Also sollen die Familien dort wegziehen? „ausgestrahlt“: „Panik ist nicht angebracht.“ Nanu, abwarten, bis die Kernkraftwerke abgeschaltet sind? Dann sind die Kinder groß oder nach „ausgestrahlt“ gar nicht mehr am Leben. Hinter dieser Anti-Atom- Stellungnahme stehen auch Ärzte, Mitglieder der Organisation „IPPNW“. Andere Ärzte halten diese Aussage über zusätzliche Krebsfälle ebenfalls für richtig.
Vor Medizinern habe ich große Achtung. Ohne sie wäre ich seit Jahrzehnten Witwer und wohl selbst nicht mehr am Leben. Aber auch unter Ärztinnen und Ärzten gibt es Flops. Wem kann man sich anvertrauen?
Medizin ist ein riesiges Gebiet. Nur ein Arzt, welcher zugibt, dass er mit seinem Wissen irgendwo an Grenzen stößt, ist vertrauenswürdig. Wenn z.B. eine Ärztin glaubt, ohne Radiologin zu sein Strahlenwirkungen beurteilen zu können, werde ich sie nicht konsultieren. Außerdem ist die Neigung, Schauergeschichten zu glauben, keine für den Arztberuf förderliche Charaktereigenschaft.
Wer aber Schauergeschichten liebt, dem empfehle ich, im Internet unter „Hagen Scherb“ zu suchen. Er ist Mathematiker und Biostatistiker im Institut für Biomathematik und Biometrie am Helmholtz-Zentrum München. Er behauptet, in der Umgebung von Kernkraftwerken der Schweiz und Deutschlands den Verlust von 10.000 bis 20.000 Lebendgeburten bei Mädchen nachgewiesen zu haben.
Längst nicht jeder, welcher meint, bei Strahlung auf dem Boden von Tatsachen und Logik bleiben zu sollen, ist deswegen Lobbyist der Kernindustrie. Das Ökoinstitut Freiburg ist es bestimmt nicht, aber ein dortiger Mitarbeiter schrieb mir: „Ihre Meinung, dass Wirkungen auch Ursachen haben und umgekehrt und dass beides einigermaßen zueinander passen muss, teile ich vollständig. Das Stochern in Unsicherheitsbandbreiten, das epidemiologischen Studien immer so eigen ist, ist in der Tat etwas, das eher in Richtung Glauben geht. Im Fach Statistik an der Uni habe ich gelernt, dass die Population der Störche in Nordniedersachen eng mit der Geburtenrate im gleichen Landstrich korreliert, was aber an sich noch nicht zu weitreichenden Schlussfolgerungen verleiten sollte.“
Wer den Ausführungen von „ausgestrahlt“ glauben will, muss folgendes voraussetzen:

  1. Über 100 Jahre strahlenbiologischer Forschung haben keine Ergebnisse erbracht.
  2. Die Beschäftigten der Kernkraftwerke scheuen den Tod weder für sich noch für ihre Kinder.
  3. Wesentlich höhere natürliche Strahlenintensitäten haben keine derartigen Wirkungen.

Man sieht,  „ausgestrahlt“ ist doch eher etwas für abergläubische Menschen ohne die Fähigkeit zu logischem Denken.
Hannover, im August 2013
Dr. Hermann Hinsch

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