaler Antriebe via Treibhausgas-Rückkopplungen angeführt.
● Ich bin nicht der Erste, der beobachtet, dass der CO2-Verlauf im Vostok-Eisbohrkern (2) der Temperatur hinterherläuft, und tatsächlich kommen Petit et al. (1) zu der Beobachtung, dass bei Beginn einer Eiszeit die Änderung des CO2-Anteils um viele tausend Jahre hinterherläuft. Aber sie diskutieren dies nicht, ebensowenig wie die ziemlich ausgeprägten Implikationen dieses Tatbestandes.
● Temperatur und CH4 sind extrem eng korreliert ohne jede Zeitverzögerung. Während also CO2 und CH4 in allgemeiner Weise mit der Temperatur korreliert sind, zeigen sie in ihrer Reaktion auf globale geochemische Zyklen ein unterschiedliches Verhalten. Auch dies merken Petit et al (1) an, ohne den Versuch einer Erklärung zu liefern.
● Zu Beginn der letzten Eiszeit betrug die Zeitverzögerung 8000 Jahre, und die Welt fiel in die Tiefen einer Eiszeit, wobei die CO2-Varianz nachgewiesenermaßen nur wenig zum großen Temperaturrückgang beitragen.
● Die einzig mögliche Schlussfolgerung aus dem Vostok-Bohrkern lautet, dass Variationen von CO2 und CH4 beide durch globale Temperaturänderungen ausgelöst werden sowie durch Zyklen von Gefrieren und Auftauen in hohen Breiten. Diese natürlichen geochemischen Zyklen machen es unvermeidlich, dass CH4 und CO2 mit der Temperatur korrelieren werden. Es ist daher grundfalsch, diese Beziehungen als Beweis für einen Klimaantrieb durch CO2 anzuführen, vor allem beim Beginn von Eiszeiten – es gibt hier keinerlei Korrelation.
[1] J. R. Petit*, J. Jouzel†, D. Raynaud*, N. I. Barkov‡, J.-M. Barnola*, I. Basile*, M. Bender§, J. Chappellaz*, M. Davisk, G. Delaygue†, M. Delmotte*, V. M. Kotlyakov¶, M. Legrand*, V. Y. Lipenkov‡, C. Lorius*, L. Pe ́ pin*, C. Ritz*, E. Saltzmank & M. Stievenard† (1999) Climate and atmospheric history of the past 420,000 years from the Vostok ice core, Antarctica. NATURE | VOL 399 | 3 JUNE 1999 |
[2] Jo Nova: The 800 year lag – graphed
[3] Lisiecki & Raymo (2005) A Pliocene-Pleistocene stack of 57 globally distributed benthic D18O records. PALEOCEANOGRAPHY, VOL. 20, PA1003, doi:10.1029/2004PA001071
[4] Energy Matters: The Carbon Cycle: a geologist’s view
Link: http://wattsupwiththat.com/2014/12/27/vostok-and-the-8000-year-time-lag/
Übersetzt von Chris Frey EIKE

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