Was bedeutet eigentlich „Endlagerung?“

Was sind Abfälle aus einem Kernkraftwerk?

In einem Kernkraftwerk werden die Kerne von Uran-235 in je zwei Kerne von etwa dem halben Gewicht des Urans gespalten, es entstehen dadurch

1.     Spaltprodukte. Das sind die Abfälle, die nicht mehr zu gebrauchen sind. Diese Spaltprodukte sind zwar radioaktiv, werden aber wegen ihrer kleinen Halbwertszeiten schnell zu stabilen Elementen und strahlen dann nicht mehr.

Zu einem geringen Anteil entstehen aus Uran-238 durch Einfang von Neutronen

2.     Transurane. Diese sind schwerer als Uran. Jedes zweite der Transurane ist ebenfalls spaltbar und liefert bei der Spaltung Energie, genau so wie es beim Urankern geschieht. Diesen Vorgang nennt man brüten. Die Transurane sind daher ebenfalls wichtige Energielieferanten. Allen bekannt ist Plutonium, es gibt aber weitere Transurane. Und die ganz schweren Transurane spalten sich auch ganz von allein, sie spalten „spontan“. Gegen Ende der Einsatzzeit eines Brennelementes im Kernreaktor wird mehr Energie aus der Spaltung von erbrüteten Transuranen geliefert als aus der Spaltung vom Uran-235. Die Gesamtzahl der spaltbaren Kerne im Brennelement nimmt mit der Zeit seines Einsatzes ab, schließlich ist keine sich erhaltende Kettenreaktion mehr möglich, das Brennelement ist abgebrannt.

Abgebrannte Brennelemente enthalten ca. 5% Spaltprodukte und nur noch 1 bis 2% direkt spaltbare Kerne (z.T. die schweren Transurane). Der Rest von 93 bis 94% ist nicht direkt spaltbares Material, im wesentlichen Uran-238, das aber in spaltbare Kerne überführt werden kann. Abgebrannte Brennelemente enthalten also sehr viele Wertstoffe, die nach Wiederaufarbeitung wieder in neuen Brennelementen eingesetzt werden können. Daher ist Wiederaufarbeitung zur Ressourcenschonung dringend erforderlich. Nach der Regierungsübernahme 1998 durch Rot-Grün unter Schröder wurde die Wiederaufarbeitung von Brennelementen aus deutschen Kernkraftwerken per Gesetz verboten, zuvor war das noch in La Hague (Frankreich) und Sellafield (England) möglich.

Wie ist das mit Gorleben?

In Gorleben stehen in dem großen Lager gut 100 Castoren mit Kokillen (runde Behälter, ca. 80cm hoch, ca. 40cm Durchmesser), darin befinden sich die in Glas eingeschmolzenen Spaltprodukte. Diese werden so hergestellt: In eine Glasschmelze werden die Spaltprodukte eingerührt, dann wird das ganze in Stahlblechbehälter eingegossen und abgekühlt — fertig. Wegen der enthaltenen Spaltprodukte strahlen diese Kokillen, sie werden etwas warm. Eine Kokille hat heute eine Wärmeleistung von etwa 1kW, mit 5 solcher Kokillen könnte man in Dauerleistung sein Haus heizen (wenn es erlaubt wäre), aber die Strahlung müßte abgeschirmt werden. Die Spaltprodukte in den Glaskokillen haben kurze Halbwertszeiten, daher ist in etwa 300 Jahren deren Giftigkeit auf diejenige des Natururans abgeklungen. Natururan ist überall auf der Erde in einer Konzentration von ca. 3E-6 (=0,0003%) vorhanden.

Es geht in Gorleben darum, diese ca. 2500 Kokillen in den etwa 100 Castoren nach Untertage zu bringen. Aber die Regierenden sind offenbar der Meinung, daß diese Kokillen in der großen Halle besser aufgehoben sind als untertage. Ich bin da anderer Meinung. Zusätzlich stehen in der Halle in Gorleben noch 5 Castoren mit abgebrannten Brennelementen, also mit Wertstoffen.

Der Salzstock in Gorleben existiert seit 240 Millionen Jahren. Es gibt kein technisches Problem der Endlagerung in den Salzstock. Es gibt auch keine Gefahr, daß auf irgendeine Weise Wasser an den Salzstock gelangen könnte, und das Salz in dem Stock lösen könnte. In den vergangenen 240 Millionen Jahren war die Norddeutsche Tiefebenen oftmals vom Meer bedeckt, denn in der Zeit von vor ca. 20 Millionen Jahren sind die vielen Braunkohlenlager Norddeutschlands entstanden. Die Existenz des Gorlebener Salzstockes über 240 Millionen Jahre lässt vermuten, daß er die zum Abklingen der Spaltprodukte erforderlichen 300 Jahre ebenfalls noch existieren wird.

Was bedeutet direkte Endlagerung?

