Klimafehlalarm in Hannover: Die große Stefan Rahmstorf-Show beim Umweltausschuss des Niedersächsischen Landtages

In der Sache jedoch können ihm immer weniger Kollegen folgen (siehe Blogbeitrag “Rätsel Rahmstorf“). Dabei kam es in der Vergangenheit durchaus vor, dass Rahmstorf in seinem klimareligiösen Eifer die Grenzen des Erlaubten überschritt. So wurde der Forscher Ende 2011 wegen einer Blog-Attacke gegen eine Journalistin verurteilt, da er nach Meinung des Gerichts Unwahres behauptete (siehe Spiegel Online Artikel “Verurteilter Forscher: Eklat um Klimaberater der Bundesregierung” vom 1.12.2011).
In einem Blogartikel zu seinem Auftritt in Hannover schreibt Rahmstorf sehr schön:
Ich verschwende ja nur ungern meine Zeit mit “Klimaskeptiker”-Unsinn – aber manchmal wird man als Klimaforscher nolens volens damit konfrontiert.
Im folgenden wollen wir nun einige unserer wertvollen Minuten damit verschwenden, die Folien von Stefan Rahmstorf auf wissenschaftliche Plausibilität zu überprüfen. Man darf nicht vergessen, dass Vorträge in der Regel nicht durch offizielle Begutachtungsprozesse begleitet werden, ein Peer Review also fehlt. Da kann ein unabhängiger Blick von außen nur hilfreich sein.
Die Titelfolie hat Rahmstorf mit einer sahelähnlichen Dürresezene aus Frankreich aus dem Sommer 2003 verziert. Natürlich hätte er auch Schnee und Eis aus einem der unerwarteten Kältewinter der letzten 5 Jahre nehmen können. Passte aber offenbar nicht zu seinem Thema “Globale Erwärmung: Zum aktuellen Stand der Forschung”. Ein schöner Titel, der suggeriert, dass der Referent die Vielzahl der publizierten Studien in einer 360°-Rundschau diskutieren würde. Dem ist natürlich nicht so. Alles was nicht in sein alarmistisches Konzept passt, wird ignoriert. So sucht man vergebens nach Arbeiten, die so gar nicht in das CO2-dominierte Weltbild des IPCC passen wollen:
·       Neue Studie der Universität Potsdam und des Senckenberginstituts: Sonne verursachte in Kenia während der letzten 15.000 Jahre starke Schwankungen in den Niederschlägen
·       Neue Studie der Universität Kiel zur Jungsteinzeit in Irland: Klimazyklen durch Schwankungen der Sonnenaktivität ausgelöst
·       Meereisbedeckung der Ostsee war während der letzten 500 Jahre an die Sonnenaktivität gekoppelt
Auf Folie 6 geht Rahmstorf auf den Eiszeit-Warmzeit-Zyklus ein, der im 100.000 Jahresrhythmus abläuft und durch Änderungen der Erdbahnparameter gesteuert wird. Dabei wird eine PIK-Arbeit von Ganopolski, Rahmstorf et al. 1998 mit Simulationen zur Thematik zitiert. Vermutlich sollte den Hannoveraner Politikern hiermit gezeigt werden, dass die PIK-Modelle die Vergangenheit gut abbilden und daher auch für die Zukunft tauglich wären. Dem ist allerdings leider nicht so. In einer anderen PIK-Modellierung von 2012 rollen die PIK-Forscher wahre Schreckensszenarien zum Grönlandeis aus, die bei näherem Hinsehen nicht haltbar sind (siehe unseren Blogartikel “Kipp-Element auf wackeliger fachlicher Grundlage: Grönlands Eismassen lassen sich vom Potsdam-Institut keine Angst einjagen“). Und auch 2014 hat sich dies nicht gebessert. Neuer Pol, altes Spiel: “Der antarktische Geist aus der Flasche: PIK-Artikel zur Eisschmelze in der Ostantarktis enttäuscht mit schwacher Meeresspiegelanstiegsrate“.
Auf Folie 8 wird kurz die Ozeanversauerung als Gefahr dargestellt. Ein beliebtes Thema unter Klimaalarmisten in einer Zeit, wo sich die Temperaturen seit mittlerweile 16 Jahren hartnäckig weigern, weiter anzusteigen. Vermutlich wird Rahmstorf den Politikern verschwiegen haben, dass die Blütezeit der Korallenriffe in der Trias-, Jura- und Kreidezeit vor 150 Millionen Jahren stattfand, als die CO2-Konzentration der Atmossphäre ein Vielfaches des heutigen Wertes betragen hat (siehe unseren Blogartikel “Welche Rolle spielt die Ozeanversauerung? Eine Wissenschaftssparte mit noch vielen Fragezeichen“).
