Wir konnten im Vorfeld der Koalitionsgespräche ein ausführliches Gespräch führen mit Dr. Günter Keil, früherer Mitarbeiter im Bundesforschungsministerium und einer der profundesten Kenner und Analytiker in Energiefragen.

Peter Schmidt: Nach der Bundestagswahl gäbe es eine neue Chance, weniger emotional über die weitere Entwicklung der „Energiewende“ zu sprechen. Sehen Sie eine Chance, dass die Politik die bisherigen Entscheidungen kritischer beäugt ?

Dr. Keil: Es gibt bereits kritische Äußerungen aus der Politik,  interessanterweise fast alle kurz vor der Bundestagswahl, seit man aus Umfragen wußte, dass für die Bürger die Entwicklung der Energiepreise auf Platz 3  der Liste der größten Sorgen steht.
Dabei gibt es eine Ausnahme: Die sächsische FDP kritisiert die Energiewende-Politik seit längerem massiv – als einzige unter den Landesverbänden aller Parteien.
Jetzt nach der Wahl wird man an dieses Thema herangehen müssen, aber die Aussichten für eine wirklich durchgreifende Revision aller Fehlentscheidungen sind schlecht. Alle Altparteien haben das schließlich so beschlossen.  Nun herrscht Angst vor einem Gesichtsverlust.  Zudem hat man mit dem Erneuerbaren Energie-Gesetz EEG eine starke Wind-, Solar- und Biogas-Lobby gezüchtet, die um ihre Privilegien kämpfen wird.  Schließlich gibt es noch den Bundesrat, der alle das EEG betreffende Gesetzesvorlagen, seien sie auch noch so schwach formuliert, stoppen kann – und vermutlich auch stoppen wird.
Es ist zu befürchten, dass die neue Regierung einen scheinbar einfachen Ausweg aus diesem Dilemma wählen wird: Den bereits begonnenen Weg in die Planwirtschaft und letztlich in die Verstaatlichung des Elektrizitätssektors zu Ende zu gehen. Zwar würde das die Probleme nicht lösen, sondern verschlimmern, aber man hätte wieder einmal Zeit gewonnen.

Peter Schmidt: Der Preis für Energie ist exorbitant gestiegen, für den Privathaushalt wie das Industrieunternehmen. Was ist denn derzeit der hauptsächliche Preistreiber ?

Dr. Keil: Für den wichtigen Energieträger Erdgas gelten außenwirtschaftliche Faktoren.  Erst wenn Shale-Gas in ausreichender Menge in England, Polen und weiteren europäischen Ländern in größerer Menge gefördert wird, kann mit einem Absinken des Preises gerechnet werden. Die deutschen Verbraucher werden zudem die jahrelangen Versäumnisse aller Regierungen, endlich ein Terminal an der deutschen Nordseeküste für Flüssiggastanker einzurichten, teurer bezahlen, als ihre in dieser Hinsicht klügeren Nachbarn in Westeuropa.
Die Probleme beim immer weiter steigenden Strompreis sind jedoch hausgemacht.
Ohne die preistreibenden Eingriffe des Staates hätten wir noch konkurrenzfähige Strompreise.
Was sich dramatisch verändert hat, sind die vom Staat der Energiewirtschaft aufgezwungenen Steuern, Abgaben und Umlagen – mit dem Ergebnis, dass wir heute gegenüber dem Jahr 2000 eine Erhöhung des Strompreises für Haushalte um 106 % auf 28.73 Cent/kWh erlebt haben. Die Kosten für die Stromerzeugung, den Transport und die Netznutzung stiegen in diesen 13 Jahren von 8,62 auf 14,32 Cent/kWh an, also um 66 %. Aber die Steuern, Abgaben und Umlagen stiegen von 5,32 auf 14,41 Cent/kWh an, also um 171 %.  Damit  bilden die staatlichen Belastungen heute exakt 50% des  Haushalts-Strompreises.
Derzeit sind unsere Strompreise die zweithöchsten in der EU. Der hauptsächliche Preistreiber ist also der Staat, der in Verkennung der Bedeutung des Strompreises diese entscheidende Ressource der Wirtschaft als Goldesel für das Stopfen von Finanzierungslücken im Staatshaushalt mißbraucht. Stadtwerke benutzen seit langem die Einnahmen aus dem Energiegeschäft, um defizitäre Bereiche wie den öffentlichen Nahverkehr damit zu unterstützen. Dies geschieht nicht erst seit heute, sondern hat eine ungute Tradition seit vielen Jahren.
Aus der Sicht grüner Ideologen ist das vermutlich eine sehr begrüßenswerte Entwicklung, weil damit die verhaßte Großindustrie ins Ausland getrieben wird. Der Kampf gegen Kernkraft und auch Kohlestrom soll eine Umwandlung in Richtung auf eine weitgehend von Industrie befreite und Öko-Landbau lebende Insel bewirken. In Bezug auf die Kernkraft ist das Dank des Engagements der Kanzlerin bereits gelungen; bei den Kohlekraftwerken ist der durch das EEG verursachte wirtschaftliche Zusammenbruch im Gange –  wird aber sicherlich mit weiteren Subventionen bekämpft werden.
Man könnte natürlich an die Ursache dieser Fehlentwicklung herangehen. Ob die Politik dazu imstande ist, muss man abwarten.

