Bild rechts: Vom russisch-ukrainischen Gasstreit 2009 betroffene [affected] Länder
Europa ist derzeit zu einem Viertel seines Gasverbrauchs von Russland abhängig, eine Tatsache, die 2006 und 2009 grell ins Rampenlicht rückte, als der staatliche Gasriese Gazprom nach Streitigkeiten über den Preis die Gaslieferungen in die Ukraine stoppte, was die Lieferungen in andere europäische Länder in bitterkalten Wintern beschnitten hat. South Stream zielt teilweise darauf ab, etwas Ähnliches durch die Umgehung der Ukraine zu vermeiden.
Allerdings ist unklar, wie diese Strategie aussehen soll, wenn Länder in Mittel- und Osteuropa, die stark von russischem Gas abhängig sind, damit anfangen, ihre Versorgung auf viele Beine zu stellen.
Neue alternative Quellen lassen die globalen Preise sinken und ernste Fragen über Gazprom und seiner langfristigen Strategie aufkommen. Die Energielandschaft verändert sich selbst hier in der Ukraine, DEM Symbol der Energieabhängigkeit von Russland.
Zu den neuen Entwicklungen der Gasindustrie gehört, dass die Ausbeutung von Schiefergas in den USA den ehemaligen Importeur zu einem Exporteur macht, mit der unbeabsichtigten Nebenwirkung, Importe aus den Nahem Osten freizusetzen, genau zu der Zeit, in der die europäischen Länder diversifizieren wollen.
Gleichzeitig führt verflüssigtes Erdgas (LNG), das man rund um die Welt verschiffen kann, zu einem Boom auf dem sog. Spotmarkt in Europa.

„Die Gaspreise in den USA sind nur halb so hoch wie die Spotmarktpreise in Europa, und die Spotmarktpreise sind etwa halb so hoch wie die europäischen Preise von Gazprom”, sagt Anders Aslund vom Peterson Institute in Washington. „Das kann nicht so weitergehen. Vor allem Gazprom muss seine Preise senken“.

