Bild rechts: Autor S. Fred Singer ©Heartland Institute

Die Null-Hypothese

Die Existenz der Klimavariabilität seit Milliarden Jahren ist unumstritten – ohne jeden möglichen menschlichen Einfluss. Wir nennen das die ,Null-Hypothese‘. Logischerweise liegt also die Beweislast beim IPCC, glaubwürdige Beweise für die Behauptungen der anthropogenen globalen Erwärmung (AGW) durch die vom Menschen freigesetzten Treibhausgase vorzulegen. Wie weiter unten ausgeführt, war das IPCC bislang nicht in der Lage, solche Beweise vorzulegen: es hat seine Beweise für die „Zuordnung“ aufgegeben, die noch in den ersten drei Zustandsberichten (1990, 1996, 2001) genannt worden waren und hat in den Berichten AR 4 (2007) und AR 5 (2013) einen ,Beweis‘ angeführt, der die Logik verletzt.

Klimasensitivität

Wenn es um die globale mittlere Temperatur (GAST) geht, scheint die Hauptsorge darin zu bestehen, unter 2°C zu bleiben. Man sollte zur Kenntnis nehmen, dass dieses Limit völlig willkürlich ist. Es gibt keine etablierte wissenschaftliche Grundlage, diesem Limit spezielle Signifikanz zuzuordnen, es ist einfach eine „Goldglöckchen“-Zahl. Damit meine ich Folgendes:
Wählt man ein Limit von 0,5°C, werden die Leute sagen „das haben wir bereits erlebt, und nichts ist passiert“. Wähle ich jedoch 5°C, werden die Leute sagen „Eine solche Erwärmung werden wir niemals erleben – daher hat sie keine Bedeutung“. Darum vermutlich fiel die Wahl der Alarmisten auf die 2°C.
Bei der wirklichen Frage geht es um die Klimasensitivität (CS) – definiert als der Temperaturanstieg, der durch eine Verdoppelung des CO2-Gehaltes ausgelöst wird. (Diese Definition ist bei verschiedenen Autoren etwas unterschiedlich). Wie effektiv wirkt das Treibhausgas CO2 beim Anstieg der GAST? Wie realistisch sind die aktuellen Klimamodelle?
Das IPCC hat ursprünglich eine sehr große CS behauptet. Aber nach dem ersten Zustandsbericht 1990 nahm man die CS von 4,5 auf etwa 2,5°C zurück. Seitdem betrachtete das IPCC nur noch die Erwärmung im letzten Teil des 20. Jahrhunderts als vom Menschen verursacht und nicht mehr die Erwärmung von 1910 bis 1940. (Bild 1)

Bild 1: (a) globale mittlere Temperatur. (b) Man beachte, dass die höchsten Temperaturwerte in den USA in den dreißiger Jahren aufgetreten waren. Quelle: GISS
Meiner Ansicht nach kann die CS tatsächlich nahe Null liegen. Das bedeutet, dass CO2 nur einen sehr geringen Einfluss auf Klimaänderungen hat – möglicherweise wegen negativer Rückkopplungen. Jedoch gibt es immer noch Diskussionen darüber, welche Art negativer Rückkopplungen man erwarten kann: durch Wasserdampf oder durch Wolken?
Die sich immer ändernden, nicht existenten Beweise des IPCC für AGW
Ich kritisiere alle IPCC-Berichte von Nr. 1 (1990) bis Nr. 5 (2013). Als so genannter ,Experten-Begutachter‘ durfte ich mich an einer einmaligen Plattform für die Beobachtung aufeinanderfolgender IPCC-Entwürfe erfreuen. Es ist ziemlich erheiternd, dass die IPCC-Summaries über eine zunehmende Gewissheit für AGW sprechen – während gleichzeitig die modellierten Temperaturen immer weiter von den aktuell gemessenen Temperaturen divergieren (Bild 2).