Peter Schmidt: Wenn man als Laie Meldungen liest wie „große Windparks in der Nordsee, aber das Problem der Trassenanbindung ist nicht gelöst“, dann bekommt man den Eindruck, so manche Milliardenentscheidung sei von Dilettanten getroffen. Täuscht das ?

Dr. Keil: Leider stimmt das. Die Liste unbegreiflicher Fehlentscheidungen wird immer länger.
Einige Beispiele:
1. Das EEG. Man bevorzugt  bestimmte Technologien der Stromerzeugung extrem, die aber zugleich Witterungs- und Tageslichtabhängig und dazu noch sehr viel teurer sind, als konventionelle Methoden.  Zudem stören und gefährden sie durch ihre oft zufälligen Schwankungen die Stabilität des Stromnetzes: Blackouts drohen. Das Ganze mit gesetzlich garantierter vorrangiger Einspeisung in das (dafür nicht vorbereitete) Stromnetz sowie einer 20-jährigen Garantie für die Vergütung dieses Stroms, die weit über dem Börsenstrompreis liegt. Es ist nicht übertrieben, dies als ein Zerstörungsprogramm für die Wirtschaft und als ein Verarmungsprogramm für die Bürger zu bezeichnen – so nicht beabsichtigt, aber leider so wirkend.
Wieder stellt sich die Frage, weshalb ausgerechnet eine schwarz-gelbe Regierung dieses von Trittin und seiner Partei erfundene Gesetz faktisch widerstandslos seine verheerenden Wirkungen entfalten ließ.
2. Der Kernkraftausstieg. An dieser Entscheidung waren alle Altparteien beteiligt. Die damit hervorgerufene Lücke in der Grundlast-Stromversorgung ist nicht mehr zu schließen – auch nicht mit neuen Kohlekraftwerken, weil diese nicht mehr rentabel wären und daher auch nicht gebaut werden.  Notlösung: Stromimporte aus Frankreich und Tschechien, und zwar Kernkraftstrom .
3.  Dass in Norddeutschland die geeigneten Windregionen liegen, aber von dort keine ausreichenden Höchstspannungsleitungen zu den Verbrauchszentren führten, war jedermann bekannt. Dennoch erfolgte der Ausbau ungebremst.
4.  Bei den Nordsee-Windparks ging alles schief: Erst gab es für gebaute Windparks keinen Kabelanschluß an Land – und jetzt gibt es Leitungen zu Windparkstandorten, an denen noch gar kein Windpark existiert.
5.  Man hat vergessen bzw. überhaupt nicht begriffen, dass das viel größere Mittel- und Niederspannungs-Verteilnetz ebenfalls in extremem Umfang ausgebaut werden müßte, weil jetzt zahllose EEG-Stromeinspeiser daran hängen. Dafür sind diese Netze nicht ausgelegt.
6.  Die bedrohlichste Planungspleite betrifft nahezu alle konventionellen Kraftwerke, die durch das Überangebot des weitgehend nicht benötigten, aber per Gesetz eingespeisten „grünen“ Stroms und des deshalb stark gefallenen Börsenpreises die für einen rentablen Betrieb erforderlichen Jahresbetriebsstunden bei weitem nicht mehr erreichen – und deshalb stillgelegt werden müssen. Dies, obwohl sie dringend benötigt werden, um die stark schwankenden Wind- und Solarstromeinspeisungen auszugleichen.
Hier droht die nächste Subventionswelle, Kapazitätsmanagement genannt, und im Klartext die Subventionierung stillstehender Kraftwerke als „Kaltreserve“. Wer das bezahlen wird, ist klar: Die Verbraucher.