Angesichts dieser Gelegenheit trachten osteuropäische Länder danach, langzeitliche Verträge mit Gazprom zu revidieren, angestachelt von einer europäischen Prüfungskommission gegen die Festsetzung von Gaspreisen durch das russische Monopoly.
Die im September eingeleitete Untersuchung soll vermutete Versuche unter die Lupe nehmen, die Märkte in Bulgarien, Polen und anderen Ländern zu monopolisieren.
Auch Litauen hat Gazprom auf 2,5 Milliarden Dollar Schadenersatz verklagt, verursacht durch die vermuteten Preisverzerrungen von 2004 bis 2012.
Polen, welches zwei Drittel seines Gases aus Russland importiert, hat seinen Vertrag mit Gazprom neu verhandelt wegen eines geschätzten Abschlags um 15% im November, ein Jahr nach Einreichung einer Klage gegen das Unternehmen am Stockholmer Schiedsgericht.
Die polnische Position wurde durch die Entdeckung von Schiefergas mit geschätzten 350 bis 760 Milliarden Kubikmeter gestärkt, weit über dem jährlichen Gasverbrauch von 14 Milliarden Kubikmetern. Die Regierung stellt derzeit Förderungs-Lizenzen aus.
Diese Entwicklungen werden in der Ukraine, dem größten Einzelkunden von Gazprom, sorgfältig beobachtet. Das Land hat am meisten von der South Stream-Pipeline zu fürchten, weil ihm Transitgebühren verloren gehen. Gazprom hat bereits jetzt einige Gaslieferungen auf die North Stream-Pipeline umgeleitet, einer neuen Route, auf der russisches Gas direkt nach Deutschland gepumpt wird.
Die Wirtschaft der Ukraine wurde durch hohe Energiekosten schwer bedrängt, verschlimmert durch die niedrige Energieeffizienz – dem International Monetary Fund zufolge lediglich 60% des Mittelwertes in Europa.
Nicht in der Lage, ein neues Abkommen mit Gazprom zu erreichen, hat die Ukraine versprochen, den Verbrauch von Importgas im Jahr 2013 um mehr als die Hälfte zu reduzieren, trotz Warnungen aus Moskau, dass es Kiew 2 bis 3 Milliarden Dollar in Rechnung stellen will, zusammen mit einer Klausel im derzeitigen Abkommen, in dem Kiew verpflichtet wird, die vereinbarte Menge „zu kaufen oder abzunehmen“.
Russland hat gesagt, dass jedwede Abschläge Bedingung für den Verkauf ukrainischer Anteile an Pipelines und anderen Schlüsselbereichen der Energie-Infratruktur sind oder für den Beitritt des Landes zu einer Zollunion zwischen Russland, Weißrussland und Kasachstan.
Nichtsdestotrotz hat der ukrainische Präsident Janukowitsch vor Kurzem angekündigt, dass Kiew den staatlichen Verbrauch von 40 Milliarden Kubikmeter im Jahr 2011 auf 27 Milliarden 2012 und 18 Milliarden in 2013 reduzieren will.
„Unser einziges Mittel, die Situation zu beeinflussen, sind fortgesetzte Reduktionen des Volumens des russischen Gashandels”, sagte er.
Um dennoch hinzureichen trachtet die Ukraine nach unkonventionellen Quellen und dem Energieminister der Ukraine zufolge danach, russisches Gas durch Deutschland zu importieren, was 40 bis 70 Dollar pro 1000 Kubikmeter billiger wäre als die Versorgung direkt aus Russland.
Das Land arbeitet auch daran, Alternativen auszuweiten. Die staatliche Öl- und Gaskompanie Naftogaz unterschreibt Verträge, die potentiellen 0,8 bis 1,5 Billionen Kubikmeter reichen Schiefergas-Lagerstätten zu erkunden. Im vorigen Sommer hat Kiew Verträge mit ExxonMobil und Royal Dutch Shell unterzeichnet, um die Offshore-Ausbeutung zu beflügeln. Man möchte auch ein LNG-Terminal bauen.
Am Montag hat Naftogaz ein Abkommen bekannt gegeben, 3,7 Milliarden Euro von der China Bank Development Corporation zu leihen, um von Gas auf Kohle umzusteigen.
Russland hat aber immer noch mehr als nur ein paar Trümpfe im Ärmel. South Stream wird möglicherweise alle Hoffnungen der von der EU gesponserten Nabucco-Pipeline dämpfen, welche Zugang zu reichlichen Vorkommen in mittelasiatischen Lagerstätten versprach.
Das heißt aber nicht, dass sich South Stream auszahlt. Analysten stellen auch die Brauchbarkeit anderer Gazprom-Projekte in Frage, die ebenfalls als politisch motiviert angesehen werden – wie zum Beispiel Pläne, eine Pipeline durch Sibirien nach China zu bauen, das derzeit billigeres Gas aus Turkmenistan bevorzugt.
Missmanagement und die Unfähigkeit zu Innovationen haben zum Rückgang der Gazprom-Einnahmen beigetragen, während die Kosten weiterhin hoch sind. Dies führte teilweise zu einem Rückgang der Gazprom-Einnahmen um 50 Prozent im zweiten Quartal des Jahres, während der Marktwert des Unternehmens dreifach seit dem Spitzenwert im Jahr 2008 gesunken ist. Damals sah es so aus, als würde Gazprom zum größten Unternehmen weltweit werden.
Aslund glaubt, dass Korruption Gazprom vom profitabelsten Unternehmen in ein russisches Enron verwandelt hat, gerade als neue Technologien anfangen, den Einkommensstrom zu betreffen. Das wird nur den Hebel der europäischen Länder stärken, die ihre Versorgung diversifizieren wollen.
Jakub Parusinski, Alaska Dispatch
Link: http://www.thegwpf.org/europe-seeking-alternatives-russias-natural-gas/
Übersetzt von Chris Frey EIKE

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