Bild 2: Gewissheit des IPCC für AGW: 50% (1996), >66% (2001), >90% (2007), >95% (2013)
Wir nehmen zur Kenntnis, dass jede „Summary“ eines Berichtes durch einen politischen Konsens erzeugt wird, anders als im zugrunde liegenden wissenschaftlichen Bericht (wer das nicht glaubt, kann auf der website des IPCC nachschauen). Wie schon öfter erwähnt worden ist, lautet das Mandat des IPCC: „Verständnis der wissenschaftlichen Grundlage des Risikos einer vom Menschen induzierten Klimaänderung…“. Es gibt kein Mandat, irgendwelche anderen Ursachen in Betracht zu ziehen wie etwa natürliche Ursachen in Verbindung mit solaren und/oder ozeanischen Zirkulationszyklen – nur vermeintliche menschliche Gründe, hauptsächlich fossile Treibstoffe. Das IPCC erkennt überall einen menschlichen Klima-Fingerabdruck, weil dies das Einige ist, wonach zu suchen es beauftragt worden ist.
Im Besonderen nennt der IPCC-Bericht AR 1 eine Klimasensitivität von 4,5°C, wobei beide im 20. Jahrhundert beobachteten Erwärmungen (1910 bis 1940 sowie 1975 bis 1997) als anthropogen verursacht betrachtet werden. Nach heftiger Kritik an diesen ,Beweisen‘ hat das IPCC die Klimasensitivität auf 2,5°C zurückgefahren, indem nur noch die letzte Erwärmung im 20. Jahrhundert als anthropogen verursacht betrachtet wird. Die erste Erwärmung (1910 bis 1940) wird jetzt als natürlichen Ursprungs angesehen.
Nachdem man den anthropogenen Antrieb für 1910 bis 1940 aufgegeben hatte, betrachtete das IPCC zwei unterschiedliche Beweistypen als Unterstützung für AGW von 1975 bis 2000. In seinem Bericht von 1996 (AR 2) „fabrizierte“ Ben Santer den so genannten „Hot Spot (HS)“, eine berechnete maximale Erwärmung der oberen Troposphäre (Bild 3) und stellte die Behauptung auf, dass dieser ein Fingerabdruck von AGW sei. Dies ist aus zwei Gründen falsch: Der HS ist keineswegs ein Fingerabdruck von AGW – und er existiert nicht einmal. Er wurde als Rosinenpickerei herausgesucht aus der Temperaturaufzeichnung einer Radiosonde, wo es in einem Bereich eine kurzfristige leichte Erwärmung gab. Es gibt jedoch keine langfristige Zunahme (Bild 4)

Bild 3: Modellierter Hot Spot in der tropischen Troposphäre.

Bild 4: Kein beobachteter Hot Spot
Es ist einer Bemerkung wert, dass CCSP 1.1 (2006), dem Wissenschaftsbericht zur Klimaänderung für die US-Regierung mit Santer als Leitautor, einen HS in den Modellen zeigt (Bild 3), es dafür aber keinen Beleg aus Beobachtungen gibt (Bild 4). Der Gegensatz zwischen Modell und Beobachtungen ist gewaltig. Er illustriert sehr gut die Hauptquelle wissenschaftlicher Uneinigkeit – zwischen jenen, die sich auf Modellberechnungen verlassen und jenen, die sich auf Beobachtungen stützen.
Im AR 3 (2001) des IPCC taucht der HS nicht mehr auf, doch kam stattdessen der unsägliche Hockeyschläger von Mike Mann – dessen Behauptung zufolge während der letzten 1000 Jahre im 20. Jahrhundert eine ungewöhnliche Erwärmung aufgetreten war (Bild 5)

Bild 5: Oben: aus AR 1 des IPCC. Unten: „Hockeyschläger“ aus dem AR 3, wobei eine Proxy-Analyse ruckartig im Jahre 1979 aufhört und danach eine Thermometer-Aufzeichnung eingebracht wird. Man beachte, dass die Proxydaten keine ungewöhnliche Erwärmung im 20. Jahrhundert zeigen.
Eine genaue Untersuchung der im Hockeyschläger verwendeten Proxy-Daten zeigt, dass die Erwärmung überhaupt nicht ungewöhnlich war und möglicherweise geringer ausgefallen ist als vor 1000 Jahren. Eine wesentliche Erwärmung taucht nur auf durch das Hinzufügen der Temperaturkurve aus den Instrumenten (Bild 5). Man beachte auch, dass Mann seine Proxy-Daten nach 1979 verschweigt, die wahrscheinlich keine solche Erwärmung zeigen.
Wegen der vielen fundierten Kritik ist das Hockeyschläger-Argument vom IPCC inzwischen als Stütze für AGW fallen gelassen worden. Stattdessen warten jeweils die Berichte AR 4 (2007) und AR 5 (2013) in ihren Kapiteln über ,Zuordnung‘ auf mit sehr eigenartigen Zirkelschlüssen zur Unterstützung für AGW.
Beide Berichte passen sich an eine berechnete Kurve der Temperaturdaten in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts an. (Das kann man immer machen, indem man einen geeigneten Wert der Klimasensitivität wählt sowie einen vermuteten Aerosol-Antrieb). Nachdem man eine vernünftige Anpassung gefunden hatte, entfernten sie den Antrieb durch Treibhausgase und erhielten natürlich eine ,nicht angetriebene‘ Modellkurve, die keinen Temperaturanstieg mehr zeigte (Bild 6). Aber dann behaupteten sie, dass diese Lücke hinsichtlich der Daten ein eindeutiger Beweis für AGW sei. Diese Behauptung vergewaltigt die Logik und ist absolut sinnlos. Sie haben einfach ihre berechnete Kurve modifiziert und dann behauptet, dass die resultierende Lücke einen Beweis für die anthropogene Erwärmung darstellt.

