Zu den Reichweiten der Quellen heißt es bei fossil und Kernspaltung „endliche“ Ressourcen und bei Erneuerbar „unendliche“ Ressourcen. Das ist zwar grundsätzlich nicht falsch, bedarf aber einiger Differenzierung. Die fossilen Quellen reichen einige Jahrzehnte bis Jahrhunderte, so viel weiß man, denn die Erde ist schon ziemlich sorgfältig danach abgesucht worden. Neue große Quellen sind nicht mehr zu erwarten.
Zur Kernenergie wird ebenfalls gern „einige Jahrzehnte“ als Reichweite angegeben. Zu dieser Zahl gelangt man, wenn man die derzeit bekannten Ressourcen durch den derzeitigen jährlichen Verbrauch dividiert. Dabei wird jedoch vieles unterschlagen:

  1. In abgebrannten Brennelementen sind nur 5% der Energie genutzt, durch Recycling, d.h. durch Wiederaufarbeitung und den Brüter sind die restlichen 95% nutzbar.
  2. Das abgereicherte Uran 235 nach dem Anreicherungsprozess ist nutzbar, dazu braucht man den Brüter.
  3. Auch Thorium kann in spaltfähiges Uran überführt werden. Thorium ist auf der Erde 4-fach häufiger als Uran vorhanden, es bildet eine riesige Energiereserve.
  4. Die Erde ist noch lange nicht endgültig nach seinen Uran- und Thoriumvorkommen abgesucht, es gibt noch viele heute schon bekannte Möglichkeiten (z.B. in Phosphatvorkommen, Uran gelöst im Meerwasser).

Die Technik des schnellen Natrium-Brüters wird seit 30 Jahren in Russland erfolgreich zur Stromversorgung genutzt. Seit 1981 ist der BN-600 in Betrieb, eine Anlage doppelt so groß wie in Kalkar fast fertig gebaut worden ist, dann aber auf den Müll geworfen wurde. Die nächste größere Version BN-800 ist in Russland Bau, die Version BN-1200 in Konstruktion. China will zwei Anlagen des russischen Brüters BN-800 bauen, Verträge mit Russland wurden geschlossen. Russland hortet abgereichertes Uran. Das in Gronau bis zu 0,3% U-235 abgereicherte Natururan wird nach Russland exportiert und dort noch etwas weiter abgereichert. Das „Abfall“-Uran-238 mit nur sehr wenig U-235 verbleibt in Russland und kann für den Einsatz im Brüter irgendwann genutzt werden. Der Brüter wird kommen, er ist mit Riesenschritten längst im Anmarsch, auch wenn in Deutschland die Augen vor dieser Entwicklung verschlossen werden.
Wenn man alle obigen vier Punkte berücksichtigt, kommt man bei der Kernspaltungsenergie zu einer Reichweite von mindestens 100 000 bis zu einer Million Jahren, vielleicht sogar noch mehr. Nehmen wir an, dass die fossilen 100 bis 500 Jahre reichen werden, dann folgen nach diesen Jahren immer noch mindestens 99 500 Jahre bis 99 900 Jahre, in denen allein die Kernspaltungsenergie die Menschheit mit lebensnotwendiger Energie versorgen kann. Angesichts des riesigen Unterschiedes zwischen 500 und 999 500 Jahren ist es völlig belanglos, um wie viele Jahre die Entdeckung des Schiefergases die fossilen Quellen noch strecken kann. Erst wenn die Kernspaltungsenergien aufgebraucht sind, muß für die Menschheit zwangsläufig das Zeitalter der Erneuerbaren kommen.
Man kann nach Verfügbarkeit der Energiequellen unterscheiden:

  1. Das heutige Zeitalter der fossilen und nuklearen Energien mit ca. 50 bis 500 Jahren.
  2. Dann das Zeitalter der Kernspaltungsenergien von etlichen 100 000 Jahren.
  3. Daran anschließend das Zeitalter der Erneuerbaren Energien.

Wie mag das Zeitalter der Kernspaltungsenergien nach Ende der fossilen Quellen aussehen?

Das Handeln der Menschen in der Zukunft kann niemand voraussehen. Aber wir kennen die zu allen Zeiten geltenden Naturgesetze, und daher ist ein kleiner Blick in die Zukunft möglich. Wir wissen, dass die fossilen Quellen Öl, Gas und Kohle für etliche Bereiche unersetzlich sind:

  1. Das Transportgewerbe, insbesondere der Flugbetrieb, unverzichtbar in der globalisierten Arbeitsteilung.
  2. Der Betrieb von Großmaschinen, denen eine hohe Leistung von z.B. 100 PS oder mehr tatsächlich abverlangt wird. Diese werden zur Sicherstellung der Ernährung durch eine industrialisierte Landwirtschaft gebraucht, ein gleiches gilt für Großmaschinen am Bau.
  3. Der Bereich der Werkstoffe: Kunststoffe, Chemie, Stahlherstellung aus Eisenerz.

