Die Sicht eines Schweizer Wissenschaftlers: Wieso die vorgeschlagene Energiewende nicht funktionieren kann

–        1.3 Jeder Ausbau oder jede Veränderung des  Systems muss a) kompatibel mit dem existierenden System sein, b) wesentliche Verbesserungen des Systems bringen und c) nicht a priori Bedingungen schaffen, die dessen Stabilität und Zuverlässigkeit in Frage stellt.
–        Politik ist gefordert gesetzliche Rahmenbedingungen zu erlassen, die mit der aktuellen Lage (lokal, national und international) verträglich sind, und eine geordnete Nützung und Ausbau des Systems ermöglicht. Subventionen und künstliche Strompreiserhöhungen sind keine Lösung für die sich abzeichnenden Probleme.

2.     Die sogenannten erneuerbaren Energien

–        2.1 Alle erneuerbaren Energien haben eine geringe Energiedichte, die nicht ohne spezielle Massnahmen industriell verwertbar sind. Sie basieren alle auf Sonnenenergie (atomare Fusion) mit Ausnahme der Geothermie, die ihren Ursprung im Kernzerfall (hauptsächlich Radioaktivität der Gesteine) hat. Kernenergie müsste deshalb logischerweise zu den erneuerbaren Energien gezählt werden.
–        2.2 Sonnenenergie (inkl. Wasser, Wind, Biomasse) ist lokal nie konstant (Tag / Nacht, Wetter , Klima) und ist somit ohne geeignete Speicher als dominante Quelle a priori nicht direkt vereinbar mit unserm elektrischen System, das gemäss 1.1 Stabilität verlangt.
–        2.3 Sonnenenergie ist leicht ohne spezielle Vorrichtungen in brauchbare Wärme umwandelbar und daher für Heizungen und Warmwasseraufbereitung beinahe ideal. Wegen den thermodynamischen Gesetzen ist diese Form für die Elektrizitätserzeugung in unsern Breitengraden äusserst ineffizient.
–        2.4 Die Sonnenenergie treibt unsere Wetter- und Klimamaschine und ermöglicht uns so, die sekundäre hydraulische und Windenergie zu nützen. a) Die Dichte des Wassers ist beinahe tausend Mal grösser als die der Luft, dadurch lässt sich das Wasser in Form von potentieller Energie leicht speichern und die Bedingung von 1.1 mit Stauwehren erfüllen. b) Die mechanische Windenergie lässt sich nicht speichern und hängt von der dritten Potenz der Windgeschwindigkeit ab.
–        2.5 Die direkte Umwandlung der Sonnenenergie in elektrische Energie ist dank der chemischen Technologie und der Halbleitertechnik, der Photovoltaik, möglich aber mit viel geringeren Umwandlungs-faktoren als die Umsetzung der mechanischen in elektrische Energie. Ueberdies setzt diese Technologie einen Energieaufwand voraus, der nur marginal über die Lebensdauer dieser Geräte zurückgewonnen werden kann. Diese Geräte sind während des Betriebs sehr stabil und umweltfreundlich, was allerdings für deren Herstellung und Entsorgung nicht der Fall ist. Damit wird Nachhaltigkeit gepredigt aber nicht umgesetzt.
–        2.6 Umsetzung der Energie der Biomasse (inklusive Holz) in Elektrizität geschieht im allgemeinen durch Gärung / Verbrennung und thermodynamische Prozesse. Energiegewinnung aus Biomasse ist ein Mehrstufenprozess (Sonne-Bio-Chemie-Thermodynamik), der sehr ineffizient ist. Die Erzeugung von grossen Biomassen braucht sehr viel Land und ist daher in der Schweiz ungeeignet. Da sie überdies noch mit der Nahrungsmittelproduktion direkt in Konkurrenz steht, ist Biomasseverwertung nur für die Verwertung von Abfällen und daher nicht für industrielle Grossproduktion geeignet.
Die Zusammenstellung der erneuerbaren Energien zeigt, dass nur die in der Schweiz mangels vulkanischer Aktivität unterentwickelte Geothermie und die Biomasseverwertung a priori unserer Stabilitätsforderung in Teil 1) entsprechen können. Obwohl Sonne und Wind gratis sind, ist die Umwandlung in elektrische Energie alles andere als gratis wegen der fehlenden Kontinuität der Ausbeutung. Wer diese Tatsache ignoriert handelt fahrlässig und zeichnet ein völlig falsches Bild.

3.     Fossile Energien

–        Darunter gehören Kohle, Erdöl und Erdgas, die alle leicht gespeichert und transportiert werden können im Gegensatz zu den möglichen Mitteln unter 2). Der Energieaufwand und Kosten, diese Materialien zu gewinnen, ist sehr klein im Vergleich zum Gewinn an elektrischer Energie durch thermodynamische Prozesse, die einen kontinuierlichen Betrieb und damit Stabilität, Sicherheit und Wirtschaftlichkeit gewähren. Diese beinahe banale Tatsache ist der Grund, dass sich diese Materialien für die elektrische Energiegewinnung weltweit durchgesetzt haben. Die Endlichkeit dieser Reserven ist schwer abzuschätzen, da erfahrungsgemäss stets neue Quellen durch innovative Gewinnungsmethoden erschlossen werden können. Die Schiefergasgewinnung hat dies sehr deutlich gemacht. Der Ausstoss von umweltschädigenden Abfällen durch natürliche Verunreinigungen ist sehr ernst zu nehmen.