In Deutschland ist nur noch die direkte Endlagerung erlaubt. Das bedeutet, daß die abgebrannten Brennelemente (die seit etwa 1998 angefallen sind) NICHT mehr aufgearbeitet werden. Sie sollen in einer großen Presse zusammen gepresst werden (wegen Volumenverkleinerung) und dann direkt untertage gebracht werden. Diese Presse (Pilotkonditionierungsanlage) steht in Gorleben. Sie wurde laut Vereinbarung vom 14.6.2000 fertig gebaut, aber es wurde gleichzeitig festgelegt, sie NICHT in Betrieb zu nehmen. Das ist natürlich eine gute und kluge Festlegung, denn die direkte Endlagerung wäre eine Verschwendung von nützlichen Ressourcen. Die direkte Endlagerung ist auch in anderen Staaten der Welt zur Zeit die einzige gesetzlich erlaubte Form der „Entsorgung“ abgebrannter Brennelemente, aber sie wird noch nirgends durchgeführt bzw. auch nur in Angriff genommen, was zu begrüßen ist.

Es wurde mit dem 14.6.2000 festgelegt, zukünftig alle abgebrannten Brennelemente nach einer ersten Abklingzeit im Naßlager der Kernkraftwerke in Castoren zu packen und in diesen dann trocken in neu zu bauenden Zwischenlagern an den Standorten der Kernkraftwerke aufzubewahren. Diese Zwischenlager sind inzwischen alle gebaut worden und sie sind auf 40 Jahre genehmigt. Was nach diesen 40 Jahren geschehen wird, werden wir später sehen. Vielleicht wird man diese Wertstoffe dann nach Rußland verkaufen, weil dort der Brennstoffkreislauf mit der Entwicklung des Brüters weit fortgeschritten ist. Deutschland könnte dann den damit in russischen Kernkraftwerken erzeugten Strom kaufen, wenn es den dafür geforderten Preis bezahlen kann. Es lohnt sich heute nicht, über die Zeit in 40 Jahren zu spekulieren.

In einem Endlager mit direkt endgelagerten Brennelementen sinkt die Giftigkeit der darin enthaltenen Stoffe sehr langsam. Es gibt im Uran und in den Transuranen weiterhin Spaltungen, wenn auch in sehr geringer Anzahl. So entstehen immer neue radioaktive Spaltprodukte und durch die Spaltneutronen auch weitere Transurane, von denen einige sehr lange Halbwertszeiten besitzen. Das hat zur Folge, daß in einem derartigen Endlager die Giftigkeit des dort gelagerten Materials diejenige des Natururans erst nach etwa einer Million Jahre erreichen wird.

Wenn tatsächlich irgendwann auf der Erde abgebrannte Brennelemente in ein Tiefenlager kommen, dann wird damit Untertage ein ideales Wertstofflager für Energie geschaffen. Und das wird auch irgendwann wieder an die Oberfläche geholt werden, vielleicht nach 1000 Jahren, oder nach 10 000 Jahren, oder nach 100 000 Jahren, niemand kann das heute wissen. Daher sind Tiefenlager für abgebrannte Brennelemente unsinnig, man sollte die abgebrannten Brennelemente in oberflächlichen Lagern belassen, so wie es in Deutschland derzeit für 40 Jahre vorgesehen ist. Alles andere sollte man späteren Generationen überlassen.

Was könnte die Zukunft bringen?

Als es 1990 zur ersten Rot-Grünen Regierung in Niedersachsen unter Ministerpräsident Schröder kam, wurde im Koalitionsvertrag festgelegt „eine Gesamtstrategie zu verfolgen, um über eine Blockade der Errichtung von Endlagern den Ausstieg aus der Kernenergie zu erzwingen.“ Man findet diesen Hinweis beim Bundesamt für Strahlenschutz. An diese Vereinbarung haben sich seither alle Rot-Grünen Regierungen gehalten, inzwischen haben sich CDU/CSU/FDP dem angeschlossen. Zudem wurde durch Bundesgesetz in 2000 die Forschung zur Endlagerung verboten (wobei das Wort „verboten“ vermieden wurde und durch die harmloser klingende Bezeichnung „Moratorium“ ersetzt wurde).

Im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD vom 11.11.2005 steht geschrieben: „CDU, CSU und SPD bekennen sich zur nationalen Verantwortung für die sichere Endlagerung radioaktiver Abfälle und gehen die Lösung dieser Frage zügig und ergebnisorientiert an. Wir beabsichtigen in dieser Legislaturperiode zu einer Lösung zu kommen.“ Der damals verantwortliche SPD-Minister Gabriel tat nichts, so konnte die Behauptung „Endlagerfrage nicht gelöst“ weiterhin benutzt werden. Es wäre Aufgabe der Kanzlerin gewesen, für ein Fortkommen in dieser Frage zu sorgen, aber Sie tat es nicht, offenbar hatte sie ebenfalls kein Interesse an der Lösung der Frage.

Heute ist die Bank, auf die man alle Aktivitäten rund um die Endlagerung geschoben hat, unendlich lang geworden: Man will die schwach aktiven Abfälle aus der ASSE wieder heraus holen, ein Termin für die Inbetriebnahme vom Schacht Konrad rückt in immer weitere Ferne, und mit der Suche nach einem Endlager für die hoch aktiven verglasten Spaltprodukte will man noch einmal von vorn beginnen. Vielleicht sind für die letzteren die erforderlichen 300 Jahre Abklingzeit schon um, wenn das Endlager gefunden sein wird? Nur schade, daß ich als Angehöriger der Gruppe Ü70 das nicht erleben kann.