Die Endlagerung radioaktiver Abfälle bedeutet, die  Abfälle so zu verpacken[1] und end  zu lagern, dass sie dem Menschen und der Umwelt auch nach tausenden von Jahren nicht gefährlich werden können. International unterscheiden sich die Endlagerkonzepte. In Frankreich beispielsweise werden schwach- und mittelradioaktive Abfälle oberirdisch in Betonwannen endgelagert und nach Befüllung mit wasserundurchlässigem Material abgedeckt. In Deutschland dagegen müssen alle Arten radioaktiver Abfälle in tiefen geologischen Gesteinen endgelagert werden. Schutzziel ist – im Fachjargon – der dauerhafte  und extrem langfristige Einschluss  der Abfälle in tiefem Gestein und somit das Fernhalten der Abfälle von der Biosphäre.
Um auch größtmögliche Sicherheit über und unter Tage während des Einlagerungsbetriebes zu gewährleisten, werden die Einlagerungsstrecken abschnittsweise verfüllt. Für das in Errichtung befindliche Endlager Schacht Konrad sieht das zuständige Bundesamt für Strahlenschutz (BfS)  vor, dass jeder Abschnitt mit einer Betonwand abgeschlossen und dann mit Beton verfüllt wird. Der radioaktive Abfall ist dann nicht mehr rückholbar, aber gegen Freisetzung gesichert. Sind alle Abschnitte einer Strecke gefüllt, wird sie komplett verschlossen /1/.
Mit der politischen Diskussion über die Rückholbarkeit radioaktiver Abfälle aus dem Endlager wird dieses sicherheitsgerichtete Vorgehen infrage gestellt. Gemeint wird die Rückholbarkeit während der vielleicht 40- bis 50-jährigen Betriebsphase des Endlagers. Als ein Grund wird die Möglichkeit der Nachbesserung im Fall neuerer Sicherheitsbewertungen genannt. Ein mehr die Öffentlichkeit beruhigender Aspekt. Eine spätere Nutzung der in Konrad eingelagerten Abfälle kann als Grund ausgeschlossen werden. Oder steckt hinter der Diskussion das politische Kalkül, die ohnehin politisch ungeliebte und bereits um Jahre verzögerte Endlagerung noch weiter nach hinten zu schieben?
Trotz auch internationaler Diskussion über das Für und Wider der Rückholbarkeit gibt es bemerkenswerter Weise keine internationale Empfehlungen oder Regelungen über die Rückholbarkeit als Teil von Endlagerkonzepten /2/. Dessen ungeachtet darf eine im Endlagerkonzept vorgesehene Rückholbarkeit nicht zu einer Beeinträchtigung der Sicherheit des Endlagers und der sicheren Endlagerung der Abfälle während der Betriebsphase und nach Beendigung des Endlagerbetriebes führen. 
Die Rückholbarkeit gehörte zu den konzeptionellen und sicherheitstechnischen Fragen der Endlagerung von radioaktiven Abfällen, die das BfS von nationalen und internationalen Experten klären ließ. Im Synthesebericht /2/ wird unmissverständlich festgestellt: „Für alle Endlagerkonzepte gilt, dass sich mit Fortschreiten der Einlagerung von Abfallgebinden, der Verfüllung und des Verschlusses die Zugänglichkeit der Abfallgebinde verschlechtert. Deshalb wird in einer Reihe von (Anm.: internationalen) Endlagerkonzepten eine zeitliche Verzögerung der Verfüllung und des Verschlusses des Endlagers bzw. von Teilen des Endlagers in einzelnen Etappen des Endlagerprozesses vorgesehen bzw. erwogen, um in diesen Etappen  eine Rückholung zu erleichtern. Nach Verschluss eines Endlagers ist eine Rückholung zwar technisch möglich, erfordert jedoch einen erheblichen Aufwand, da das Endlager neu aufgefahren werden muss, bzw. ein neues „Rückholbergwerk“ zu errichten ist.“ Die Kosten der Rückholung werden in jedem Fall erheblich sein, und dem Menschen wie der Umwelt werden zusätzliche Strahlenbelastungen zugemutet.
Verzögerungen der Verfüllung und des Verschlusses für einen Zeitraum von einigen Jahrzehnten würden zwar keine wesentlichen Fragen der Betriebs- und Langzeitsicherheit aufwerfen /2/, gleichwohl muss mit Risiken gerechnet werden, die bei sofortiger  Verfüllung und Verschluss vermeidbar wären. Genannt werden unter anderem /2/:

  • Es besteht erhöhte Korrosionsgefahr für Endlagerbehälter und metallischen Konstruktionselementen der Endlagerräume durch Zutritt von Sauerstoff und Feuchtigkeit.
  • Es kann zu einer Beeinflussung der chemischen und physikalischen Stabilität von Verfüllungen und Verschlüssen bei Kontakt mit der Grubenluft durch Offenhalten einzelner Grubenabschnitte kommen.
  • In Abhängigkeit von der Dauer der Offenhaltungsphase vergrößert sich das Risiko unsachgemäßer Instandhaltung, wodurch das Risiko einer Instabilität der offenen Grubenräume erhöht wird.
  • Das Risiko von Störfällen, wie Feuer, Eindringen von Grundwasser  wird erhöht.
  • Das Risiko von unbefugtem Eindringen in das Endlager und Missbrauch wird erhöht.

Überdies verursacht ein verlängertes Offenhalten von Anlageteilen oder des Endlagers insgesamt erhebliche zusätzliche Kosten.
In der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung vom 28. Mai 2013 war zu lesen, der niedersächsische Umweltminister Stefan Wenzel fordere eine Überprüfung der (Anm.: längst genehmigten) Sicherheitsanforderungen an das Endlager Schacht Konrad, und dabei müsse auch die Rückholbarkeit der Abfälle diskutiert werden. Nicht nur, dass diese Diskussion, wie im Synthesebericht des BfS /2/ nachzulesen ist, bereits erfolgt ist und zu einem belastbaren Ergebnis geführt hat, eine Rückholungsoption würde unter dem Strich zu einer Einbuße an Endlagersicherheit führen, wäre folglich mit der Forderung größtmöglicher Sicherheit hinsichtlich des dauerhaften Einschlusses der Abfälle nicht vereinbar. Auf der einen Seite wird die Suche nach einem „bestmöglichen“ Standort gefordert, andererseits werden Abstriche an der Endlagersicherheit in Kauf genommen, um die Rückholbarkeit zu ermöglichen. Das passt nicht zu einander.
Eine Lagerung von radioaktiven Abfällen, die explizit eine Rückholung vorsieht, ist keine Endlagerung, sondern eine Zwischenlagerung und damit genau das, was von den Befürwortern der Rückholbarkeit bekämpft wird. 
Dr. Klaus Tägder 
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/1/  http://www.bfs.de/de/endlager/endlagerung_ueberblick/endlagerprojekte_textfassung
/2/  Bundesamt für Strahlenschutz, Synthesebericht vom 04.11.2005 „Konzeptionelle und sicherheitstechnische Fragen der Endlagerung radioaktiver Abfälle – Wirtsgesteine im Vergleich“  http://www.bfs.de/de/bfs


[1] Je nach Art der Abfälle erfolgt ihre Verpackung in 200 l-Fässer, in Stahlcontainern, in dickwandigen Gussbehältern oder in Betoncontainern. Das Abfallkonzept für Konrad sieht vor, 200 l-Abfallfässer in großen Containern zu verpacken und die Hohlräume mit Beton zu verfüllen.

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