Auf Folie 9 wird die Klimasensibilität angesprochen, also die Erwärmungskraft des CO2. Rahmstorf führt Arrhenius von 1896 an, der – Trommelwirbel – denselben Wert herausbekam, den auch der IPCC heute immer noch vermutet. Hundert Jahre Forschung und der Wert bleibt stabil, sollen die Zuhörer des Ausschusses offenbar mit nach Hause nehmen. Aber weshalb erwähnt Rahmstorf nicht, dass neuere Arbeiten zu viel geringeren Werten kommen? Immer mehr Wissenschaftler kommen nun auf Werte um 2°C Erwärmung pro CO2-Verdoppplung. Und der Trend ist klar: Je länger geforscht wird, desto mehr sinkt die CO2-Klimasensibilität. Siehe:

·       Zwei weitere Studien finden eine stark reduzierte CO2-Klimawirkung von 1,3 Grad pro CO2-Verdopplung
·       Österreichische Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik: Klimamodelle reagieren zu stark auf die Konzentration von Treibhausgasen
·       Eine weitere Studie plädiert für eine reduzierte Klimawirkung des CO2
·       Mojib Latif im Fachvortrag in den USA: Die CO2-Klimasensitivität ist vom IPCC zu hoch angesetzt worden
Auf Folie 10 zeigt Rahmstorf die Erwärmung seit 1880. Schön wäre natürlich gewesen, wenn er den Begriff “Kleine Eiszeit” in das späte 19. Jahrhundert eingefügt hätte, da ein Großteil der Erwärmung lediglich die Wiedererwärmung nach dieser natürlichen Kältephase darstelllt. Aber ohne diese Erklärung sieht es für die politischen Klimalaien in Hannover natürlich viel dramatischer aus.
Folien 11-13 zeigen den Meereisschwund der Arktis. Noch nie dagewesen? Vermutlich ist das arktische Meereis bereits vor 1000 Jahren zur Zeit der Mittelalterlichen Wärmephase ähnlich stark abgeschmolzen gewesen. Damals besiedelten die Wikinger Island und Grönland, da ihre Schiffe nun plötzlich viel einfacher die eisarmen Nordmeere befahren konnten. Auch wird Rahmstorf dem Umweltausschuss verschwiegen haben, dass die Schmelze im Kontext der letzten Jahrtausende nicht ungewöhnlich ist (siehe “Neue Studie der Universitäten Göteborg und Stockholm: Arktisches Meereis war vor 10.000-6.000 Jahren stärker geschrumpft als heute“). Natürlich geht es bei Rahmstorf fast ausschließlich um CO2 als den Hauptschuldigen. Ein Blick über den doch recht beschränkten Horizont wäre jedoch sinnvoll, da auch andere Faktoren eine große Rolle zu spielen scheinen. Siehe “NABU: „Bis zu 50 Prozent der Erwärmung in der Arktis sind auf den Einfluss von Rußpartikeln zurückzuführen““). Und wenn schon die Arktis gezeigt wird, sollte es recht und billig sein, das antarktische Meereis ebenfalls zu zeigen. Dafür gab es aber leider keinen Platz bzw. keine Lust. Ansonsten hätten die Politiker natürlich erfahren, dass das Meereiss der Antarktis in den letzten beiden Jahren stetig angewachsen ist und die höchste Ausdehnung der gesamten Satelliten-Messära erreicht hat (siehe “Noch nie seit Beginn der Satellitenära war die Ausdehnung des antarktischen Meereis Ende Juli größer als in diesem Jahr“). Keiner hatte es kommen sehen.