4.     Kernenergie

–        Die Kernenergie ist um Grössenordnungen konzentrierter als diejenige von Kohle. Die gebräuchlichste Form ist Kernspaltung von angereichertem Uran (235U). Spaltbares Material  kann leicht und sicher gelagert werden und erlaubt einen stabilen und zuverlässigen Betrieb. Leider sind die Risiken dieser Energieform wegen der Radioaktivität und der Unfälle von Tchernobyl und Fukushima sehr umstritten wegen vorgefassten Meinungen und Unkenntnis der Materie. Die Risiken sind zusätzlich von den Gegnern der Kernenergie aufgebläht und verfälscht worden. Die Erfahrungen mit den Kernkraftwerken in der Schweiz  (Reaktoren der 2. Generation) zeigen eindeutig, dass die Kernenergie sicher und sauber ist, und es auch in Zukunft so sein wird, denn die neueste 3. Generation ist ca. 100 Mal sicherer als die zweite. Die neuesten Entwicklungen (4. Generation) gehen darauf hinaus, dass diese Unfälle gar nicht mehr auftreten können und keine Abschaltungen zur Neubestückung mit spaltbarem Material mehr nötig sein wird. Ueberdies besteht damit die Möglichkeit abgebrannte Brennelemente statt zu vergraben als Energiequellen zu benützen.
–        China und Indien (mehr als 1/3 der Weltbevölkerung) setzen voll auf Kernenergie. Die Chinesen bauen gegenwärtig 36 Kernreaktoren der 3. Generation und testen bereits Prototypen der 4. Generation.
–        Diese Tatsachen belegen die Dummheit des sogenannten Ausstiegs aus der Kernenergie. Die Schweiz kann und darf sich nicht derartige Fehler leisten.

5.     Ungereimtheiten der Windenergie und der Photovoltaik in der Schweiz

–        Die Lobbiergruppe „SwissEolien“ unter dem Präsidium von Nationalrätin Isabelle Chevalley behauptet, dass die Windräder fast immer drehen und Strom erzeugen. Das ist eine Irreführung wegen der Leistungs-abhängigkeit von der Windgeschwindigkeit. Wenn wir die Leistung bei einer Windgeschwindigkeit von 36 km/h als 1 ansetzen, erhalten wir bei 3.6 km/h nur gerade einen Tausendstel der Leistung, also praktisch nichts. Bei 72 km/h gibt es acht Mal mehr Leistung, die bereits im Bereiche der Ueberlastung liegt. Vize-Minister Yu von China (grösster Windenergieerzeuger der Welt) bezeugt, dass eine installierte Windenergieleistung von 100 bis 110 GW jährlich gemittelt nur etwa soviel Energie erzeugt wie ein Kohlekraftwerk mit einer installierten Leistung von 7.5 -8 GW.
–        Daten aus Deutschland und England geben ein wenig verbessertes Bild für die Windenergie als auch für die Photovoltaik. Letztere scheint etwa um einen Faktor 1.5 besser abzuschneiden als Windenergie.
–        Sowohl Windenergie als auch Photovoltaik werden daher nur mit sehr grossen Schwierigkeiten ein kleines Kernkraftwerk der Grösse Mühleberg (355 MW) ersetzen können.
–        Diese Beispiele zeigen, dass eine stabile und zuverlässige Stromversorgung ein Ding der Unmöglichkeit ist, wenn keine riesigen Energiespeicher zur Verfügung stehen. Speicherverluste erfordern noch zusätzliche installierte Kapazität. Jede installierte, nicht erzeugte kWh kostet Geld, womit auch das Märchen von Sonne und Wind schicken keine Rechnung ein für alle Mal widerlegt ist.

6.     Konsequenz

–        Unstabilen Strom in stabilen umzuwandeln kostet sehr viel Geld und Land und bringt dabei unsern Landschafts- und Artenschutz in Gefahr, das Gegenteil was Umweltschützer verlangen.
–        Unstabilen Strom mit Importen zu stabilisieren, riskiert unsere Versorgungssicherheit, denn gerade zu Zeiten von Verknappung in der Winterzeit, oder eines grossen Vulkanausbruchs in Island oder anderswo, werden unsere Nachbarn, genau dieselben Probleme haben und nicht in der Lage sein den fehlenden „erneuerbaren“ Strom zu liefern.
–        Die grundsätzliche, politisch leider nicht einfache Lösung liegt auf der Hand: i) Den Ausstieg aus der Kernkraft so rasch wie möglich beerdigen. ii) Die Erlasse, die den Ausstieg hätten beschleunigen sollen, sistieren und rückgängig machen. iii) Die Subventionen für „kostendeckende Einspeisevergütung“ sind schleunigst zu unterbinden. iv) Finanzierung für marginale „wissenschaftliche“ Forschung ist zu unterbinden und v) wieder vermehrt in die Kernforschung investieren.
Über den Autor: F. K. Reinhart ist  promovierter Elektroingenieur und emeritierter Professor der Physik  (mit Schwerpunkt in Halbleiterphysik, physikalische Optik (Optoelektronik, integrierte Optik) und Hochtemperatursupraleitung) und forscchte und lehrte an der Ecole Fedrale Polytechnique de Lausanne. Eine Arbeit von ihm über die spektralen Eigenschaften des CO2 (in Englisch) können Sie als pdf. Anhang herunterladen.

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