Herrn
Prof. Dr. Hans Joachim Schellnhuber
Potsdam Institut für Klimafolgenforschung
Telegrafenberg A 31
14473 Potsdam
Betr.:    dpa-Meldung vom 19.11. im Vorfeld des Doha-Gipfels: Weltbank warnt vor Klimakollaps
Sehr geehrter Herr Prof. Schellnhuber!
In mehreren Presseorganen (u.a. auch Focus Online und FAZ) war kürzlich zu lesen, dass die Weltbank mit Berufung auf eine vom PIK auftragsgemäß erstellte Studie wieder mal die schlimmsten Befürchtungen für unser zukünftiges Klima zum Ausdruck bringt. Bis zu 4 °C soll die Globaltemperatur dieses Jahrhunderts mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit ansteigen, wenn die weltweiten anthropogenen CO2-Emissionen nicht radikal heruntergefahren werden. Möglich sei sogar, dass dieser Wert bereits im Jahr 2060 erreicht sein wird.
Hierzu kann ich mit Bezug auf Ihr eigenes Rechenprogramm (PIK und IPCC) nur feststellen, dass dieses in Wirklichkeit für den, der es kennt, die obige Aussage geradezu auf den Kopf stellt. Bei einer Verdoppelung des gegenwärtigen CO2-Gehalts von knapp 400 ppm errechnen Sie zunächst richtigerweise eine treibhausbedingte Erhöhung der Globaltemperatur um 1,1 °C (abgeleitet aus dem IR-Strahlungsantrieb von 3,7 Watt/m2 und dann umgerechnet nach der wohl immer noch gültigen Stefan-Boltzmann Gleichung). Bis 2060 werden von heute an nicht einmal 50 Jahre vergehen. Dies entspräche bei konstant angenommener CO2-Zunahme der Atmosphäre von derzeit 2 ppm pro Jahr gerade mal knapp 100 ppm, d.h. einem Viertel der o.g. Verdoppelung. Danach dürfte die globale Temperaturerhöhung bis 2060 gemäß Ihrer eigenen Rechnung nur höchstens 0,3 °C betragen, oder die Temperaturzunahme der letzten 100 Jahre hätte sogar noch größer als 4 °C ausfallen müssen, da der bisherige CO2-Anstieg um 100 ppm wegen der logarithmischen Degression stärker ins Gewicht fällt als der zu erwartende Anstieg bis 2060. Aber es wurden „offiziell“ doch nur 0,7-0,8 °C gemessen (nach „Climategate“ Bereinigung sind es gar nur 0,5 °C), und das auch noch einschließlich des Solareinflusses sowie der Wirkung der ebenfalls angestiegenen Treibhausgase Methan, Lachgas, Ozon und FCKW. Ferner hat noch niemand den Einfluß des Wärmeinseleffekts einigermaßen exakt ermittelt, der zwangsläufig sogar einen weiteren Temperaturabzug bedingen müßte. Für einen anthropogenen CO2-Einfluss bleibt hier höchstens noch Raum in einem Temperaturbereich unterhalb von 0,2 oC.
Nun muss aber noch eine besonders wichtige Klarstellung vorgenommen werden. Die o.g. errechnete Temperaturzunahme von 1,1 °C im Falle einer CO2-Verdoppelung gilt in Wirklichkeit nur unter der Bedingung, dass in der Atmosphäre keine weiteren treibhausaktiven Absorber vorhanden sind, die bei gegebener Anwesenheit das CO2 weitgehend entlasten würden. Dieser Fall liegt nun aber eindeutig vor und zwar einmal in Form von großräumig verbreiteten Wolkendecken und zum anderen in Form des überall vorhandenen Wasserdampfes im spektralen Überlappungsbereich der 15 µm-Bande. Hiernach dürfte der anthropogene Erwärmungseinfluss nicht einmal die Hälfte des oben errechneten Temperaturanstiegs von ca. 0,3 °C betragen, nämlich maximal nur noch mehr 0,15 °C. Dies deckt sich zudem noch sehr gut mit den eingangs beschriebenen Temperaturwerten, die sich schon allein aus der Messung ergeben haben. Auch wenn man noch einen angemessenen Rückkopplungseffekt konzediert, kann derselbe doch keine große Änderung mehr bewirken. Die bis zu 3000 m dicken Eispanzer auf Grönland und der Antarktis können hierdurch nun wirklich nicht zum Abschmelzen gebracht werden.
