Die US Energy Information Agency EIA schätzt die Menge der kombinierten Gasreserven in Rumänien, Bulgarien und Ungarn auf über 535 Milliarden Kubikmeter Gas. Dies würde der Agentur zufolge ausreichen, um den Verbrauch in Rumänien fast 40 Jahre lang zu decken, da der mittlere jährliche Verbrauch dort etwa 14 Milliarden Kubikmeter beträgt.
Trotz dieser Gemengelage ist die Anwendung der kontroversen Methode des Fracking schon jetzt auf massive heimische Opposition in Osteuropa gestoßen.
Während Länder wie Frankreich und die Niederlande dieses Verfahren weiterhin verbieten, hat Rumänien ein solches Moratorium Anfang dieses Jahres aufgehoben. Proteste folgten. Allerdings schreitet das Land voran in seinem Bestreben, energieunabhängig zu werden und hat seitdem der US-Firma Chevron genehmigt, die Schwarzmeerregion des Landes zu erkunden. Im Juli erhielt Chevron Genehmigungen zur Erkundung zahlreicher Stellen in Ost-Rumänien, und das bedeutet, dass das Unternehmen jetzt mehr als vier Millionen Acres in Polen, Bulgarien und Rumänien geleast hat, um Schiefergas zu erkunden und zu bewerten.
Aber es wird Jahre langes Bohren und Erkunden erfordern, bevor das gesamte Potential abgeschätzt werden kann, erklärt Sally Jones, die Beraterin für Außenbeziehungen nach Europa, Eurasien und den Nahen Osten bei Chevron.
„Wir befinden uns im Anfangsstadium unserer Erkundungs-Aktivitäten in Mitteleuropa. Diese Phase der Erkundungsarbeiten wird irgendetwas zwischen drei und fünf Jahre dauern. Dann werden wir klarer erkennen, ob die Kohlenwasserstoffe tatsächlich vorhanden sind, ihr potentielles Ausmaß und ob man es kommerziell nutzen kann“, sagt Frau Jones. „Es kann weitere 10 bis 15 Jahre bis zur vollen kommerziellen Nutzung dauern“.
Die Schiefergas-Erkundung wird in Rumänien in zwei Landkreisen stattfinden – Vaslui und Konstanza – und es gibt Pläne, bereits im Herbst in Vaslui mit Bohrungen zu beginnen. Das Unternehmen versucht derzeit, die Sorgen der Bevölkerung hinsichtlich Fracking zu entkräften, und zwar selbst dann noch, als Photos auftauchen, auf denen rumänische Protestierer Transparente hoch halten mit Aufschriften wie „Go home, Chevron!“ oder „Wir sagen nein zu Shale!“
Versprechen substantieller ökonomischer Vorteile machen es den Politikern leichter, die potentiellen Umweltrisiken beiseite zu wischen und den Markt für Schiefergas aufzubauen und zu betreiben. Am bemerkenswertesten ist das Verhalten des rumänischen Ministerpräsidenten Victor Ponta, der während der Wahl im Jahr 2012 die zuvor regierende Partei noch für das Flüssiggas-Verfahren [LNG exploration] kritisiert hatte, inzwischen seinen Standpunkt geändert hat und jetzt enthusiastisch hinter diesem Prozess steht.
„Die Auswirkungen auf die Wirtschaft hinsichtlich direkter Investitionen aus dem Ausland können wichtig sein, falls diese Projekte tatsächlich voranschreiten“, sagt Alexander Wilk, ein Forschungsanalyst bei der UK-Firma Petrologica.
Aber wie realistisch sind Träume, wonach Schiefergas der ökonomische Rettungsanker im früheren Ostblock ist? Nicht sehr, sagt Wilk.
„Für ein zerstörtes Land nach der Wirtschaftskrise wird LNG nicht die goldene Lösung sein; sie wird nicht der einfache Ausweg sein”.
Also dürfte die Leidenschaft hinsichtlich Schiefer etwas voreilig sein, hat sich doch Polen als Schlachtfeld erwiesen für einige wichtige Öl- und Gasunternehmen. Die Firma Talisman Energy Inc. mit Sitz in Calgary und die US-Firma Exxon Mobil Corp. haben ihre Sachen gepackt und das Land verlassen, und zwar erst vor wenigen Monaten, nachdem glanzlose Bohrergebnisse und eine schwieriger als erwartet sich zeigende Geologie den ursprünglichen Enthusiasmus hinsichtlich der Schieferreserven in Polen erschüttert haben.
Andererseits halt Chevron noch die Stellung, um zu sehen, was weitere Erkundungen zeigen, erklärt Sally Jones. Die Arbeiten an vier Bohrlöchern, die Chevron im ganzen Land niedergebracht hat, gehen derweil weiter. „Mitteleuropa befindet sich derzeit im frühen Anfangsstadium der Erkundung … und diese Ressource könnte mit Sicherheit die Energiesicherheit innerhalb Europas erhöhen und auch enorme wirtschaftliche Vorteile bringen“, sagt sie und fügt hinzu: „wir sind immer noch zuversichtlich bzgl. der vor uns liegenden Gelegenheiten“, obwohl die Schiefergas-Revolution in diesem Gebiet nicht das Ausmaß wie in den USA erreichen könnte“.
Die polnische Regierung bleibt ebenfalls optimistisch und hat bislang mehr als 100 Lizenzen zur Erkundung von Schiefergas ausgestellt, und zwar an Firmen wie Chevron, ConocoPhillips Co. und die polnische PGNiG – das vom Staat kontrollierte Öl- und Erdgas-Unternehmen.
Erfahrene Arbeiter und die Fracking-Technologie sind auch nicht fertig verfügbar in diesem Teil der Welt, erklärt Bob Kubis, Analyst globaler Herausforderungen bei Encana, und das ist für Unternehmen, die hier anfangen zu wirken, eine große Ausgabe.
„Wenn man nicht gerade eine wichtige Rolle spielt – wo zeichnet sich ab, dass sich die Ausgaben amortisieren? Es ist immer noch ein Frühstadium, und daher kann jedes kleine Loch immer noch infolge ökonomischer Zwänge aufgegeben werden“.
Kubis räumt ein, dass der Trieb nach Energieunabhängigkeit von Moskau in Ländern wie Rumänien und der Ukraine mächtig ist, aber er sagt auch, dass dies nicht rasch eintreten wird, wenn überhaupt.
Aber es muss nicht notwendigerweise eine Alles-oder-Nichts-Situation sein, fügt er hinzu. Wenn man lediglich die Importmenge aus Russland reduziert und Beziehungen zu neuen Märkten knüpft, könnte sich das als noch vorteilhafter erweisen.
„Selbst heimische Märkte, so sie denn das russische Gas ersetzen können, werden im Markt eine Nische finden unter der Voraussetzung, dass dieses Gas billiger ist als russisches Gas“, erklärt Kubis. „Genauso, wenn sie exportieren können, vor allem nach Polen; wenn sie den deutschen Markt ins Visier nehmen können, also ein ziemlich wichtiges Stück im europäischen Nachfrage-Markt, dann wird man eine ziemlich rasante Entwicklung erleben, wenn all das erfolgreich verläuft“.
Link: http://www.theglobeandmail.com/report-on-business/breakthrough/eastern-europe-seeks-shale-gas-revolution/article13738672/
Übersetzt von Chris Frey EIKE

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