Diese Liste katastrophaler Fehler und vollständiger Ahnungslosigkeit ist unvollständig – und schwer zu begreifen.  Denn der für solche Entscheidungen erforderliche Sachverstand ist gerade in Deutschland selbstverständlich vorhanden. Aber die vergangenen Regierungen nutzten ihn nicht. Der Grund war vermutlich, dass nüchterner Sachverstand für große Visionen von Nachteil ist.

Peter Schmidt: Ebenso populär wie populistisch ist ja derzeit die Forderung, die Ausnahmeregelung für die Industrie abzuschaffen. Wie steht es um diese Option wirklich ?

Dr. Keil: Wir haben es hier mit einer Gleichung mit vielen Unbekannten zu tun. Wenn die SPD in die Regierung geht, wird sie vermutlich diese Forderung nicht weiter verfolgen, weil sie von den Gewerkschaften, die sich um die Arbeitsplätze sorgen, Druck bekommt. Für die Grünen wäre es hingegen eine zentrale Forderung, weil das die Industrie träfe. Über alledem schwebt aber das Damoklesschwert der EU-Kommission: Deren Wettbewerbshüter hat ein Verfahren gegen Deutschland angekündigt, weil diese Vergünstigung die EU-Wettbewerbsregeln verletze. Angeblich hat Frau Merkel dringend gebeten, damit bis nach der Wahl zu warten. Wenn die EU damit Ernst macht, könnten sogar rückwirkend riesige Rückforderungen auf die Industrie zukommen. Am Ende der dann beginnenden Schlacht wäre das EEG tot. Zu diesem juristisch-politischem Hickhack sind keinerlei Prognosen möglich.

Peter Schmidt: Hand aufs Herz: Ist die Aussage „Der Industriestandort Deutschland ist massiv in Gefahr“ nicht auch ein populistisches Instrument der Energiewende-Gegner ?

Dr. Keil:  Es ist vor allem die sehr ernst zu nehmende, mehrfach in dringendem Ton vorgebrachte Meinung und Mahnung des EU-Energiekommissars Günther Oettinger.
Die rasant steigenden deutschen Strompreise erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass insbesondere Unternehmen mit hohen Stromkosten eine Verlagerung in andere Länder vornehmen werden. Das betrifft Unternehmen der Grundstoffindustrie – also Stahl, Chemie, Metall, Baustoffe, Papier, Zement, Keramik, Verbundwerkstoffe. Prof. Dieter Ameling, Präsident der Wirtschaftsvereinigung Stahl a.D. schrieb dazu: „Es ist unwahrscheinlich, dass in Deutschland noch einmal ein neues Stahlwerk, eine große Chemiefabrik oder ein Werk für Karbonfasern gebaut wird.“
Die BASF hat bereits den Ausbau ihrer Kapazitäten in den USA mit den Energiepreisen begründet. Diese liegen dort bei nur 50% der deutschen Industriestrompreise; trotz der oben erwähnten Entlastungen für unsere Industrie. Die mittelständischen Betriebe, die diesen Ausweg nicht haben, geraten in die Schere zwischen höheren Energiekosten und sinkender Konkurrenzfähigkeit gegenüber Wettbewerbern in der EU.
Das deutlich gesunkene Investitionsvolumen in Deutschland und die Steigerung deutscher Auslandsinvestitionen sind deutliche Warnsignale.

Peter Schmidt: Ist die Versorgungssicherheit in Deutschland wirklich in Gefahr ?