Die aus Erdöl gewonnenen flüssigen Kohlenwasserstoffe (Benzin, Diesel) haben eine hohe Energiedichte, sie lassen sich einfach handhaben. Nur damit konnten Verbrennungsmotoren entwickelt werden, die für Flugzeuge, Autos, Großmaschinen am Bau und in der Landwirtschaft unverzichtbar sind. Für diese Zwecke scheidet Elektroantrieb aus, denn es gibt keine genügend leistungsfähigen Batterien. Es wird sie auch nie geben, denn es gibt kein physikalisches Prinzip, das sich zur Speicherung in der erforderlichen Energiemenge eignen würde. Das Elektroauto ist nur als bessere Seifenkiste ohne Heizung möglich, womit die Fahrfreude im Winter schnell verschwinden wird. Großmaschinen müssen Kabelanschluß haben, das mag am Bau in engem örtlichen Bereichen noch gehen, bereitet Schwierigkeiten in großflächiger Landwirtschaft.
Die flüssigen Kohlenwasserstoffe lassen sich nach Fischer-Tropsch auch aus Kohle herstellen, dann sollte die dazu erforderliche Wärmeenergie aus Kernkraft kommen.

Damit folgt für Zeitalter der Kernspaltungsenergien nach Ende der fossilen Quellen:

  • Keine Flugzeuge
  • Schiffsverkehr nur mit Nuklearantrieb
  • Kein Lkw-Verkehr, Rückkehr zu Pferdefuhrwerken, Schienenverkehr mit Strom
  • Industrielle Landwirtschaft nur mit Kabelanschluss ans Stromnetz
  • Keine Kunststoffe
  • Keine Stahlherstellung aus Erz
  • Wohnungsheizung nur mit Nuklearstrom, sehr eingeschränkt mit Holz

Es sollten die kostbaren fossilen Ressourcen für die Zwecke Transport, Ernährungssicherung, Werkstoffe reserviert werden. Der heutige gigantische Verbrauch der fossilen Energien im Bereich der Gebäudeheizung ist ein Luxus auf Kosten der Zukunft. Heizung ist mit Kernenergiestrom möglich und damit das Gebot der Vernunft.

Wie mag das Zeitalter der Erneuerbaren Energien aussehen?

Dazu sind keine langen Erörterungen erforderlich, denn im Mittelalter hatten wir das schon: Vielleicht eine Million Menschen konnten leben, mit viel Plackerei bei harter körperlicher Arbeit allein zur Ernährung und viel frieren im Winter. Natürlich hat dieses Zeitalter auch Vorteile, es schafft viele Arbeitsplätze – aber wollen die Deutschen wirklich körperliche Schinderei?

Was will Deutschland?

Für Deutschland ist nicht die Reichweite der Energierohstoffe wichtig, sondern es sollte überlegt werden, wie lange Deutschland noch das Geld besitzt, sich die benötigte Energie kaufen zu können. Deutschland muss für den Import von Öl, Erdgas und Steinkohle viel Geld aufwenden, das war in der Summe (Quelle BAFA):
in 2009                        54 Mrd. EURO
in 2010                        65 Mrd. EURO
in 2011                        82 Mrd. EURO
In Zukunft muss wegen der von der Kanzlerin initiierten und von allen Parteien begrüßten der Abschaltung von 8 bestens funktionsfähigen Kernkraftwerken auch der Ersatzstrom bzw. Rohstoffe zur Erzeugung des Ersatzstroms aus dem Ausland gekauft werden, die Reihe der Preissteigerungen kann nur nach oben gehen. Es kann sein, dass es schon nach 20 Jahren in Deutschland dunkel und kalt wird. Und irgendwann wird vielleicht das Kernstrom liefernde Ausland von Deutschland einen Preis dafür verlangen, dass das „nukleare Risiko“ trägt, wegen dessen Deutschland den Ausstieg gemacht hat.
Die deutsche Energiepolitik ist von vielen Ungereimtheiten gekennzeichnet. Man will keinen Fortschritt, man will Rückschritt zurück zur Zeit um 1600: wenige Menschen, viel körperliches schuften bei hungern und frieren. Wenn Umweltministers Herr Dr. Altmaier sagt: „Wir müssen den Menschen das Gefühl geben, dass die Energiewende auch ihr Projekt ist und dass sie davon profitieren“, dann nicht ersichtlich, wie dieses profitieren aussehen soll.
Thilo Bode schrieb im Greenpeace-Magazin 1/98: "Nie wieder wird es eine Phase derartigen Reichtums wie in der 2-ten Hälfte des 20-ten Jahrhunderts geben, Verzicht wird das Dauerthema der Industriestaaten werden müssen." Da hat Herr Bode Recht, Verzicht auf heutige Lebensart, dahin will sich das Land freiwillig begeben. Herr Bode hat eifrig mitgeholfen. Es fehlt aber die Vorstellungskraft, wie dieser Weg zurück in die Vergangenheit friedlich vonstatten gehen soll.
Für den Rest der Welt sieht alles ganz anders aus, dort wird die Kernspaltungsenergie noch lange die Zukunft der Menschen in Wohlstand nachhaltig sichern können.
Dr. Lutz Niemann, EIKE

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