Auf Folie 14 werden dann reale Temperaturdaten mit einer Prognose auf Basis von Klimamodellen mit fragwürdig überhöhter CO2-Klimasensibilität unzulässig vermischt. Immerhin kann man in der Graphik erkennen, dass das “mittelholozäne Klimaoptimum”, also die Zeit 8000-4000 Jahre vor heute, mindestens genauso warm wie heute war, vermutlich sogar 1-2 Grad wärmer. Zitiert wird u.a. ein Artikel von Shakun et al. 2012 aus Nature, der bei seriöseren Fachkollegen mit Pauken und Trompeten durchfiel (siehe “2</sub> vom Beifahrer zum Chauffeur: Fragwürdiger neuer Shakun-Artikel in Nature">Statistik-Trick befördert CO2 vom Beifahrer zum Chauffeur: Fragwürdiger neuer Shakun-Artikel in Nature“). Aus der gleichen Truppe stammt auch ein zweites von Rahmstorf angeführtes Zitat: Marcott et al. 2013. Auch diese Studie wimmelte von Fehlern und wurde von den Fachkollegen schnell als Machwerk enttarnt (siehe “Nach drei Wochen erneutem Hockeyschläger-Alarm war der Spuk wieder vorbei und der Skandal perfekt: Wie Jungforscher Shaun Marcott die Medienwelt hinters Licht führte“). Man wundert sich, dass Rahmstorf in seinem Vortrag hochumstrittene Literatur verwendet, die sich in der Fachwelt nicht durchgesetzt hat. Die fehlende Ausgewogenheit in Rahmstorfs Darstellung bereitet Sorge.
Folie 15 zeigt eine Zukunftsprognose zur Erwärmung, die mit den mittlerweile überholten, zu hohen CO2-Klimasensibitäten rechnet. Es wäre notwendig gewesen, wahrscheinlichere Alternativmodelle mit Sensibilitäten von z.B. 1.5°C oder 2°C vorzustellen. Auf den Folien 18-19 geht es um Hitzewellen, die im 21. Jahrhundert angeblich so häufig wie noch nie waren. Wiederum fragt man sich, weshalb Rahmstorf keinen Vergleich mit der Mittelalterlichen Wärmeperiode bringt. Vor 1000 Jahren war es so warm wie heute und es erscheint plausibel, dass die Hitzewellen-Situation ähnlich wie heute gewesen sein könnte. Im Titel von Rahmstorfs Vortrag heisst es “Zum aktuellen Stand der Forschung”. Wenn sich der Potsdamer wirklich an sein Thema gehalten hätte, dann hätte man an dieser Stelle Hinweise auf neue Studien gefunden, die eine anthropogen verursachte Zunahme der Hitzewellen für abwegig halten:
·       Fata Morgana: Potsdamer Hypothese überwiegend menschengemachter Hitzewellen bestätigt sich nicht
·       Neue Studie der Universität Michigan: Kaum Veränderungen in der Häufigkeit von Hitzewellen in den USA während der letzten 80 Jahre
·       Forscherinnen der University of New South Wales in Sydney: Es gibt keine belastbaren Hinweise darauf, dass die Temperatur-Variabilität extremer geworden wäre oder werden könnte
·       US-Hitzewelle 2012 unterliegt im Temperaturwettstreit gegen die Dust Bowl der 1930er Jahre
·       Überraschung in Westeuropa: Hitzesommer aus dem Jahr 1540 deutlich wärmer als vermeintlicher Rekordinhaber 2003
Auf Folie 21 springt Rahmstorf dann zum Meeresspiegel. Er zeigt eine Anstiegskurve, die um 1700 in der Mitte der Kleinen Eiszeit beginnt. Während der Kleinen Eiszeit stagnierte der Meeresspiegel, da die Gletscher der Erde anwuchsen. Erst im Übergang zur Modernen Wärmeperiode um 1900 stieg der Meeresspiegel wieder kräftig an und die Rate beschleunigte sich. Dies macht Sinn, denn die Wiedererwärmung nach der Kleinen Eiszeit hat Eis zum Schmelzen gebracht, dessen Wasser nun verstärkt in die Weltozeane floss (siehe auch: “Meeresspiegel in der Adria stagnierte während Kältephasen und beschleunigte sich während Wärmephasen“). Unerwähnt bleibt, dass in den letzten 50 Jahren keine Beschleunigung des Meeresspiegelanstiegs mehr festgestellt werden kann und sich der Anstieg auf eine Rate von 1,5 mm/Jahr laut Pegelmessungen stabilisiert hat (siehe: “Beschleunigte Meeresspiegelanstiege gehören schleunigst in die Mottenkiste“).