Dr. Keil: Wenn man der Bundesnetzagentur Glauben schenken will, dann nein. Dass die Anzahl der regulierenden und akute Probleme behebenden Eingriffe der Netzbetreiber in das Stromnetz in den vergangenen Jahren drastisch angestiegen ist, bestätigt sie allerdings. Zu Zitterpartien entwickeln sich die Wintermonate:  In diesen liegt die Solarstromerzeugung oft in der Nähe des Nullpunkts und bei einer andauernden Flaute (das übliche Rußland-Hoch) und weitaus höherem Strombedarf als im Sommer braucht es vielleicht nur noch eine Kraftwerksstörung oder einen Trafobrand, um in die Gefahrenzone zu kommen. Unsere im Sommer Strom exportierenden Nachbarn benötigen ihn dann selbst. Dann werden wieder alte Kraftwerke in den Nachbarländern für viel Geld angeworfen.
Was viele nicht wissen: Ein Blackout würde mehrere Tage dauern, bevor das Netz wieder steht. Das ist keine schöne Vorstellung. Besonders ärgerlich ist jedoch, dass das Eingehen dieser Risiken überhaupt nicht nötig war.

Peter Schmidt: Bei Licht betrachtet ist ein „Ausstieg aus dem Ausstieg“ ja kaum realistisch. Es geht ja wohl mehr um sinnvolle Korrekturen.

Dr. Keil: Dem ersten Satz stimme ich zu. Beim zweiten Satz habe ich Probleme, denn wie sollen bei einer allein mit Ängsten begründeten völligen Stillegung einer extrem wichtigen und rentablen Grundlast-Stromversorgung sinnvolle Korrekturen aussehen ? Die jahrelange Angstpropaganda der Medien hat in der Tat zu einem durchschlagenden Erfolg geführt: Neue Kernkraftwerke sind in Deutschland nicht vorstellbar. Darauf stellen sich unsere Nachbarländer bereits ein: Tschechiens neue Kernkraftwerke sollen insbesondere Deutschland beliefern. Auch Frankreich rechnet damit.
Eine andere Frage ist, ob es tatsächlich weitere Stilllegungen von KKW geben wird. Insbesondere in Süddeutschland würde die Stromversorgung prekär werden, weil zudem die notwendigen neuen Gaskraftwerke nicht gebaut und bestehende stillgelegt werden. Für die südlichen Landesregierungen wird das zu einem ernsten Problem.
Die bereits existierende bzw. zunehmende Unrentabilität aller Gas- und Steinkohlekraftwerke macht einen weiteren Kernkraft-Ausstieg hochriskant. Seit man das begriffen hat – das hat tatsächlich, obwohl logisch und unvermeidbar,  bis zum Sommer 2013 gedauert – werden wohl die Karten neu gemischt. Aber weil es hierbei wiederum nicht allein um wirtschaftliche Fragen, sondern um Gesichtsverlust, Ideologie, Parteipolitik und Angst vor den Medien geht, sind auch in dieser Frage abermals alle Möglichkeiten gleich wahrscheinlich. Wir haben nun einmal keine rationale Energiepolitik.

Peter Schmidt: Was wären aus Ihrer Sicht die ersten, unumgänglichen Änderungen ?

Dr. Keil: Die vollständige Abschaffung des EEG und der Energieeinsparverordnung (EnEv) mit einer Streichung der Einspeisevergütungen auch für Bestandsanlagen.
Anders wäre die weiter steigende Vernichtung von Volksvermögen – von Minister Altmaier auf eine Billion Euro geschätzt – nicht aufzuhalten.
Ich rechne jedoch mit eher kosmetischen Korrekturen. Die derzeit hochgelobte Quotenregelung nach skandinavischem Vorbild würde dem Unfug der massenhaften Installierung von für eine Industrienation ungeeigneten Stromerzeugungstechnologien nicht Einhalt gebieten, sondern vielmehr deren relativ billigste Form favorisieren: Das ist die Windkraft an Land. In Anbetracht von über 700 Bürgerinitiativen, die schon jetzt gegen die Zerstörung von Landschaften und Wäldern durch Windkraftanlagen kämpfen, wäre es kaum übertrieben, das mit der Eröffnung eines Krieges gegen die Bevölkerung gleichzusetzen.