Wie kommen Sie unter diesen Umständen überhaupt auf einen globalen Erwärmungswert von 4 °C, wo für den gleichen Zeitraum nach Ihrem eigenen Rechenweg nur 0,15 °C erreichbar sind? Zwischen den o.g. Zahlen 0,15 und 4 °C liegen doch mehr als Welten. Lediglich der obligatorische Abzug von 0,3 auf 0,15 °C entspricht nicht dem Rechenprogramm Ihres Instituts und des IPCC, weil die hohen Temperaturprognosen, die offenbar gewollt sind, dann noch weniger erklärbar gewesen wären, selbst wenn sie durch die Wahrscheinlichkeitsklausel keinen Absolutheitscharakter haben mögen. Eine nachweislich saubere Rechnung (gemäß Ihrem eigenen Ansatz, der auch meinem eigenen Rechenweg entspricht), kann man nicht durch Einführung eines „deus ex machina“ in Form von dubiosen Wahrscheinlichkeitsbetrachtungen außer Kraft setzen und derart extrem verfälschen, selbst wenn man den Grad der Wahrscheinlichkeit noch so niedrig ansetzen würde. Gegen die Wahrscheinlichkeit, dass es bei einem weiteren CO2-Anstieg von 100 ppm um 4 °C wärmer werden könnte, haben Sie doch die Sicherheit, dass es bei dem letzten gleichhohen Anstieg längst nicht so warm geworden ist. Ihre Prognose ist damit falsifiziert. Selbst das politisch so hochgesetzte und von Ihnen verteidigte 2 °C-Ziel ist damit auf gleiche Weise obsolet geworden. Wenn man dann noch betrachtet, dass der deutsche Anteil an den weltweiten CO2-Emissionen nur 2,5 % beträgt, liegt unser Beitrag zur globalen Erderwärmung sogar nur im Bereich von wenigen Tausendstel Grad. Wie kommen wir bloß dazu, hierfür riesige Geldsummen zu opfern und über das hinaus unsere ganze Zukunft völlig unnötig aufs Spiel zu setzen!
Ich durfte im vergangenen Jahr einmal gemeinsam mit anderen kritisch eingestellten Wissenschaftlern von EIKE Gast Ihres Hauses sein bei einem kontroversen Gedankenaustausch zum gleichen Thema. Leider haben wir damals auf alle unsere Argumente keine wirklich konkreten Antworten erhalten. Gegen Schluss wurde auf meinen gut begründeten Diskussionsbeitrag pauschal erwidert, dass ohne die Annahme eines hohen CO2-Einflusses die großen Temperaturschwankungen während der einzelnen Eiszeitperioden nicht zu erklären wären. Mit dieser außer jeder Kausalität stehenden Bemerkung sind wir dann anschließend auseinandergegangen, ohne dass Sie dem selbst widersprochen haben. Ich wäre sehr erfreut, wenn ich diesmal eine konkretere Antwort erhalten würde, um den eklatanten Widerspruch unserer Ansichten vielleicht doch einmal aufzulösen. Mit Herrn Prof. Edenhofer habe ich dasselbe vor einiger Zeit mit ähnlichen Argumenten schon einmal versucht (Schreiben vom 12.03.2012).
Außer allgemeinen Floskeln ist nichts dabei herausgekommen, und mein anschließendes Erwiderungsschreiben wurde schon gar nicht mehr beantwortet, obwohl es wie schon mein erster Brief sehr sachlich abgefasst war. Von einem wissenschaftlichen Institut hätte ich eigentlich etwas mehr erwarten dürfen.
Wegen der hohen politischen Bedeutung erlaube ich mir, eine Kopie dieses Schreibens auch an die Frau Bundeskanzlerin sowie an die Herren Bundesminister für Umwelt und Wirtschaft zu senden.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Dr. Siegfried Dittrich  
Kopie:       Frau Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel
                   Herrn Bundesumweltminister Dr. Peter Altmaier
                   Herrn Bundeswirtschaftsminister Dr. Philipp Rösler

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