Auf Folie 22 geht Rahmstorf auf seine eigenen Meeresspiegel-Forschungen an der Küste von North Carolina ein. Leider fehlt der Hinweis, dass die Ergebnisse dieser Studien von vielen Fachkollegen angezweifelt werden. Es ist bezeichnend, dass die in der Arbeit postulierte Beschleunigung des Meeresspiegelanstiegs von den Behörden in North Carolina nicht als Planungsgrundlage anerkannt wird (siehe: “Senat von North Carolina erteilt Rahmstorfs beschleunigtem Meeresspiegel eine Absage“). Auf Folie 23 werden zahllose Meeresspiegel-Kurven aus der Deutschen Bucht gezeigt. Zitiert wird eine Arbeit von Wahl et al. aus dem Jahr 2011, in der die Forscher noch einen beschleunigten Anstieg für die vergangenen Jahrzehnte feststellten. Aus der Kurzfassung von Wahl et al. 2011:
An accelerated sea level rise is detected for a period at the end of the nineteenth century and for another one covering the last decades.
Mittlerweile gibt es jedoch eine neuere Arbeit des Wahl et al.-Teams – Wahl et al. 2013 – die die Dinge jetzt sehr viel nüchterner sieht:  “Neue Studie der Universität Siegen: Meeresspiegel in der Nordsee steigt seit 100 Jahren mit konstanter Geschwindigkeit – keine Beschleunigung“. In einer Pressemitteilung stellten die Wissenschaftler klar:
„Es gibt ein relativ konstantes Anstiegsverhalten des Mittleren Meeresspiegels seit Beginn des 20. Jahrhunderts, aber keinen außergewöhnlichen Anstieg in den letzten Jahrzehnten, den wir direkt dem Klimawandel zuschreiben könnten.“
Rahmstorf möchte das Ergebnis dieser neueren Arbeit zur Deutschen Bucht den Politikern in Hannover nicht zumuten und verschweigt die neue Studie einfach. “Zum Stand der aktuellen Forschung”? Fehlanzeige!
Auf Folie 27 macht Rahmstorf kräftig für seine Bücher Werbung. Gerne hätte er auch ein Cover unseres Buches “Die kalte Sonne” abbilden können. Aber vielleicht bekommen wir demnächst ja auch eine Einladung nach Hannover, dann würden wir allen Teilnehmern der Anhörung vielleicht sogar ein kostenloses Exemplar zur Lektüre überlassen…
Nach der kleinen Werbeeinlage muss sich Rahmstorf noch um die Sonne kümmern, die seiner Ansicht nach nur eine verschwindend geringe Klimawirkung besitzt. Die Geologie sieht dies komplett anders. Unzählige Studien haben die große klimabeeinflussende Kraft von Sonnenaktivitätsschwankungen eindrucksvoll bewiesen (Übersicht siehe hier). Es ist nun an den Klmamodellierern, die realen Entwicklungen der Vergangenheit nun endlich mit ihren Modellen nachzubauen und zu reproduzieren. Rahmstorfs Bezug in Folie 28 auf Satellitenmessungen der Sonnenaktivität ist wenig hilfreich, da hier noch immer große Kalibrierungsprobleme bestehen und Langzeittrends auf Basis dieser Daten daher unsicher sind. Auf Folie 29 tappt Rahmstorf wiederum in eine Falle. Er ignoriert Zeitverzögerungseffekte beim Aufbau von klimatischen Gleichgewichten und vergisst zu erwähnen, dass die Erwärmung in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts in eine Zeit außerordentlich hoher Sonnenaktivität fällt (siehe Erläuterungen und aussagekräftige Graphiken hier).
Fazit des Faktenchecks: Stefan Rahmstorfs Übersicht ist eine einseitige Darstellung, die vor allem seine klimaalarmistischen Neigungen widerspiegelt. Neuere Literatur, die nicht in sein Konzept passst, wird von ihm einfach ausgelassen. An einer fruchtbaren, ergebnisoffenen wissenschaftlichen Diskussion zeigt Rahmstorf keinerlei Interesse. Es ist daher zweifelhaft, ob Auftritte von Rahmstorf in politischen Gremien sinnvoll sind. Die politischen Entscheidungsträger werden an vielen Stellen im Unklaren gelassen, inwieweit Rahmstorfs Ansichten repräsentativ für die Fachwelt sind. Selbst der IPCC beendete die Zusammenarbeit mit dem Postdamer und setzte ihn in seinem letzten Klimabericht nicht mehr als Autor ein.
 Der Beitrag erschien zuerst bei "Die kalte Sonne" hier