Bild 6:  Unforced model (red). Quelle: IPCC-AR5 Chap 10 (‘Attribution’)
Der Anstieg des Meeresspiegels (SLR) zeigt im 20. Jahrhundert keine Beschleunigung
Es ist allgemein anerkannt, dass der Meeresspiegel um etwa 120 Meter gestiegen ist seit dem Höhepunkt der jüngsten Eiszeit vor etwa 18.000 Jahren. Die besten Werte stammen aus Korallen in der Karibik.
Das IPCC hat in seinen fünf Zustandsberichten versucht, den bis zum Jahr 2100 erwarteten SLR abzuschätzen. Wie man in Bild 7 erkennt, haben diese Schätzungen laufend abgenommen mit den niedrigsten Werten im Entwurf des AR 4 (2007). Allerdings zeigt die Endversion des AR 4 etwas höhere Schätzungen.

Bild 7: SLR-Schätzungen der fünf IPCC-Berichte. Die Werte aus dem AR 5 (2013; schwarz, bei ,other‘) passen zu Rahmstorf.
AR 4 (2007) zeigt immer noch vernünftige SLR-Werte. Aber als dann AR 5 erschien, können wir in etwa eine Verdoppelung sowohl der niedrigsten als auch der höchsten Schätzung ausmachen, wie Bild 7 (schwarz) zeigt.
Jetzt betrachten wir das Summary-Ergebnis (aus Kapitel 13 im AR 5) detaillierter in Bild 8 – und stellen die Schlüsselfrage: Gibt es zuverlässige Beweise für eine Beschleunigung des SLR in Zusammenhang mit Temperaturanstieg und CO2-Zunahme während des 20. Jahrhunderts? Wie wir sehen werden, lautet die Antwort NEIN.

Bild 8: SLR. Quelle: IPCC-AR5, Chap 13 (SLR).
Die erste Frage, die man zu Bild 8 stellen könnte, lautet: warum beschleunigt sich der SLR plötzlich im Jahre 1880 von Null auf etwa 18 cm pro Jahrhundert? Die Antwort könnte lauten, dass die IPCC-Daten nicht mit anderen Daten übereinstimmen, die keine solche Beschleunigung zeigen.
Weiter! Warum wird in Bild 8 im Jahre 1993 eine Beschleunigung gezeigt? Die Antwort könnte lauten, dass sich das IPCC einer neuen Beobachtungsmethode zugewandt hat, und zwar basierend auf Radar von Satelliten. Wie Dr. Willie Soon aber überzeugend erklärte, ist der neue Datensatz problematisch und stimmt nicht überein mit den traditionellen Daten von Tidenpegeln. Letztere zeigen während der letzten Jahrhunderte keinerlei Beschleunigung. Im Gegenteil, einige Analysen von Tidenmessungen zeigen eine Verlangsamung um das Jahr 1960 (Bild 9). Der Grund hierfür ist unbekannt, aber die Realität ist nicht in Frage gestellt worden. Sie widersprechen jedoch mit Sicherheit dem von Satelliten gezeigten stärkeren Anstieg.

Bild 9: Analyse von Tidenmessungen. Sie zeigen Verlangsamung unabhängig von der Ozeantemperatur und dem CO2. Quelle: Holgate GRL 2007
Schlussfolgerung: Meine eigene Beste Schätzung für das Jahr 2100 beläuft sich auf einen SLR von etwa 15 cm (siehe Bild 7) und einem weiteren Anstieg danach mit etwa dem gleichen Wert (18 cm pro Jahrhundert) – unabhängig von jedweden kurzfristigen Temperatur-Fluktuationen. Meiner Meinung nach gibt es nichts, was wir gegen diesen natürlichen Anstieg tun können, der sich bis zur nächsten Eiszeit fortsetzen wird, wenn der Meeresspiegel sinken wird durch die Eisakkumulation in den Polargebieten und auf Gletschern. Zwischenzeitlich sollten wir dem holländischen Beispiel folgen: Deiche bauen.
S. Fred Singer is professor emeritus at the University of Virginia and director of the Science & Environmental Policy Project. His specialty is atmospheric and space physics. An expert in remote sensing and satellites, he served as the founding director of the US Weather Satellite Service and, more recently, as vice chair of the US National Advisory Committee on Oceans & Atmosphere. He is a Senior Fellow of the Heartland Institute and the Independent Institute. He co-authored NY Times best-seller Unstoppable Global Warming: Every 1500 years. In 2007, he founded and has chaired the NIPCC (Nongovernmental International Panel on Climate Change), which has released several scientific reports [See www.NIPCCreport.org]. For recent writings see http://www.americanthinker.com/s_fred_singer/ and also Google Scholar.
(Zur übersetzten Biographie von S. Fred Singer siehe die zahlreichen Beiträge von ihm auf diesem Blog)
Übersetzt von Chris Frey EIKE

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