Die bisherigen Regelungen hätten dafür nicht ausgereicht, heißt es in der Begründung des Richtlinienentwurfs. Die Kraft-Wärme-Kopplungs-Richtlinie (2004/8/EG) und die Energiedienstleistungsrichtlinie (2006/32/EG) sollen deshalb durch die neue Richtlinie aufgehoben werden. Kern der neuen Richtlinie ist eine Senkung des Energieeinsatzes in allen EU-Ländern um jährlich 1,5 Prozent. Sehr detailliert soll den verschiedenen Wirtschaftsakteuren vorgeschrieben werden, wie sie das bewerkstelligen und nachweisen können. Es geht also nicht primär um einen effizienteren Einsatz der Energie, das heißt um eine Steigerung der Wertschöpfung je eingesetzter Energieeinheit, sondern um eine absolute Drosselung des Energieeinsatzes um beinahe jeden Preis. Deshalb handelt es sich bei der offiziellen Bezeichnung der Richtlinie um Etikettenschwindel.
Die neue Richtlinie gilt als Bestandteil der „Strategie Europa 2020 für ein intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum“. Die Richtlinie geht also von einem positiven Einfluss des Energiesparens auf das Wirtschaftswachstum aus. Aber was ist mit Unternehmen der Mineralölindustrie, der Gas- und der Stromversorgung, deren Geschäftserfolg auf dem Verkauf wachsender Mengen von Energie beruht? Sollen diese ihre Produkte künstlich verteuern, um ihren Gewinn bei sinkenden Absatzzahlen zu sichern? Was ist mit energieintensiven Industriezweigen wie die Chemie, die auf dem Weltmarkt besonders erfolgreich sind? Sollen diese freiwillig in die roten Zahlen gehen, um die Vorgaben aus Brüssel zu erfüllen? Zwar ist es möglich, das Wirtschaftswachstum durch effizienteren Energieeinsatz ein Stück weit vom Wachstum des Energieverbrauchs zu entkoppeln. Doch ist der Umfang des Energieeinsatzes und insbesondere des Stromverbrauchs im internationalen Vergleich nach wie vor ein guter Wohlstandsindikator. Die Qualität unseres Lebens beruht zu einem guten Teil auf der Verfügbarkeit bezahlbarer Energie zu jeder Tages- und Jahreszeit.
Da nach den Vorstellungen der Brüsseler Bürokraten die 20-prozentige Energieeinsparung nur ein Etappenziel auf dem Weg zu einer 50- oder gar 80-prozentigen Drosselung des Energieeinsatzes sein soll, wollen sie den Europäern also in Wirklichkeit ein Leben auf Sparflamme verordnen. Das könnte sich als fatal erweisen, sollte sich die Erde in den kommenden Jahrzehnten, wie von Solarforschern vorausgesagt, spürbar abkühlen. Insofern ist es durchaus verständlich, dass Vertreter Berlins die besagte EU-Energiesparrichtlinie nun im letzten Moment zu verwässern suchten. Dafür wurden sie in SPIEGEL online umgehend der Sabotage bezichtigt. Es sieht aber eher danach aus, dass der neue Bundesumweltminister Peter Altmeier sich ein Fünkchen gesunden Menschenverstand bewahrt hat. Wer bislang noch nicht glaubte, dass die europäische "Elite" dabei ist, im Namen des "Klimaschutzes" Selbstmord zu begehen, der braucht nur die neue Richtlinie zu studieren.
Edgar Gärtner EIKE; zuerst erschienen auf eigentümlich frei
 Internet:
Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Energieeffizienz und zur Aufhebung der Richtlinien 2004/8/EG und 2006/32/EG (KOM(2011) 370 endgültig
SPIEGEL online: Deutschland torpediert europäischen Stromsparplan
SPIEGEL online: EU-Richtlinie verfehlt Klimaschutzziel
20. Juni 2012

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