Wenn Atlas die Welt abwürfe

Atlas Shrugged ist der Titel eines Romans von Ayn Rand (1957): Die Welt hörte auf, sich zu drehen, als die wertschöpfenden Mitglieder der Gesellschaft streikten. Die Innovatoren und Unternehmer hatten einfach die Nase voll, nur dämonisiert und ausgebeutet zu werden und machten sich einfach davon.
Wie würde es Amerika heute ergehen, wenn die auf fossilen Quellen beruhende Brenn- und Treibstoffindustrie auf unbestimmte Zeit streikte? Was würde geschehen, wenn wir den Umweltaktivisten in allem nachgäben? Was, wenn wir, statt nur an den Rändern herumzuknabbern, voll mitziehen würden? Was wären die Folgen, wenn Atlas die Welt nicht mehr trüge und abwürfe?
Innerhalb von 24 Stunden entstünden lange Schlangen an den Tankstellen, weil die Leute Benzinvorräte kaufen wollten. Die gleichen Leute, die über über die Mineralölfirmen lästern, würden verzweifelt die letzten Tropfen Sprit für ihre SUVs herausquetschen wollen. Am dritten Tag gäbe es überhaupt kein Benzin mehr.
Ohne Diesel kämen die Speditionsfirmen zum Stillstand. Fast alle Handelsware in Amerika wird mittels Lastwagen ausgeliefert. Die Ladenregale würden sich leeren. Die Grundnahrungsmittelproduktion würde aufhören. Ohne Benzin liefe keine Landwirtschaftsmaschine mehr, Pflanzenschutzmittel und Dünger würden nicht mehr industriell produziert werden. Die Vereinigten Staaten können keine 315 Millionen Menschen ernähren, wenn der Ackerbau mit pferdbespannten Pflügen betrieben und Mist als Dünger ausgebracht wird. Eine große Hungersnot bräche nach zwei Wochen aus!
Die Lokomotiven wurden einst mit Kohle befeuert, doch nun treiben sie Dieselmotoren an. Ohne die Eisenbahn und ohne Lastwagen gäbe es keine Möglichkeit, Rohstoffe oder Fertigprodukte zu liefern. Die gesamte Industrieproduktion und das Gewerbe kämen zum Stillstand. Massen-Aussperrungen wären die Folge. Darauf käme es aber nicht mehr an. Wenn alle Transportsysteme ausfielen, könnten nur noch diejenigen arbeiten, die Pferde besäßen, oder die zu Fuß zu ihren Arbeitsstellen gelangen könnten.
Die Besitzer von Elektroautos könnten sich ja zunächst freuen, doch sie würden bald von der unangenehmen Wirklichkeit eingeholt, dass ihre für „emmissionsfrei“ gehaltenen Fahrzeuge auf Kohle laufen. 42 Prozent der Elekrizität in den Vereinigten Staaten wird durch die Verbrennung von Kohle erzeugt. Mit dem Erdgas wäre es auch vorbei, daher gingen weitere 25 Prozent Strom verloren. Die von den Umweltaktivisten so heißgeliebten Energiequellen, Wind und Sonne, könnten die Lücke nicht füllen. Aus Windkraft kommen derzeit [in Amerika] etwa 3 Prozent unserer Elektrizität und auf die Sonne entfallen kaum wahrnehmbare 0,04 Prozent. Die einzigen verbliebenen Energiequellen wären Wasser- und Kernkraft. Aber beide zusammen können das Netz bei normaler Kapaziät nur zu 27 Prozent  versorgen. Wenn zwei Drittel der Stromversorgung wegfallen, macht das Netz vollständig dicht. Kein Strom bedeutet kein Leitungswasser und auch keine Wasserspülung in den Toiletten. Nachdem das in Flaschen abgefüllte Wasser verbraucht wäre, würden die Menschen aus Bächen und Teichen trinken, eine Cholera-Epidemie wäre die unausweichliche Folge.
Die Krankenhäuser würden noch einige Tage mit ihren Notstromversorgungen funktionieren. Doch ohne Diesel wäre es damit auch bald vorbei. Notoperationen müssten bei Tageslicht in Räumen mit Fenstern durchgeführt werden. Kerosinlampen wären kein Ausweg, weil Kerosin ein Nebenprodukt des Petroleums ist. Sogar die Kerzen werden heutzutage aus Paraffin hergestellt, auch ein Nebenprodukt des Petroleums. Man kann bezweifeln, ob es genügend Bienenwachs gäbe, um 132 Millionen Wohnungen in den Vereinigten Staaten zu beleuchten.
Ohne Strom, ohne Treibstoff und ohne die Möglichkeit, Menschen oder Güter zu transportieren, würden die Vereinigten Staaten binnen weniger Tage oder Wochen ins 18. Jahrhundert zurückfallen. Die industrielle Revolution würde zurückgedreht, das Bruttosozialprodukt um mehr als 95 Prozent schrumpfen. Je nach Jahreszeit und Wohnort würden die Menschen entweder frieren oder in ihren Wohnungen schwitzen.
Meine akademischen Kollegen, die den menschlichen Fortschritt für eine Illusion halten, müssten die bittere Realität zur Kenntnis nehmen, dass sie in eine Zeit zurückgeworfen würden, in der die Lebenserwartung weniger als die Hälfte von Heute betrug.
Ich liege aber falsch. Einen Rückfall ins 18. Jahrhundert gäbe es nicht. Nein, es käme noch viel schlimmer. Im Amerika des 18. Jahrhunderts lebten rund 80 Prozent der Bevölkerung auf familieneigenen Farmen und sie waren Selbstversorger. Es gab Pferde und Hufschmiede. Die Menschen kannten ihre Arbeit und verließen sich auf die wertgeschätzten Familienmitglieder und die Nachbarn. Heute arbeiten weniger als zwei Prozent der Bevölkerung in der Landwirtschaft. Und die gesamte moderne Landwirtschaft beruht auf Maschinen, die mit Öl betrieben werden. Wir Heutigen können in einer Welt ohne Öl nicht überleben.
Ich male ein schlimmes Bild, aber es ist genau das, was die Umweltaktivisten anstreben: Sie wollen die gesamte Ölindustrie stilllegen. Wenn Sie das nicht glauben oder akzeptieren wollen, dann kann ich nur empfehlen, dass Sie sich mit der Philsophie des Biozentrismus beschäftigen. Gewisse studentische Gruppen fordern schon heute, dass die Universitäten ihre Investitionen in Aktien von Ölfirmen verkaufen – ganz so, als wäre die Herstellung von Brennstoffen aus fossilen Quellen moralisch genauso zu beurteilen wie die Apartheid. Und in jedem Monat März feiern die Umweltaktivisten „Earth Hour„, eine Stunde lang schalten sie wirklich alle Lichter aus.
Unsere industrialisierte und technisierte Zivilisation beruht nicht auf den Regenbogen und dem Mondschein. Das ist auch in der vorhersehbaren Zukunft überhaupt nicht zu erwarten. Erneuerbare Energiequellen wie z. B. Wind und Sonne sind kein tauglicher Ersatz für fossile Brennstoffe. Das ist keine Frage des politischen Willens, sondern erzwungen von den Gesetzen der Physik und Chemie. Anstatt sich ständig für den Einsatz von fossilen Brennstoffen zu entschuldigen, sollten wir verdammt froh sein, dass wir sie haben.
Original hier
David Deming
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David Deming ist Geologe und Professor of Arts and Sciences an der University of Oklahoma. Er ist Autor der Serie Science and Technology in World History.
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Übersetzung: Helmut Jäger, EIKE