Peter Schmidt: Die Befürworter der Energiewende sprechen ja immer davon, dass sich Deutschland einen weltweiten wirtschaftlichen Vorsprung mit dem Umbau erarbeitet. Hat dieses Argument Substanz ?

Dr. Keil:  Es gibt in der Technikdebatte ein schönes Beispiel für den Nutzen und zugleich Unsinn gewisser Großprojekte: Man könnte den Mount Everest abtragen und in den USA naturgetreu wieder aufbauen. Eine große Zahl eindrucksvoller Entwicklungen in der Erdbewegung und im Transportwesen wäre zu erwarten. Dennoch wäre das Projekt Schwachsinn und zu 99% eine Geldvernichtung. Die Frage „Was bringt´s ?“ ist die entscheidende. Nachdem bereits die Photovoltaikindustrie kaum noch in Deutschland existiert und auch die Windkrafthersteller immer mehr mit der Auslandskonkurrenz kämpfen müssen und beständig Marktanteile verlieren, bleiben gewiss bestimmte, kleinere Industriebereiche, die von der Energiewende technologisch profitierten und weiterhin Exporterfolge erzielen können. Das war auch bereits die Situation vor der Energiewende. Vergleicht man das jedoch mit dem, was Deutschland in letzter Zeit an wichtigen Industrien verloren hat, ergibt sich ein düsteres Bild:
Die Kernkraftindustrie blüht in den übrigen Industrieländern, aber insbesondere in den Schwellenländern China, Korea und Indien enorm auf; wir schafften sie ab. Die Gentechnik findet hier nicht statt. Energieintensive Produktionen wie Kohlefaserverbund-Werkstoffe – angeblich wichtig für unsere Elektroautos – werden von vornherein nicht in Deutschland etabliert. Sehr wahrscheinlich werden bereits in der Chemie und Metallindustrie Produktionsverlagerungen geplant. Das alles sind Technologiefelder, in denen wir wegen der dafür nötigen hohen wissenschaftlichen und Entwicklungsleistung gut konkurrenzfähig gewesen wären. Die noch vorhandene Grundstoffindustrie ist ein entscheidender Standortvorteil und auch für andere Branchen wichtig. Statt dessen haben wir auf leicht kopierbare „grüne“ Techniken gesetzt. Weshalb sollten wir ausgerechnet bei Umwelttechniken einen Vorsprung erringen und halten ?
Es wäre schön, wenn sich in unserem Lande  diejenigen, die durch ihre Ausbildung und ihre Erfahrungen seriös und fundiert technische Entwicklungen und Projekte beurteilen können, in die Politik einmischen würden, indem sie ihre vornehme Zurückhaltung aufgeben und sich in Parteien engagieren. Sie werden jetzt dringend gebraucht.
Wir bekämen dann eine rationalere Politik.

Peter Schmidt:  Die einzige und damit entscheidende Begründung für die Energiewende war doch der Klimaschutz. Davon hört man nichts mehr. Was ist davon zu halten ?

Dr. Keil: Die für die Energiewende entscheidende Begründung „Klimaschutz“ wird von der Regierung in der Tat nicht mehr benutzt, seit sie erkannt hat, dass die Abschaltung der CO2-freien Grundlast-Kernkraftwerke unweigerlich zu einer verstärkten Nutzung der einzigen anderen in Deutschland verfügbaren Grundlaststrom-Erzeugung, und zwar der durch Kohlekraftwerke, führen mußte. Nun steigt der CO2-Ausstoß zwangsläufig und der Umweltminister zeigt sich bekümmert. Das war´s also mit dem Klimaschutz und das Land, das alle anderen mit seiner Vorreiter-Rolle genervt hat, schweigt nun.
Im Grunde haben wir hier wieder die Antwort zur Frage 3: Nur Dilettanten beschließen Maßnahmen, deren logische negative Auswirkungen sie nicht sehen können. Eigentlich müßte nun die Energiewende wegen des Verfehlens ihres Hauptziels abgesagt werden.

Peter Schmidt: Wir danken Ihnen sehr für diese intensive Bewertung des Themas. Bleibt zu hoffen, dass sich in den kommenden Koalitionsverhandlungen eine „Wende der Wende“ anbahnt.

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